Workshop Goethe-Institut Osaka

Über Tänzer und Rammsteine - Bericht vom Workshop der AG „DaF-Musik“ zur Didaktisierung von Pop-Musik in Osaka am 3.11.2014

(Autor: Till Weber)

Am 3. November 2014 versammelten sich zwölf Musik-interessierte Didaktiker um vier Tische im Goethe-Institut Osaka. An einem der Tische saßen Carsten Waychert, Beate Müller und Till Weber von der DAAD-geförderten Lektoren-AG „DaF-Musik“. Ihre Mission: in knapp vier Stunden den teilweise leicht skeptischen Kolleginnen und Kollegen vom GI die Möglichkeit näherzubringen, auch schon Lernende von A1 bis B1 sinn- und erfolgreich mit moderner deutscher Populärmusik zu unterrichten.

Los geht´s! Beate Müller an der Tafel, Carsten Waychert vorne, Till Weber hinter der Kamera. Ein weiteres AG-Mitglied, Monika Sugimoto (FSH Kyoto) konnte beim Workshop leider nicht anwesend sein.

Die Auftaktrunde machte bereits klar, dass die Integration von Popmusik in relativ straffe Curricula wie am GI keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine günstige Lehr-Lern-Relation vonnöten ist, die so effizient sein muss, dass sie sich neben anderen möglichen Unterrichtsinhalten und -medien behaupten kann.

Das Auftaktbeispiel „Tanz mit mir“ von Bosse trug dazu bei, die Frage nach der Anfängertauglichkeit zu beantworten - es geht tatsächlich auf A1, wenn man sich von der traditionellen Fixierung auf das geschriebene bzw. gesungene Wort löst, und nicht auf das Mikroverständnis von Texten setzt, sondern auf die Lerneraktivierung, welche die spezielle Kombination von Wort, Musik und Bild (im Musikvideo) möglich macht. Recht schnell war es Konsens, dass traditionelle Texterarbeitungsverfahren wie z.B. die Lückentextbearbeitung nicht weiterführen, wenn Lieder als Sprech- und Schreibanlässe genutzt werden und die Lernenden handeln sollen.

Das zweite Beispiel von Rammstein („Ohne dich“) war dagegen deutlich kontroverser. Obwohl die teils martialische Selbstinszenierung der Band im einleitenden Vortrag klar als eben eine solche dargestellt worden war, wurde ebenso deutlich, dass diese Band entweder geliebt oder gehasst wird - in letzterem Fall empfehlen wir Lehrenden eher nicht, bestimmte Lieder im Unterricht einzusetzen. Unabhängig von persönlichen Zu- und Abneigungen versuchte der Workshop an dieser Stelle, didaktische Potenziale besonders im Bereich der Landeskunde („Was ist typisch deutsch?“) für die Niveaustufen A2/B1 aufzuzeigen.

Gruppe 1 beim Brüten - heraus kam der spannende Vorschlag 1, s. unten (v.l.n.r. Matthias Günser, Claudia Schmidt, Rainer Manke)

Als drittes Lied kam „Nein, Mann!“ von Laserkraft ins Spiel. Die Kolleginnen und Kollegen an den Tischen erhielten den Gruppenarbeitsauftrag, eine handlungsorientierte Didaktisierung für eine ihrer eigenen Lerngruppen zu skizzieren. Die Ergebnisse übertrafen deutlich das, was sich unsere AG erhofft hatte - Spitze, die Kollegen vom GI! Einige Highlights:

Vorschlag 1 legte einen deutlichen Schwerpunkt auf die Generierung von Sprechanlässen. Das Spektrum reichte vom Wortigel „Disco“ über Unterrichtsfragen zu Tanzen/Diskothekenbesuchen bis hin zur klassischen Analysefrage („Warum will der Mann so viel tanzen?“). Besonders gefiel, wie Screenshots der Symbole und Textteile, die im Video zu sehen sind, in einer verständnissichernden Zuordnungsübung verwendet wurden, die das didaktische Potenzial dieses Videos voll ausnutzte.

Vorschlag 2 begann ebenfalls mit einem Wortigel, dieses Mal um den zeitgenössischen jüngeren Bruder der Disco, den „Club“. Es wurde mit der Möglichkeit experimentiert, Bild ohne Ton bzw. umgekehrt zu verwenden. Statt kleinlichem Feilen am Feinverständnis des Textes wurde dieser hier als Schnippeltext präsentiert, der besonders gut zu ordnen war, weil das Video ja Textteile ausgeschrieben enthält. Die Didaktisierung endete mit dem Schreibanlass, einen eigenen Dialog zwischen den vier Figuren Dauertänzer, Türsteher sowie dem ersten und dem zweiten Mädchen nach Schließung der Disco frühmorgens zu verfassen.

Gruppe 2 (Yugyo Ikeda, Motoyasu Wada; Axel Beier nicht im Bild) im Zwiegespräch mit Beate Müller (Mitte).

Vorschlag 3 entstand als eine besonders lebendige japanisch-koreanische Koproduktion und verwendete zunächst die „Autogrammjägermethode“ zu einem Bingo-Spiel. Hier waren Fragen rund um das Thema „Tanzen“ zu beantworten, und bei jedem „Ja“ bekommt der Lernende ein „Autogramm“ vom Nachbarn, bis ausreichend Autogramme für ein Bingo zusammen gekommen sind. Die Arbeit ebenfalls mit einem Schnippeltext setzte verschiedene farbliche Kennungen für die vier Personen ein. Aus dem geordneten Text wird für die abschließend geplante Gruppenarbeit Grammatik extrahiert (Imperativ, Modalverben), die von jeweils vierköpfigen Lernergruppen angewendet werden soll, wenn sie für die vier Personen Äußerungen verfassen („Lass mich noch tanzen!“, „Ich will mit dir nach Hause gehen“), um diese im Rollenspiel vorzuspielen.

Gruppe 3 hat gut lachen, denn auch ihr Vorschlag kam sehr gut an (Yukihiro Nomura, Yuko Motokawa, Shin Myeong Sook).

Mit einer ebenfalls anregenden Abschlussdiskussion endete der Workshop, nicht ohne noch ein Nachspiel zu haben. Unser freundlicher Gastgeber, der Institutsleiter Rainer Manke, hatte seiner Ankündigung Taten folgen lassen und umgehend in der großen weiten Goethe-Welt für die Arbeit der DaF-Musik-AG geworben. Nur Minuten später kam die erste Rückmeldung aus Australien zur Webseite, die auch vorgestellt worden war: „…Das schaut richtig gut aus, vor allem, weil es übersichtlich ist und nicht so überfrachtet wie andere Webseiten.“ - Genau das wollen wir, nämlich Kollegen benutzbare Anregungen sowie die Möglichkeit zur eigenen Fortbildung in einem sonst selten systematisch behandelten Feld der Didaktik von Deutsch als Fremdsprache geben. Vielen Dank für die gute Gelegenheit in Osaka!

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