Schreibanlässe

(Autor: Carsten Waychert)

Schreiben gehört neben Sprechen zu den produktiven Fertigkeiten und spielt aufgrund der Entwicklung der digitalen Kommunikationsmedien und deren vielfältige Interaktionsmöglichkeiten eine immer größere Rolle im Leben. Daher sollte auch der Fremdsprachenunterricht die Lernenden dabei unterstützen, aktiv am Web 2.0 partizipieren zu können.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Schreiben als Mittlerfertigkeit und Schreiben als Zielfertigkeit: Wenn Lernende beispielsweise einen Text vom Präsens in die Vergangenheitsform umformen oder einen Lückentext ausfüllen, handelt es sich lediglich um eine Mittlerfunktion, die übergeordneten sprachlichen Zielen dient. Natürlich bietet sich diese Art von schriftlicher Produktion auch bei der Arbeit mit deutschsprachiger Musik zwecks Anwendung und Festigung von Vokabular, Strukturen und Grammatik an.

Hierauf sollte sich der handlungsorientierte Deutschunterricht jedoch nicht beschränken, sondern die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Lied und somit das Schreiben als Zielfertigkeit in den Mittelpunkt stellen, authentische Schreibanlässe bieten, mit denen Lernende tatsächliche kommunikative Bedürfnisse schriftlich ausdrücken können.

Hierbei sind wiederum zwei Arten von Schreiben zu unterscheiden: das mitteilungsorientierte Schreiben und das kreative Schreiben.

Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen fürSprachen (GER) zielt in der Grundstufe primär auf das mitteilungsorientierte Schreiben, wenn er für die Stufen A1-B1 definiert:

A1: Die Lernenden können eine kurze einfache Postkarte schreiben, z. B. Feriengrüße. Sie können auf Formularen, z. B. in Hotels, Namen, Adresse, Nationalität usw. eintragen.

A2: Die Lernenden können kurze, einfache Notizen und Mitteilungen schreiben. Sie können einen ganz einfachen persönlichen Brief schreiben, z. B. um sich für etwas zu bedanken.

B1: Die Lernenden können über Themen, die ihnen vertraut sind oder sie persönlich interessieren, einfache zusammenhängende Texte schreiben. Sie können persönliche Briefe schreiben und darin von Erfahrungen und Eindrücken berichten.

Quelle: Goethe-Institut

Wie können nun diese begrenzt ausgebildeten Schreibfertigkeiten im Anfängerunterricht bei der Auseinandersetzung mit deutschsprachiger Popmusik genutzt und gefördert werden?

Solange Schreibprozesse und die Entwicklung der Schreibkompetenz nicht im Zentrum des Unterrichts stehen - sondern alle Fertigkeiten trainiert und entwickelt werden – bieten sich zum Beispiel folgende Unterrichtsaktivitäten an:

A1: Lernende tauschen sich über Musikgruppen und Songs aus und schreiben auf Youtube, MySpace oder in einem ähnlichen Diskussionsforum Kommentare. Sie simulieren die Reservierung von Konzertkarten und füllen dafür ein Internet-Formular aus.

A2: Lernende schreiben in einer E-Mail oder in einem Brief über ein besuchtes Konzert, eine neue CD oder ihre Lieblingsband. Sie schreiben einen Fanbrief oder ein einfaches Interview mit deutschsprachigen (Pop-)Musikern.

Zwar sieht der GER das freie, kreative Schreiben in der Grundstufe explizit gar nicht vor, jedoch kann es auch bereits im Anfängerunterricht mit Gewinn praktiziert werden. Denn gerade bei emotional-sinnlich ansprechenden Anlässen wie Musik sind viele Lernende bereit, sich freier auszudrücken und selbst kreativ zu werden. Hier hat sich die Förderung von kooperativen Schreibprozessen besonders bewährt (vgl. Weber u.a. 2004), also das gemeinsame Erstellen eines Textes in Gruppen.

Beispiel für kreative Schreibaufgaben auf einer sehr frühen Lernstufe sind die „Elfchen“, d.h. sehr kurze Gedichte, die nur aus elf Wörtern bestehen. Auf der Website „DaF-Musik“ finden Sie unter dem Menüpunkt “Didaktisierungen” weitere Beispiele für das kreative Schreiben bei der Arbeit mit deutschsprachiger Musik (z.B. Wise Guys – Nur für Dich).