Hörverstehen

(Autorin: Beate Müller)

Die positive Wirkung von Liedern auf den Lernprozess wird mittlerweile in vielen Lehrwerken berücksichtigt. Man findet dort Lieder und dazugehörige Höraufgaben zum Global-, Selektiv- und Detailverstehen (z.B. Zwischendurch mal Lieder, Hueber 2012).

Sie werden gezielt eingesetzt, um Wortschatz und Strukturen zu vermitteln beziehungsweise diese zu festigen. Hierbei handelt es sich oft um Lieder, die für den Deutschunterricht konzipiert wurden und im Wesentlichen mit dem Inventar auskommen müssen, das bisher in den Lektionen des jeweiligen Lehrwerks präsentiert wurde (vgl. Lehrwerke und Musik).

Die Melodien sind einfach und eingängig, die Sänger artikulieren möglichst klar, die Sprache ist korrekt, die Stimmen werden nicht von der Musik überlagert und inhaltlich oder grammatisch gibt es einen Bezug zu der gerade behandelten Lektion. Die Lernenden sollen beim Hören möglichst alles verstehen können, was artikuliert wird.

Dagegen nehmen Popsongs auf die Bedürfnisse von Nichtmuttersprachlern keine Rücksicht, weshalb man von Hörverständnis unter erschwerten Bedingungen sprechen kann (vgl. Badstübner–Kizik, 2007). Dahlhaus betont jedoch, dass Lieder an sich durchaus als Hörtexte geeignet seien, weil sie zum Zuhören produziert worden sind und authentisches Hörmaterial darstellen (Dahlhaus, S.76). Sie stehen allenfalls unbeabsichtigt im Zusammenhang mit einer Lektion aus dem Lehrbuch. Daher ist erfolgreiches Verstehen/Hörverstehen bei Popsongs vor allem das Ergebnis einer guten Vorentlastung und der Konzeption geeigneter Aufgaben.

Hilfreich erweist sich hierbei die Tatsache, dass die Aussage eines Liedes nicht ausschließlich durch den Text, sondern auch durch die Melodie, die Instrumente, den Rythmus und die Stimme(n) vermittelt wird. Die Grundstimmung eines Liedes erfasst uns oft, bevor wir auf den Text achten, und sogar, ohne dass wir dessen Sprache verstehen. Was Musik betrifft, so haben unsere Lernenden Vorwissen, von dem sie unbedingt Gebrauch machen sollten, da es ihnen helfen kann, inhaltliche Einordnungen vorzunehmen.

Wir müssen uns bei jedem Lied die Frage stellen, was auf dem Niveau A1/A2/B1 verstanden werden kann und soll. Natürlich wollen unsere Lernenden den Inhalt verstehen. Die Frage ist jedoch, ob dies im Detail notwendig und wünschenswert ist.

Es wäre sehr schade, Lieder wie bloße Hörverständnisübungen aus dem Lehrbuch zu behandeln. Die Aufgaben müssen sich deshalb nicht ausschließlich auf den Text beziehen, sondern können z. B. auch das musikalische Arrangement thematisieren.

Literatur

Badstübner–Kizik, Camilla: Bild- und Musikkunst im Fremdsprachenunterricht. Zwischenbilanz und Handreichungen für die Praxis. In: Fremdsprachendidaktik inhalts- und lernerorientiert, hrsg. v. Gabriele Blell, Karlheinz Hellwig und Rita Kupetz (Bd. 12). Frankfurt: Lang 2007, S.16.

Bönzli/ von Jan/ Krenn/ Neuner: Zwischendurch mal Lieder. Kopiervorlagen und Audio-CD: Deutsch als Fremdsprache. Ismaning: Max Hueber Verlag 2012.

Dahlhaus, Barbara: Fertigkeit Hören. Fernstudieneinheit 5, Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache / Teilbereich Deutsch als Fremdsprache. München: GI 1994, S.76.