Taureif / Gedichte
"Und Tau
ist uns die Menge gegeben."
Rilke
"Träumt das starre Erz, gar linde tau′ es"
Clemens Brentano
Jndem ich hier, vom reinen Thau,
Den bunten Glanz und Schimmer ſchau,
Faͤllt mir, bey ſeiner Schoͤnheit, ein:
Daß faſt durch nichts, auf dieſer Welt,
Die Herrlichkeit vom Sonnenſchein
Uns herrlicher wird vorgeſtellt,
Als durch den klaren Thau allein.
Barthold Heinrich Brockes: Der Thau (Irdisches Vergnügen in Gott. Band 8)
Mit einem Geleitwort von Robert Holunder.
(Leseprobe)
Das lyrische Werk Frodermanns- im Haupt- und Brotberuf Pedell unserer Hochschule - ist das Werk eines Bunt- und Gelegenheitssschriftstellers, nicht das Werk eines Privat- oder Brotgelehrten. Seine pseudo-poetischen Auf- und Abschwünge verdankt es den empirischen Träumereien eines schuldlos in die Freiheit entlassenen, universitären Galeeren- und Kuttersklavens. ....
Sein erotischer Singsang Mira war 2013 im 'Jahrheft für Literatur und Kritik' Zeno (Heft 33 2013), sein Hotel- und Baden Baden-Gedicht Brenners 2016 in dem 'Magazin für neue Literatur' Wort_Zone erschienen. ....
Cura ut valeas möchte man beiden, Werk und Autor, zurufen, wüsste man nicht um die Grenzen der Güte- und Gunstwerbung, wüsste man nicht, worum Frodermanns Dichtung kreist, wüsste man also nicht um die Eng- und Weitherzigkeit der Menschen und anderer Viecher.
Robert Holunder (Rektor Universität Bockwurst)
Auch du mein Brutus, auch du, du frisst?
Heine
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seltene krankheiten / fieberträume (1. doromanie)
mancher glaubt, er erkranke nie,
doch dann erkrankt er an doromanie,
er schenkt bis alle schwarten krachen,
bis alle beschenkten über ihn lachen,
so geht er sich selber auf den leim,
wird erster kunde von amazon prime,
er schenkt bis an sein selig ende -
ach, wo sich so einer nur fände!
hic sunt dracones
ein binomisches zechlied (1. Rate)
wo die bösen weiber wohnen,
sind die miesen kerls nicht weit,
reden an sie nicht verlohnen,
seien sie auch lang und breit.
steckt eine vettel dir am arsch,
nebst ihrem blöden gecken,
vermeld' ihr nur in tonart barsch,
sie mögen bald verrecken.
der erpel ist gestraft mit ihr,
die retsche meist desgleichen,
drum machen sie aus zweien vier
dem unglück auszuweichen.
doch das liebt es zu belohnen,
sein garstig füllhorn auszuschütten
da, wo böse seelen wohnen,
dekoriert mit schwanz und titten.
Alle Lebewesen außer den Menschen wissen, dass der Hauptzweck
des Lebens darin besteht, es zu genießen.
Samuel Butler
Die Rasenrasur für Heinz Erhardt
Einmal in der Woche nur
kommt Herr Rasen zur Rasur.
"Fasson", sagt er, kurz angebunden.
Bis ich meinen Kamm gefunden,
ist er in's Traumreich schon entglitten.
Sobald er dann ist kurz geschnitten,
sucht er diskret das grüne Weite.
Es dämmert mir: schon wieder pleite.
Junger Sommer macht mich irrn.
Ludwig Strauss, Nachtwache
die Trauer später Nachmittage in großen Städten
....
die Melancholie des ungläubigen Alterns
Marcel Proust, Gegen Saint-Beuve
nebelschwafel
die spelunke, in die ich mich alltäglich
tunke,
die zeitvertreibt, ja
einverleibt
die makellosen stunden,
die gefunden
wirken, wie nie gesuchte
birken
seim über'n reim
(nachricht von einem gebet)
verladen oft und angeschmiert,
vor hurenhäusern angeschirrt,
auch dort mit vorsatz gern geleimt,
noch lieber noch sehr hoch genommen,
sie nahm es hin, sie murmelte beklommen:
"dein will gescheh', falls er sich reimt."
Sex besorgen
A. Sie sind ein Mann in einem Frauenkörper und haben Sex mit Männern?
B: Ja, aber nur als Frau.
A. Und Sie wollen...?
B: Sex mit Männern. Als Mann.
Oder Sex mit Maschinen.
A: Als Mann?
B: Als Maschine natürlich.
"ein Gruß nur, ein Abschiedswink, ein bltzender Silbergriff, die Verheißung."
Bruno Frank, Poltische Novelle (Schluß)
moiree
milzsüchtige hookline: preise dich aus
du bist die ware, die ausgepriesen wird,
du darfst dich noch nicht selbst auspreisen,
eine sich-selbst-auspreisende ware bist du
noch nicht, werde ware, die sich selbst
auspreist, werde wert.
Lackaffenlyrik 17 ( Zöglingslyrik der Schaumschläger)
"Die sogenannte Lackaffenlyrik ist ohne ihr Pendant, die Altherren-Lyrik a la Peter Härtling und Walter Helmut Fritz usw., nicht einzuordnen."
Bobby Holunder, Einführung in die Gedichtanalyse #bockpress# 2004 (Vorwort)
Heut ist der Tag, der bittre, der uns allen
So langen Schmerz und dir nur Lust geschenkt;
Ernst Schulze, CÄCILIE (19. Gesang)
Lyrisches Sperrgut im Hätschelbetrieb (auf H. Kohls Tod und J. Wagners Büchnerpreis)
(Aus der soteriologischen Schwafelkaue 1)
Flaschner, Blechner, Spengler, Dichter,
Eckensteher und Verrichter
heimsen selig Preise ein,
und wer erntete zur Lebzeit Spott,
der wird - kaum tot - erklärt zum Gott;
vor lauter Sauglust dieser Kriecher und Adepten
und Lobredner des hohen Verstands
verwechselt leicht ein Kuckuck sich mit
einer Nachtigall, und sich ein Esel mit einm Aff*.
* Das Ende der barbarischen Epoche traf
schon menschlichen Erfindergeist, noch schwach zunächst,
roh im Entwurf, und ungeschlacht zu nutzen:
man schuf den Hocker
(William Cowper, The Task dt. 1998)
20. Juni 2017
Fugasi (IV)
Does Attention to Language Matter Anymore?
boundary 2 Vol. 48 Issue 1 2021
...wenigstens hat man nie auch nur die leiseste Spur von Begeisterung an ihm wahrgenommen, außer eines Abends,
als er in seinem Klub mit einiger Lebhaftigkeit erklärte, er habe zum Dinner einen delikaten Kalsnierenbraten gegessen.
Tobias Smollett, Die Abenteuer des Peregrine Pickle (1)
Darf Clelands Fanny Hill nur von Huren übersetzt werden?
Robert Holunder, McGuffin und Whodunit / Vorlesungen zu einer Theorie der Nachlässigkeit
Aber abseits was ist's?
es stinkt nach Verwesung
leck mich am Arsch
'ne Dichterlesung;
da heult der Motor brandneu auf,
im Drogenpuff blüht der Verkauf,
"Danke", sagen die Gefoppten
"Bitte", lächeln die Bekloppten,
und tun mit wortverschmiertem Mund
ihr Geistesgegenwärtlein kund.
Viehsucht (II,8)
Dann freilich, wenn wir bereits im Bild sind, einiges aber noch undeutlich bleibt, verfolgen wir mit Spannung den Versuch, den die Geschichte selbst anstellt, und freuen uns der Möglichkeit, exakt reden zu können, wo sonst nur das unsagbare Gefühl spricht.
Emil Staiger, Die Kunst der Interpretation. Studien zur deutschen Literaturgeschichte (Entstellte Zitate) dtv 5. Auflage März, 1982 S. 154
Wissenschaft gegen Hunger / Capriccio im Busch-Ton
Der Zwerghahn war Privatgelehrter,
höflicher und unberschwerter
als jeder Schulmann, jeder Weise,
ging er, sich bildend, täglich auf die Reise;
sann tiefen Fragen tiefer nach,
und dachte noch im Schlafgemach
an Pyramiden und Ikonen. -
Das sollte sich für ihn nicht lohnen!
Gelehrtes Hirn schwimmt jetzt im Blut.
Dem Federvieh tut's selten gut,
wenn es vor lauter Geistgebrüt' vergisst,
was schließlich doch sein Endzweck ist.
Der ungeölte Blitz
Vielen neidet er den Witz,
doch wagt's nicht vor sie hinzutreten,
man nennt ihn 'ungeölten Blitz',
er kommt nicht selten sehr gebeten.
Die Stimmung drückt er allerorten
und weiß sich doch lieb Kind zu machen,
er schläfert ein mit Dung aus Worten,
dann schlitzt er auf manch' Kehl' und Rachen.
Die Leseratte
Eine las, schier wie besessen,
Bis sie das Katzenvieh gefressen.
Sie war noch Kind gewesen
und stets auf ihrer Hut;
So tut wahrlich wohl das Lesen
Nicht allen Ratten gut.
Humoreske
Siehe, wie die Kinder spielen,
nicht nach deinem Mittun schielen,
ihr entzücktes Fürsichsein
macht dich alleiner als allein.
Sie hüten sich dich fortzubilden,
im Kindkollegium der Wilden.
Mach dich fort aus ihrem Bunde!
Trag' Sorge für 'ne Limorunde!
Der Ciswolf / nach Christian Morgenstern
für Kae Tempest und Kate Esther Calvert
Ein Ciswolf eines Nachts entwich
von Mann und Frau und sich begab
an einer Linguistin Grab
und bat sie: Bitte, gender mich!
Die Linguistin stieg hinauf
in ihres Browsers Cisverlauf
und sprach zum Wolf, der seine Lippe
geduldig schürzte vor der Hippe:
"Der Ciswolf" - sprach die gute Frau :
"Der Diswolf", folgt darauf genau,
der Fiswolf, Giswolf, Aiswolf dann,
Eiswolf kommt als letzter dran."
Dem Ciswolf schmeichelten die Proben
so hohen Geistes, der zu loben.
Indessen, bat er, füge doch
zu Kreuzgeschlechtern auch die b-Vetreter noch.
Die Linguistin, sehr erbaut von solchen Fragen,
ließ sich das gar nicht zweimal sagen:
"Die Tonarten mit b-Vorzeichen,
das sind die kolossalen, weichen.
Des, es und ges, und as und b,
das enharmonische Wehweh."
Der Wolf erstarrte hierauf ganz,
war seine Neffenbrut doch trans.
Professorenlyrik
for John Koethe
(Poets come and go and what they see are redoubtable forms of nothing)
and Louise Glück
Laughter is just so much about the stars, now isn’t it?
Peter Cooley, To My Daughter
I know if I will find you I will have to leave the earth
and go on out
and over the hills of brant in bays
A. R. Ammons, Hymn
I mean the ultimate horeshit.
James Tate, the Paris Review Issue 177 Summer 2006
Charles Bernstein: Angriff der schwierigen Gedichte.
amer./dt. Wiesbaden, 2014
Ich spreche noch brüderlich von ihm; sollte ich ihn dir zergliedern, müßte ich erröten und weinen, und du müßtest blaß werden und erstaunen.
Shakespeare, Wie es euch gefällt (I,1)
Ex Momos & Hecastus:
Subsumtion der Literatur unter ihre Wissenschaft
Generalabnehmer der Ware Literatur ist seit einige Jahrzehnten die Literaturwissenschaft. Auf diese Weise erhält sich ein gewisser Schein dessen, was einmal 'literarisches Leben' hieß.
(Analog liegen die Dinge im Verhältnis Arbeitskraft zu ihrem staatlichen Generalabnehmer. Mit dem bevorstehenden Austritt Griechenlands aus der Eurounion – dem sog. Grexit – wird der ökonomische Schein freilich schwerer zu gewährleisten sein. Die Lügenrepatur ist dann vor neue Herausforderungen gestellt und wird schweres Gerät heranschaffen müssen.)
Produzent und Konsument literarischer Konfektion werden identisch, d.h. zum Beispiel, dass Literaturdozenten ihre Gedichtbände selbst verfassen, untereinander besprechen, in Lesekreisen lancieren und so, indem Autorschaft und Publikum verschmelzen, ein schwarzes Loch ästhetischer Anti-Materie bilden.
Dieser ganze inverse Simulationsbetrieb aus reflektierten Zeitgeistsekundanten (s.u.), bestallten oder unbestallten Berufsästheten dieser Zeit (P. H. Neumann, H. Detering, J. V. Röhnert, Dirk von Petersdorff e tutti quanti) und anderen, von sich selbst überwältigten Narren mit Legitimationsbedarf (s.o.) ähnelt seinem geistigen Zuschnitt nach am ehesten jenem denkwürdigen Typ Musikfreund, der daheim zur Schallpallte dirigiert, sich zuweilen selber lächerlich dünkend, doch wattiert in einen Ernst und einen Willen zur Erbauung und bescheidenen Selbstanmaßung, der neben Schweigen nur noch die Preisung seines Werks gebietet.
„Nur ein paar Fingerzeige, einige zerstreute schwache Anhaltspunkte auf weiten Umwegen
Suche ich hier für mich selbst zu entdecken.“
Walt Whitman
"Facing a certain
wind, there is always danger."
Keith Waldrope, An Apparatus
M & H 19. April 2015
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Epistel an Henricus,
welcher sich, in der Sprache des Pop-Beauftragten, als "Dylanianer", nicht etwa als ordinärer "Dylan-Fan" oder "Dylanist" wiederholt zu Wort gemeldet und item überdies als Kulturbetriebsnudel germanistischer Provenienz die Nähe der weiten Schatten werfenden Zwerge im Herbstgespräch sucht, nota bene: Günter Grass, Heinrich Detering: "In letzter Zeit." Ein Gespräch im Herbst. Göttingen, 2017)
Bukolischer Sehrmann, bist wieder da!
Musenalmanachmacher,
Göttinger Haini, nach göttlichem
Ratschluss– willkommen! neuer pro-,
perz, tibull, cat-,
ullus.
Heilig und nassforschend dichtest du:
„ja wirklich es war ein glücklicher moment
als Zesen zum Augenblick Augenblick sag-
te“
dem folgt deutscher gesang, oder?
„ja wirklich es war ein glücklicher augenblick
als deutschland zum führer führer sag-
te“
in orplid - wir ahntes es einmal -
professorenlyrik ward heikel und
depravierte mimten den obermaat
Trio (Mörike Goethe)
Lauter Nichts ist sein Tun und voll von törichten Grillen
So wie der Papst auf seinem Thron,
So sitzt der Akademiker auf seinem Lohn;
Er ist bepfründet, hat er mehr zu hoffen?
"Die Welt ist weit, den Narren steht sie offen.
Wir sind behäglich, können tätig ruhn;
Macht euch, ihr Toren, Tag für Tag zu tun."
attisch salzt keiner deiner wundertiere,
pfäffisch butzenscheiberts, dein klaviere;
nota bene „sport und tiere“
https://sites.google.com/site/universitaetbockwurst/system/app/pages/search?scope=search-site&q=sport+und+tiere
aus deinem hörnchen jauchts in fülle,
der fachmann nennt es „die idylle“
peter horst neumann / Auch einer (Davidsbündler gar?)
Wanderlied
(Kurzfassung, reimlos,
für einen gehbehinderten
Freund:)
Bleib stehen.
Es kommt
auf dich zu.
besinge, henricus, du weiter nur seegurke und
grottenolm,
wir wollen lachen und deinen sprachdreck
ohn' allen weitern eifer bewachen,
beseligt von deiner kür,
erkiesend doch bessres: einen hauch.
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Liebe im Kriechkeller / Neues aus dem Poetensaftladen
(Backfischfladenfragment)
zwar stand sie noch auf seinen Schwanz,
doch selten nur stand der noch ganz
zwar ward sie noch von ihm verdroschen,
doch sein Begehren war erloschen
zwar kannten sie sich schon zwei Tage,
doch ihr kennen missriet zur plage
zwar ward er noch von ihr verdroschen,
doch ihr Begehren war erloschen
zwar war sie für ihn aufgeschäumt,
doch auch Verachtung, wenn er aufgebäumt
den letzten Zweifel ausgeräumt
an ihrem Hass auf ihn und sich und ihren Schöpfer,
und als die schatten wieder aus den körpern kriechen,
springen die kinder in den fluss
(Andreas Altmann, Badestelle. in: Jahrbuch der Lyrik 2019 S.17)
Dies ist kein Beitrag zur Gegenwartslyrik.
(Uwe Kolbe, Die sichtbaren Dinge. Gedichte. Leipzig, 2019.
Zitiert nach der überschwänglichen Besprechung des FAZ-Schmocks Harald Hartung in der FAZ vom 18. April 2019)
Die Zärtlichkeit der Melker (Viehsucht 3)
Milch des Staates, Feldfrucht
unlängst sah die alte kuh
der melkerin beim twittern zu
schnell schickte bald die pralle kuh
der melkerin 'ne nachricht zu
„tweety, schatz, ich bitte dich,
turn around und melke mich“
traum des lurchs
Wie naht der Lärm und fliegt und tost brausend her.
Aischylos, Sieben gegen Theben
in einer kühlen höhe
da fiel ein englein um
es flog auf einer böe
in mein terrarium
trat nah an mich, das englein fein:
"dämm doch die lyrikwelle ein!"
vom himmel hör ich's machtvoll schrei'n:
"dämm doch die lyrikwelle ein!"
der erdkreis schallt in seinem sein:
"dämm doch die lyrikwelle ein!"
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2019 (53)
über klopstocks messias einschlafen
oder, wie robert lowell, über vergils
aeneas - I hold
The sword that Dido used - oder
hier einfach einzuschlafen über
2019 (53).
Anti-Mona Lisa
Schrecklich mulmig wird mir schon bei
Anblick von dem Konterfei,
Und schaut' ich länger in das Antlitz,
Träf' mich der Schlag gleich wie ein Blitz,
Fürwahr, es ist ein leer' Gesicht,
besser wär's, es gäb' es nicht.
Hunger auf
Die Eier waren abgeschreckt,
der Birnenzauber eingeweckt,
doch gar nicht fühlte es sich an,
als sei all dies mit Recht getan;
Stunden dann und Jahre später
fand solcher Hunger seine Täter.
https://sites.google.com/site/universitaetbockwurst/schreibwerkstatt/brenners
nie mehr arbeitslos qua lottogewinn. für sabine
steck dein haar hoch, und lass die glocken im bh.
im nu sind wir schon da und
da und da, wo niemand
ist, und trinken von dem nektar,
sonst aether genannt -; der
stillt den durst der bienen,
und meinen.
Das Lustroß
Sie nervte mich schier ohne Ende,
wie ich die Reiterstatuen fände.
Ich sagte ihr 'Es bleibt dabei:
der Unfug zieht nur in Versailles.'
Da hatte sie mich auch geneckt,
sich flugs in ein Gebüsch versteckt,
um dort zu harren meiner Lust,
dies Weiberknäuel aus Geist und Brust.
Der Schabernack / Eine Blasonierung
Einen gibt's, ist stets auf Zack,
man nennt ihn nur "Herrn Schabernack".
Der spielt auch lange Pässe gut
und ist vor niemand auf der Hut.
Als neulich ihn ein Weib befrug,
was sich in seinem Kopf zutrug,
als er versank in ihrem Hafen:
da sagte er: "Ich musste schlafen."
Und als einmal ein Kerl ihn neckte
und seine Dummheit nicht versteckte,
tat er ihm folgenden Bescheid:
"Du scheinst der Fortsatz jenes Wurms,
im Aug' des Parasitensturms!
Du kränkst mich nicht, tust mir nicht leid."
Viel Spott der Spötter erntete,
doch als er freite Müllers Mette,
da ward aus diesem Freund des Stuss
ein würdevoller Luftikus.
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Neue Luft ist nicht zu spüren,
Auch von anderen Planeten nicht.
Woher mag der Unmut rühren,
Der verunziert jeden Wicht?
Ist's die Geldnot, ist's die Wut,
Ist's das überschwemmte Ich?
Warte nur, einst kommt die Flut
Und näht die Antwort, Stich um Stich.
Dass also jedes Lebewesen auch in sich selbst etwas Ruhendes haben muss, das der Ursprung des bewegten Teils ist und auf das gestützt es sich sowohl als Ganzes auf einmal als auch in seinen Teilen bewegen kann, ist klar.
Aristoteles, de motu animalium (Über die Bewegung der Tiere) 698b
Goldfisch- Variationen / 30 Variationen über das Thema
„Sport und Tiere“ (1999)
1. Der Biber des Teams, der Teambiber sah,
Dass er der Sieger des Abends war.
Dem Tier schien daran nichts gelegen,
War es doch frohe der Mannschaft wegen.
2. „Ertrag dich nicht, behauster Schelm,
Ertrag dich, Schnecke, nicht auf meinem Feld!
Wir Wölfe golfen hier um Geld,
Und tragen, wie verabredt, keinen Helm!“
3. Am Rubikon in aller Stille
Geschah des Elefanten Wille:
Erst sann, dann sprang er, kühner Flieger,
Die Herde, furchtsam, grüßt den Sieger.
4. ("Aale sollen besser leben." Heinz Erhardt)
Die Wasser begruben der Aale Zahl,
Gewinner sollt werden der älteste Aal.
Er fuhr durch das Ziel, es lag ihm im Äther,
Er fuhr durch es siegreich, doch ein ging er später.
5. Mit Pfauen ohne Urvertrauen
Soll man nicht auf Ringer schauen!
Oft bleibt der Pfau den Kämpfen fern,
Es ängstigt ihn, er sieht’s nicht gern.
6. Kegelschieben ist nicht Schach,
Doch gleichermaßen hält es wach.
Dem Bowlingdachs fiel dazu ein:
„Musst Kegel oder Kugel sein!“
7. Dünkte das Reh sich auch niemals verloren,
So war es doch diesmal dem Tode geboren:
Es schlug auf dem Reck auf, es schlug auf mit Lust!
Zersplittert der Schädel, zerrissen die Brust.
8. Opossums ohne Not zu schelten,
Opossums fühllos zu verkälten,
Opossums gar zu konfrontieren
Mit Reglement- heißt schlecht verlieren.
9. Schlechte Presse war Tortur
Dem Zehnkampfschaf nach frischer Schur.
Sein Äußres war ihm allzeit wichtig,
Nur Sieg in Schönheit galt ihm richtig.
10. Zweifelsfrei sind Zoologen
Dem Schaukampf niemals sehr gewogen;
Sie hängen meist an Tier und Tugend,
Und warnen laut verführte Jugend.
11. Dem Zobel war allzu bekannt,
Was Wille und was Sachverstand
Vermögen in des Kampfes Hitze:
Sein Platz war nur an Sieges Zitze.
12. Unschwer erkennt der Pelikan
Den Sieg des ungleich Bessren an.
War doch sein eigen Heldenleben
Von Lob und Beifall stets umgeben.
13. Am Ball war Alligator Magier,
Privatim jedoch Vegetarier.
Er mied das Fleisch, er mied es wohl,
Gab ihm doch Kraft nur Reis mit Kohl.
14. Niemals noch sorgt guter Ton
Allein für Qualifikation;
Der Pandabär trat auf erzogen,
Die Jury war ihm nicht gewogen.
15. Barrenkunst ist Wissenschaft,
Und niemand so gewissenhaft
Am Barren wie auf Balken,
Als konzentrierte Falken.
16. Mehr spröde und sporadisch,
Als glutvoll und nomadisch,
Verlief die ernste Go- Saison.
Die Marder hielten nichts davon.
17. Synchronizität der Schwimmer,
Körperkunst im Wasserglimmer,
Das ist des Delphins Domäne,
Wie seines Partners, der Moräne.
18. Der Stör kam nicht von ungefähr
Auf einem Seepferdchen daher.
Der Pferdesport war sein Pläsier,
Man nannte ihn ‚Sir Jockey’ hier.
19. Der Viper war im Stadion
Das Publikum nur selten Lohn.
Meist fühlt sie sich von ihm verlassen,
Auch ist sie Feindin großer Massen.
20. Das Gürteltier war ohne Sorgen
Sein Kampf nun festgesetzt auf Morgen.
Dennoch schliefs unruhig, war belastet;
Es hatte viel zu streng gefastet.
21. Das Trainingslager war umstellt
Von Entenfans aus aller Welt.
Den meisten war nicht anzusehn,
Auf wessen Seite sie wohl stehn.
22. Das Formtief war des Maulwurfs Bürde;
So nahm es wie gewohnt die Hürde,
Doch stellte bald sich Flugangst ein;
Kein Unheil konnt’ einsamer sein.
23. Zur Freude aller band das Gnu
Sich nach dem Rennen auf den Schuh.
Sein Fuß war nahzu massakriert,
Und Heilung lang und kompliziert.
24. Verwundern heißt nicht widerstehn,
Doch Igel wolln es anders sehn:
Verblüffte Abwehr, überwunden,
Der Sturm gleicht aus, in neun Sekunden!
25. Der Spinne wars darum zu tun,
Vom Renn- und Wettkampf auszuruhn.
Sie bat daher den Herrn Masseur
Um Salben, Decken und Likör.
26. Verloren war im Ring die Meise,
Sie sucht’ den Kampf, doch fand die Speise.
So legte sie auf den nicht wert,
Sie aß, und hat sich nicht gekehrt.
27. Siegerin des Tauchturniers
War Freundin auch des Waldreviers.
Das Tier hieß Helgoland Hyäne,
Mutter Britin, Vater Däne.
28. Ozelot und Hermelin
Schritten forsch zum Trampolin,
Ihnen war der Sport Duell,
Unbeschadet blieb ihr Fell.
29. Beim Billardspiel, bei Hobbyhexen
Entspannten gern sportive Echsen.
Das Queue schien ihnen Zauberstab,
Die Poolkugel fand stets ihr Grab.
30. Badminton und Federspiel
Ist jenen nichts und diesen viel.
Jene sind verrohte Löwen,
Diese wohlerzogne Möwen.
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https://sites.google.com/site/universitaetbockwurst/schreibwerkstatt/mira
Hurensohn der Vernunft
Der Blick des Lehrers ruhte lang
auf einem Buch mit fremdem Klang,
er liest es nicht , er rührt's nicht an,
man nennt es klangschön DER KORAN.
Der Widerwille es zu lesen,
war stets des Lehrers Stolz gewesen,
doch seit der Schulrat konvertierte,
Prophetenworte frei zitierte,
ist keiner mehr privat,
und jedes Wort drängt frech zur Tat.
"Wem Allahs Worte gar nichts gelten,
der soll auch keine Schüler schelten!",
so schreibt's der Schulrat bündig vor,
und dem, der seinen Job verlor,
dem schrieb er unter eine Sure:
"Nun fürchte Allah, du Sohn der Hure!".
So war ich einst selbst ein Birkenschwinger.
Robert Frost, Birken
Aus Holz
Acht Birkenbäume wachsen stumm
Um den Eichentisch herum.
Wachsen wachsam um die Wette,
Als ob keiner Augen hätte.
Eichentischchen stummt zurück,
Wirft vergebens keinenBlick.
Nicht einer kann es mehr verschieben:
"Wär ich doch im Wald geblieben!",
Seufzt das Tischlein furchtbar matt:
"Glücklich der, der Wälder hat."
Keiner Birke wird es dumm,
Alle birken munter stumm.
Stumm und munter blicken sie
Auf das kleine Eichenvieh.
Fallen Blätter auf den Buckel,
Tischlein tut nicht einen Ruckel;
Fallen Äster oder Nester,
sehnt es herbei die junge Schwester.
Die wächst nur drei Meter weiter
Durch die Stiegen einer Leiter.
Und doch ist Wurzelwerk zu fühlen
Unter drei, vier Gartenstühlen.
Dieser Trost bleibt unsichtbar,
Für die Birken ganz und gar.
für Marlene zum 12. Geburtstag 22. September 2003
copyright ralf frodermann 2025