Was suche ich auf Helgoland?
Ludolf Wienbarg, Tagebuch von Helgoland (1838)
28. August
Wir fliegen nach Dublin! Die schöne Zeit auf der Insel geht ihrem Ende entgegen. Am Nachmittag nach Hamburg.
"Mohammed schwur beim Himmel, bei Wasser und Salz,
bei dem Geiste,
beid er Erde und bei den Gewölken, den Winden, und Gott
weiß,
wieviel Schwüre er brauchte, damit seinen Lügen geglaubt
ward.
Glaubt es mir oder nicht: meinethalben ich schwöre beim
Kuhschwanz."
Gerhart Hauptmann, Till Eulenspiegel (Das neunte Abenteuer)
Im Shelbourne-Hotel hat meine Gattin eine Suite reserviert. Sie bleibt ein Wunder! Solche Wunder sind besungen von ebensolchen:
Er redet ihre Halsperlen an
Was bildet ihr euch ein, ihr Muscheltöchter ihr?
Vermeint ihr, daß mein Lieb euch trägt zu ihrer Zier?
Nein, darumb trägt sie euch, darmit ihr selbsten schaut,
wie viel ihr dunkler seid als ihre klare Haut!
Paul Fleming
"Das akademische Lanzenbrechertum läuft, trotz hier und dort zu vernehmender, gegenteiliger Stimmen, auf ordinäre Besserwisserei hinaus. Zweck der Übung ist der Triumph, nicht der Konsens. In diesem Kampf sind Fußnoten die Knappen."
Heiner Scheinfromm, Einführung in das akademische Studium der deutschen Philologie.
#bockpress# 1982 (S. 229)
In der Zeitschrift "Im Labyrinth" Heft für Autonomie 5 / 2021, ist der mäßig geistreiche Vortrag "Zur Geistlosigkeit der Universität heute" von Klaus Heinrich aus dem Jahr 1987 wieder abgedruckt worden. "Kritische Theorie light" nannte man das damals.
Ein bekannter Platon-Foscher veröffentlichte fünf Jahre später seine "Integrative Ethik". Max Scheler very light. (Man muss fürwahr wohl deutscher Philosophieprofessor sein, um auf die Idee einer Autowidmung zu kommen: Hans Joachim Krämer hat sein Werk über Ethik sich selbst "zugeeignet".)
27. August
Keine Emanzipation der Kritik ohne Emanzipation der Literatur:
In einem Gefälligkeitsgutachten im Rezensionsformat (FAZ 25. August 2021) redet sich der Schmock Christian Metzeinmal mehr um Kopf und Kragen. In der Besprechung eines Gedichtbandes von Steffen Mensching - offensichtlich eine Art poetischer Müdemacher mit Soljankageschmack in der Uwe-Berger-Nachfolge (vgl. U. Berger: Gedichte Reclam Leipzig, 1974).
Metz, der Worte wie "Gedankengänge", "Eigenart", "markieren" oder "Zugespitzt" nicht verschmäht: "Gerade der Irrtum markiert die Eigenart von Menschings Schreiben" und Einen Gedichtband ohne ein einziges Gedicht zu schreiben, das muss man sich erst einmal trauen."
Noch gratismutiger ist nur der vergebliche Versuch, solchen Unfug unter die Leute zu bringen.
Weder ist Mensching ein Lyriker noch Metz ein Kritiker.
War Gleim schwul? fragt sich ausgerechnet einer namens Lacher aus dem Umkreis des Halberstädter Gleimhauses und der Deutschen Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Das unfreiwillig Komisch- und Banausische an der Titelgebung von Lachers Narrenbeitrag summiert sich mit seinem sprechenden Namen zur Hyperkomik.
Wir erwägen Hotel-Umzug nach Starnberg über Herbst und Winter. Zwischenstation in Pyrmont?
26. August
Zuverlässige Darstellung unserer Welt: THE CHAIR im Netflix-TV. Sittenbild akademischer Unsitten usw., dramatisierte Campus-Novel. Die fiktive Pembroke University, ihre Fakultät für Englische Philolgie, haargenaue Zeichnung unserer Alma Mater Universität Bockwurst (und vermutlich vieler anderer). Cameo-Auftritt von David Duchovny überzeugend. Kollege Paul Rebhun hatte ihn kurioserweise tatsächlich einmal zu einem Vortrag über Wallace Stevens eingeladen. Kenne keine TV-Serie, in der Adorno und Niklaus Manuels Die Ablasskrämer nicht nur zitiert, sondern en passant zitiert werden.
Vor mir stehn holde Scherze
Und trübe Sorge weicht;
Allein mein innres Herze
Wird darum doch nicht leicht.
Ludwig Tieck, Magelone
25. August
Meine Gattin hoffnungslos versunken nicht mehr in THE CROWN, sondern in THE WINDSORS.
‘No man can write a single passage to which a parallel one may not be found somewhere in the literature of the world’, Tennyson. Motto meines Webinars "Coleridge und Heine im Harz". ( Revisiting the Harz Tour of Coleridge and the ‘Carlyon-Parry-Greenation’ in May 1799 von M. van Woudenberg. in Romanticism, April 2021, vo. 27, No. 1 : pp. 16-27)
Debunker like Edward Snowden e tutti quanti (vgl. Adorno über Huxley) fad.
creative writing, Schreibschulen, Literaturinstitute etc:
tintenbuden
im hain der haine lernen krabben hai-sein,
schreiben sich in haifischbecken ein
und verzeih'n sich ihren Übermut allein.
sie lernen sich zu tummeln unter schummlern,
wie zu schummeln unter tummlern,
sie sind die nudeln der betriebe,
widmen sich dem wortgeschiebe,
schreiben verse und romane,
hoffen lange auf absahne,
drehen keine hähne zu,
pegasus spielt blinde kuh
im hörsaal solcher narrenkoben,
da lernt der narr die narrheit loben,
bis alle narren selig toben.
24. August
Abendessen mit Dr. Ampelius. Schul- und Bildungsfragen. Spricht morgen über "Humor als ästhetische Gestalt des Metaphysischen? - Julius Bahnsen im Trockendock der Theophrast-Nachfolge".
Der Gelehrte sprach eifrig, nannte Rom und Athen, malte Bilder von Zeltnomaden und weckte ferne, heiße Wüsten und heilige Berge und ließ die Flammenopfer dem unsichtbaren Geiste auflohen, wie feurige Schemen in die nächtliche Meerluft.
Carl Hauptmann, Aus meinem Tagebuch (Helgoland)
Gelehrte, in Teerjacken gehüllt, fuhren hinaus in Nacht und den Silberglast des jungen Mondes. ibid.
Neben vieler Post Sonderdruck eingetroffen, Namen des Autors leider unleserlich, artiger Titel:
Wurm und Gilgenessig: Zum Typus des heimtückisch-durchtriebenen Schreibers bei Schiller und Gerhart Hauptmann.
23. August
Eugen Finks Umweg zur Philosophie, Alles und Nichts von 1959 entpuppte
sich rasch als Holzweg ins Leere.
Doch horror vacui ist nicht angezeigt:
Ernst A. Schmidt:
Das Leere. Eine Untersuchung der Theorien in Antike und Früher Neuzeit. 2021
....und ich bin fast der Meinung, daß weiland ein trunkener alter Deutscher in Reden und Schreiben mehr Verstand hat spüren lassen als jetzt ein nüchterner französischer Affe tun wird.
Leibniz, Ermahnung an die Deutschen ihren Verstand und ihre Sprache besser zu üben
Aus der Hartgeld-Ballade:
GmbH:
Die Kassen sind so elend leer,
Wo kommt nur frische Kohle her?
Den Schönen und den Reichen
Soll'n wir die Asche streichen?
Herr Krise,Kunde:
Vergesst doch mal die Reichen,
Ihr könnt euch Moos erschleichen,
Sag' euch ach gerne wo, verdammt,
Nämlich beim guten Arbeitsamt:
Ihr bildet aus - das Amt bezahlt,
Dann stellt ihr ein - das Amt bezahlt,
Vor Auslaufen der Probephasen
Schmeisst ihr die Leute auf die Wasen.
Frau Krise, Kundin:
Ist der Reibach erst gebucht,
Lasst ihr dann nichts unversucht,
Und macht das zum Geschäftsmodell,
Was euch refinanzierte schnell.
(Hauptmanns Atriden-Tetralogie nicht mehr auffindbar. Hatte ich einpacken lassen!!)
21. August
Horazens Brief an die Pisonen (de arte poetica) und Wielands Vorrede seiner Übersetzung Wohltat.
Neuer Realismus, Neuer Materialismus - lauter junge Hunde zaubern an den philosophischen Fakultäten aus alten Hüten alte Hüte. Sie weben und weben.
"Da also das Sein ist und es offenbar ist, daß es ist, muß man notwendigerweise anerkennen, daß es ist und immer gewesen ist; aber man muß nicht allein anerkennen, daß es ist und immer gewesen ist, sondern darüber hinaus unbedingt einsehen, daß das Sein das erste Prinzip, der erste Grund aller Dinge ist."
Das Testament des Abbe Meslier (dt. 2. Auflage Osnabrück, 2005 S. 315)
20. August
In der Nachfolge Arno Brekres und Ernst Jüngers begegnen einem Figuren wie Anselm Kiefer und W.G.Sebald.
Ein Germanist hat sich beider angenommen - Frank Schwamborn, "Das Verlassen eines Landes ist eine Art Hygiene" Anselm Kiefer und W.G.Sebald. in: Weimarer Beiträge 2 / 2021 - und hinter dem Syberberg am Kieselstein die germanistische Quadratwurzel aus dem Vergleich gezogen.
Hans-Jürgen Syberberg und Helmut Kiesel, Fafner und Fasolt deutscher Spülkeller, bilden die ewigen Paten solchen Tuns.
Koll. Kiesel denn auch heute wieder in der Leserbriefspalte der FAZ am Werk, eine Lanze für seinen Gralsritter Jünger
brechend.
Jünger:
Unter der Post ein Brief von Sophie Dorothee Podewils, die Bayern erreichte, nachdem sie in Pilsen im Gefängnis gesessen hat.
"Was sich im deutschen und auch im ungarischen Gebiet der Tschechoslowakei abspielte, ist an Tragik nur dem zu vergleichen, was die Juden hier zu ertragen hatten." (Strahlungen II Kirchhorst, 10. Oktober 1945)
Sebald:
Ich sehe die von den Deutschen angerichtete Katastrophe, grauenvoll wie sie war, durchaus nicht als ein Unikum an -
sie hat sich mit einer gewissen Folgerichtigkeit herausentwickelt aus der Europäischen Geschichte.
(zit. nach Schwamborn ibid. Fußnote 2)
Jüngers Popularität in Frankreich wie die Sebalds in der englischsprachigen Welt beruhen auf demselben Mißverständnis
wie die intermittierende Popularität zum Beispiel deutscher Filmkunst eines Wenders, Fassbinder, Herzog, Kluge usw.
Ist wohl eine Art rostiges arcanum germanicum, das sich gut versilbern lässt.
Über den kryptofaschistischen Kiefer ist kaum mehr ein Wort zu verlieren. Teutonenkitsch mit Robert-Fludd-Sauce.
Ein Beuysianer.
Hans Erich Nossack:
Frech und fett tummelten sich die Ratten auf den Straßen.
( Nossack, Der Untergang suhrkamp 1962 S. 52)
nota bene: Tjark Kunstreich über Sebald in: sans phrase Heft 5 Herbst 2014
Derrida Today (Vol. 13 Issue 1 May 2020) eingetroffen. (Über Stieglers hyper and deep attention?) Aber Bernard auch tot.
19. August
In einem neuerlichen Schmarrn- und Platzgewitter - In kalten Wasserarmen (Sinn und Form 4 / 2021 S.496) - löst sich der Dichter Durs Grünbein, beziehungsreichelnd subliminal und wasserleichend:
den Wannsee, den Wahnsee, den Silbersee.
Hier brach der Dichter im Eis ein. Hier war
ihm nicht mehr zu helfen gewesen auf Erden.
(ibid.)
am 21.November 1811 erschiesst sich Heinrich von Kleist am Stolper Loch (heute Kleiner Wannsee)
am 16 Januar 1912 verunglückt Georg Heym beim Schlittschuhlaufen - genauer: bei dem Rettungsversuch eines im Eis eingebrochenen Freundes - tödlich auf der Havel
Jakob van Hoddis, dem Grünbein das Mottos seiner poetischen Badewanne entwand,
stirbt 1942 im Vernichtungslager Sobibor
am 18. Oktober 1971 ertränkt sich Peter Szondi im Halensee
Einladung nach USA. Honolulu statt Helgoland? Cassirer-Studie (Anti-Schmitts Staatsphilosophie? - Zu Cassirers Mythus-Buch) beenden!!
ad Genderstuss:
Ob zu dieser Eintheilung der Substantive in Klassen der an Menschen und Thieren bemerkte Geschlechtsunterschied Gelegenheit gegeben habe, läßt sich kaum vermuthen, viel weniger mit Gewißheit behaupten. Wäre auch an den Geschöpfen dieser Unterschied nicht gewesen oder nicht bemerkt worden, so würde dennoch diese Eintheilung der Substantive in Klassen wo nicht dringend nothwendig, doch für Deutlichkeit und Wohlklang der Sprache höchst nützlich gewesen sein.
Des H. Hofr. Moritz grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache, fortgesetzt vom Predigr Johann Ernst Stuß Zweiter Band Berlin, 1794 S.217/218
18. August
Fatrasie / für Agathe
salzend gab dem rührei zunder
ein verderbtes busenwunder,
das in die jahre war gekommen
und darüber ganz benommen.
es fragte sich, was wohl geschähe,
suchte weiterhin auch sie die nähe
von den alten und den jungen männern,
von den teilnahmesvollen kennern,
die auch der zahn der zeit entkernte,
von ihren zentren sehr entfernte,
vergessen liess das einst erlernte.
Kollege Pedell, einmal mehr sekkierend:
Gesendet: Mittwoch, 18. August 2021 um 08:52 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: annette.kehnel@uni-mannheim.de
Cc: k.spanke@faz.de
Betreff: Ihr interview in der heutigen faz / mittelalter zum mitnehmen?
guten morgen frau prof. kehnel,
zunächst besten dank für Ihr Ihr o.a. interview. bitte gestatten Sie mir, dazu einige intuitionen zu formulieren.
"Der Mythos von der Alternativlosigkeit des fossilen Kapitalismus ist nicht haltbar" sagen Sie -
und rennen damit weit offen stehende türen ein. sind doch alle lügen im zusammenhang des fossilierten spätkapitalismus (tina-prinzip etc.) längst und stets so reparaturbedürftig wie der kölner dom.
(wie Ihr interviewer herr spanke übrigens auf den unsinn kommt, es gäbe "heute" immer mehr reparaturwerkstätten, in denen technische geräte, die den geist aufgegeben haben, wieder in ordnung gebracht" würden, bleibt sein geheimnis. neuanschaffungen sind in aller regel bekanntlich längst billiger als reparaturen technischen und anderen geräts)
Ihre, für eine historikerin denn doch sehr unhistorisch anmutenden, verzeihen Sie, ponyhof-therapievorschläge - mehr recycling und kreislaufwirtschaft, mehr mikrokredite, mehr notbremsenreligion, mehr allmende-gemeinnützigkeit, kurz: mehr mittelalter wagen! -
weniger erfinden ("Ohne Kunstdünger wäre die Weltbevölkerung heute deutlich kleiner." ibid. , und ohne zwei weltkriege sicher besser) mutet befremdlich an.
"vom mittelalter lernen heisst siegen lernen" scheint heute die parole einer ums überleben fürchtenden mediaevistik sein zu müssen.
es ist, als wollte man etwa nicolaus von oresmes "traktat über die geldabwertungen" (de mutatione monetarum) den heutigen bundesbankbankern unter jens weidmann zur gefl. leküre zwecks hausinterner fortbildung ans herz legen.
und karl büchers erkenntnis von 1914, der Sie erwähnung tun, wonach es im mittelalter über tausend beruf gab, in allen ehren, doch mit "19142 verbindet doch der historiker eher geschichte als anekdorisches:
"Der klassische Fortschrittsglaube sollte mit dem Jahr 1914 gestorben sein. Wo er noch besteht, ist er eine Hinterlassenschaft des positiven Optimismus im 19. Jahrhundert - eines Optimismus, den Marx nicht geteilt hat. Die, die sich als seine Schüler verstehen, können angesichts dessen, was unsere Generation erlebt hat und was noch kommen wird, nichts Besseres tun, als sich mit dem Motto der französischen Hugenotten zu wappnen: 'Es bedarf weder der Hoffnung, um zu handeln, noch des Erfolges, um auszuharren.'"
georg lichtheim, imperialismus dt. münchen, 1972 s.15
freundliche grüße
ralf froderman
17. August
Bei Regen und Sturmwind auf nach Sylt! Von Fontanes Ballade Das Trauerspiel von Afghanistan dieser Tage hier und da zu hören, lesen. Von afghanischem Frühling keine Rede.
Jean Mesliers Testament vermutlich bald auf dem Index.
Essen mäßig.
16. August
Wo aber Unfug ist wächst mehr Unfug auch:
In einer enervierenden Lobhudelei, einer verunglückten Proskynese auf den Dichter Durs Grünbein schreibt einer aus dessen Claque, dessen anästhetischer Kamarilla:
"Katabase ist das Anhören der Toten." (Sinn und Form 73. Jahr 2021 4.Heft S.569)
Wohl! Und solches Zeug lesen ist das Überhören der Narren!
Der Hauptpunkt im Leben ist doch nur, frei, leicht, angenehm, häufig alle Abende auf den Nachtstuhl zu gehn. O stercus pretiosum!
Diderot, Rameaus Neffe
Die neue Ausgabe der Cisterzienser Chronik (128. Jahrgang 2021 Heft 2) eingegangen. Darin referiert ein Pfaffe pro domo einen Artikel aus den amerikanischen Dante Studies (Vol. 136 2018), in welchem ein Zusammenhang zwischen der Mystikerin Mechthild von Hackeborn und Dantes Matelda aus seiner Commedia versucht wird darzutun. Lesen und vindizieren.
Gestern sagte ein kleiner Junge zu mir "Ich komme aus Amrum auf Föhr, und du?"
15. August
"Von der Junggesellenmaschine zum Incel", Sonderdruck eines wirren Aufsatzes meines lieben Kollegen Aberfett eingegangen. Ab der Überschrift kann es nur noch abwärts gehen, sub omni canone.
Pedell Frodermann:
Gesendet: Sonntag, 15. August 2021 um 09:22 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: fabian.kratz@soziologie.uni-muenchen.de
Betreff: frankfurter allgemeine sonntagszeitung heute
sehr geehrter herr dr. kratz,
in der frankfurter allgemeinen sonntagszeitung wird heute Ihr offenbar lauwarmer beitrag aus der european sociological review (2021)
zu einer vermeintlichen korrelation zwischen bildungsniveau und einschätzung der zuwanderung lauwarm referiert.
ob es einen solchen zusammenhang gibt, sei dahingestellt, -
nota bene:
"Manchmal ist zu befürchten, es werde die Einbeziehung der nichtokzidentalen Völker in
die Auseinandersetzung der Industriegesellschaft, an sich längst an der Zeit, weniger der befreiten zugute kommen als der rationalen Steigerung von Produktion und Verkehr und der bescheidenen Hebung des Lebensstandards. Anstatt von den vorkapitalististischen Völkern sich Wunder zu erwarten, sollten die reifen vor deren Nüchternheit, ihrem faulen Sinn fürs Bewährte und für die Erfolge des Abendlandes auf der Hut sein."
Theodor W. Adorno, Minima Moralia (32 Die Wilden sind nicht bessere Menschen) -
im hobokenweg auf sylt oder im casino baden baden fällt - nach unserer unmaßgeblichen erfahrung - die aktuelle bewertung der zuwanderung jedenfalls ähnlich wie in den slums im ruhrgebiet und in marzahn aus.
freundliche grüße
ralf frodermann
Meine Lateinischen Stilübungen (Gerichtsreden von Rom bis Nürnberg XIII) im kommenden Wintersemester werden sich im wesentlichen mit der Übersetzung der Reden der Nürnberger Chefankläger Robert H. Jackson, Francois de Menthon und Roman Rudenko in ein ciceronisches Latein befassen.
Zum Schrifttum des notorischen Ferdinand von Schirach erreichen mich zwei Aufsätze, welche die Differenz wischen Apokalyptikern und Integrierten (Eco), Don Quijote und Sanchon Pansa (Cervantes) oder Magnum und Higgins (Magnum,p.i.) nicht besser markieren könnten: Stefan Pabst in Etudes Germaniques Octobre-decembre 2020 No. 4 S. 691ff. und Gerhard Scheit in sans phrase / Zeitschrift für Ideologiekritik Heft 18 Sommer 2021 S. 25ff.
Ein Snob en passant und achselzuckend zu uns auf der Promenade: "Früher führte ich Damen zum Essen aus, heute Hunde zum Scheissen." Gott sei Dank war meine Frau mit ihrem Hummerbrötchen beschäftigt!
14. August
Suchen Philologen die Zeitläufte zu diagnostizieren, gern auch sub specie aeternitatis, trennt sich rasch, formal wie inhaltlich, die Spreu vom Weizen. Die entsprechende Zuordnung des Folgenden dürfte nicht schwerfallen:
"Eines scheint mir festzustehen: man hat es in der Bundesrepublik Deutschland heute mit der Bewußtseinshaltung eines universalen Kleinbürgertums zu tun. Freilich mit erschreckend großen Gegensätzen zwischen lächerlichem Überreichtum und schierer Armut." Hans Mayer am Samstag, dem 8. März 1997 in der FAZ, die damals Autoren seines Ranges wie der Leserschaft noch ihre samstägliche Tiefdruckbeilage als augenfreundliche Augenweide bieten konnte.
"Aus Sicht einer Zeit, der die den Einzelnen transzendierende kosmische Dimension des Seins wieder stärker ins Bewußtsein gerückt ist - freilich unter weitgehender Distanzierung von der einstigen, christlichen Besetzung des Gedankens, so wie wir sie etwa in der Apokalypse des Johannes finden - ist das verdrängte Wissen um das sichere Ende des Lebens, dieses Planeten und (zumindest) dieses Kosmos der zutiefst unheimliche Abgrund, über dem sich die gesamten brüchigen Verzögerungskonstruktionen spannen, die wir mit dem Etikett des 'Fortschritts' oder auch der 'Bewahrung der Umwelt' fassen." Joachim Küpper in POETICA . Zeitschrift für Sprach- und Literaturwissenschaft. 40. Band 2008 Heft 3-4 S. 266 Fußnote 178.
John Webster, den Hitchcock der elisabethanischen Zeit, wieder einmal vornehmen.
13. August
Meine Gattin bemerkte beim Abendessen beiläufig, das sog. Gendern sei nur bei zweigeschlechtlichen, namensgleichen Zwillingen nötig, also nie. Ein anwesender Jurist meinte, es bedürfe hier und da in seinen beruflichen Kreisen noch der Klärung, ob es sich beim vorsätzlichen oder gedankenlosen Unterlassen des Genderns um ein malum in se oder ein malum prohibitum handele. "Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen, heißt Wirklichkeit zerstören", meinte trocken dazu der überaus aufmerksame Oberkellner mit Hegel. (Entzündet hatte sich unser Tischgespräch an einem Zitat: "der (sic!) größte Lyriker des heutigen Deutschlands, die Lasker-Schüler" Karl Kraus Die Fackel April 1917)
Carl Einsteins "Fabrikation der Fiktionen" aktueller denn je, Karl Poppers "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" ideologischer denn je.
Opernabend am Radio.
12. August
Das neue Exzellenzcluster "Mörike in ziemlich leichter Sprache" (Prof. Christian Freiherr von Auchjauche) teilt mir erste Arbeitsproben mit:
Geräuschvoll fiel die Lampe um,
Lag flackernd in der Lache Rum,
Ihr Licht erhellt nunmehr das Auge nicht
der Augen, das sehend tut den Sehverzicht.
(nach Mörikes Um Mitternacht)
11. August
Auch im akademischen Zirkus sind Ratgeberbücher wie Paula J. Caplans Lifting A Ton Of Feathers / A Woman's Guide to Surviving the Academic Wolrd. (Toronto University Press Second Edition 1993) so verbreitet wie überall. Anders als anderswo taugen sie aber auch zur Zweitverwertung als Forschungsobjekt gelehrter Philologinnen.
bohrer-nachruf / ein kabel
johannes groß (1932-1999) in memoriam
unangenehmer reaktionär und anti-pohrt verstorben- stop -
kaube im nachruf (faz 5.august 2021) total eingenässt -stop-
b-hagiographen schlagen ihr krauses wasser ab
(m. benz faz 11.august 2021), generalabnehmer der ware
kommunikationstheorie (gegenteil von schwelgen?)
erinnern sich routiniert (j. habermas ibid.)
bohrers falklandkrieg- und ernstjüngerbegeisterung
bleiben diskret unerwähnt - stop - anarch von bielefeld
im donaustaufer herrenreiterpantheon einzugipsen - stop -
enfant terrible von der stange - stop- marxaversion
als monstranz abwechselnd vor sich her oder mit sich
schleppend -stop- heroismus des mürbeteigs, roland,
lancelot und willehalm at speakers' corner -stop-
klugscheisser epilogisiert:
Die Deutschlehrerin hatte ihnen aufgetragen, das Gedicht*
des bekanntesten deutschen Dichters aufzuschreiben, nämlich
Feige Gedanken. Die Lehrerin hatte eigentlich nichts
dazu gesagt. (bohrer 2012 s.43)
revolverheld der konformistischen revolte,
postlapsarisch
Als ob der Schöpfer ohne Seele war.
coda
raumpfleger/Innen in innen/Räumen
gaben es auf, sich aufzubäumen
gegen ihre schicksal, das nichts als misere;
frassen haldol, als ob's fressen wäre.
*
Das Gedicht
Feiger Gedanken
Bängliches Schwanken,
Weibisches Zagen,
Ängstliches Klagen
Wendet kein Elend,
Macht dich nicht frei.
usw.
aus Goethes Singspiel Lila (2. Aufzug Text Magus)
bohrers erfundene angabe des vermeintlichen
gedichttitels in k.h.bohrer: Granatsplitter - stop-
2012 s.43 - stop-
scheint der nationalsozialistischen
lesart des lyrischen singspiel-textes,
das gar keinen titel trägt, geschuldet. -stop-
Und dabei war er doch ein sehr kluger und begabter Mensch, sogar ein Mann der Wissenschaft sozusagen, obgleich er übrigens in der Wissenschaft...na, kurz gesagt, nicht gerade viel oder, wie es scheint, überhaupt nichts geleistet hat.
Dostojeweskij, Die Dämonen (Erster Teil, erstes Kapitel)
9. August
Unser Pedell Frodermann stiess wieder einmal auf soziologische Holzweggänger und verschreibt seinen Namen:
Gesendet: Sonntag, 08. August 2021 um 13:49 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
Cc: christoph.gesigora@uni-bielefeld.de
Betreff: Ihr beitrag in der heutigen frankfurter allgemeinen sonntagszeitung
sehr geehrter herr prof. kieserling,
besten dank für Ihren o.a. bericht von einem soziologischen vortrag an der universität bielefeld.
pro domo spricht jeder einmal und für einen jungen mitarbeiter setzt sich sein chef
gern ein.
ob Sie allerdings Ihrem mitatrbeiter im bergwerk des luhmann-nachlasses, herrn gesigora, mit dem kurzrferat seines offenbar eher aus halluzinationen denn aus empirischer sozialforschung gespeisten bielefelder vortrags vielleicht nur einen protektionsungeeigneten, vielmehr toxischen bärendienst erwiesen haben, bleibt abzuwarten.
ist doch gesigoras untunlicher rehabilitationsversuch des völlig kompromittierten maklerberufs - dieser ist bekanntlich ungefähr zu situieren zwischen zuhälterei und trickbetrügertum und rangiert seit balzacs zeiten im basement sozialer satisfaktionsfähigkeit - ganz und gar ungeeignet, eine akademische karriere - sogar im fach soziologie - fahrt aufnehmen zu lassen.
neben den inhaltlichen bedenken gegenüber herrn gesigoras küchensoziologie des maklerberufs geben stilblüten wie einer Ihrer satzanfänge "Und seine Antwort bestritt (sic) er mit Beobachtungen und Berichten..." (ibid.)
anlass zu der befürchtung, dass der vorwurf, die gegenwärtige soziologie bestehe heute in der mehrzahl aus "zwergen auf den schultern von riesenzwergen" (s. robert holunder: die grenzen der protektion. #bockpress# dezember 2021 vorwort) nicht völlig grundlos ist.
mit freundlichen grüßen
ralf frodemrann
7. August
"Wissen im Sinne wissenschaftlicher Erkenntnis ergib sich in allen Disziplinen, zu denen es Prinzipien oder Ursachen oder Elemente gibt, aus deren Kenntnisnahme."
Aristoteles, Physikvorlesung (1. Buch / 184a) ed. G. Heinemann Meiner Verlag 2021
Dem Notizbuch eines Philologen LTI von Victor Klemperer ist ein Wort Franz Rosenzweigs vorangestellt: Sprache ist mehr als Blut. Mehr als nur ein Motto!
Conditio humana zwischen Engel und Vieh? Eine sog. theologische Zoologie - bisher in keinem Lastenheft einer Wissenschaft verzeichnet - bemüht sich neuerdings um Einebnung: Tiere sind danach eine Art Menschen mit Andersbegabung.
Windstille, Herbstboten, Wolkenalphabet.
An Marianne Ehrmann erinnert ein Beitrag im Interdisziplinären Jahrbuch Aufklärung (Bd. 32 2020). Ihre Philosophie eines Weibs von 1784 bildete den Katechismus weiblicher Liebescodierung, bis er gegen Slacks eingetauscht wurde.
5. August
Zum Tagebucheintrag vorgestern: aus der Leserschaft dieses zuweilen interaktiven Diariums werden wir freundlichst auf einen Vers William Wordsworths hingewiesen:
The Child is father of the Man (Wordsworth, Rainbow)
Wassergymnastik, Obst, Gin-Tonic.
Die exkulpative Manege im Carl-Schmitt-Zirkus bleibt weiterhin frei! Heute rätselt Herr Bahners in der FAZ über ein beziehungsreiches Zitat, das Carl Schmitt der Widmung eines seiner Nachkriegspublikationen an seinen Kombattanten Ernst Jünger hinzufügte. Solche Schmitt-Adepten fungieren als Katechon ihres Meisters: sie verschieben seinen allfälligen Umzug in den Höllenkreis der Nazi-Verdammten ad calendas graecas.
Zur Widmungsforschung allgemein:
https://sites.google.com/search/universitaetbockwurst?query=widmungsforschung&universe=classic&scope=site&showTabs=false
Junge Studentin erläutert mir ihr Pläne zu einer Arbeit über den Mönch von Sazburg. Versuchte ihr deutlich zu machen, dass ich nicht der Mönch von Helgoland sei - bis meine Gattin unerwartet erschien. Konnte Situation notdürftig flicken. (Jede Ehe hat ihre Lederflicken.)
4. August
nebenan die blechschmiede
Zu Jan Wagners Blödsinn nebenan die barbaren FAZ 4. August 2021
der dichter mich mit blicken mass,
als ich in seinem index las,
die, wenn sie töten könnten,
mich vom leben trennten
und in windeseil' verbrennten.
Apollonius Golgatha
ein selbst für janwagnerverhältnisse
https://sites.google.com/search/universitaetbockwurst?query=jan%20wagner&universe=classic&scope=site&showTabs=false
neuer
tiefpunkt ist sein metökenpoem nebenan die
barbaren - erinnert an eine george-parodie
thomas manns "überlasse euch zur plünderung
die welt" et, etc.
appeasement und kapitulation im optativ:
mögen
die zäune halten und die alte mauer
nicht bröckeln. und vergebt uns, wenn ihr kommt.
(ibid.)
verschon uns, jan, komm nicht!
Doch ein Begriff muss bei dem Worte sein.
Goethe
Kein ding sei wo das wort gebricht
Stefan George
Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.
Karl Kraus
3. August
Der neue Talander - Bekenntnisse eines galanten Helfershelfers. Meine kleine Novelle, die ich in der vergangenen Nacht mundierte.
Im Beitrag "Liebesgrüße von Dr. F.", FAZ 2. August 2021, informiert der Tübinger Germanist Helmuth Mojem über einen vor kurzem zufällig aufgetauchten Briefumschlag (Poststempel 1. Juli 1913), welcher ein Schreiben Franz Kafkas an seine Verlobte Felice Bauer enthalten hatte, das sich andernorts in Privatbesitz befindet. Der Umschlag wird im Marbacher Literaturarchiv aufbewahrt.
In der einschlägigen Briefausgabe, von Erich Heller und Jürgen Born herrausgegeben, finden sich unter dem Datum "1. VII. 1913" gleich zwei Briefe von der Hand Kafkas
Den germanistischen Oberpriestern im Kafka-Schrein obliegt deren Zuordnung zur neu aufgefundenen, epistolarisch-postalischen Reliquie.
"Das Kind ist des Mannes Vater" - ist der erste Band der Goethe-Biografie des Engländers George Henry Lewes (dt. Übersetzung Berlin, 1860) - in der aktuellen Ausgabe des Goethe Jahrbuchs Bd. 137 2020 wird an ihn und sein Buch erinnert - so wundersam wie - avant la lettre? - freudianisch- ant-freudianisch betitelt.
August
festina lente. Wir bleiben noch eine Weíle. Habe Anweisung erteilt, mir einige Unterlagen zu schicken. Tragen den Umständen Rechnung.
Der unvermeidliche Pedell Frodermann doch auf dem Festland geblieben.
Gesendet: Sonntag, 01. August 2021 um 14:40 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: Boris.Holzer@uni-konstanz.de
Cc: CCChildress@gmail.com, holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in der frankfurter allgemeine sonntagszeitung heute
"Der Neoliberalismus, zumal der zur Globalisierung verallgemeinerte Neoliberalismus,
produziert durch seinen gesellschaftlichen Irrationalismus einen Verfall der Theorie der Gesellschaft
eben so wie einen Verfall gesellschaftskritischer Praxis." (Hervorh. im Original)
Gerhard Stapelfeldt, Der Geist des Widerspruchs Studien zur Dialektik Dritter Band Teil 2 S. 580
ca ira Verlag Freiburg i. Br. 2021
sehr geehrter herr prof. holzer,
zunächst freundlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
dass die soziologen der feinen gesellschaft - vgl. Die feine Gesellschaft und ihre Freunde. Teil 1 und 2 einer Übung in dialektischer Anthropologie. Von Clemens Nachtmann in: BAHAMAS heft 76 und 77 2017 - auch einmal auf den halbtoten hund thorstein veblen und dessen "theorie der feinen leute" kommen würde, ohne freilich ihn beim namen zu nennen, war zu erwarten gewesen.
s. a. theodor.w. adornos veblen-aufsatz in dessen PRISMEN (ges. schriften bd. 10.1 s. 72ff)
doch einen paukenschlag auf der triangel wie den Ihr merkwürdige halluzinationen enthaltendes referat ("weil es vorkommt, dass man Proust und Stallone, Beethoven udn AC/CD im selben Haushalt findet." kaum auch nur im haushalt des post-banausen, schätze ich!) eines amerikanischen fachartikels zur soziologie von distinktionsbedürfnissen und posing unter konsumenten einleitenden satz "Konsumentscheidungen sind meist nur lose mit Bedürfnissen gekoppelt: Der Mensch muss essen, doch ob beim Imbiss oder im Gourmetrestaurant, hängt vom Einkommen ab..."
hört man selbst an und in den sog. TAFELN in deutschland vermutlich selten, obwohl dort der galgenhumor ja grassiert, gedeiht und überwintern wird.
nicht imbiss oder gourmerestaurant stehen nämlich für viele zur wahl, sondern essen oder nichtessen.
freundliche grüße
ralf frodermann
Wassergymnastik. - Reval und Overstolz nur noch Restbestände.
30. Juli
"Bauen, Wohnen, Denken" (M. Heidegger 1951), "Tasten, Riechen, Schmecken" (M. Diaconu 2020) - der Trinität, Trichotomie, Triplizität der Titelgebung in Kürze einmal systematisch nachgehen!
Wir erwarten Pedell Frodermann noch heute auf Helgoland:
Gesendet: Freitag, 30. Juli 2021 um 08:02 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: Markus.Antony@briq-institute.org
Betreff: @prof.arminfalk// "Klappe halten, impfen lassen! / Ihr heutiges faz interview
guten morgen herr prof. falk,
besten dank für Ihr o.a. interview:
nach dessen lektüre man unweigerlich an das wort des konfuzius (oder adenauers?) denken muss:
"An den Enden der Fahnenstangen werden die Parolen irrer."
überzeugen ist freilich unfruchtbar, wie walter benjamin wusste, doch immerhin ist es noch erlaubt, sich gegen
ton und inhalt einer offenbar als provokation gemeinten torheit wie der Ihrigen in der faz zu verwahren, die in einer schülerzeitung gewiss besser aufgehoben gewesen wäre als in einem
post-bürgerlichen leitmedium besser bezahlter konformisten.
was ich hiermit getan zu haben die ehre hatte.
freundliche grüße
ralf frodermann ( nach diktat verreist)
29. Juli
Unterland und Oberland der Insel überschwemmt mit einer neuen Salatbaderei (Schelling): Mein Helgoland von Isabel Bogdan (mare Verlag 2021).
Mark Twains Prosaskizze Wie ich eine landwirtschaftliche Zeitung herausgab bleibt eine Fundgrube für Bewerbungstrainer und Coaches aller Art. "Das Gefühl , wieder in Arbeit zu stehen, war herrlich, und ich arbeitete die ganze Woche hindurch mit unvermindertem Vergnügen." (ibid.) Twain erschuf den Anti-Bartleby.
28. Juli
Aus den sieben Todsünden der mittelalterlichen Menschheit (Konrad Lorenz rechnete später der zivilisierten bekanntlich eine achte hinzu) wurden in der Renaissance sieben Schandflecke der Seele (Carolus Bovillus, Über den Weisen Kap.1):
Hochmut, Zorn, Neid, Verschwendungssucht, Gaumenlust, Trägheit und Habgier.
Ins Hartz IV-Heute übersetzt:
Egobodyism, Resilienz, Ambiguitätstoleranz, Arbeitslosigkeit, Sozialpunkte, Work-Life-Balance, Wokeness.
gibt es kein Femininum für wem?
Karl Kraus an Sidonie Nadherny von Borutin 15./16. März 1921
In kleinem Kreis gebe ich heute Abend Christian Felix Weißes Lustspiel Die verwandelten Weiber von 1778 zum Besten. Meine kleinen Proben von Un und Fug kommen hierorts gut an. Vielleicht lege ich noch ein Ferienseminar zu Weißes Krug-Schauspiel obendrauf.
25. Juli
Unsereins ist ja nun weiß Gott und gern genug mit dem täglichen Ausgeizen relevanter und weniger relevanter, reparierter Lügen des allgemeinen Lügenreparaturbetriebs befasst. Doch sogar der hat bessere Tage gesehen.
Der Berliner Schriftststeller, Historiker und Schatullenverkäufer Per "Schatulle" Leo hat ein Buch geschrieben - Tränen ohne Trauer. Nach der Erinnerungskultur (2021). Alte Zigarren in neuer Schatulle! - , das heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung der Leserschaft so zurückhaltend wie nachdrücklich angedient wird, als hätte es Eike Geisels Die Wiedergutwerdung der Deutschen (Berlin, 2015) nie gegeben.
"Es gibt Menschen, denen es gelingt, die Vorteile der Welt mit den Benefizien des Verfolgtseins zu vereinigen." Karl Kraus' Bonmot über Minderheiten lässt mich immer an die unverblümte Sottise eines türkischen Kollegen (Neuro-Linguist) denken: "Ich lebe gern mit meinem Mann in Deutschland, hier werde ich wenigstens diskriminiert."
In Brisen!
24. Juli
Die Gender-Debatte wurzelt im Hochmittelalter. Scholastische Diskussionen um das Geschlecht der Engel - etwa in der Angelologie des heiligen Thomas von Aquin - sprechen für sich.
Aber bereits viel früher, in Otfrieds Evangelienbuch, werden wir in der auf lateinische abgefassten Zuschrift an den Erzbischof Liutbert von Mainz noch auf einen ganz anderen Aspekt hingewiesen:
Denn manchmal habe ich ein Masculinum der lateinischen Sprache in der meinigen mit einem Femininum wiedergegeben und habe gezwungenermaßen auch die übrigen Geschlechter in ähnlicher Weise durcheinandergebracht. (Übs. Heinz Mettke)
Heute Segeltörn mit Gattin und den angereisten Kindern.
Wintersemester 2020/2021 vermutlich abzusagen. Neue Lockdowns wahrscheinlich.
Pedell Frodermann heute an den König der FAZ:
Gesendet: Samstag, 24. Juli 2021 um 08:10 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: j.kaube@faz.de
Betreff: Ihre heutige loerke-kolumne in der faz
guten morgen herr kaube,
vielen dank für Ihre o.a. kolumne.
auch wenn Sie könig von deutschland oder berlin wären, sollten Sie nicht den gruftwächter oder grabpfleger loerkes machen.
ist doch nicht die berliner grabstätte loerkes zu pflegen (lasst die toten die toten begraben!), sondern allenfalls das gedenken an seine lyrik, die turmhoch über entsprechenden erzeugnissen unserer tage steht.
freundliche grüße
ralf frodermann
23. Juli
Zum "akademischen Ponyhof" unser Pedell Frodermann:
Gesendet: Freitag, 23. Juli 2021 um 12:05 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: stefan.kuehl@uni-bielefeld.de
Betreff: Ihr faz beitrag 22.7.2021
"Der akademische Unterricht ist archaisch."
Max Horkheimer 1952 (in: M.H.: Gesammelte Schriften Band 8 Frankfurt a. M., 1985 S. 391)
sehr geehrter herr prof. kühl,
besten dank für Ihren o.a. beitrag, in dem offenbar eine arg schwüle dozentenphantasie mit dem
dozenten durchgeht. ("Woher kommt diese Sehnsucht nach der Universität oder der Fachhochschule als Ort körperlicher Anwesenheit?" fragen Sie leutselig in Ihrem beitrag. - "wie kommt einer darauf, eine solche zu halluzinieren?" möchte man gegenfragen und diskret darauf hinweisen, dass universitäten immerhin keine freudenhäuser sind.)
dass die sehnsucht nach dem akademischen ponyhof, die aus Ihren zeilen spricht, in zeiten kollabierter massenuniversitäten
und deren erfolger transformation in eine systemische multilarität aus kontakthof, abrichtungsagentur, karrieremultitude zwecks erlangung akademischer tüv-plaketten und ephemerer lebensform überflüssiger ausgerechnet von einem organisationssoziologen notiert wird, gibt wenig anlass zur hoffnung, dass o.a. befund horkheimers von 1952 nicht mehr aktuell sei.
freundliche grüße
ralf frodermann
22. Juli
"Die Unterschiede innerhalb jeder ethnischen Gruppe sind um ein Vielfaches größer als die Unterschiede zwischen den Gruppen. Ein kluger Neger unterscheidet sich, was die Intelligenz bertrifft, von einem dummen Neger viel stärker als von einem klugen Chinesen oder Engländer. Dasselbe gilt, wie man weiß, beim Vergleich der beiden Geschlechteroder verschiedenen Konfessionen."
Valentin Braitenberg in seinem Essay Gescheit sein (Valentin Braitenberg, Gescheit sein und andere unwissenschaftliche Essays. Zürich, 1987 S. 14)
Voltairianer wie Braiteneberg, Jean Amery oder Erwin Chargaff sind heute nicht mehr denkbar. Der Typus des kritischen Connaisseurs, in Ironie gebeizt und stets zum polemischen Hexensabbat aufgelegt, ist nach seiner Abdankung zum diderotschen Spuk geworden. Zu einem, den keiner mehr fürchten muss.
Neben den franzöischen Moralisten und Libertins haben wir etwa auch den Anti-Kantianer Ernst Platner - s. seine Philosophischen Aphorismen 1776 / 1782 - zu seinen historischen Vorläufern zu zählen.
Prolegomena zu einer jeden künftigen Hydrologie, die als Vorsehekunst wird auftreten können werden in Deutschland angesichtes der großen Flut im Südwesten wohl bald auf der akademischen Tagesordnung stehen.
20. Juli
Dramatische Akkomodation
Die überzeugendste Übersetzung von Becketts Stück "Glückliche Tage" (1960)
in die Welt der ausgebrannten Kleinbürgerehe greiser Moribunder stellt der französisch-italienische Film "Die Katze" (1971) dar.
"Ach, was bin ich für eine alte Närrin! Bald bin ich fünfzig, meine Trauben sind geerntet, und mein Wein
ist zu alt, um zu berauschen."
Pierre Carlet de Marivaux, Die Abenteuer des jungen Brideron (5. Buch)
"This is the way the world ends
This is the way the world ends
This is the way the world ends
Not with a bang, but a whimper."
T. S. Eliot, The Hollow Men (V)
19. Juli
Offensichtlich hat unser Pedell Frodermman eine Operette verfasst:
"Rossini in Wildbad" FRINGE 2021
Eine Operette
Dramatis personae:
Joachim Schönmilz - Ein Intendant
Don Pasquale - Geiler, alter Bock
Dr. Bartolo - Bürgermeister
Rigoletto - Kämmerer
Ninetta - 1. Prostituierte
Zerlina - 2. Prostituierte
Cavaradossi - Musikologe
Rossini - Rossini
Und auf eine Art akademischer Männerphantasie aus der Feder des Berliner Kollegen Münkler in der heutigen FAZ reagierte der Gute allergisch:
Gesendet: Montag, 19. Juli 2021 um 07:42 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: herfried.muenkler@sowi.hu-berlin.de
Betreff: Ihr heutiger faz beitrag
guten morgen herr prof. münkler,
besten dank für Ihre o.a. beitrag zur geschichte und gegenwart sexaffiner männerphantasien.
bitte gestatten Sie zwei spiegelstriche:
"Bei MeToo geht es um den Selbstbesitz (? RF) und die Selbstbestimmung von Frauen" schreiben Sie
und liegen damit grundfalsch:
nota bene
http://redaktion-bahamas.org/artikel/2018/78-asexuelle-belaestigung/
und
wer von mirabeaus Erotica (resp. Eroticon) Biblion spricht, sollte sich deren motto verpflichtet wissen: Abstrusum excudit.
freundliche grüße
ralf frodermann
Wetter erträglich, im Gegensatz zu den täglich einlaufenden Nachrichten vom Festland.
17. Juli
Den meisten Menschen nützt es wenig, sie über unsere schrankenlose Verachtung lange im Unklaren zu lassen.
Umgekehrt liegen die Dinge im Falle grenzenloser Bewunderung.
"... und wer niemals um eine Gunst bittet, ist ein Dummkopf."
Soret an Goethe, 17. September 1831
15. Juli (zurück auf Helgoland)
Kollege Auchjauche bemerkte vor kurzem, er habe während eines festlichen Abendessens zu Ehren einer amerikanischen, parapsychologisch interessierten Gender-Theoretikerin die Frage an sie gerichtet, ob sie schon einmal im falschen Körper gestorben sei. Sie antwortete: "Mehrfach!"
Christoph Türckes Buch "Natur und Gender. Kritik eines Machbarkeitswahns" (2021) hier in einer Buchhandlung entdeckt. Wird gegen den herrschenden Unfug so wenig ausrichten wie ein Zahnstocher gegen Zahnstein: der kritische Weg ist längst nicht mehr offen.
Zu seinem Aktmodell sprach Albrecht Dürer:
"Leck mich am Arsch, bist du'n Syrer?"
Der Syrer, kreidebleich vor Sorgen:
"Verehrter Meister, ich sag's Euch morgen."
Georg Agricolas Buch von den Lebewesen unter Tage. (Bergwerke, Gruben, Höhlen - Hoffmann, Hebel, Kafka)
14. Juli (Husum)
Fischbrötchen in Husum! Bei alten Freunden unweit des Marktplatzs in aufgeräumter Stimmung trinken und Eis brechen. Wohltat.
Die gut gemeinte Aufforderung engagierten Lehrpersonals zum Lesen ist in solcher Allgemeinheit ein Bumerang! Bereits die sorgfältige Lektüre des liebenswürdigen Bekenntnisbuches Albert Einsteins "Mein Weltbild" würde Schüler fürs Erwerbsleben u. U. unbrauchbar machen. Was würden Pollock, Adorno und Horkheimer erst anrichten! - Zum Trinken wird man auch nicht aufgefordert, sondern davor gewarnt.
Chrysostomus Matanasius endlich eine Studie widmen! Arbeitstitel:
Hypotheses non fingo.
Über den letzten Vers des Lehrgedichts Phainomena des Aratos von Soloi
Πάντη γὰρ τά γε πολλὰ θεοὶ ἄνδρεσσι λέγουσιν.
Vieles ist allüberall, was Ewige melden den Menschen.
(vg. Johannes de Sacrobosco, Tractatus de Sphaera. 1230 / Das Puechlein von der Spera. 1979)
13. Juli
Unter den poetolgischen Körmeistern und anderen Eseln geht ein klassisches argumentum a fortiori um:
Theseus: Mich nimmt wunder, ob der Löwe sprechen wird.
Demetrius: Kein Wunder, gnädiger Herr: ein Löwe kann's wohl, da so viele Esel es tun.
Shakespeare, Ein Sommernachtstraum (V, 1)
Den Typus der in die Jahre gekommenen Ehefrau um fünfzig, die sich fragt, warum sie bloß den öden Erpel geheiratet hat und nicht ein Gegenlicht solch viriler Bückware, von denen doch die meisten Frauen in ihrer Jugend einen oder zwei, wenn nicht kennen gelernt, so doch erlebt haben, gibt es nicht mehr. Literaturgeschichtlich aktenkundig geworden ist er in Virginia Woolfs Roman Mrs Dalloway.
Schiffsausflug nach Husum. Morgen zurück.
12. Juli
Neue musikalische Vortragsbezeichnungen:
Im Ton ernsthaftesten Zeitvertreibs
radiologisch, doch nicht zu hell!
Einem Reisefieber ähnlich
Zwischen wartend und abwartend
Unbewölkt, nicht wolkenlos
Unter den frühmodernen Reiseberichten sind mir jene von Bernhard von Breidenbach und Jörg von Nürnberg am liebsten. Daheim vergessen.
11. Juli
Im Gottesdienst Bach-Kantate Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust. Im Recitativo derselben - Wer sollte sich demnach hier zu leben wünschen - drückte ich fest die Hand meiner Frau, bis sie flüsterte "Ich auch".
Heuristik eines Alptraums
Niemand nimmt dich mit nach Haus,
zieht dir da die Schuhe aus,
legt dich in sein Nachtquartier,
flüstert: Bitte, bleib' bei mir!
In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung referiert heute einer über Tourismusoziologie exitenzialphilosophischer Couleur. Kein Unsinn, der nicht bebrütet wird!
Im Kino Frederick Wisemans Dokumentation Welfare aus dem Jahr 1975.
10. Juli
Galt Hermann Andreas Pistorius im 18. Jahrhundert als gelehrtester Mann auf Rügen, so hatte ich wohl gestern Abend mit dem dämlichsten Arschloch auf Helgoland zu tun! Es gibt keinen Grund, sich das Exemplar noch dämlicher zu wünschen. Oder geiziger, nachhaltiger und abgeschmackter! Prof. Filipp Filippowitsch Preobrashenski! Sein Adlatus Dr. Bormental kein Deut besser!
Aus der Reihe: Die Frage stellen heisst sie vermasseln:
Kannte Plato das ägyptische Thotbuch? (vgl. Beitrag von Poetsch in Archiv für Geschichte der Philosophie Band 103 Heft 2 Juni 2021)
9. Juli
Allerorten wimmelt es von "Pofiteuren der Mediokrität" (H. E. Dohrendorf). Heute wird einer ihrer Akteure, gewissermaßen einer zweiter Ordnung, der Münsteraner Literaturwissenschaftler Moritz Baßler in der FAZ zum Thema "Gegenwartsliteratur" befragt, nachdem er in einem abseitigen Blatt, das offenbar ganz unverwegen sich zu einem toten Briefkasten des Zeitgeistes zu modeln sucht - Pop. Kultur und Kritik. Heft 18 Frühling 2021, - einen angeblich "polemischen Essay" dazu verfasst hatte.
Baßlers "neuer Midcult", so der Titel seiner Depesche, ist allerdings nur die alte Banausie, seine diesbezüglichen Interventionen nur neuerlicher Ausweis der Entbehrlichkeit seines Fachs im allzu geläufigen Modus des distinktionsbedürftigen Ordinarius a. D.
Wenig Sonne.
Merkwürdige Zitate in Franz Dirlmeiers Abhandlung "Merkwürdige Zitate in der Eudemischen Ethik des Aristoteles". Heidelberg, 1962 (S. 43)
Dirlmeier zitiert am Ende seiner Abhandlung das Bacon-Motto aus Kants Vernunftkritik (2. Auflage) und Kants abschließende Bemerkung "Der kritische Weg ist allein noch offen." (ibid.)
Das scheint ein wenig zu viel des Guten. Gäbe es eine Wissenschaft von den Dosierungen der Motti, hier fände sie ihren Stoff.
Weniger Sonne.
8. Juli
An Schillers "der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt" (Über die ästhetische Erziehung des Menschen 15. Brief) erinnert bei Lektüre einer Arbeit über Aristoteles' Begriff der Eutrapelia (Review of Metaphysics Vol. 74 No. 4 June 2021)
6. Juli
Bettina von Arnim an Clemens Brentano: "Du hast ja auf der Welt nichts zu tun, schreibe mir doch, oder ich glaube, daß Du mich nicht mehr liebst."
Ich bin eine Art Rigoletto im Glück.
pervigilium intellectus / Zur Aktualität des Verwaltungsdenkens
Handbuch Metaphysik (2017 ed. M. Schrenk)
Ist dies Handbuch dir zu Händen,
und in Raten durchgedacht,
wirst du dich für's Sein verwenden,
nimmst du Kurs auf neue Nacht.
Handbuch Ontologie (2020 ed. J. Urbich, J. Zimmer)
In dieser sieht du Eins in Teichen,
wirst dem Aquinaten gleichen,
bald schon überwindest ihn,
wirst ein zweiter Prigogine.
5. Juli
Tragische Gegenübertragung
Uns erreicht ein bewegendes Dokument: Friedrich Münzers (1868-1942) letzter Aufsatz ist endlich erschienen (HCS Issue 3 2021). Der Herausgeber Dr. Manfredi Zanin konnte seiner Edition auch die erste Seite des handschriftlichen Manuskripts Münzers beigeben. Die Überschrift "Ein römischer Gegenspieler des Polybios" von Münzers Hand. Das Schriftbild erschüttert.
Die Psychoanalytikerin Sabina Spielrein wurde wenige Monate vor Münzers Tod mit ihren beiden Töchtern Irma Renate und Eva von Deutschen in Rostow am Don erschossen.
4. Juli
Stimmfarben
"Wenn die Weiber von Weibern reden, so zeichnen sie besonders an der Schönheit den Verstand, und am Verstande die Schönheit aus, am Pfau die Stimme, das Gefieder an der Nachtigall." Jean Paul, Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch (12. Fahrt)
Motto der Einleitung von Mladen Dolars Abhandlung "His Masters Voice. Eine Theorie der Stimme" (dt. Suhrkamp 2007):
Ein Mann rupfte eine Nachtigall und sprach, da er nur wenig zu essen fand: »Du bist nur eine Stimme und sonst nichts.«
(Plutarch, Moralia: Sprüche der Spartaner [Apophthegmata Laconica] 233a)
"und in Großbritannien wird er (sc. Hegel RH) im Unterschied zum Rest der Welt kaum noch gelesen."
Schreibt Pirmin Stekeler-Weithofer (PSM) in einem Katalogbeitrag "Hegel wieder heimisch machen" aus dem Jahr 2016 (Meiner Verlag 2016 S. 26). Die rege Hegel Society GB sowie die Hegel Society of America werden solchen Unfug im "Schacht der Innerlichkeit" (Hegel) dem Vergessen überantwortet haben. Einem "Rest der Welt" war Hegel ohnehin nie mehr als ihm Afrika.
Sonntagsgottesdient unter freiem Himmel! Gleich Zeit für Daiquiris. Werde meine Gattin wecken.
3. Juli
Aus der Nachgeschichte der Dummheit / Romanmaterial roh Cbb(/tr)
studia humanitatis ad usum delphini in action:
Von Dantes Visio Dei beatifica zur faustischen Allmendevision
heute in der faz ein hanbüchener deutungsversuch von paradiso XXXIII, 94-96
von durs grünbein (in einem redaktionellen hinweis grotesker weise als "dichter" bezeichnet) zu lesen, der wohl besser daran getan hätte, auch nur den alten kommentar des alten rudolf baehr zur stelle zu konsultieren:
"Alle Bewunderung, die in 25 Jahrhunderten der Argonautenfahrt gezollt wurde, ist geringer als die, die ich diesem Augenblick der Gottesschau empfand."
Dante, Göttliche Komödie (Reclam Stuttgart, 1980 S. 531 Orig.: Gmelin/Baehr 1954)
Oder in der Ausgabe von Landmann gelegentlich der Stelle zu lernen:
"Das schiff der Argonauten war das erste, das je das meer befuhr, und blieb
seither unvergessen, während in Dante der höchste augenblick der schau jede erinnerung übersteigt."
Dante: Die Divina Commedia. In deutsche Prosa übersetzt und erläutert von
Georg Peter Landmann (Würzburg, 1997 S. 322))
zum "höchsten Augenblick":
(FAUST II 11579-11586)
Solch ein Gewimmel möcht’ ich sehn,
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
Zum Augenblicke dürft’ ich sagen:
Verweile doch, du bist so schön!
Es kann die Spur von meinen Erdetagen
Nicht in Aeonen untergehn. –
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß’ ich jetzt den höchsten Augenblick.
nota bene:
robert ineichen: dante-kommentare und die vorgeschichte der stochastik.
in: Historia Mathematica 15 1988 S. 264-269
2. Juli
Zuweilen vertreibt einen schon der Auftakt eines ersten Satzes aus dem Lektürenparadies:
Schopenhauer zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus...
(Peter Welsen, Grundriss Schopenhauer. Ein Handbuch zu Leben und Werk.
Hamburg, 2021 S. 23)
Dass die Proselytenmacherei und das allgemeine Missionieren der Pfaffen, Wunderheiler und übrigen Seelenbeschäler endlich im Influencer dieser Tage zu sich kommen musste, erhellt aus:
Viera Pirker: "Influencing" - ein Modell religionspädagogisch reflektierten Handelns?
in: International Journal of Practical Theology (Band 25 Heft 1 Juni 2021)
So bleibt nun übrig - dies das Überbleibsel! (Polonius in Hamlet II,2)
Lyrikkanone und Stellvertreter des Schwätzers und Animateurs Polonius auf allen Aidas der Zeitgeistpfützen, Alber Ostermaier -
löst sich heute in der FAZ unter "deutsche klage" in gebundener Rede. Jogis olfaktorischer Fauxpas vor einige Jahren war unschön, Ostermaiers bedeutelnde Threnos-Flatulenzen (ohne wille keine vorsehung usw.) morcheln und stinken aber noch weitaus wütender. Krasser Fehlpass, Ostermaier!
Seewetterbericht endlich verständlich. Dachte schon, ihn in Leichter Sprache anfordern zu müssen.
Juli
"Plagiieren" meint heutzutage nicht mehr den Diebstahl geistigen Eigentums, sondern das ordinäre Abschreiben ordinärer Platitüden.
Nach der Melodie "Mein Hut der hat drei Ecken" zu singen:
Mein Konto hat Corona,
der Virus macht es platt,
Und hätt' es nicht Corona,
dann wär' ich nicht so satt.
30. Juni
Leider gibt es nur wenige, die die Leidenschaft aufbringen, von sich abzusehen. Ich zähle keinesfalls zu ihnen, denn:
"Wie jeder halbwegs vernünftige und empfinsdame Mensch verabscheue ich Arbeit." (Aldous Huxley)
Reinhold Schneiders großartige Erzählung Las Casas vor Karl V. wieder einmal vorgenommen. Erinnert mich an Schullektüre, Wassermanns Gold von Caxamalca. Später Döblins Amazonas-Roman.
unverdrossen malt die alte
schachtel ihre lippen puterrot
und übergiesst die morschen
wangen mit dem rouge aus not
und angst und tod.
(aus: Erwin Aberfett: Erfrischungsgeld / Gedichte. #bockpress# 1999)
Helgoländer Dreisatz
Der ideologische Lügenreparaturbetrieb der Gesellschaft aus Journaille, Politik, Verwaltung, Universität und Kultur, kurz: Quasselindustrie, droht gegenwärtig erneut an seine Grenzen zu stossen.
Doch:
"Die Grenze zwischen eigentlicher Reparatur und Ersatz, zwischen Erhaltungskosten und Erneuerungskosten,
ist eine mehr oder wenige fließende."
Karl Marx (Das Kapital 2.Band)
Die seit Anfang 2020 statthabende, globale Kulturrevolution (Corona) markiert genau den mehr oder weniger fließenden Übergang von Erhaltung in Erneuerung der spätkapitalistischen Gesellschaft, deren Reparaturkosten seit langem ihre Erneuerungskosten überstiegen hatten, und dazu allerorten um den nachhaltigen Fall der Profitrate ins Leere bangen lässt.
Wunderbare liegen vor, himmlische hinter uns!
28. Juni
Eine Germanistin aus Liverpool , Lyn Marven, informiert auch uns gestern via Automatic Reply - Funktion ihres Email-accounts:
I am taking part in the Liverpool UCU marking and assessment boycott.
I have been informed by my employer that “it is, on this occasion, proportionate and necessary to adopt a position of withholding 100% of pay from colleagues who take part in the assessment and marking boycott” with effect from 18 June, and that “other work that they do choose to do will be regarded as voluntary and will not be eligible for payment”.
I take this to mean that I will not be paid as from 18 June, and any work that I undertake from this date will be voluntary (unpaid).
I am not willing to work on a voluntary (unpaid) basis for the institution, and therefore I am currently unable to undertake any other duties during this time.
Lyn
Nach Morgenstern:
27. Juni
Geistreiche Säufer wie der englische Schriftsteller Jeffrey undenkbar geworden.
Johannes Scherrs "Der Student von Ulm" von 1851 gute Unterhaltung. Wer gab mir den Band?
Pedell Frodermann semper idem:
Gesendet: Sonntag, 27. Juni 2021 um 08:53 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
Cc: diana.mutz@asc.upenn.edu, joerg.matthes@univie.ac.at
Betreff: Ihr beitrag in der heutigen frankfurter allgemeinen sonntagszeitung
guten morgen herr prof. kieserling,
herzlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
jenseits küchensoziologischer betrachtungen der folgen politischer meinungsverschiedenheiten
unter freunden a la diana c. mutz und jörg matthes, deren einschlägige arbeiten Sie in Ihrem referat zitieren,
ist ein text der amerikanischen autorin kressmann taylor aus dem jahr 1938 zu nennen, der
im vorliegenden kontext unbedingt vedient erwähnt zu werden:
address unknown (dt. adressat unbekannt hamburg, 2000)
grundsätzlich zum thema:
https://sites.google.com/site/universitaetbockwurst/beerdigte-freundschaften-felonien
freundliche grüße
ralf frodermann
Ausflug nach dem Frühstück. Milde Luft, happy wife, happy life!
26. Juni
Halunder - das Helgoländer Friesisch - wird hier auf der Insel noch von einigen wenigen Alten gesprochen. Zu unserer nicht geringen Überraschung trug gestern Abend im Wirtshaus ein greiser Galgenstrick Nr. 27 aus Frodermanns Zyklus von 1999, Sport und Tiere, vor:
Siegerin des Tauchturniers
War Freundin auch des Waldreviers.
Das Tier hieß Helgoland Hyäne,
Mutter Britin, Vater Däne.
Sehr passend trudelt mit der Post ein Special Issue Beaches and Ports der Zeitschrift Comparative Literature (Vol. 73 Issue 2 June 2021) ein.
Was ist eine 'kommode Religion'? (Vgl. Schluss des Büchnerschen Lustspiels Leonce und Lena)
Antwort: eine verstorbene.
25. Juni
Jetzt geht das Arschloch zu weit! Pedell Frodermann, dieser widerliche Dogeberry, bringt mich alleorten in Verruf. Hier seine heutige Mail an drei unbescholtene Kollegen, in der frecher weise aus noch unveröffentlichten Sachen von mir zitiert:
Gesendet: Freitag, 25. Juni 2021 um 11:25 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: tobias.rosefeldt@philosophie.hu-berlin.de, geert.keil@hu-berlin.de, grundmann-sekretariat@uni-koeln.de
Cc: holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr heutiger faz beitrag "Die Mär vom Leistungsprinzip"
sehr geehrte herren,
vielen dank für Ihren o.a. beitrag.
ich erlaube mir, Ihnen dazu einige einschlägige auszüge aus prof. dr. robert holunders
"Tractatus academicus MMXXI " zu übermitteln.
freundliche grüße
ralf frodermann
Tractatus academicus MMXXI
Über den Augang des homo academicus aus seiner selbstverschuldeten Verwurstbarkeit
§ 177
zweck geisteswissenschaftlicher disziplinen (philosophie etc.) heute, mithin im zeitalter ihrer entbehrlichkeit, ist der ständige nachweis ihrer notwendigkeit. je schwerer der von ihren akteuren noch erbracht werden kann, desto absurder fällt dieser nachweis aus.
§ 27
im geisteswissenschaftlichen post-doc zirkus gehen seit jahren die wellen hoch und das gedränge um zutritt zu manegen und garderoben mit catering for free nimmt nicht selten häßliche züge an.
wer da ohne mentor, vulgo pate ist, dem hilft kein verweis auf spielregeln der meritokratie wie etwa leistungs-- bzw. konkurrenzprinzip, reformismusbedarf etc., de facto herrscht auch dort ordinäre mediokratie, ein sensibler nepotismus und die üblichen neidbeissereien unter überflüssigen.
§ 7
der unterschied zwischen akademischem leer- und vollgut entspricht arbeitsvertraglich
dem zwischen zeitvertrag und beamtenverhältnis, zwischen befristeter und unbefristeter alimentierung
und ist einer ums ganze. ihm entspringen die meisten verwerfungen, universitären kriegshandlungen und
psychosen der beteiligten subjekte.
§ 84 Abs. 7
ohne erbschaft etwa philosophie studieren ist wie ohne fallschirm springen: risikobehaftet.
§ 125
alle geisteswissenschaften in spätkaptalistischen, nach-industriellen gesellschaften sind überflüssig
und werden abgewickelt.
eine sich abzeichnende idiokratie chinesischer observanz tritt an ihre stelle.
copyright// robert holunder #bockpress# (in press) //
Werde ihm den Ehren-Bachelor entziehen lassen!
Tief in die Novellistik C. F. Meyers eingesunken. In meinem Exemplar der Angela Borgia (Leipzig, 1900) am Ende ein gut lesbarer Bleistifteintrag, dessen zarter Schwung sich über die Jahrzehnte gut erhalten hat und mich rührt:
"Wer die freie Behandlung des Stoffes vergleichen will mit den tatsächlichen Vorgängen sei verwiesen auf Gregorovius Lucrezia Borgia."
Alle Tage viele Tagesgäste,
24. Juni
Habe einige Immobilien profitabel losschlagen können, die Leute kaufen, was das Zeug hält und zahlen jeden Preis. Angenehme Notare.
Unser Pedell Frodermann scheint sich für meinen Stellvertreter zu halten:
Gesendet: Donnerstag, 24. Juni 2021 um 08:41 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: robert.zwarg@gmx.de, steffen.andrae@uni-erfurt.de, joerg.spaeter@geschichte.uni-freiburg.de, christine.kirchhoff@ipu-berlin.de, dirkbraunstein@netic.de
Cc: stephan.lessenich@soziologie.uni-muenchen.de, rebentisch@hfg-offenbach.de, info@ansgarmartins.de, forst@em.uni-frankfurt.de, philipp.felsch@hu-berlin.de, christoph.henning@uni-erfurt.de, thomas.meyer@lrz.uni-muenchen.de, j.kaube@faz.de, "Philipp Lenhard" <philipp.lenhard@googlemail.com>, klaue@dubnow.de
Betreff: hinweis Kritische Praxis und welpenschutz / zu "Mittelweg 36" heft 3 2021
Geh nicht zu nah an deine Träume
Edith Södergran 1892 - 1923
P.P.
vielen dank für das o.a. heft und den darin enthaltenden ideologischen gurkensalat der saison.
bitte gestatten Sie einige spiegelstriche zum heft:
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das dem heft vorangestellte motto oder leitwort aus henzes "autobiographischen mitteilungen" von 1996 ("Konnte ihn (sc. adorno rf) ja nicht leiden") gibt dem ganzen heft einen unguten, rancune-behafteten oberton gleich zu anfang mit auf den leseweg
("wie tubaton des weltgerichts, voran der schellenträger" wie es in liliencrons gedicht "die musik kommt" heisst)
erinnert mich in seiner übergeschnapptheit ein wenig an die stelle "Mocht' ich ihn jemals? Nie." aus dem siebenten kapitel von thomas manns "lotte in weimar", woselbst mann den alten goethe über den seligen freund schiller monologisieren lässt.
freilich bleibt da ein unterschied ums ganze zwischen manns phantasien und henzes ressentiment!
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warum wird nirgendwo im heft erwähnt, dass "Kritische Theorie" nichts anderes war als ein tarn- und samisdatbegriff für "Marxismus"?
dass der in deutschland nie und nirgends anschlussfähig war, dürfte allerorten unstrittig sein, jedenfalls evident.
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krtische theorie in praxi wie in academicis heute betreibt einzig das berliner periodikum BAHAMAS. klaue und lenhard waren/sind autoren, ihre beiträge in Ihrem mittelweg 36 heft zeugen von dem, was adorno als "das Hinzutretende" ethisch zu bestimmen suchte; dasselbe gilt für den beitrag braunsteins.
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ob sich adorno in kluge oder habermas mehr getäuscht hat, wüsste horkheimer zu beantworten.
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kaubes ("hat soziologie bei luhmann gelernt" puuh, winnie, puh) bornierte hinweis, es gäbe ja gar keine kohärente gesellschaftstheorie der frankfurter schule ist mit cusanus
bescheid zu erteilen: omnia in omnibus. s. auch entfaltetes existenzialurteil.
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das prinzipiell flohknackerhafte solcher druckwerke wie Ihren "Metamorphosen der Kritischen Theorie"
lässt den leser in der annahme zurück, dass in nicht ferner zukunft "Meta-Metamorphosen der Banausie"
jenen reden "versierter obeflächlichkeit" (adorno) in Ihrem coffeetable-heft den kritischen garaus machen werden.
mit freundlichen grüßen
ralf frodermann
alle einen schatten warfen,
alle schatten mich betrafen
Christian Freiherr von Auchjauche (Schlappschwänze. Neue Sonette.
#bockpress# im Druck)
22. Juni
Meine neue Deutsche Literärgeschichte reimweis kurz unfasslich hergericht (nach Gundolf) enthält in ihrem Fabel-Teil (Von "Bonerius zu Lichtwer") ein Fußnote zur Geschichte der Fuchsfabel:
„Der Mensch ist kein Rätsel. Geld ist ein Rätsel.“ Herr Urian Blocksberg/Harz Walpurgis 2012
Die Traubenfabel
Wieder einmal war der Fuchs im Puff. Da lauerten alle Weibsbilder auf seinen prall gefüllten Beutel, auf dass sie ihn melkten. Doch Reineken trank nur still seinen Schnaps und traf keine Anstalten, den Lockungen jener Sirenen und Lustweiber nachzugeben. Die wurden darob ganz betrübt, scholten ihn einen Saufaus und frugen: Reineke, willst du denn heut‘ gar nicht von unseren süßen Trauben kosten, wie sonst oftmals? Er aber brummte: Heute hängen sie mir nicht hoch genug.
Ralf Frodermann V 2012
Fuchs (eben aus dem Puff heimkehrend):
Mein liebes Weib, du wirkst so verändert.
Fuchsx:
Du alter Arsch, du hast mich misgendert.
Fuchs:
Verdammte Scheiße, wo sind deine Kleider?
Fuchsx:
Die schenkte ich sämtlich dem lieben Beschneider.
Fuchs:
Und unsre Kinder, die Mädchen? Die Racker?
Fuchsx:
Liegen auf dem Gottesacker.
Fuchs:
Und ich? Ich darf mich selber ficken?
Fuchsx:
Wenn ich dich brauche, ich lass nach dir schicken.
Ralf Frodermann VI 2021
21. Juni
Sommeranfang traditionell mit Brunch im Freien. Überraschender Besuch alter Freunde. Woher wussten die....?
Liebenswürdiger Mann Gottes überreichte uns gestern den Nachdruck einer Helgoland-Schrift von Georg Rittschlag (= Georg Joachim Schlachter): Das Asyl auf dem Felseneiland von 1840. Gelegentlich durchsehen. Lokale Bezüge in Druckwerken und Sommerfrischen besonders schön und willkommen.
Kleines Schema zur Kritik der Genderlinguisitk angefertigt:
Pandemie der Sprache
1. Unter Pharisäern
Neuer Universalienstreit / Kasuistik der Leere: Benjamins Begriff der "Überbenennung"
2. Proskriptionen
Pranger: neue Schädelstätte des Ungeistes.
3. Amphibolien
Apriori des Konformismus: sacrificium intellectus
"Bei solchen elendesten Zustande / und gentzlicher Verödung des / sonst so herrlich blühenden Teutschen Sprachlandes / kam noch dieses übergrosse / endliche / verderbliches Unglück dazu / daß wegen des vergifteten Wassers die Pest und hinfallende Krankheiten entstunden / und sunken und fielen die Leute / so noch lebeten / wie die Fliegen und versengten Bienen dahin."
Justus Georg Schottelius: Der schreckliche Sprachkrieg. (Horrendum Bellum Grammaticale 1673) Leipzig, 1991
"An den Knotenpunkten des Universums der öffentlichen Sprache treten Sätze auf, die sich selbst bestätigen, die
analytisch sind und gleich magisch-rituellen Formen funktionieren."
"Relativ neu ist, daß die öffentliche und private Meinung diese Lügen allgemein akzeptiert und ihren ungeheuerlichen Inhalt vertuscht."
Herbert Marcuse, Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft.
(4: Die Absperrung des Universums der Rede) dt. 1967 (amerik. Original 1964)
Habe bei der Internationalen Tieck-Gesellschaft in Dresden anfragen lassen, ob sie noch existiert.
ad: August von Cieszkowski: Joachim von Fiore alla polacca?
Helgoland, den 20. Juni 2021
Mit meiner lieben Gattin am Morgen angelandet. Wohlweislich ohne jedes Abschiedsbrimborium daheim, sollen sie sehen!
Kaum im Hotel, Post, Zeitungen etc.
Hier nur ein Auszug, wieder einmal vom Pedell Frodermann, der seinen Namen nicht immer schreiben kann:
Gesendet: Sonntag, 20. Juni 2021 um 08:23 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: Boris.Holzer@uni-konstanz.de
Betreff: Ihre heutiger fas beitrag
guten tag herr prof. holzer,
besten dank für Ihren o.a. beitrag.
dass eine soziologie der coronakrise, die diesen namen verdiente, mehr zu leisten hätte als
ratifizierungen der theorien thomas s. kuhns oder pierre bourdieus im licht der corona-krise,
nämlich mindestens sich zu orientieren hätte an:
justus wertmüller in:
http://redaktion-bahamas.org/index.html
sowie:
ist nach lektüre Ihres beitrags evident.
".. es wurden auch in Rekordzeit mehrere Impfstoffe entwickelt, die bei bislang überschaubaren Risiken und Nebenwirkungen gegen ernsthafte Erkrankung schützen." schreiben Sie einleitend, was mit nichtwissen zu betreiten ist.
denn offensichtlich weiss die wissenschaft über das virus faktisch nichts bündiges.
soziologen immerhin könnten jetzt hier gute geschäfte machen, vgl:
"Das große allgemeine Übel, die Cholera, entweicht zwar allmählich, aber es hinterläßt viel Betrübung und Bekümmernis. Die Sonne scheint zwar lustig genug, die Menschen gehen wieder lustig spazieren und kosen und lächeln; aber die vielen schwarzen Trauerkleider, die man überall sieht, lassen keine rechte Heiterkeit in unserem Gemüte aufkommen. Eine krankhafte Wehmut scheint jetzt im ganzen Volke zu herrschen, wie bei Leuten, die ein schweres Siechtum überstanden. Nicht bloß auf der Regierung, sondern auch auf der Opposition liegt eine fast sentimentale Mattigkeit. Die Begeisterung des Hasses erlischt, die Herzen versumpfen, im Gehirne verblassen die Gedanken, man betrachtet einander gutmütig gähnend, man ist nicht mehr böse aufeinander, man wird sanftlebig, liebsam, vertröstet, christlich; deutsche Pietisten könnten jetzt hier gute Geschäfte machen."
heinrich heine, französische zustände (artikel VII)
mit freundlichen grüßen
ralf fodermann
Das Aas dichtet obendrein:
stechender bierdurst (aus der sammlung "der polier")
kurz vorm renteneintrittsalter
kam der baustellenverwalter
zum besoffenen polier:
"hier, du arschloch, ist dein bier!"
last polierwort hier auf erden:
"aus bieren sollen weiber werden!"