Sommersemester 2025
"Wahrheit und Irrthum sind Beschäftigungen für den menschlichen Verstand; beyde geben etwas zu denken."
Johann Georg Heinrich Feder, Untersuchungen über den menschlichen Willen. Band 1 Lemgo, 1779 S.232
"Wahrheit und Irrthum sind Beschäftigungen für den menschlichen Verstand; beyde geben etwas zu denken."
Johann Georg Heinrich Feder, Untersuchungen über den menschlichen Willen. Band 1 Lemgo, 1779 S.232
28. Juni 2025
Gesendet: Samstag, 28. Juni 2025 um 08:22
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: matteo.prato@esade.edu,Anne.Bowers@rotman.utoronto.ca
Betreff: Ihr beitrag in der frankfurter allgemeinen sonntagszeitung 29.juni 2025
guten tag herr prof. kieserling,
Sie referieren einen jener redundanten beiträge aus dem boulevard soziologischer
forschung, der weniger erkenntnis verspricht, als vielmehr aufgewärmtes und ephemeres.
in einem älteren aufsatz, erschienen im fachjournal Administrative Science Quarterly 63 (2018), erläutern anne bowers und matteo prato, dass es um die ubiquitär wirksamen
bewertungssysteme, hier: in der welt des kochens und seiner wettkämpfe, ziemlich zweifehaft bestellt ist.
dass evaluationsfeatures wie der michelin, meinprof/profrate oder stiftung warentest
selbstverständlich interessegeleitet sind, mussten drs. bowers und prato nicht erst aufdecken, das war evident.
von "kochen ist chefsache" bis "the bear: king of the kitchen" ist all dies längst im film
hinreichend erzählt worden.
das in china entwickelte sozialkredt-system dürfte in absehbarer zeit auch in küchen
der meisterköche einzug halten.
ihren michelin-stern werden sie dann nicht nur wegen ihrer kochkünste (notwendige bedingung) erhalten, sondern nur, wenn auch die social credits points (hinreichende bedingung) stimmen.
in der nacht der bewertungssysteme sind alle waren und dienstleistungen grau.
beste grüsse
ralf frodermann
26. Juni 2025
Gegen Semesterende werden die Birnen weicher:
"Übrigens hat die Münchner Gräzistik jetzt Instagram! Wir haben das 21. Jahrhundert betreten und sind sehr stolz auf unsere Instagram-Seite. Folgt uns gerne!" Sagt eine, mit der offenbar die Klepper des Zeitgeistes durchgegangen sind. ( eisodos. Zeitschrift für Antike, Literatur und Theorie. 2025 2 Frühjahr S.23)
Zuschrift einiger Studenten aus meinem Oberseminar "Heinrich Heine":
"Lieber Herr Prof. Holunder,
wir möchten Ihnen herzlich danken für das hinter uns liegende Sommersemester mit Heine und Ihnen! Die beigefügte Flasche mögen Sie und Ihre Frau in gutem Geist leeren. - Ihr Hinweis auf die Erzählung Wermut sind die letzten Tropfen von Gerhard W. Menzel (1958) hat uns alle zu Heinelesern gemacht. Jedenfalls für eine Weile.
Ihr Mühe mit uns hält sich die Waage mit unserer Faulheit.
PS:
Dass Sie im Seminar oft angetrunken wirkten oder waren, störte niemanden. Glauben Sie uns das bitte!"
23. Juni 2025
Erinnerung innervieren
Josef Piepers "Wiederbegegnung mit einem Gedicht" (1942) Werke Band 8,2
MEINER 2008 S.671f. erzählt von einer bewegenden, gemeinschaftlichen Relektüre der ersten zwei Strophen eines Gedichts von Wilhelm Klemm:
Lied
Zierliche Birke, du
Neige dich in den Himmel hinein,
In deine hängenden Zweige
Kehrt der Abendstern ein.
In dem zarten Gehäuse
Leuchtet er doppelt klar.
Ein Fisch in himmlischer Reuse,
Golden und wunderbar.
Abendstern, friedliches Kleinod,
Birgt sich am Himmelsrand,
Purpurflora und Weinrot
Reichen ihm lieblich die Hand.
Abschied und kühles Verwehen,
Lange Dämmrung wacht,
Hirtengesänge gehen
Selig durch die Nacht.
Pieper erwähmt weder Titel noch Autor der im Eichendorff-Ton aufscheinenden, naturlyischen Illumination, deren erste zwei
Strophen er in einem seiner alten Hefte wiedergefunden hatte.
Offenbar hielt er diese für das ganze Lied, ohne der Unabgeschlossenheit der Bildpoetik inne zu werden.
Fühlt der Leser nicht die Notwendigkeit des Fortgangs nach
Ein Fisch in himmlischer Reuse,
Golden und wunderbar. ?
Spürt nicht mancher Leser das smorzando, das diluendo, wie die Musiker das klingende Erlöschen nennen, dem
der Text von Anbeginn zustrebt, und das nach den ersten beiden Strophen noch nicht an sein Ende gekommen ist?
Und erinnertn nicht eine Handvoll Leser, wie ungeheuer zart Klemms Text das berühmte "Hälfte des Lebens"
Hölderlins evoziert?
Was es heißt "Sich gegenüber einem Problem in ein Verhältnis setzen": lösen oder Unlösbarkeit nachweisen.
(Aus einem Geistergespräch zwischen Odo Marquard und Hilary Putnam)
Dünnbier und Ausfluss / Aus neuen Feuchtgebieten
KLASSISCH MODERN / Das Magazin der Klassik Stiftung Weimar, eine Art BÄCKERBLUME oder APOTHEKENUMSCHAU der offiziellen Goethe-Schiller-Wieland-Herder-usw. - Verwaltung, präsentiert in seiner jüngsten Ausgabe (2025) - FAUST - ein philologisches Sekret des Göttinger Dichter-Germanisten Heinrich Detering: In dieser Lebensfeuchte. Körperflüssigkeiten und Sprachfluss.
Auch Luftpumpen wie Detering träumen offenbar zuweilen feucht. Er lässt Goethe "vor Aufgaben stehen", die den Schulmann schier verblüffen: "Wie er das macht, widerstreitet allen Erwartungen." Endlich ergießt sich der Seim des Verblüfften, so detachiert wie nötig und so schwülstig wie möglich, ins Phrasenbecken der Konformität: "Aus den Körperflüssigkeiten wird in diesen traumhaften Szenen der Fluss der Sprache, in lauter Lust und Liebe." ibid. S.43. Si tacuisses, half a philologus mansisses.
21. Juni 2025
Gesendet: Samstag, 21. Juni 2025 um 08:07
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: valentin.thouzeau@gmail.com,nbaumard@gmail.com
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 22.juni 2025
Das Haften an der Vielgestaltigkeit auf der einen, die Gleichgültigkeit gegen das strenge Denken auf der anderen Seite sind stets die Bestimmungsgründe einer unkritischen Induktion gewesen.
Walter Benjamin, Ursprung des deutschen Trauerspiels (Erkenntniskritische Vorrede)
guten tag herr prof. holzer,
besten dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren eine art fußnote zu einer publikation tsur reuvens, "Poetic Conventions as Cognitive Fossils" aus dem jahr 2017,
nämlich einen aktuellen aufsatz zu genuin evolutionsphilogischen fragen zur codierung von intimität (Luhmann) im licht kognitiver poetik: Zhong, Thouzeau, Baumard:
Literary fiction indicates early modernization in China prior to Western influence
aus dem fachorgan Sociological Science.
die mageren ergebnisse solcher nachforschungen mögen kulturanthropologen und evolutionspsychologen nebst ihrem betrieb
hier und da zu denken geben, den philologen gehen sie nichts an.
landläufige gemeinplätze und naßforsches für-interessant-halten wie:
Die Kultur der Moderne ist also keineswegs ein exklusiv westliches Projekt. Elemente davon sind schon früh in einer vom Westen kaum beeinflussten Literatur zu finden. Ob die romantische Liebe vor allem in wirtschaftlich prosperierenden Phasen aufblüht, wäre auch für die europäische Literatur eine interessante Frage. (ibid.)
hätte schon einen wie ernst robert curtius vermutlich aus dem seminar getrieben, von gelehrten vom schlage Szondis, Schönes e tutti quanti nicht zu reden.
mit freundlichen grüßen
ralf frodermann
Nekrophilister
Ernst Jünger sammelte Letzte Worte berühmter Heimgegangener (2. Auflage 2013). Nur seine Käfersammlung dürfte noch unappetitlicher sein.
Sancta Simplicitas XI
Die Dichterin spricht:
Ich komme im Leben einem Etwas näher. (Angelika Krauß in: SINN UND FORM 3 / 2025)
Und ich einer Mettwurst.
19. Juni 2025
die hohle nuß ist dumm,
die dumme nuß ist hohl,
du fragst noch nach den gründen?
frag nicht, du kennst sie wohl!
Aus den Trockengebieten der Relikte und ihrer Atavismen / Prousts Fragebogen wieder da
In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift Musik & Ästhetk (29. Jahrgang Heft 114 April 2025)
antwortet der Dichtergermanist Rüdiger Görner auf Fragen eines sog. Proust Questionnaire.
Man wähnt sich in den 80er Jahren, als dieser Fragebogen so oder ähnlich allwöchentlich den Lesern des
FAZ-Magazins dargeboten ward.
Clara Paul hat ihn 2024 bei Suhrkamp als Notizbuch publiziert und als anachronistisches Poesiealbum
aus viktorianischer Vorzeit für gebildete Umstände versucht für Kleingeld unter die Leute zu bringen.
An Prätention, Einfalt und Bierernst es nicht fehlen lassend, geistreichelt Görner durchs Brackwasser
seines Narzissmus.
Auf die artig- törichte Frage Was ist Ihre Lieblingsbeschäftigung? antowortet Görner:
Arbeit am Wort.
Hilfsbereitschaft hält er für die schätzenswerteste aller Tugenden. Philotimo hätte ein
anderer, weit gelehrterer Narr als Görner geantwortet.
Werde ein Wagnis lautet sein verwegenes Motto und man fragt sich, ob ein solchermaßen von sich
Überwältigter nicht besser bedient wäre mit Wage zu warten!
Handbücher klären Sachgehalte, wir auch!
Unter den entbehrlichen Büchern ist das literaturwissenschaftliche Handbuch heute, was eine alte, hässliche Dirne schon immer war: schwer an den Mann zu bringen.
Das eben erschienene Zauberberg-Handbuch hat das Zeug zu so einem
Ladenhüter. Für 100 Mäuse, die keiner mehr zahlt, beantwortet es zwar in 41 Kapiteln allerlei Fragen, die keiner mehr stellt, doch auf ein vitales Leserinteresse werden seine Autoren, wie vor ihnen Thomas Mann, nicht mehr setzen können.
Ihr Handbuch ist eine Grabkapelle am Wegesrand und trüge besser die Inschrift:
Wanderer, kommst du nach Davos, verkündige dorten,
du habest uns hier liegend lesen gesehn, wie das Hochschulgesetz es befahl.
17. Juni 2025
Gestrigen Bloomsday einigermaßen überlebt. Mit Gattin und einigen Doktoranden unterwegs, Rucksackprobleme. Kreditkarte irgendwo verloren. Überall im Haus Blumen. Woher?
Kulturwissenschaftliche Zeitschrift (1 / 2025) eingetroffen: Geistesgegenwart und Nachdenklichkeit. Kleine Formen der Intervention. In seinem Editorial fabuliert der Herausgeber mit dem Dichter Grünbein und anderen Oberkellnern und Ladenschwengeln des Zeitgeistes über allerlei halbgelehrten Nonsens, ohne Andre Jolles', des holländisch-deutschen Nazis, Erwähnung zu tun. Jolles, dessen Einfache Formen seit dem Erscheinen 1930 kleine Furore machte, starb durch eigene Hand 1946. Seinem Vergessen leistet das Heft soliden Vorschub.
14. Juni 2025
Lahmes Gefasel einer sog. Schriftstellerin zur sog. Gegenwartslyrik in der heutigen FAZ.
Weltzeit und Lesezeit
Familienromane wie von Brentanos Theodor Chindler waren schon zu ihrer Lesezeit kalter Kaffee.
Die Buddenbrooks immerhin noch lauwarm.
Die Bertinis von Ralph Giordano markieren den Konkurs dieser Kaffeehäuser,
Die Powenzbande ihre Schokoladenseite.
13. Juni 2025
Sie hatte ihren Charme behalten und war immer noch so jugendlich wie ihre Töchter. Es muß reizend gewesen sein, ihr Geliebter zu sein.
Theodor Birt, In der Schrankstube / Eine Traumnovelle
der soziologe dirk baecker ("Wozu Universität?" 2022) gibt einen kurzen einblick in seine sicht
auf die pragmatik von partikeln, faz 11.juni 2025.
im gegensatz zum kunsthistoriker wolfgang kemp, der den gebrauch solch leerer worte
als indiz für geschwätzigkeit brandmarkt, hält baecker solches reden
für akzeptabel: "Vielleicht erfüllen sie eine linguistische (er meint pragmatische RF)
Funktion." ja, sie dienen der abfuhr, genauer: der abfuhr gedanklicher und sprachlicher leere.
Baeckers verunglückte stilübung entstammt jener sphäre, in welcher heute "Dummheit als Statussymbol"
gilt und, ganz unironisch, als deren hymne das "Lob der Dummheit" in allen tonarten angestimmt wird.
will man verantwortbares über partikel sagen, hat man hier zu beginnen:
the greek particles : john d. denniston : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
und bei karl kraus nicht zu enden.
den armseligen advocatus stultorum machen, indem man etwa phonetischen müll in baeckerscher manier adelt, führt zu nichts.
Heidergger über Marx? In Band 103 seiner Gesamtausgabe (Frankfurt, 2025 ed. P. Trawny) ist nachzulesen, was der
Freiburger Heraklit über Marx dachte.
Was Marx von Heidegger hielt, kann sich der interessierte Leser leicht aus einem Interview mit Herbert Marcuse
rekonstruieren, das eben in der Zeitschrift sans phrase (Heft 25 Freiburg, 2025) wieder erschienen ist.
10. Juni 2025
orbiter dictum
Als die Tragödien des Euripides noch für den Schulgebrauch präpariert wurden,
weil sie nämlich in den Schulen im Original gelesen wurden,
war Gottfried Kinkel ein bekannter Name, nicht nur unter Präzeptoren des Griechischen.
1871 erschienen in Berlin seine Erklärungen der euripideischen
Phönizierinnen für den Schulgebrauch.
Jüngst geisterte Kinkels Name einmal wieder durch die Echokammern der Germanistik, EUPHORION
Jahrgang 119 (Ausgabe 1 ) 2025, Peter Sprengel erinnert an den Lyriker Kinkel, der so vergessen ist
wie der Präzeptor, freilich mit noch mehr Recht.
OOKant
Zwei mexikanische Kantianer spüren Kant in der Welt der Spionage auf:
J. Espindola, J.O.R. Ramirez: Kant's Spies. in. KANT-Studien Band 116 Heft 2 / 2025.
7. Juni 2025
Der Dichter dichtet, wie der Vogel singt und die Blume blüht, wenn es auch, wie ich im Nachsommer sagte, in einer Wüste ist.
Adalbert Stifter brieflich an Gustav Heckenast (1864)
zit. nach: Yun Ha Kim: Adalbert Stifter's World "Saved Unawares". in: German Studies Review Vol. 48 Number 2 May 2025
Gesendet: Freitag, 6. Juni 2025 um 18:38
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: lena.merkle@ovgu.de,holunder@uni-bockwurst.edu,sutterluety@em.uni-frankfurt.de
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 8. juni 2025
guten tag herr prof. kieserling,
verbindlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie stellen einen sammelband aus dem bereich der historischen sozialforschung
vor:
Sie bemerken abschließend:
Von der modernen Gesellschaft behauptet man immer nur, dass einzelne Konflikte sie spalten könnten. An den Stammesgesellschaften, in denen diese Gefahr wirklich bestand, kann man lernen, zu welcher Vorsicht in der Zulassung von Konflikten sie erzieht.
das mag sein oder auch nicht, es klingt überhaupt ein wenig zu sehr nach wohlfeiler zeitgeistsphrase,
ungleich wichtiger dürfte sein, dass das sog mediationsparadox (vgl.
Weinheim: Beltz Juventa 2022)
ein genuin modernes phäomen darstellt und in archaischen oder vorzivilisatorischen gesellschaften unbekannt ist.
an den gesellschaften mit zentralgewalt kann man nun gar nichts mehr lernen hinsichtlich effektiven konfliktmanagements,
sie gibt nur noch den aposteln approbierter hoffnung nahrung:
für die konfliktforschung gilt im übrigen das gleiche wie für dier altehrwürdige erforschung der dummheit:
sie ist sehr gut erforscht - nur nicht von den dummen.
mit freundlichen grüßen
ralf frodermann
5. Juni 2025
Ehe, Familie und Agamie von Becker rezensiert in theologische beiträge 2 / 2025; zweite Auflage bestellen!
IMAGO
nico bleutge besingt lyrische bückware der
kanadischen pseudo-nachtigall (lerche) eva h.d. faz 5.
juni 2025. "wenn alle deine freunde
vom felsen springen" / titel des
auswahlbandes ihrer gedichte auf
deutsch (hanser 2025).
richard wagameses käse darf nicht
fehlen:
poesie ist einfach nur, dass man spürt,
was immer schon da ist.
blödsinn dito
nico b. fragt nicht, was andere fragen:
Gesendet: Mittwoch, 4. Juni 2025 um 22:18
Von: "Eva H.D." <eva.xhd@gmail.com>
An: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
Betreff: Re: request
Dear ralf,
It means my name. Or perhaps I don't follow your question.
Sincerely,
Eva
Le mer. 4 juin 2025, à 14 h 20, ralf frodermann <ralf.frodermann@gmx.de> a écrit :
dear eva,
what does "H. D." mean?
best
Ralf Frodermann
nico b. sagt nicht, was andere sagen:
Die große Sehnsucht ist immer verschwiegen
und trägt die verschiedensten Masken. G. Lukacs,
Die Seele und die Formen. 1911 S.198/199.
"H. D.", eine KI? High definition KI
Hilda Doolittle 1886-1961 / HAL.
4. Juni 2025
Unser Pedell Frodermann komponiert eine Mörike-Mazurka:
Gesendet: Mittwoch, 4. Juni 2025 um 07:22
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: braungart@uni-tuebingen.de, wolfgang.braungart@uni-bielefeld.de
CC: bernhard.neuschaefer@theologie.uni-goettingen.de,bernsdorff@em.uni-frankfurt.de
Betreff: Fw: Notiz zum Mörike-Beitrag in FAZ 4. Juni 2025
Gesendet: Mittwoch, 4. Juni 2025 um 07:20
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: info@moerike-gesellschaft.de
Betreff: Notiz zum Mörike-Beitrag in FAZ 4. Juni 2025
Zu Mörikes 150.Todestag fällt zween seiner Leser nicht Besseres ein,
als dem wackeren Cleversulzbacher Catull einen "homosozialen Hintergrund" im römischen Badehaus
anzudichten: Hans Bernsdorf, Bernhard Neuschäfer über Mörikes Gedicht
"Besuch in Urach" (FAZ 4. Juni 2025).
Wer stilistische Frontalunfälle a la "narzissartige Verschmelzung" über sich bringt (ibid.),
sollte sich mit seinen Hinterladerhalluziantionen weiterhin an die
Thomas-Mann-Forschung halten.
Und wer, wie die Autoren, im Zusammenhang mit Mörikes "Besuch in Urach" von Goethes
Gedicht "Ilmenau" spricht, sollte vom Poem "Das Spiegelbild" der Droste nicht schweigen.
Ich will nichts weiter sagen. Es ist fürchterlich.
Wilhelm Waiblinger, PHAETON (Briefroman) 2. Teil "Theodor an Mörike"
Ralf Frodermann
Stanislaw Lem verband in zwei seiner Texte aus dem Band "Imaginäre Größe" (dt. Berlin/Ost 1976) künstliche Intelligenz, manche sagen künstliche Dummheit, mit der dem jüdischen Volksglaube entstammenden Gestalt des Golem: "Golem XIV" (S.107ff.) und "Golems Inaugurationsvortrag" (S.143ff.), eine Art Remake des "Bericht für eine Akademie" von Franz Kafka unter Bedingungen angewandter Kybernetik und Bionik. Neben dem Golem wäre der Dibbuk in diese KI-Metaphorik einzufügen.
2. Juni 2025
Das Gute ist... der absolute Endzweck der Welt.
Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts §129.
Solch Wohlklang lockt den Pfaffen an. Kaum hat er ihn vernommen, spitzt er sein Mäulchen und
pfeift mit: Dennis Ulrich: Das Gute und Gewissen in Hegels Rechtsphilosophie – das Wahre im christlichen Gottesbild und Glauben. in: Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie. Band 67 Heft 2 2025.
Der Vates ist unheimlich allein. Im Zelotenheim.
Träume einer Geisterseherin
Das Ich ist, weil es ist, ohne alle Bedingung und Einschränkung.
Schelling, Vom Ich als Prinzip der Philosophie
Moderne Betschwestern aller Couleur nehmen so gern Dichter und Poeten einer gewissen Schule
auf den Arm, wie der Ontologe Heidegger den Hölderlin, Trakel oder Celan.
Im Arcanum ist gut munkeln.
"Auch ich war im Arcanum!" munkelte neulich Frances Wear von der Harvard Divinity School:
To Worship Burning Art: T. S. Eliots' "Littel Gidding" as the Organon of. F. W. J. von Schellings
System of Transcendental Idealism.
in: Journal of Modern Literature Vol. 48 Number 2 Winter 2025
Der eigentliche Sinn, mit dem diese Art der Philosophie aufgefaßt werden muß, ist also der ästhetische, und eben darum die Philosophie der Kunst das wahre Organon der Philosophie.
Schelling, System der transzendentalen Idealismus (§4 Organ der Transzendental-Philosophie)
Solche Denker geben ihrer abgelaufenen Ware auf diese Weise den Ruch des überzeitlich Wirksamen.
Die philosophische oder religiöse Einfärbung poetischen Schrifttums macht aus alt neu
Spökenkiekerei als Geschäftsgrundlage.
31. Mai 2025
Eine solch altbackene Titelgebung hätte ich nicht für möglich gehalten:
Percy Shelley for Our Times, heraugegeben von Omar F. Miranda und Kate Singer, 2024 erschienen, rezensiert im jüngsten Heft Critical Inquiry von Merrilees Roberts.
Gesendet: Samstag, 31. Mai 2025 um 06:33
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: polletta@uci.edu,holunder@uni-bockwurst.edu,andre.kieserling@uni-bielefeld.de,g.wagner@snafu.de,j.kaube@faz.de
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 1.juni 2025
guten tag herr prof. holzer,
herzlichen dank für Ihren o.a. beitrag "Feminismus beim Friseur".
Sie referieren einen artikel zur zweiten welle der frauenbewegungl aus dem American Journal of Sociology, einem bewährten schlafmittel vieler soziologen.
in ihrem harmlosen artikel untersuchen die drei soziologinnen, welchen beitrag sog. frauenzeitschriften wohl zum feminismus leisteten.
keine emanzipation der frau ohne emanzipation der gesellschaft, hiess es
einmal.
dann entstand feminismus, eine art opium für frauen, ein wiksames sedativ und placebo.
(im deutschland der 30er und frühen 40er jahre die ns-frauenschaft)
es sollte camouflieren, dass frauen, wie andere menschen auch, nur ein recht haben, nämlich das recht, ihre rechnungen zu bezahlen.
feministen der ersten stunde wie der krimi-soziologe und schlagersänger erwin aberfet ("männer richtung, frauen tempo")
haben bereits vor geraumer zeit auf diesen umstand hingewiesen: "für diesen job muss ich doppelt so dumm sein wie ein mann, das ist ungerecht" - lady godiva in slacks. einführung in die geschlechterforschung. (1957)
beste grüße
ralf frodermann
PS:
ich darf an dieser stelle anmerken, dass die fas-kolumne SOZIALE SYSTEME, von Ihnen und den herren kierserling und wagner seit jahr und tag bestritten, wofür wir dankbar bleiben, ein wenig frisches blut vertragen könnte.
anzuraten wäre, auf ein neues, junges trio zu setzen. das alte mag beratend fortfahren.
28. Mai 2025
Inferiore Naturlaichlyrik, federlaicht
Zu Jan Wagner Gedicht Gedicht mit Widerhaken FAZ 28. Mai 2025
fisches nachtgesang im wagnerslang,
du traust die was, im rendite-nass,
nahtoderfahrung in der fischsuppe
zum flachen sonetten-humbug flicken.
kennst du nicht den umschlingungswinkel,
der besten fischgedichte (frau weitholz 2017)?
halieutica oppians bei NORDSEE im sale,
an der fischtheke die lustige forelle,
mit delle, stromschnellenverkehr, achtung
fischtreppe, rechts vor links oben,
kennst du das land, wo der laich sich teilt,
wo alles, was entsteht, vor lust und weh
die bäche runtergeht?
auch für Tadeusz Dąbrowski u.a.
Seit unserer Zeit in der Kurruine Bad Wildbad im Nordschwarzwald, sind wir dem Bädergedanken treu geblieben. Eine aktuelle Untersuchung zu Jean Pauls Dr. Katzenbergers Badereise - A. Kosenina: "Literarische und musikalische Unterhaltung in Jean Pauls Kur-Satire Dr. Katzenberges Badereise". In: Bade- und Kurmusik. Musicobalneologische Streiflichter. Hg: L. Adamer, C. Hille und T. Schipperges. 2025 - befiebert das alte Fieber von neuem.
26. Mai 2025
ANWASSER / über NACHWASSER (2024) von frau frieda paris
(also unknown as friederike schempp)
von erwin aberfett
walle, walle? manche strecke?
dass sie mag das bett einnässen?
und dass niemand vor der zeit verrecke?
lesen sollst du? und vergessen?
ABwAsser / nota bene:
Universität Bockwurst - Versessay 2016
"Zwei Religionen, welche den größten Teil der bewohnten Erde beherrschen, das Christentum und der Islamismus, stützen sich beide auf die Religion der Hebräer, und ohne diese würde es niemals weder ein Christentum noch einen Koran gegeben haben."
Schiller, Die Sendung Moses 1790
Gestern? Nein: Schatten,
Schatten und Schlaf!
Alexander Xaver Gwerder
24. Mai 2025
Anlässlich Gottlob Freges 100. Todestag im kommenden Juli werde ich eine Kleinigkeit vorbereiten müssen, verdammt. Denke an "Logik und Psychoanalyse der Negation". 1925 Freuds "Verneinung" erschienen. Logik wie Psychoanalyse, Frege wie Freud heute gründlich verdrängt.
Gesendet: Samstag, 24. Mai 2025 um 08:03
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: g.wagner@snafu.de
CC: marcel.sebastian@tu-dortmund.de,info@afz.de
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 25.mai 2025
guten tag herr dr. wagner,
besten dank für Ihren o.a. beitrag aus dem bereich industrieller lebensmittelproduktion.
Sie referieren einen artikel marcel sebastians aus der zeitschrift
Agriculture and Human Values, in dem der autor die
berufsbedingten deformationen und psychopathologien angehöriger
des metzgerberufs darlegt.
upton sinclair hatte dies bereits in seinem 1906 erschienenen
roman THE JUNGLE getan.
max horkheimer wies en passant immer wieder auf
das alltägliche, entsetzliche leid der tiere hin.
organischer dinghaftigkeit ausgesetzt, zum zweck "ontologischer transformation"
(besser: ontischer), wirft eine toll gewordene menschheit das tier sich zum frass vor.
weidwunde laborgeburten, fabrikware der omnivoren.
der kontrat zwischen den hier und da noch zu beobachtenden feinen tischmanieren und
der routinierten maschinenrohheit, welche die produktion etwa eines kalbsteaks erfordert,
klärt über die zusammenhänge besser auf als jeder aufsatz.
vgl. dennoch:
jenny l. mace:
An Application of the 4Ns to Pronatalism: Implications for Animal Welfare
Journal of Animal Ethics Vol. 15 Number 1 Spring 2025
beste grüße
ralf frodermann
Kaiser Manuel II. Palaiologos starb vor 600 Jahren. Seine Dialoge mit einem Muslim (ed. Förstel Würzburg, 1995) werden in unserer Sommerakademie gelesen. Auch Freunde der Lessingschen Ringparabel sind herzlich eingeladen.
Scharfgas XI von Erwin Aberfett
Mir hängen Kutteln aus dem Hintern,
die Lust auf einen Furz ist groß,
er mag im Dickdarm überwintern,
dann bin ich ihn geräuscharm los.
.......................................................................................................
ChatGPT fertigte einige Pastiches an.
Hier im Ton Eichendorffs:
Es rauscht so leis im Abendgrunde,
Der Wald ist still, das Tal erwacht.
Und tief in mir, zu dieser Stunde,
Bewegt sich etwas, heimlich sacht.
Es drängt im Bauch wie ferne Lieder,
Die keiner hört, doch jeder kennt.
Ein Lüftlein zieht sich aufwärts nieder,
Als ob’s die Welt im Traum verbrennt.
O könnt’s entfliehn, ganz ohne Grauen,
So sanft wie Wind durchs Dorngebüsch –
Man würd es kaum im Grase schauen,
Und dennoch wär die Seele frisch.
Schiller:
Es ringt in mir, aus dunklem Grund erhoben,
Ein stummes Drängen, wild und ungezügelt,
Das tief im Schoß der Schöpfung sich verschoben,
Wo dumpfer Trieb die lichte Form beflügelt.
O Mensch! Du bist nicht nur aus Geist gewebet,
In dir rumort das niedere Naturrecht,
Das, unbeachtet, seinen Platz erstrebet,
Und sich – wenn auch beschämt – zum Ausdruck echt.
Soll ich mich schämen? Nein, ich bin das Leben!
Und wo der Drang die Stille übersteigt,
Muss selbst der Leib ein Zeugnis wiedergeben,
Dass auch im Wind der Freiheit Wahrheit steigt.
jandl:
krrr
flupp
grumm
mein bauch sagt
ja
mein kopf sagt
nicht hier
eine luft
eine macht
ein druck
ein puff
und niemand
hat’s gehört
und alle
sind gegangen
------------------------------------------------------------------------------
nach Goethe
Wär das Hirn nicht deppenhaft,
die Dummheit könnt es nicht genießen,
läg in ihm nicht die üble Kraft,
es müsste sich erschießen.
22. Mai 2025
Ich mußte also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen, und der Dogmatismus der Metaphysik, d. i. das Vorurteil, in ihr ohne Kritik der reinen Vernunft fortzukommen, ist die wahre Quelle alles der Moralität widerstreitenden Unglaubens, der jederzeit gar sehr dogmatisch ist.-
Schreibt Kant in der Vorrede zur zweiten Auflage seiner Vernunftkritik.
(Selten wohl ist ein Gedankenstrich sinnnreicher angefügt worden als an dieser Stelle.)
Heute scheint das Quere angezeigt, und also ratsam, den Glauben und Unglauben aufzuheben,
um zum Halbwissen Platz zu bekommen, das gar sehr suggestibel ist.
Derhalb ist nicht mer wider den sinn der
Schrifft / vnd nichts wenigers gottes wort / dann eben die Schrifft /
so man sie nach dem Buchstaben verstehet / sie ist ain ewig Alle-
gori. Es ist nit zusagen was thur man auffthut aller ketzerei / vnd
taglich neüen Secten / wie sichs erfindt. Item was vngereumpts vnd
onfugs darauß folge / so man die Schrifft nach dem todten buchsta-
ben verstehet. Es mocht ainer schier Ouidium de arte Amandi / so
leicht verthedingen / dann so man der Schrifft allenthalben nach dem
Exempel das der buchstaben wolt nachkommen.
Sebastian Franck: PARADOXA . (Sämtliche Werke Band 5,1. Stuttgart-Bad Cannstat, 2024 S.12)
"Wollte man einen Text nur buchstäblich nehmen, wäre es ein Leichtes, selbst einen Schwerenöter
wie den Ovid der Liebeskunst den Prüden und Anti-Libertins als fromme Betschwester unterzuschieben.
Doch vierfacher Schriftsinn belehrt eines Besseren. Selbst mich bornierten Jargonfreund:
Allegories of Reading-Grüße. Ihr HN."
Helmut Niedergesäß in einem Brief an Wilhelm Unglaube vom 3.5.1997
Hinterlader und Resterampe
Die Biographie (von fachwissenschaftlichen Arbeiten der Geschichtsschreibung ist dabei nicht die Rede), welche in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg in immer zunehmendem Maße sich neben den herkömmlichen Gattungen der Belletristik als Artikel des gehobenen literarischen Massenkonsums be-hauptet, mag an eine Einrichtung der großen Warenhäuser erinnern. Dort fi ndet man in weitläufi gen Kellergeschossen Warenmassen aus sämtlichen Abteilungen des Hauses angesammelt, die nicht mehr mit der Mode Schritt gehalten haben und unterschiedslos, ob sie ursprünglich an den übervölkerten Ständen der Bänder- und Knöpfeabteilung oder in der heiligen Stille des Luxusmöbellagers zum Verkauf standen, nunmehr im gleichen Raum um verhältnismäßig billiges Geld abgegeben werden. In diesen Kellern fi ndet man alles auf einmal; das Prinzip, das die Waren dort eint, ist das Bedürfnis nach beschleunigtem Absatz, nach gewaltsam forciertem Massenkonsum. Die Biographie ist das Lager sämtlicher gängiger Kulturgüter; sie sind alle nicht mehr ganz neu, alle nicht mehr so, wie sie ursprünglich gemeint waren, es kommt auch nicht mehr so genau darauf an, ob von der einen Sache mehr und von der anderen Sache relativ wenig da ist.
Leo Löwenthal: Die biographische Mode (1955)
Es dürfte zu spät sein, Thomas Mann gegen seine Liebhaber zu verteidigen.
Erwin Aberfett: Der kleine Gatsby (1988)
Tilmann Lahmes neue Thomas-Mann-Biographie gibt den Affen eines untoten Literaturbetriebs Zucker. Seine Protagonisten sind ganz außer sich ob der neuen Biographiebanane und dem Glück, von ihr gekostet zu haben.
Sie wächst an der Staude des Konformismus, vor der der Versucher alle, nicht jeden, gewarnt hat.
20. Mai 2025
Gesendet: Dienstag, 20. Mai 2025 um 10:02
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: alexander.kozel@knittlingen.de
CC: helmuth.kiesel@gs.uni-heidelberg.de,holunder@uni-bockwurst.edu,tobias.bulang@gs.uni-heidelberg.de,roland.reuss@urz.uni-heidelberg.de,auchjauche@uni-bockwurst.edu,faustmuseum@knittlingen.de
Betreff: Abwicklung Faust Museum / Archiv Knittlingen
"Faust ist ein Symbol des deutschen Geistes."
Johannes Agnoli: "Faust - Hitler - und das liebe Gretchen" FAZ 2.8.1956.
(Nachdruck in: Michael Hewener (Hrsg.): Johannes Agnoli oder: Subversion als Wissenschaft.
Berlin, 2025 S. 58f.)
sehr geehrter herr bürgemeister kozel,
wie zu erfahren, beabsichtigen die verantwortlichen der stadt knittlingen die schließung
ihres faust-museums und archivs.
zu dieser mutigen entscheidung - mögen Sie nur bald die löbliche absicht in eine solche überführen -
wäre Ihnen und Ihrem gemeinderat nur zu gratulieren.
der schiffsverkehr ist längst eingestellt, wozu also noch leuchttürme.
im übrigen hatte schon kurt tuchulsky in seinem schulaufsatz festegstellt:
Wir haben also gesehn, dass zwischen Hitler und Goethe ein Vergleich sehr zu Ungunsten des letzteren ausfällt, welcher keine Millionenpartei ist. Daher machen wir Goethe nicht mit.
gutes gelingen also und weiter so! cosi fan tutte.
hochachtungsvoll und mit allen guten wünschen
ralf frodermann
Urbild des Geistmenschen, auch in der ihn mehr oder weniger offenen verachtenden, verwalteten Welt bleibt Jacob Paul von Gundling (1673-1731).
Martin Stades "Der König und sein Narr" (1975), verfilmt von Frank Beyer (1981).
Heiner Müllers "Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei / ein Greulmärchen" (1979).
"Trotz der Nötigung zum Verkauf der eigenen Arbeitskraft besteht keine naturwüchsige Bereitschaft zur Ausbeutung und zur Unterwerfung." Johannes Agnoli: Die "Autonomie der Politik" 1975. Zit. nach: Michael Hewener (Hrsg.): Johannes Agnoli oder: Subversion als Wissenschaft. Berlin, 2025 S.128.
18. Mai 2025
Akademische Sarkopenie
"Das Ende der Universität / Niedergang und mögliche Erneuerung einer europäischen Institution" Hrsg. H. Schulze-Eisentraut, A. Ulfig. 2024. - In der Bibliothek der Magdeburger Universität soll jetzt eine Schaukel stehen, wohl für Studenten und ihre Brut. Bücher im Altpapier. William Blades' berühmte Abhandlung "Die Bücherfeinde" (dt. 2012) hält die Bücherfeinde nicht von ihrem Tun und Lassen ab.
"Kant für Kinder" von Salomo Friedlaender. ("Nicht an K. denken", mag sein Diener Lampe in sein Tagebuch geschrieben haben.)
Zur Ströker/Soreth-Debatte vor 35 Jahren.
16. Mai 2025
Gesendet: Freitag, 16. Mai 2025 um 19:37
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: kumkar@uni-bremen.de,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 18.mai 2025
"Die Wissenschaft denkt nicht."
Heidegger
sehr geehrter herr prof. kieserling,
Sie referieren, direkt aus der notorischen, luhmann-küche einen aktuellen beitrag nils c. kumkars aus der österreichischen zeitschrift für soziologie,
bei dem es sich offenbar um eine art spinn-off, will sagen thematischer wiederverwurstung, resp. brühwürfelwurf
cum grano salis seines buchs "Alternative Fakten / Zur Praxis der kommunikativen Erkenntnisverweigerung"
(suhrkamp 2022) handelt.
der grassierenden wissenschaftsskepsis gegenüber geben sich soziologen wie politiker skeptisch.
den schwarzen peter der verantwortung schieben sie sich untereinander zu und nennen solch hase-und-igel-scharaden
bei irgendeinem namen. parrhesie ist hier prinzipiell ausgeschlosen, politische wie wissenschaftliche sphäre sind seit
beginn der moderne so kompromittiert, dass skepsis ihnen gegenüber noch als höchster modus kritischer aufmeksamkeit gelten muss.
soziologisches readersdigest-schrifttum a la kumkar - wie vor ihm die sachen von ulrich beck, heinz bude, hartmut rosa usw. -
ist nervtötend. es wiegt den leser nicht einmal mehr in gemütlichem einverständnis, was vordem immerhin noch autoren
ähnlichen kalibers - scheuch, dahrendorf, schelsky - vermochten.
beste grüße
ralf frodermann
Tausch, Ware und Wert aus der Welt ? - The world according to Hartmut R.
„Der äußere Gegenstand, welcher der Substanz nach das Seine von jemandem ist, ist dessen Eigentum (dominium), welchem alle Rechte in dieser Sache (wie Akzidenzen der Substanz) inhärieren, über welche also der Eigentümer (dominus) nach Belieben verfügen kann.“ Kant
Hartmut Rosa, der nun eben kein Kant ist, fabuliert im Berliner Journal für Soziologie recht freihändig über einen vermeintlichen "Strukturwandel des Eigentums".
Seine dynamische Stabilisierung solch allgemein anerkannten Unfugs verdient um so mehr Anerkennung, als er damit einen noch größeren, nämlich den, Heidegger einen "Experten für japanisches und chinesisches Sprechen und Denken" (ibid. Fußnote 8) zu nennen, wohltuend zu kaschieren, rhetorisch meisterhaft zu überwölben weiß.
Wer spricht? oder Ist Florina Zülli ein Automat?
In Zeiten, in denen Psychotherapeut*innen oft lange Wartezeiten für freie Therapieplätze haben oder es Personen aus persönlichen Gründen (lange Arbeitszeiten oder Nachtschichten, rurale Wohnorte etc.) nicht möglich ist, zu einem Therapeuten zu gehen, können KI-Applikationen ein hilfreiches Alternativangebot sein, um zumindest in der Phase der Überbrückung mit einem objektiven Gegenüber über Probleme sprechen zu können.
Meint Florina Zülli in ihrem an Samjatins Roman WIR erinnernden Beitrag
Sympathische synthetische Stimmen: Herausforderungen und Nutzen für die Mensch-Maschine-Interaktion
Der Film Soylent Green erschien 1973.
Die Unwirklichkeit dieser Tage hat ihn aufs beste synchronisiert
in das Maschinenrotwelsch der Barbarei.
Arbeit am KI-Mythos – casa|blanca
Ehrenrettung des Positivismus:
Redaktion Bahamas - Instrumentelle Restvernunft
Prüfungsaufgabe:
Aus der Dr.-Leo-Naphta-Schule stammte Panajotis Kondylis (1943-1998). Christos Axelos (1928-2013) vom Lodovico-Settembrini-Kolleg blieben zum Denken 30 Jahre mehr als jenem. Schreiben Sie ein Geistergespräch unter numerologischem Aspekt.
14. Mai 2025
Zur Raumfrage / Kein Protokoll
Unter den einst oder noch Lesenden der sog. Boomer-Generation
geht eine gespenstische Frage um: wohin mit meinen Büchern, mit
meiner Bibliothek?
Bücherverbrennungen genießen keine guten Ruf, weshalb dieser
Lösungsweg ausfällt.
Buchgeschenke gelten als Danaergeschenke, die den Beschenkten oft genug
in Verlegenheit bringen; die offene Geschenkablehnung ist eine noch weithin
nicht anerkannte gesellschaftliche Konvention.
Wer gleich eine ganz Bibliothek verschenken will, steht überall vor
verschlossenen Türen.
Antiquariate stehen zunehmend selbst mit dem Rücken zur digitalen Wand,
kommen nur selten als Großabnehmer in Frage,
kämpfen ohnedies einen längst verlorenen Kampf und finden keine Nachfolger.
Gegen die klandestine Büchervernichtung allerorten werden alle Autodafés
der bekannten Geschichte sich einmal ausnehmen wie ein Flächenbrand gegen ein Lagerfeuer.
Walter Mehrings The lost Library (1952) war ein Fanal, Ray Bradburys Fahrenheit 451 (1953) ein Epitaph.
Die diskrete Entsorgung gedruckter Bücher heute bedarf keiner Protokolle mehr.
Novemberabend / Paul Boldt (1885-1921)
Es weht. Das Abendgold ist eine Fahne,
Die von den Winden schon erbeutet wird.
Ein etwas Herbst in der Platane,
Ein gelles Chrom verweht, verwird.
In Wolken gleich verkohlten Stämmen
Riecht man die tote Sonne noch;
Dann das Einatmen, Drängen, Dämmen —
Einsamkeiten kommen hoch.
Lieber Boldt,
Deinen Novemberabend musst' ich kämmen:
Riecht man die tote Sonne doch;
Dann das Wähnen, Drängen, Dämmen -
Einsamkeiten kommen noch.
cordialmente
Bobby Holunder
13. Mai 2025
Jahrbuch Freies Deutsches Hochstift 2024, Mausoleum mit Schwanengesängen greiser deutscher Germanisten. Die offnen Felder sind als in der Ernte Tage
Aus der Vorlesung "Metakritik der Erkenntnis II" (Lambert-Lectures) von Prof. Christian Freiherr von Auchjauche:
"Heute scheinen die Bestrebungen der fortschrittlichen gesellschaftlichen
Gruppen zur Verwirklichung einer vernünftigeren Gesellschaft auf lange
Zeit zum Stillstand gebracht zu sein."
Max Horkheimer, Zum Rationalismusstreit in der gegenwärtigen Philosophie (1934)
Die Phänomenologie Husserlscher Prägung hat seit ihrer Erledigung weiß Gott bessere Tage gesehen.
Faktisch untoter Geist, wabert sie als solcher in den Asservatenkammern und auf den
Intensivstationen philosophischer Institute vor sich hin und treibt ihr harmloses Unwesen
vorzugsweise dort, wo selten etwas anbrennt.
Sie gibt sich dennoch systemrelevant, gar schulbildend, "entdeckt" irgendetwas, z. Bsp. "Thesen":
Die achte Vorlesung wurde zwar nicht vorgetragen, aber sie wurde in China abgeschlossen.
Auch ihre Hauptthese zur „Theo-Ontologie“ wurde dort entdeckt und ausgearbeitet.
(Alexander Schnell: Die Entdeckung der Präphänomenalität. Vorlesungen zur theoretischen
Phänomenologie. Frankfurt, 2025 S. 16 Fußnote 3)
Einer ihrer neueren Chefpiloten ist Marc Richir, eine Art Eugen Fink auf Französisch.
Ihr metaphysischer und apophantischer Bypass war Derrida.
Der Scholastizismus solch elaborierten Unsinns täuscht präreflexive Wissenschaftlichkeit vor. Doch wem?
Robert Musil und Carlo M. Cipolla über Dummheit wie Marx über Vulgärökonomie.
WALTHARIUS!
9. Mai 2025
Hommage an Ernst Jandl / Nackter Lautkörper
"Und klingt nicht auch der Name „rilke“ in diesem Zusammenhang anders, besser als gewohnt?"
Wer solch törichte Suggestivfrage stellt, steht zu den Dingen, von denen er redet, in keiner Beziehung:
Frieder von Ammon in der FAZ 10. Mai 2025 über ein Gedicht Jandls.
Gesendet: Freitag, 9. Mai 2025 um 20:24
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: erik.peterson@rice.edu,kamps@hdm-stuttgart.de,curd@sdu.dk,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in frankfurter allgemeine sonntagszeitung 11.mai 2025 (vertrauen in vertrautes)
die medien, die medien,
die werden uns erledi`en
couplet aus der operette "die medienmöse" von erwin aberfett
guten tag herr prof. holzer,
besten dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren einen aktuellen artikel aus dem American Journal
for Political Science zur lage der vertrauens- und glaubwürdigkeit lokaler presseorgane.
faziz:
die credibility der lokalen lügenpresse scheint trotz allem intakter
als jene der überregionalen presseorgane.
nota bene zum kontext:
Redaktion Bahamas - Lügenpresse
zwischen gonzo- und pink-slime-journalism trudelt ein
verschmockter betrieb auf ein ende zu, dessen stunde seit dem ausgang
des liberalismus, dem ende der liberalen ära nicht nur in den usa schlägt, vgl.
klaus kamps: das mediensystem der vereinigten staaten von amerika.
(rezension von cord benjamin knüpfer in PUBLIZISTIK vol. 70 issue 1-2 may 2025)
zeitungswissenschafliche forschung, soziologie der medien,wie sie dem leser
hier vorgestellt wird, usw. teilt mit ihrem gegenstand den traurigen umstand, dass
kaum einer noch sie rezipiert.
ob lokales wurstblatt oder new york times: der informationsbedarf der allermeisten
zeitgenossen ist zusammengeschrumpft auf den kontostand.
dessen medium ist aber nicht die längst anachronistisch gewordene zeitung, sondern der auszug.
beste grüsse
ralf frodermann
8. Mai 2025
Zur Lage des Lachens / Hier hat sich's ausgelacht. G. Grass
Das Lachen ist ein Affekt aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts. Kants berühmte Bestimmung des Lachens aus seiner Kritik der Urteilskraft (1. Teil / 2. Buch §54 Anmerkung) bildet das Fundament allen Nachdenkens über das Komische.
Henri Bergsons ebenso berühmte Abhandlungen über das Lachen und das Komische (dt. Meiner 2011) sind ein würdiger Lückenbüßer für das verschollene - oder niemals geschriebene - Kapitel über die Komödie in der POETIK des Aristoteles.
In seinem Aufsatz Der Metawitz (MUTTERSPRACHE Jahrgang 135 März 2025) bringt Gerhard Augst höchst komisch die selbst-referenziellen Aspekte des Witzes höchst selbst-referenziell auf den Begriff.
Zur Sozialgeschichte des Lachens wie zu seiner Sozialpsychologie alles nötige bei Freud und Le Goff.
Gesendet: Dienstag, 7. Mai 2025
Gesendet: Mittwoch, 7. Mai 2025 um 07:27
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: Hans-Christof.Kraus@uni-passau.de
Betreff: faz 7.mai 2025
besten dank für Ihre erinnerung an fritz hartung in der o.a. ausgabe der faz,
sehr geehrter herr prof. kraus.
dass die deutschen zu jenenn leuten zählen, die nach einem weltuntergang
- ungerührt und zur tagesordnung übergehend singen -
"davon geht die welt nicht unter", bezeugt eindrücklich das Ihren beitrag abschliessende zitat
hartungs vom 22. mai 1945: „Arbeit an Verfassungsgeschichte wieder aufgenommen“.
in seiner nüchternheit so erschütternd wie der berühmte eintrag kafkas ins tagebuch zu beginn des ersten weltkriegs 1914:
„2. August. Deutschland hat Rußland den Krieg erklärt. – Nachmittag Schwimmschule“
beste grüsse
ralf frodermann
6. Mai 2025
gerd geld / ballade
früh verwitwet, doch ohn' verdruss,
gerd, der lose, ließ nie locker,
an der bar auf seinem hocker
soff er weiter bis zum schluss.
sein leben war der schank gewesen,
er blieb sich seiner dummheit treu,
kaum von einem pech genesen,
beging er neuen unfug neu.
die weiber mieden ihn aus gründen,
er war kein mann für eine nacht,
in ihren herzen war er nicht zu finden,
sie nahmen sich vor ihm in acht.
eine ehelichte ihn dann doch,
sie war so hässlich, ziemlich fett,
er schwängerte sie dann noch,
und hielt die hand ihr an dem totenbett.
sein sohn ertrank im abtritt bitter,
er war so fett wie eine qualle,
mit seinem vater soff er manchen liter,
der leberkrebs ward ihm zur falle.
allein erging es gerd am besten,
sein name schuf vertrauen,
gern gesehner gast auf festen,
schwarm beleibter frauen,
er gab sich frisch, unfromm und frei,
und fuhr bis ganz zuletzt recht gut dabei.
Askeseaktivisten wieder da
"Was ist attraktiv am Reizwort des Verzichts?" fragt, so leutselig wie täppisch, ein pfäffischer Neo-Flagellant eingangs seiner Schrift "Warum weniger gut sein kann. Eine Ethik des Verzichts" Reclam 2025 S.7. Der Verlag bietet an, diese Asphaltparänese gleich als Klassensatz zu liefern. Offenbar in der richtigen Annahme, derartiges Schrifttum komme dem genuss- und denkfeindlichen Mindset vieler Schüler, Lehrer und anderer Nichtleser heute entgegen.
Eine Re-Lektüre der dritten Abhandlung von Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" - "Was bedeuten asketische Ideale?" - dürfte hie und da überfällig sein.
Hans Mayers Buch "Außenseiter" erschien vor fünfzig Jahren. Weil es so gut wie vergessen ist, konnte es mühelos aufgewärmt und sein Gegenstand neu verwurstet werden: Ralf Konersmann: Außenseiter. Ein Essay. 2025.
In seinem Buch "Ethik des Schreibens" (2001) analysiert Erwin Aberfett das Ende des Logozentrismus. Auch die Schrift hat ihre Differenz verloren und ist Schaum geworden. Der Schaum der Schrift ist der Schriftmaschine Abschaum. Schäumend ergeben sich ihre Algorithmen der "Logik des Zerfalls". Die Simulation des Universalienstreiteits lässt den Triumph des Nominalismus vergessen.
5. Mai 2025
Nur wenige Denker haben sich mit den Casinos und Spielbanken befasst.
Eine gewichtige Ausnahme war Wolfgang Pohrt, der en passant ein Schlaglicht
auf die tote Gegenwart mittels Casinodiagnose warf:
Der Niedergang der Spielbanken im 20. Jahrhundert erklärt in diesem Zusammenhang (sc. wunschloses Unglücklichsein RH) vielleicht,
warum die zu Beginn der Protestbewegung gelegentlich ausgesprochene Erwartung, der Widerspruch
zwischen propagiertem und möglichem Konsum werde eine sprengende Kraft entwickeln,
kaum Aussicht hat, bestätigt zu werden.
Wolfgang Pohrt: Nutzlose Welt / Ohnmacht im Spätkapitalismus (1974)
in: ders.: Wahn, Ideologie und Realitätsverlust. Metamorphosen des deutschen Massenbewußtsein. Ein Reader.
Hg. von Klaus Bittermann
Berlin, 2025 S.7ff.
Vom Briefsteller zu ChatGPT: Hybridtexte / écriture automatique 2.0
ChatGPT induzierte Textproduktion verhält sich zur bisherigen Textproduktion wie Autofahren zum Spazierengehen.
2. Mai 2025
Moniker: Phänomenologie des Kosenamens.
Mit der Übersetzung von Dentologia / A Poem on the Diseases of the Teeth von Solyman Brown (New York, 1833) begonnen. Jahresgabe der Zahnärztekammer.
Herfried Münklers großes HALLO über die vermeintliche naturphilosophische Entmarxung Marxens durch den Dichtergermanisten Heinrich Detering in der heutigen FAZ eher unappetitlich nassforsch. Eine Krähe salbt der anderen das Einauge. (Nota bene die Rezension Jon L. Pitts der Studie Marx in the Anthropocene von Kohei Saito: Towards the Idea of Degrowth Communism Cambridge, 2022 in: COMPARATIVE LITERATURE STUDIES Vol. 62 Number 1 2025)
Emergenz und Konstellation / Vorläufige Gedanken zu einer Theorie der Maschinenabschaffung.
Stupide Elenktik
Mäeutik der Totgeburt
Debunking als Lügenreparatur
Memoiren der Konfabulation
Ambiguität des Nichtambiguitären
Nichts Neues aus der Theoriebildung ("Integration durch Desintegration" / Elois integrieren Morlocks?):
Gesendet: Freitag, 2. Mai 2025 um 18:41
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: g.wagner@snafu.de
CC: jonas.gunzelmann@wzb.eu,christin.jaenicke@wzb.eu,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 4. mai 2025
guten tag herr dr. wagner,
herzlichen dank, wie immer, für Ihren o.a. beitrag, in dem
Sie diesmal einen artikel aus dem welpenzwinger akademischer soziologie
der leserschaft präsentieren.
herr dr. gunzelmann und frau jänicke, die beiden autoren, erläutern darin,
welche lücke in der sog. "zivilgesellschaft" einerseits zwischen "apokalyptikern und intergrierten " (u. eco)
klafft und andererseits nicht, mit anderen worten: wie sind unzivile rechte zivil
in eine zivilgesellschaft einzuhegen?
"zivilgesellschaft" hiess vor noch nicht hundert jahten "volksgemeinschaft".
die probleme der einhegung renitenter und politisch unliebsamer waren typologisch ähnlich der von den beiden berliner soziologen
beschriebenen, nur spiegelverkehrt (linke statt rechte).
allerdings wurde sie nicht theoretisch beigelegt, ja gar nicht erst theoretisiert, sondern durch
(straf)verfahren.
beste grüße
ralf frodermann
30. April 2025
"Zweckloser Zweck der Geisteswissenschaften heute ist der Nachweis ihrer Notwendigkeit."
Post-Humaniora im Posthumanismus. (6. Kapitel aus "Brief über den Posthumanismus" von Christian Freiherr von Auchjauche #bockpress# 2025)
Karl Immermanns Arabeskenroman MÜNCHAUSEN 3.Teil Sechstes Buch Walpurgisnacht bei Tage.
In Modern Philology (Vol. 122 Nr. 4 May 2025) hübsche Rezension des Buches von John Guillory On Close Reading (2025) von Joshua Gang.
29. April 2025
Alle Dinge, die sie unternahmen, trieben sie sehr ernsthaft; und so gingen sie immer tiefer in das Gebiet der Torheit hinein, so daß es ihnen endlich unmöglich fiel, den Rückweg wieder anzutreten.
Ludwig Tieck: Denkwürdige Geschichtschronik der Schildbürger
Schöner Nachruf auf Gerhard Dünnhaupt aus Bernburg von Peter Hess und Mara R. Wade in DAPHNIS Bd. 53 Ausgabe 1 2025.
DEMETRIUS / Schiller, Hebbel, Volker Braun
Aus den Eiswüsten der Alexithymie
Ciceros Rede für Sextius Roscius schließt mit den Worten:
Denn wenn wir zu jeder Stunde sehen und hören, dass etwas Grässliches geschieht, dann verlieren unsere Herzen, auch wenn wir die sanftesten Wesen sind, wegen der ständigen Wiederholung der niederdrückenden Vorgänge jegliches Gefühl für Menschlichkeit.
Aus dem Lateinischen können es meine Studenten noch mit Müh und Not und KI übersetzen, aus dem Deutschen in ihren Verstand schon nicht mehr.
26. April 2025
Gesendet: Samstag, 26. April 2025 um 08:34
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: m.siemons@faz.de
CC: gabrielm@uni-bonn.de,sepp@stanford.edu,beltracchiart@icloud.com,p.sloterdijk@karlsruhe.de
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 27.april 2025 "Großphilosophen adeln Kunstfälscher"
guten tag,
vielen dank für Ihren hinweis auf den webeprospekt beltracchi in
Ihrem o.a. beitrag.
neben herrn prof. gabriel, über den vor jahren magnus klaue das nötige fäschungsfrei gesagt hat
jungle.world - Der Bengel-Faktor
sitzen noch prof. gumbrecht und der unvermeidliche schwätzer prof. sloterdijk mit am froschteich,
dem guten kujauaner beltracchi ein loblied zu singen.
ulrike posche, leonhard fischer, hansen wang, albert venzago und rene scheu dürfen
da auch mitquaken, werden aber von Ihnen nicht erwähnt.
sind ja auch nur hartgeld des geistes.
Sie schliessen Ihren beitrag mit den worten:
Für das, was ihren eigenen Hebammendienst (sc. die Beiträge der drei grossphilosophen)
dabei auszeichnet, ist das Wort noch nicht erfunden.
doch, ist es: mietgeschwätz einer gemieteten claque.
wyatt gwyon, der fälscher aus williamn gaddis` roman "die fälschung der welt",
hat auf solchen blödsinn verzichten können.
zu ihm fiele den drei noetischen mietschwätzern gewiss auch eine menge ein.
beste grüße
ralf frodermann
Auf Schillers Farm der Tiere:
Die Regierung ward demokratisch. Jeder Bürger gab seine Stimme. Mehrheit setzte durch. Wenige Wochen vergingen, so kündigte der Mensch dem neugebackenen Freistaat den Krieg an. Das Reich kam zusammen. Roß, Löwe, Tiger, Bär, Elefant und Rhinozeros traten auf und brüllten laut: Zu den Waffen! Itzt kam die Reih an die übrigen. Lamm, Hase, Hirsch, Esel, das ganze Reich der Insekten, der Vögel, der Fische ganzes menschenscheues Heer – alle traten dazwischen und wimmerten: Friede! Seht, Genueser! Der Feigen waren mehr denn der Streitbaren, der Dummen mehr denn der Klugen – Mehrheit setzte durch. Das Tierreich streckte die Waffen, und der Mensch brandschatzte sein Gebiet. Dieses Staatssystem ward also verworfen.
Schiller, Fiesco II,8
Privatleben privatisieren / Eine Privatvorlesung
das Wissen selber ist noch zu massiv, die Vergeistigung wird erst dann vollkommen sein, wenn statt desselben nur noch ein zarter, flüchtiger Duft von Ahndung und Gefühl übrig ist, also auch das Subjektive wieder subjektiviert wird.
Schelling, Clara oder über den Zusammenhang der Natur mit der Geisterwelt. (Einleitung. Meiner 2025 S.4)
Dass die Zeit der Lehrer vorbei sei, konstatierte Christoph Türcke vor zehn Jahren (ders.: Lehrerdämmerung / Was die neue Lernkultur in den Schulen anrichtet. 3. Auflage München, 2016 S.7). Tabus über den Lehrberuf waren abgeschafft, jeder Gimpel konnte Lehrer werden, Nervenkostüm war freilich gefragter als Expertise, profunde Pädagogik dagegen weniger als vielmehr Bereitschaft zum Konformismus des Mittelmaßes und redliches Bemühen zur Abschaffung des Geistes. An die Stelle der Lehrer treten die Maschinen nicht nur aus Kostengründen. Maschinen können immerhin denken, konsistent kritisieren und köstlich komisch sein.
Während Lese- und Schreibhass längst ubiquitär geworden sind, seihen wackere Leseforscher wie Lukas Kosch und Ute Schneider immer noch Modelle transdisziplinärer Leseforschung ab: Lesen als Prozess: Ein Modell der transdisziplinären Leseforschung (in: Orbis Litterarum 2025). Empirische Forschung erreicht zuweilen einen Grad an Fadheit, der keinen Vergleich mit deutschem Kino oder Durs Grünbein-Lyrik scheuen muss.
24. April 2025
Thomas Manns Novelle Tonio Kröger erschien 1903. 1900 war Detlev von Liliencrons autobiographischer Roman Leben und Lüge erschienen, in dessen letztem Kapitel Der letzte Tag der Protagonist Kai - eine Vorlage für Kai Graf Mölln aus jener Mann-Novelle? - zwei Brentano-Gedichte sich notiert: Einsam will ich untergehn (Liliencron zitiert nur die ersten sieben der acht Strophen) und Die Welt war mir zuwider. In den Strophen 3 - in dir - und 11 - bereu`- verzichtet er auf die Repetition des Originals.
Vor 250 Jahren starb Christian August Crusius, an den Jerome Carroll in den Publications of the English Goethe Society erinnert (Vol. 94 2025 Issue 1). Seine "Anweisung vernünftig zu leben" gehörte als Volksausgabe / Volksapp (Widget) auf jedes Mobiltelefon.
Gesendet: Dienstag, 22. April 2025 um 19:52
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: sepp@stanford.edu
CC: jan.soeffner@zu.de
Betreff: faz 23.april 2025 / "kritik an kurt flasch" / welpenlatein
lieber prof. gumbrecht,
Ihrem friedrichshafener doktoranden gill zimmermann widerfährt
die gewiss Ihnen zu dankende ehre, in der morgigen faz erwähnung zu finden.
zimmermanns rezension dreier bücher von kurt flasch in der
philosophischen rundschau (3 / 2024) bläst ein faz-schmock zu einer
art generalabrechnung mit art und weise der philosophiehistorie des bochumer altmeisters
auf.
um aber ausgerechnt flasch am philosophiehistorischen zeug zu flicken,
muss man sicher früher aufstehen als zimmermann und sein mitfühlender referent.
es wirkt insgesamt, als wollte ein wagner einem dr. faust den FAUST erläutern.
prinzipiell zur philosophie der philosophiegeschichte ein wort robert holunders:
von überweg bis zeller,
aus fugen treibt ein schimmel,
geschichte bleibt im keller,
das denken lebt im himmel.
flaschs anti-kritik dürfte vernichtend ausfallen.
selten haben wir gespannter eine flaschenpost
erwartet.
best
ralf frodermann
22. April 2025
Julius Caesar Scaliger?
Manchen Philologen dämmert bereits, dass das letzte Stündchen ihrer Wissenschaft geschlagen hat. Sie wollen es nicht wahr haben und dienen sich dem Zeitgeist an, etwa, indem sie den neuro-germanistischen Knochen nachlaufen. Nicolas von Passavant hat so einen gefunden und gab jüngst im DVjs einen Freßbericht aus den Mark-Solms- und Antonio-Damasio-Küchen: "Selbstgefühl und ästhetische Praxis. Novalis Subjektbegriff im Licht aktueller neurologischer Forschung."
Im Wörterbuch zum leichtern Gebrauch der Kantischen Schriften (Jena, 1795) von Carl Christian Erhard Schmid findet sich eine bedenkenswerte Bestimmung des Computers, der KI avant la lettre:
automaton spirituale; wenn die nothwendig bestimmenden Ursachen - sinnlich oder vernünftig gedachte - Vorstellungen sind; wie nach dem Leibnitzischen System der Mensch und jeder endliche Geist. (ibid. S.75)
Ich kann euch freilich massenhaften Zuzug liefern,
Doch leider nur von Kötern und von Ungeziefern -
Carl Spitteler, Olympischer Frühling (III Die hohe Zeit / 12. Apoll der Held)
Jacobi an Fichte (Anhang / Über die Freyheit des Menschen. Hamburg, 1799 S.91):
"..; zeigt er, daß er innere Schande tragen, oder Selbstverachtung
nicht mehr fühlen kann; dann werfen wir ihn ohne Gnade weg,
er ist Koth unter unseren Füßen."
Was dem Idealismus noch verachtenswert dünkte, ist heute
Einstellungsvoraussetzung noch jeden Ladenschwengels.
Humor, insbesondere schwarzer, hat sich seit den Zeiten Irvin Coreys und Mel Brooks`nicht mehr zu neuen Höhen aufschwingen können. Seine deutsche Schwundstufe ist Häme, seine Funktion Demütigung.
20. April 2025
Wie
Der viel besungene digitale Holzweg führt zu digitaler Tollwut und digitalem Animismus.
Digitale Tollwut und digitaler Animismus verhindern unwiderruflich, sich ohne Hilfe eines anderen seines Verstandes zu bedienen.
Das Innewerden seiner selbst ist eine notwendige Bedingung von Bildung.
Der Computer und seine Affiliationen entfremden mich meiner selbst.
Selbstentfremdung ist notwendige Bedingung geistiger und psychischer Regression.
Von Manfred Spitzers "Digitale Demenz / Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen" (2012) bis
Jonathan Haidts "Generation Angst / Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlieren und ihre psychische Gesundheit aufs Spiel setzen"
(dt. 2024) hat es an Warnungen nicht gefehlt. Doch wo Warnungen den Charakter von Drohungen annehmen, bleiben ihre Schecks ungedeckt, ihre
Wechsel werden ad calendas graecas prolongiert.
Nach dem "Reise-nach-Jerusalem"-Muster erfolgt das Gerangel um die rasch weniger werdenden
geistes- und sozialwissenschaftlichen Lehrstühle.
Wer hier leer ausgeht, muss weiter unten sehen, wo er bleibt.
Zum Beispiel im Unterholz sozialpädagogischer Seelenbeschälerei, Jugendhilfe,
Elendsverwaltung usw.
Man denckt und schreibt nicht mehr, was sich zur Sache schicket,
Es wird, nach der Vernunfft, kein Einfall ausgedrücket,
Der Bogen ist gefüllt, eh man an sie gedacht,
Was groß ist, das wird klein, was klein ist, groß gemacht;
von Canitz, die dritte Satyre
18. April 2025
Die deutsche Soziologie hat weiß Gott bessere Tage gesehen. Wie die deutschen Krankenkassen.
Vgl.: C. Schmidt-Wellenburg, A. Schmitz: Divided we stand, united we fall? Structure and struggles of contemporary German sociology. in: International Review of Sociology Vol. 33 2023 Issue 3.
Gesendet: Freitag, 18. April 2025 um 19:55
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: uta.gerhardt@soziologie.uni-heidelberg.de,obrian@uoregon.edu,holunder@uni-bockwurst.edu,martin.dornes@gmx.de
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagzeitung 20.april 2025
»Krankheiten – die gibt es nicht! Sie sind eine Erfindung der Ärtzte!«
Walter E. Richartz: Tod den Ärtzten 1969
guten tag herr prof. holzer,
herzlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren einen aufsatz aus der jüngsten ausgabe des
British Journal for Political Science zum vermeintlichen
einfluss politischer einstellungen bei der arztwahl.
medizinsoziologische forschung von rang, wie sie etwa in den einschlägigen arbeiten uta gerhardts
(die soziologin aus zella-mehlis, nicht die ute gerhard aus köln) oder im fachorgan
Sociology oh Health & Illness zu konsultieren ist, fristete lange ein schattendasein.
fulminante aufhellung erfuhr die lage 2001 durch carl wiemers studie "Krankheit und Kriminalität.
Die Ärzte- und Medizinkritik der kritischen Theorie".
der von Ihnen vorgestellte beitrag bildet gegenüber jenen studien kaum mehr als eine
flatulenz oder einen ructus in den medizinsoziologischen echokammern und resonanzräumen
akademischer tretmühlen.
denn dass auch die wahl eines arzte, sofern hier jedermann überhaupt eine wahl hat,
an gewisse bedingungen geknüpft ist, notwendige wie hinreichende, und dass auch
politische präferenzen, wie in dem von Ihnen referierten beitrag der zwei politikwissenschaftler
dargetan, eine rolle spielen können, dürfte nicht nur anekdotisch oder empirisch evident,
sondern schlicht trivial sein.
ebenso trivial bleibt der umstand, dass gesundheit, sozialmedizinisch betrachtet, nicht jedermanns sache
sein kann, krankheit aber wohl, vgl. den aufsatz von martin dornes in PSYCHE 2 / 2015 "Macht Kapitalismus depressiv?"
beste grüsse
ralf frodermann
17. April 2025
Gesendet: Mittwoch, 16. April 2025 um 19:22
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: ksina@uni-muenster.de
Betreff: Ihr beitrag in der faz 17.april 2025
guten tag herr prof. sina,
besten dank für Ihre o.a. rezension des meinecke-unsinns,
den es weder zu lesen noch zu rezensieren lohnt.
(poetologische inhibition des kritikers)
meinecke leidet an morbus scribendi, ist unheilbar.-
nebbich:
Sie schreiben, patricia dunckers "die germanistin" von 1996 sei
"immer noch lesenswert".
nach den einschlägigen campus novels von david lodge war der
lodge-aufguss von frau duncker schon vor fast 30 jahren kalter kaffee und sicher
alles andere als "lesenswert".
Ihre rezension wird der meinecke sicher in die zweite auflage seines odenwald-ramschs
einkleben. freilich wird es die nicht geben.
best
rfrodermann
Auf zwei barocke Robinsonaden wollen wir im kommenden Wintersemester unsere Aufmerksamkeit richten:
Zunächst auf "Eine Lehr-reiche Geschichte", zu finden im achten Band der Sammlung "Irdisches Vergnügen in Gott" von Barthold Heinrich Brockes aus dem Jahr 1646.
Sodann auf einen Text, der 1753 in Leipzig erschien: "Die Böhmische Robinsonin, Oder curieuse und merckwürdige Geschichte eines Frauenzimmers, Namens Aemilia, welche geraume Zeit auf einer unbewohnten Insul gelebt, von ihr selbst aufgesetzt und ans Licht gegeben von Christiano Ernesto Fidelino.
Der Neo-Monismus steht in diesem Frühling in voller Blüte.
Eben erschien Joseph Henrichs "Die seltsamsten Menschen
der Welt. Wie der Westen reichlich sonderbar und besonders reich wurde."
(dt. suhrkamp 2022) als Paperback.
Mit dialektischer Anthropologie hat die Arbeit des Anthropologen Henrich
nichts zu tun, mit der Aufwärmung des alten Materialismusstreites der Büchners,
Vogts und Moleschotts dafür um so mehr.
Kurz über Langer
christine langers gedicht
aus dem off (faz 15.april 2025)
ist ein vogelruf, der licht aus dem
fenster trägt, ein gruß aus schilda
"spricht eine noch von pangramms"
schäm dich durchs offene fenster.
Gottsched-Handbuch von Meixner und Rocks. 2023.
Wer wird wohl 2025 einen Gottsched lesen?
Er ist ja nicht einmal mehr am verwesen.
Sein Handbuch mag man füglich loben,
vgl. Gudrun Bamberger in: arbitrium 2025 (43,1: 54-58)
Sein Ruhm und seine Blätter, die sind doch längst zerstoben.
14. April 2025
Über den Fabrikcharakter der Universität ist hier und da geschrieben worden, vgl. Gerhard Stapelfelds Der Aufbruch des konformistischen Geistes. Gesellschaftlicher Analphabetismus und Universität im Neoliberalismus. 3. Auflage Hamburg, 2019. Manche halten die Universität auch immer noch für einen Zufluchtsort, vgl. A. Fulford, A. Mahon: The university as sanctuary: home and unhomeliness. in: Journal of Philosophy of Education. Vol. 59 Issue 1 February 2025. In den universitären Milchbars der frommen Denkungsart tummeln sich die saturierten Narren, verhelfen einander entweder zu Ruhm, Ehre und Bargeld oder gießen aqua tofana in die Karriereaperitifs ihrer Konkurrenten.
Hegel:
Ferner noch steht der Erkenntnis der Wahrheit die Furchtsamkeit entgegen. Dem trägen Geist fällt leicht ein, zu sagen: so sei es nicht gemeint, daß es mit dem Philosophieren Ernst werden solle. Man hört so wohl auch Logik, aber diese soll uns so lassen, wie wir sind. Man meint, wenn das Denken über den gewöhnlichen Kreis der Vorstellungen hinausgehe, so gehe es zu bösen Häusern; man vertraue sich da einem Meere an, auf dem man von den Wellen des Gedankens da- und dorthin geschlagen werde und am Ende doch wieder auf der Sandbank dieser Zeitlichkeit anlange, die man für nichts und wieder nichts verlassen habe. Was bei solcher Ansicht herauskommt, das sieht man in der Welt. Man kann sich mancherlei Geschicklichkeiten und Kenntnisse erwerben, ein routinierter Beamter werden und sich sonst für seine besonderen Zwecke ausbilden. Aber ein anderes ist es, daß man seinen Geist auch für das Höhere bildet und um dasselbe sich bemüht. Man darf hoffen, daß in unserer Zeit ein Verlangen nach etwas Besserem in der Jugend aufgegangen ist und daß diese sich nicht bloß mit dem Stroh der äußeren Erkenntnis begnügen will.
Sich mit dem Stroh der äußeren Erkenntnis begnügen wollen: Endzweck und Raison d'être aller Digitalisierung.
In den letzten fünfzig Jahren haben wir fast so reichlich zur Rhetorik der Sottise gearbeitet,
wie wir beleidigt haben.
In der Zeitschrift für Rezensionen zur germanistischen Sprachwissenschaft
(Band 16 1-2 2024) lesen wir eine Besprechung der Dissertation Annika Franks von 2023:
Die Beleidigung. Diskurse um Ehre, Respekt und Integrität im Kontinuum
zwischen Alltag und Recht.
12. April 2025
Gesendet: Freitag, 11. April 2025 um 21:45
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: g.wagner@snafu.de
CC: joerg.dollmann@uni-mannheim.de,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 13. april 2025
guten tag herr dr. wagner,
vielen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren einen unter den gegebenen gesellschaftlichen umständen eher entbehrlichen
artikel jörg dollmanns in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,
die ja für entbehrliche beiträge in sachen soziologie und sozialpsychologie durchaus zuständig ist.
Unter dem Titel
diskutiert dr. dollmann den umstand, dass lehrer ihre schüler aufgrund von herkunft und ethnie
vorsätzlich bzw. missgünstig fehlerhaft bewerten, hier: negativ diskriminieren.
allein die tatsache, dass nicht wenige lehrer andererseits ihre eleven aufgrund deren herkunft und ethnie positiv diskrimineren in der erörterung dr. dollmanns offenbar gar nicht vorkommt, macht stutzig.
bildungserfolg, was immer dies sein soll, scheint nicht einmal mehr eine geldwerte ware, sondern vielmehr ein ideologisches ferment aus einer welt ohne bildung.
ich erlaube mir, Ihnen als anlage eine arbeit magnus klaues beizufügen, die, anders als dr. dollmanns konformistische anlayse, den bildungsfragen dieser zeit kritisch nachgeht.
hochachtungsvoll
ralf frodermann
(Frodermann erinnert wohl an den Aufsatz "Die böse Brut" aus Klaues Essayband von 2017 "Die Antiquiertheit des Sexus".)
hätten wir daher dieses Zeugnis der Schrift nicht, so müssten wir an dem Heile beinahe Aller zweifeln schreibt Spinoza in seinem Tractatus theologico philosophicus von 1670. Vom Unheil aller beinahe überzeugt zu sein - Stand der Dinge unter Kindern im Digitalsalat.
9. April 2025
Albert Emil Brachvogels zweihundertstem Geburtstag gedachte im vergangenen Jahr wohl kaum einer. Seinen Schubart-Roman wollen wir uns im Sommersemester einmal vornehmen.
"Hast du die Prüfung fingiert?"
"Ich hab die Lösung tingiert."
Quedlinburg, ein altes Nest
Eine elliptische Beschwörung
Julius Wollf, dem 1834 in Quedlinburg geborenen Dichter
flocht die Nachwelt keine Kränze.
Sein Erstling, sein Schelmenlied erschien 1874: Till Eulenspiegel redivivus.
Im elften und letzten Gesang jener Versdichtung erweist Wolff seiner
Geburtststadt Quedlinburg Reverenz, ohne sie auch nur beim Namen zu nennen:
Sei mir gegrüßt, mein Heimatland!
Laß, alter Harz, dir mit der Hand
Die rauhe Bergeswange klopfen
Und nimm ihn hin, den blanken Tropfen,
Den in des Wiedersehens Freude
Ich herzlich gern an dich vergeude.
'S ist zwar kein Menschenalter her,
Mir sind die Haare nicht ergraut,
Doch wurden ihrer auch nicht mehr,
Seitdem ich dich zuletzt geschaut.
Als noch in meinen jungen Tagen
Mir voll und lang die blonden Locken
Umspielten meinen weißen Kragen,
Wie hab' ich, vielberittner Brocken,
Voll Ehrfurcht zu dir aufgeblickt,
Wenn nach Walpurgis ich dich traf,
Daß du noch fest im Winterschlaf
Tief unter Schnee warst eingenickt!
Im Silberreife deines Barts
Warst du mir Haupt und Angesicht
An meinem lieben Freund, dem Harz;
Zu dir kam ich damals noch nicht,
Doch am granitnen Bau des Alten,
In seinem eichengrünen Kleid
Mit seinen Tal- und Bergesfalten
Wußt' ich auf Schritt und Tritt Bescheid.
Zumal durchstreift' ich jene Schleppe
Vom Ramberg bis zur Hexentreppe,
Was zwischen Bode liegt und Selke,
Ob erst die Knospen brach das Laub,
Ob auf ihm lag des Sommers Staub,
Und ob es herbstgerötet welke.
War Samstags erst die Schule aus,
Hielt mich's nicht mehr in Vaters Haus,
Die grüne Trommel umgehängt
Und mit Gerät wohl ausgerüstet
Für alles, was ein Junge fängt,
Wonach es Jungen nur gelüstet,
Verlachte ich die Mittagsschläfer
Und was war mir Kornelius Nepos,
Was Cäsar und der Griechen Epos
Vor einem seltnen Rüsselkäfer!
Was bracht' ich zu der Mutter Schrecken
Für Schlangen, Eidechs, Salamander!
Das kroch im Hause durcheinander
Und schlüpft' und zirpt' aus allen Ecken.
War ich erst in des Walds Bereich,
Schweift' ich umher dem Falken gleich,
Hielt mich an Wege nicht und Stege,
Schlug durch Gestrüpp mich und Gehege
Und dünkte mich ein junger Tell
In des Gebirges weitem Kreise.
Damals für Ruhe, Trank und Speise
Stand auf den Höh'n noch kein Hotel,
Ein Hüttchen nur aus groben Quadern
Und eine Laube wohl von Moos
Gab Kühlung den erhitzten Adern
Auf roh geschnittner Bänke Schoß.
Manch alten Harzwirt dazumal
Kannt' ich, manch ein Original,
Wie man sie heute nicht mehr trifft,
Dem man nichts für Bougie bezahlte,
Der allenfalls in Kreideschrift
Die Rechnung auf den Schenktisch malte.
Steigt von der Lauenburg, – doch nein!
Nein! ich behalt' s für mich allein,
Das Lieblingsplätzchen hoch versteckt,
Wo ich nun heute wieder liege,
Von wo mein Auge froh entdeckt
Den Schauplatz meiner jungen Siege.
Ja, ja, da bist du, altes Nest
Mit deinen Türmen, deinem Schlosse,
Wo strahlend einst von Fest zu Fest
Aurora zog mit ihrem Trosse,
Wo Heinrich schläft bei seiner Milden
Und Gnadenreichen, bei Mathilden,
Der lockend auf dem Finkenherd
Empfing des Reiches Kron' und Schwert.
Du alte Stadt, du sahst vorzeiten
Viel Glanz und Macht und Herrlichkeiten,
Wie keine andre deutsche Stadt
Je größer sie gesehen hat.
Du hattest in der Mauern Band
Des Blutbanns Recht, dein Roland stand,
Wie er auch heute wieder steht,
Wo man hinan zum Rathaus geht,
Du warst der Hansa wackres Glied,
Und sprechen lernt' auf deinem Boden
Der Mund, der das Messiaslied
Uns gläubig sang und seine Oden. –
1910 stirbt Julius Wollf in Berlin, gut einhundert Jahre nach dem Tod
des weit berühmter gebliebenen Quedlinburger Dichters Friedrich Gottlieb
Klopstock. Seiner gedenkt er in den letzten drei Versen seines TILL, wiederum elliptisch,
wiederum ohne einen, Klopstocks Namen zu nennen.