13. Februar 2025
In Anna Freuds Psychoanalyse für Pädagogen, 1930.
nota bene:
"Erinnerungen an Mißbrauch und Alter egos werden bei suggestiblen Patienten erst durch Psychoanalytiker und Psychiater induziert und heraufbeschworen." Sadie Plant: nullen und einsen. Digitale Frauen und die Kultur der neuen Technologien". Berlin, 1998 S.141.
Denken ist die größte Plage,
Dummheit ist das höchste Gut.
Nach Christoph Türckes "Digitale Gefolgschaft. Auf dem Weg in eine neue Stammesgesellschaft" München, 2019, bleibt Daniel Martin Feiges "Kritik der Digitalisierung. Technik, Rationalität und Kunst" Hamburg, 2025 wirkungslos.
Um das Emerson-Motto von Stanley Cavells "Der Anspruch der Vernunft" abzuwandeln: Ehrlich gesagt, ein anderer Geist belehrt mich nicht und provoziert mich selten, er schläfert in aller Regel meinen ein.
Frida Akmalia rezensiert in MINERVA (Vol. 62 Issue 4 December 2024) eine wichtige Publikation zum Plagiatsbetrieb an Hochschulen: Fake Degrees and Fraudulent Credentials in Higher Education. eds. Eaton, Carmichael, Pethrick. 2023.
Semesterende, Abreise nach Bad Ragaz nach der letzten Vorlesung. Papierkram, Gericht, Pensionsansprüche. Verträge verlängern, Nieten entsorgen.
hæc comice dicta cave ne male capias.
11. Februar 2025
Couplet des Bibers aus meiner Komödie "Mutters letzte Hochzeit" (4. Akt):
epithalamium, negativ
"scheisse!" rief der alte biber,
"die ehe? davon lass ich lieber.
ich kann die frau so sehr nicht schätzen,
und an den orten, an den plätzen,
wo ich mich habe umzutun,
da ärgert mich ein weibisch huhn.
und werde dennoch ich mal scharf,
dann regeln huren den bedarf.
immerzu und immer neu,
bleib selten nur mir selber treu.
Von Upton Sinclairs "Öl" zur Serie LANDMAN von dem unglaublichen Taylor Sheridan.
Meister-Eckart-Jahrbuch 18 2024. Man möchte katholisch werden.
8. Februar 2025
Susan J. Samples Aufsatz "Afterlife", in Literature and Medicine (Vol. 42 1 Spring 2024). Über Leben und Tod im außerbiologischen Sinn.
Carl Schmitts "Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens. Vierte, korrigierte Auflage 2023. Die Schrift von 1934 schließt: "Der Staat als besondere Ordnungsreihe innerhalb der politischen Einheit hat nicht mehr das Monopol des Politischen, sondern ist nur ein Organ des Führers der Bewegung." (ibid. S.55)
Gesendet: Donnerstag, 6. Februar 2025 um 15:20
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: christian.damboeck@univie.ac.at
CC: hannes.s.kaufmann@sowi.uni-giessen.de,schwarz@adk.de
Betreff: deutsche zeitschrift für philosophie 5 / 2024
guten tag,
verbindlichen dank für Ihren beitrag in o.a. periodikum über "carnap und heidegger".
in letzter zeit häufen sich solch castor-und-pollux-bemühungen (oft affirmativ, seltener, wie in Ihrem fall gratismutig kritisch), die man nicht anders als "erpresste versöhnung" (adorno) zu bezeichnen weiß.
"hitler und goethe. ein schulaufsatz" von tucholsky, "adorno und heidegger" von h. mörchen
oder "adorno und gehlen" von christian thies 1997, thomas wagner 2024.
nun also "carnap und heidegger".
in diesem fall sollte immerhin der triviale hinweis nicht fehlen, dass heidegger nationalsozialist, carnap
keiner war.
hochachtungsvoll
ralf frodermann
Die Lüge, ihre soziale Mechanik wie ihre moralische Ambiguität, ist - von Georg Simmels "Zur Psychologie und Soziologie der Lüge" (1899) bis Vladimir Jankelevitchs "Von der Lüge" (dt. Meiner 2016) - erschöpfend dargestellt worden.
In Zeiten an Fahrt stetig zunehmenden gesellschaftlichen "Lügenreparaturbetriebs" (Robert Holunder) konnte es nicht ausbleiben, dass auch analytische Ontologen ihrem Wesen und ihrer Erscheinung noch einmal nachgehen.
Oliver Hallich hat dies in seinem "sozialphilosophischen Essay" getan: Angemessenes Lügen. (Meiner 2023)
In der "Deutschen Zeitschrift für Philosophie" (Heft 5 2024) zieht ihm dafür Maike Albertzart die Hammelbeine lang.
Wir sagen:
Lügen haben kurze Beine,
Hallich seine haben keine.
Gesendet: Donnerstag, 6. Februar 2025 um 07:27
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: t.spreckelsen@faz.de
CC: mail@florianbissig.ch,sinnform@adk.de
Betreff: wassersuppe
an den schmock spreckelsen, anlässlich seiner lobhudelei
eines windeies in der faz 6.feburar 2025
nach der lektüre Ihrer rezension des schmarrns von
florian bissig "Anchises in Alaska. Ein Vaterbuch
in Versen" Verlag Die Brotsuppe Biel, 2024.
erwarten wir ungeduldig / laookoon in london.
ein onkelbuch in schmerzen".
Alter tanze! Wenn du tanzest,
Alter, so gefällst du mir!
Jüngling, tanze! Wenn du tanzest,
Jüngling, so gefällst du mir.
(Lessing: Die 47ste Ode Anakreons)
nota bene: Don DeLillos Zero K. 2016
close reading:
Imago. Zeitschrift für psychoanalytische Psychologie ihre Grenzgebiete und Anwendungen XXI 1935 Heft 1 : Freud, Sigmund, 1856-1939, editor : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
5. Februar 2025
"Schopenhauer on the Futility of Suicide" von Colin Marshall in MIND (Vol. 134 Issue 533 January 2025). Dagegen Jean Amerys "Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod."
Bacon vs. Kant
idola tribus synthetisches Urteil a priori
idola specus analytisches Urteil a posteriori
idola fori synthetisches Urteil a posteriori
idola theatri synthetisches Urteil a posteriori
Bildungsministerium
Zwischen "das fuckt mich übelst ab" (Schülerjargon) und "Dummheit ist nicht meine Stärke." (Paul Valery, Herr Teste) liegt der Hund begraben. Aber der praktiziert Johatsu.
3. Februar 2025
Neues über Bartleby im Hausorgan der Melvilleaner LEVIATHAN Vol. 26 1 March 2024. F. Specq, Foils and Fools: "Bartleby" and the Failure of Romantic Possibility.
Zettelkasten Poshlost
Uber die mißfällige Gefälligkeit Christian Friedrich Hunold
Verlasse doch die Art zu leben;
Oder ich verlasse dich:
Denn die Gefälligkeit/ du Thor/ erzürnet mich.
Zu allen lachen heißt in nichts Verpflichtung geben.
Wer überal ein Ja-Herr seyn/
Und sein Verdienst dadurch will machen/
Der fährt auf einem umgekehrten Nachen/
Und kriegt zur Antwort schweigend: Nein.
Dennoch so liebst du die Manier;
Und allen Menschen komt nichts mehr verdrüßlich für/
Als so ein Lob/ das man zur Unzeit spricht:
Viel lieber/ daß man mir vor solches Rühmen fluchet.
Wer aller Welt so zu gefallen suchet/
Gefället keinem Klugen nicht.
Bruno Snells Miszelle "Das I-Ah des Goldenen Esels"
(HERMES Heft 3 1935) wurde 75 Jahre später ihrerseits Gegenstand
einer Miszelle: „O", „oύ" und „óχι". 75 Jahre Bruno Snells „Das I-Ah des Goldenen Esels"
von Lothar Zieske (HERMES Heft 1 2010).
Meine Miszelle "Lothar Zieskes Würdigung Bruno Snells im HERMES" macht den Drilling
komplett.
Oberseminar: Roman des Achilles Tatius im kommenden Sommersemester (Buch VII).
"Berlin, Miami ist auf den ersten Blick ein Strudel aus Unübersichtlichkeit und Bullshit." Schreibt Frau Prof. Führer in ihrer Rezension "Binärsignale, Obeflächennarrationen und postkonventionelles Erzählen: Zur Prosa und Poetologie Hannes Bajohrs." (Sprache und Literatur Band 53 2 2024 S.368).
War Bajohrs HALBZEUG TEXTVERARBEITUNG von 2018 schon konkreter Stuss (konradbayercodierung), so west das Spätwerk in Richtung Verbandslyrik mit Enzensberger-Topping.
Ein Alcahest scheint über die Sinne der Menschen ausgegossen zu seyn.
Novalis, Die Lehrlinge zu Sais. (1)
Februar 2025
Frankfurter Anthologie, FAZ heute, Norbert Hummelt über George. Mitfühlendes Geschwafel.
Wer hat die Sprache Georges befummelt?
Der geschwätzige Dichterling Norbert Hummelt!
Neues aus dem Amt Gehlen (vgl.: C. Thies: Die Krise des Individuums: Zur Kritik der Moderne bei Adorno und Gehlen. rowohlt 1993).
Gesendet: Freitag, 31. Januar 2025 um 19:33
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: schwarz@adk.de
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 2.2. 2025
guten tag herr prof. kieserling,
vielen dank für Ihren o.a. beitrag.
thomas wagners buch über adorno und gehlen, dessen erscheinen Sie
freundlicher weise in Ihrem o.a. artikel anzeigen, bezeugt keine "überraschende Annäherung",
wie Sie meinen, sondern vielmehr eine "erspresste Versöhnung", ähnlich jener, die hermann
mörchen vor über 40 jahren in seinem buch über "Adorno und Heidegger" vorzunehmen
versuchte.
wichtiger als solch interessierte geschichtsklitterung dürfte der artikel von michael schwarz im
"Adorno-Handbuch" sein:
"Öffentliche Gespräche. Mit einer Chronologie."
ibid. 2. auflage 2019
beste grüße
Ralf Frodermann
Notiz über Orthorexie
Seit Hufelands Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern aus dem Jahr 1797 hält der Diskurs über gesunde Ernährung allenthalben an. Auch unter den Alten, die das Alter - Hufeland bestimmt es als den "Anfang des Todes", ibid. S.682 - zu durchleben, das Glück oder Unglück haben.
Savianos "Clan der Kinder" wieder durchblättert. Erschütternd, hoffnungslos. Kindheit als Verhängnis. "Wie scheint doch alles Werdende so krank!" Trakl.
"Die letzte Etappe". Polnischer Film 1948, von Wanda Jacubowska. Der Büchertisch am Anfang.
28. Januar 2025
1000 Seiten über Catulls carmen 64! Von Gail Trimble. Atemberaubend. Honni soit qui mal y pense. (Cambridge, 2024).
Mein Verstand schwankte oft zwischen zwei Meinungen: Kümmern sich die Götter um die Welt oder gibt es keinen Herrscher darin, und treiben sterbliche Dinge dahin, wie es der zweifelhafte Zufall verlangt?
Claudian, Gegen Rufinus (Buch I)
Alanus ad Insulis, Anticlaudian (ed. W. Rath Stuttgart, 1966)
"Queer Orientation in Thomas Mann`s Tonio Kröger". Abhandlung von Ernest Schonfield in Modern Language Review (Vol. 120 Part 1 January 2025). Zur Tunte in Venedig ist es nur noch ein Wimpernschlag.
Paul A. Baran revisited
25. Januar 2025
Briefwechsel Hugo von Hofmannsthals mit seiner Frau Gerty. "Bin ich eigentlich jemand, den man heiraten kann?". Ehe im Elfenbeinturm. Außerhalb desselben Ehe eher Unsinn.
250 Jahre "Die Freuden des jungen Werthers / Leiden und Freuden Werthers des Mannes" von Friedrich Nicolai. Kongress in der Wasserburg zu Zilly / Sachsen Anhalt.
Subtext: Kapitel "Herr und Knecht" aus Hegels Phänomenologie
Die American Sociological Review und ihre Freunde:
Gesendet: Freitag, 24. Januar 2025 um 18:40
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: bryan.boyle@vub.be,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine sonntagszeitung 26.januar 2025
guten tag herr prof. holzer,
vielen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie informieren die leserschaft über eine kuriose arbeit zweier
soziologen aus dem oft wohl sehr anachronistischen alltagsleben der nur noch wenigen feinen leute, die sich, ausserhalb
des buckingham palastes und des adlon-hotels (gruß an herrn dürner!), einen butler leisten wollen,
sei es aus distinktionsbedürfns, sei es aus anderen gründen.
in der regel ist mit einem butler ja gut bedient, wer kein ehegepons o.ä. hat.
die beiden autoren versuchen sich an einer konzeptualisierung ausgerechnet des
butler-berufs, der neuerdings unter parvenus weltweit wieder mehr nachgefragt wird,
butlerschulen wissen davon ein lied zu singen:
www.butlerschool.com
über die filmische realontologie des butlers unterrichtete 2013 der film
The Butler mit forest whitacker in der rolle des berühmten white-house-butlers
cecil gaines.
bereits vorher war die figur des butlers im roman loving (dt. der butler 1988)
von henry green literarhistorisch aktenkundig geworden.
bekannter dürften roman und vefilmung von was vom tage übrig blieb von
kazuo ishiguro, mit anthony hopkins in der hauptrolle des spielfilms aus dem jahr 1993 sein.
Sie schließen Ihren beitrag:
"Ein gehobener Lebensstil, so könnte man die Ergebnisse zusammenfassen, setzt nicht nur individuelle, sondern vor
allem organisierte Distinktionsarbeit voraus."
und voraussetzung dieser voraussetzung ist zweifellos solvenz - und schlechter vintage-geschmack!
hochachtungsvoll
Ralf Frodermann
Seit einiger Zeit sträubt sich etwas in mir gegen alle gebundene Rede, und wie ich höre, regt sich bei manchen Zeitgenossen eine ähnliche Abneigung. Es will mich bedünken, als sei in schönen Versen allzuviel gelogen worden und die Wahrheit scheue sich, in metrischen Gewanden zu erscheinen.
Heinrich Heine, Buch der Lieder (Vorrede zur zweiten Auflage)
Vergleich Casina, Komödie des Plautus, mit Louis Malles letztem Film Verhängnis (1992). Vater und Sohn lieben dieselbe, gehen auf unterschiedliche Weise vor die Hunde. (Hunde, die lachen, beißen nicht.)
23. Januar 2025
Dem Januar ist alles leid.
Christian Saalberg
Die Philosophische Gotteslehre ist ein gerupftes Huhn. Ihrem unehelicher Sohn, dem Atheismus, dessen Geschichte von Fritz Mauthner bis Georges Minois ad nauseam erzählt wurde, ergeht es auf den akademischen Misthaufen nicht besser. Winfried Schröders Streitschrift "Atheismus. Fünf Einwände und eine Frage" (Meiner 2. Auflage 2023) wird im interdisziplinären Jahrbuch Aufklärung (Band 36 2024 GOTT. Begriff und Kritik der Gottesinstanz in der Philosophie, den Wissenschaften und Künsten im 18. Jahrhundert) diskutiert. Eine Gespensterdebatte. Zwischen Tünnes und Schäl.
"Im kommenden Sommersemester lesen wir im Oberseminar die erste der drei Idyllen des Versepos Luise von Johann Heinrich Voß, Das Fest im Walde. Im Wintersemester 2025/26 schließt sich die zweite - Der Besuch - an. Abschließend, im Jubiläumsjahr (200. Todestag) die dritte Idylle, Der Brautabend.
Anno 1800 erschien ein Band Phantasien in drei priapeischen Oden, mit obszönen Beiträgen in gebundener Rede von Bürger, Stolberg und Voß. Dessen Schweinerei An Priap
Leckt Votzen, Ihr neun Pindars-Luder,
Leckt mit Apoll, der schläfrig geigt;
Und dessen kleiner matter Bruder,
Nur durch das Fingern aufwärts steigt:
Priap! beseele meine Leier,
Und gönne ihr das rege Feuer,
Das sich durch deine Klöt ergeußt;
Und durch die aufgeschwollenen Röhren,
Um deine Wollust zu vermehren,
Dickschäumend in die Votze fleußt.
usw. usw. als Antidot und Vorab-Satyrspiel zur edel-einfältigen, ländlichen Luise."
Seminarankündigung Büro Holunder Jänner 2025
Dem Romanisten Erich Köhler gewidmetes Heft der Romanistischen Zeitschrift für Literaturgeschichte 3/4 2024. Unvergessen seine Antrittsrede in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
Mach andere verrückt, mach andere wahnsinnig.
Catull (carmen 63)
22. Januar 2025
Zu Durs Grünbeins Gedicht "Inauguration" in FAZ 22. Januar 2025
solarisation, paranoid
zu trump fällt durs ne menge ein,
steter tropfen höhlt den stein
der weisen, macht das wasser nass,
durs, dein schmähgedicht ist krass!
grünbeins lächerliche hasstirade auf trump
bezeugt die gratisschwermut des haltungs-
poeten, beruhigten gewissens mit
der feder übers blatt tuschen.
den lebhaften untoten heissen,
aus einem elefanten einen
dinoasaurier machen, deutsche
hörer! im sale, sprechort berlin.
vgl. Metz/Seeßlen: Blödmaschinen II
Die Fabrikation der politischen Paranoia.
suhrkamp 2025.
21. Januar 2025
Ein "Liebesromanautor" namens Daniel Glattauer erzählt heute in der NZZ, die fade Ehe sei befriedigender
als das fiebrige Verliebtsein.
Na ja, vielleicht für ihn und seinesgleichen.
Ich für meinen Teil ziehe das fiebrige Alleinsein dem faden Zwiegespräch mit Glattauers
Werken - würde ich sie nach seiner bräsigen Eheanalyse denn noch kennen wollen - sicher vor.
Wie ich den Lubitsch-Film Rendezvous nach Ladenschluss dem Remake em@il für Dich
vorziehe.
Es würde nach meiner Meinung einen großen Irrtum darstellen,
wollte man annehmen, es habe irgendeine der nachkantischen
Richtungen materialer Ethik die Kantische Lehre widerlegt.
Max Scheler, Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik.
(Meiner Verlag 2014 S.25)
""Ethik wird heute in vielfältigen Weisen betrieben."
Klaus Düsing: Fundamente der Ethik. Unzeitgemäße typologische und subjektivitätstheoretische Untersuchungen. Stuttgart, 2005 S.1
Petra Gehrings dickleibiges Buch "Biegsame Expertise. Zur Geschichte der Bioethik in Deutschland"(Suhrkamp 2025) markiert eine neuerliche Schwundstufe moralphilosophischen Denkens und erinnert wiederum schmerzlich an den Umstand, dass Adorno sein geplantes opus magnum zur Ethik - DIE KÄLTE - nicht mehr schreiben konnte. Vgl. Adorno, Probleme der Moralphilosophie. Vorlesungen Band 10. Suhrkamp 1996.
Sog. Bioethik ist nicht angewandt Ethik, sondern pseudo-angewandter Utilitarismus.
Davon überzeugt ein Blick in das Inhaltsverzeichnis eines maßgeblichen Fachorgans bioethischer Ideologie:
Special issue: Bioethics Challenges in Times of War: Bioethics: Vol 39, No 1
Andere sind auf anderen Holzwegen:
What Makes Work “Good” in the Age of Artificial Intelligence (AI)? Islamic Perspectives on AI-Mediated Work Ethics | The Journal of Ethics
Wenn Ethik zum Programm wird: Eine risikoethische Analyse moralischer Dilemmata des autonomen Fahrens | Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie
Napier, Stephen. Uncertain Bioethics: Moral Risk and Human Dignity. New York: Routledge, 2019. Pp. 274. $112.00 (cloth). | Ethics: Vol 130, No 4
sie sind schlechterdings unlesbar, diese wege und wegmarken, befördern jedenfalls nicht die kunst des lesens, führen nirgendwohin.
Freilich thut, um dergestalt das Lesen als Kunst zu üben, Eins vor Allem noth, was heutzutage gerade am Besten verlernt worden ist — und darum hat es noch Zeit bis zur „Lesbarkeit“ meiner Schriften —, zu dem man beinahe Kuh und jedenfalls nicht „moderner Mensch“ sein muss: das Wiederkäuen…
schreibt nietzsche in seiner vorrede seiner streitschrift zur genealogie der moral.
das wiederkäuen muss wieder erlernt werden. aber nicht das wiederkäuen von stroh.
vielmehr das wiederkäuen von kant, hegel, marx, nietzsche, freud, horkheimer und adorno.
......................................................
„Ich habe hier 19 Bücher über das Dritte Reich veröffentlicht und das alles hatte keine Wirkung. Du kannst dich bei den Deutschen totdokumentieren; es kann in Bonn die Demokratische Regierung sein- und die Massenmörder gehen frei herum, haben ihr Häuschen und züchten Blumen.“
Joseph Wulf
"Ich habe hier zig Bücher über Ethik und Moralphilosophie geschrieben und das war alles für die Katz. Du kannst dich bei den Leuten totmoralisieren; es wird überall von Courage, Haltung, Anständigkeit usw. fabuliert, aber die Arschlöcher bleiben Arschlöcher, die Miesen bleiben mies und der Hunger - nicht nur der nach Brot - wird mundtot gemacht."
Robert Holunder
20. Januar 2025
Symphilosophie / International Journal of Philosophical Romanticism (Vol. 6 2024). Viel Lehrreiches und Buchenswertes. Wer kannte schon Hegekern! Und wie wunderbar, wieder einmal Sophie Mereaus Brief an Kant vom Dezember 1795 vor Augen zu haben. Sie bittet ihn darin um seine Mitarbeit bei einem geplanten Journal. Muss einmal wieder ihren Briefroman "Amanda und Eduard" auf mich einwirken lassen, hätte ich bald gesagt.
Quentin Skinner über seinen langjährigen Freund und Briefpartner J.G.A. Pocock in Journal of the History of Ideas (Vol. 86 Number 1 January 2025). Pococks Kollegenschelte und andere Frechheiten lässt Skinner taktvoll aus bei seiner Sichtung des über 50jährigen Briefverkehrs der beiden Ideenhistoriker.
Is Shame a Global Emotion? fragt Madeleine Shield in Human Studies. A Journal for Philosophy and the Social Sciences (Vol. 47 Issue 4 December 2024). - Nein!
Hölderlin auf der Bühne
Walther Eidlitz: Hölderlin - Szenen aus einem Schicksal 1917
Peter Weiss: Hölderlin 1971
Der neue Radfahrer
Skizze zum Mitläufertum der Jetztzeit
Die Sublimation des Opportunismus macht die alte Radfahrer-Metapher - nach oben buckeln, nach unten treten -
obsolet. Sie war ohnehin ein wenig zu beliebt geworden, um noch unverdächtig zu sein.
Velotechnik erfand das Liegerad, der Arbeitsalltag die Deregulierung der Niedertracht.
Seit sich Arbeit zum Homeoffice verhält wie Radfahren zum Hometrainer, wird über
sie nur noch affirmativ geredet, wer nicht arbeitet, soll auch kein amazon-Konto schmerz- und zinsfrei überziehen
dürfen.
Bleibe der Spaß unter uns! Wie meint Ihr, könnet Ihr schweigen?
Eduard Mörike, Idylle vom Bodensee oder Fischer Martin und die Glockendiebe (7.Gesang)
The Shandean Vol. 32 2021 in der Post. Lieber der Lawrence Sterne Kants sein als der GeorgTrakl Heideggers.
18. Januar 2025
Gesendet: Freitag, 17. Januar 2025 um 18:13
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: g.wagner@snafu.de
CC: yasemin.soysal@wzb.eu,irem.ebeturk@wzb.eu,holunder@uni-bockwurst.edu,jessica.kim@pitt.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 19.januar 2025
guten tag herr dr. wagner,
verbindlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren eine arbeit dreier soziologinnen des berliner
wissenschaftszentrums für sozialforschung zum weltweiten anstieg
von adhs, die u.a. zu dem schluss gelangen:
hyperaktive eltern konstatieren hyperaktivität bei ihren kindern, eine art
selbstreferentieller, elterlicher unschärferelation.
wichtiger als solches "forschen", mag es auch guten zwecken dienen wie dem, dem stigam adhs entgegen zu wirken,
dürfte die einschlägige arbeit christoph türckes sein, "Hyperaktiv! Kritik der Aufmerksamkeitsdefizitkultur". münchen, 2012.
jedenfalls sollte sein beitrag in keiner seriösen diskussion um adhs unterschlagen werden.
hochachtungsvoll
ralf frodermann
Nach Imogen Delisles eindrücklicher Analyse von Paul Celans Gedicht aus dem Band Niemandsrose - "Einem,der vor der Tür stand".
Verborgene Theologie oder das offenbar Böse? -
(in: SPRACHKUNST. Beiträge zur Literaturwissenschaft. Band XXXIII 2002 2. Halbband S.259ff.)
legt der Judaist Peter Schäfer eine neue Lesart vor: Paul Celans Golem. Eine Interpretation des Gedichts
Einem, der vor der Tür stand. Frankfurt, 2025.
War Yvan Goll nicht Paul Celans Golem? Und Frau Golem, geb. Claire Goll die Vettel als Giftspritze?
FOMO / ROMO
Sorge:
Würde mich kein Ohr vernehmen
Müßt’ es doch im Herzen dröhnen;
In verwandelter Gestalt
Ueb’ ich grimmige Gewalt.
Auf den Pfaden, auf der Welle,
Ewig ängstlicher Geselle;
Stets gefunden, nie gesucht,
So geschmeichelt wie verflucht.
Hast du die Sorge nie gekannt? –
FAUST II (5.Akt)
Über Heideggers Existenzial der Sorge - dasselbe lang und breit wiederkäuend -, Lisa Alexandra Henke: Verlorene Unmittelbarkeit. Eine Theorie der Sorge. Frankfurt, 2025.
Darin Knallfroschfragen wie:
Wie wird das eigene, sorgende Selbst erfahren? Wie nehme ich die Welt wahr,
wenn ich mich sorge? Wie wirkt ein Gegenüber auf mich, wenn es
besorgt ist? Wie fühlt sich Sorge (um mich selbst) an?
ibid. S.25
17. Januar 2025
Zu Jan Wagners Gedicht "klopstock beim eislaufen"
in: oda Ort der Augen 4 / 2024
Für mich:
Et stultus labor est Ineptiarum.
Thöricht ist es ungereimtem Zeuge nachzusinnen.
Johann Nepomuk Cosmas Michael Denis, Zurückerinnerungen. 1794 S.155
Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen siehst
Klopstock, Der Eislauf
wagner beim wassertreten
seine neuesten gedichte sind
die alten leiermänner, schluck-
aufend. dichtend auf dem
hometrainer. kakaoverben in
leibwäsche. pediskript eisblumen,
nicht an unthan denken! lieber
armlos als harmlos.
wir haben keine zeit bis zur schmelze.
wir sind taureif.
alles unvollkommene weist von sich ab,
sagt der hierophant.
Im Droste-Jahrbuch 13 2019 / 2020 über ihr Lustspiel Perdu! oder Dichter, Verleger und Blaustrümpfe.
Das Geheimnis - das durch positive oder negative Mittel getragene Verbergen von Wirklichkeiten - ist eine der größten geistigen Errungenschaften der Menschheit.
Georg Simmel, Das Geheimnis. Eine sozialpsychologische Skizze. 1907
Geheimnisse ohne Affordanz sind offene Geheimnisse.
Zur Textsorte Protokoll: Plener, Werber, Wolf (Hg.): Das Protokoll. 2023.
16. Januar 2025
Taktlosigkeit nach Anmerkungsbedarf oder mangelnde Affektkontrolle:
Gesendet: Donnerstag, 16. Januar 2025 um 09:20
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: sascha.feuchert@germanistik.uni-giessen.de
CC: info@reclam.de
Betreff: Aw: AW: "Abend über Potsdam" von Hübner, Nemitz Reclam 2024 S.83
guten tag herr prof. feuchert,
Ihr befremdlicher ausbruch, s.u., ist wenig hilfreich. Sie sind kein schüler, der eine deutscharbeit
vermasselt hat, uns ich bin kein strafbedürftiger pauker.
es geht um die sache, zu der Sie sich leider nicht äußern.
bitte gestatten Sie dazu mir meinerseits noch eine weiterung:
schon im dialog zwischen bodo und ernst (abend über potsdam 6.szene), in welchem "cum grano salis"
ausgesprochen wird -
Bodo: Ich helfe wo ich kann.
Ernst: Cum grano salis. Es bedeutet, dass ein Großteil unseres Publikums den Völkischen Beobachter liest. -
ist die lateinische redewendung am falschen platz, einem aufmerksamen lektorat hätte das auffallen müssen.
nun taugt das ganze stück nicht sonderlich viel ( gegen viscontis "die verdammten" und bergmans "das schlangenei"
ist es robust-konventionelles schülertheater von gestern), sondern markiert den neuerlichen einzug der plastikliteratur / plastic lit auf der bühne, deren bretter aber seit langem niemandem mehr eine welt bedeuten.
hochachtungsvoll
frodermann
Gesendet: Donnerstag, 16. Januar 2025 um 07:22
Von: "Feuchert, Sascha" <sascha.feuchert@germanistik.uni-giessen.de>
An: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
Betreff: AW: "Abend über Potsdam" von Hübner, Nemitz Reclam 2024 S.83
Lächerlich.
---
Prof. Dr. Sascha Feuchert
Geschäftsführender Direktor des
Instituts für Germanistik
Leiter der
Arbeitsstelle Holocaustliteratur
Justus-Liebig-Universität Gießen
Otto-Behaghel-Str. 10 B
35394 Gießen
Tel. 0641-9929093; -73 (Sekr. AHL); -101 (Sekr. Geschäftsführung); -83/87 (wiss. Mitarbeiter/innen)
https://www.uni-giessen.de/fbz/fb05/germanistik/abliteratur/ahl/ahl_feuchert_ord
www.holocaustliteratur.de
Von: ralf frodermann <ralf.frodermann@gmx.de>
Gesendet: Donnerstag, 16. Januar 2025 05:58:15
An: Feuchert, Sascha
Cc: info@reclam.de
Betreff: "Abend über Potsdam" von Hübner, Nemitz Reclam 2024 S.83
Guten Tag,
Ihre Anmerkung 46,19 in o.a. Publikation - cum grano salis - ist grundfalsch
und bedarf einer salienten Anmerkung:
"Cum grano salis" bedeutet nicht, wie Sie meinen, "mit etwas Wahrheit", sondern "nicht ganz wörtlich zu nehmen", "ein wenig abweichend".
Beste Grüsse
Rf
Uli Blacks Roman Kafka kannste knicken!: Bildung war gestern - heute ist TikTok (2024). Heute in der FAZ.
Im jüngsten Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 2024 erinnert Joachim Seng an die Romantisierung der Pädagogik durch Friedrich Fröbel. Dessen bald zweihundert Jahre alte Schrift Die Menschenerziehung von 1826 ist Ihm gewidmet. Dem Gott Spinozas.
Friedrich Spee von Langenfeld: Trutznachtigall, Vorred des Authoris (6):
Soll aber der Leser gute acht geben/ daß er im lesen keinen buchstaben oder syllaben zusetze oder außlasse/ damit die Poetische zahl vnd maß der Verßen nicht verändert/ vnnd der Schlag vnnd Klang vnartig werde. Dann keine Sylbe zu viel oder zu wenig ist/wan nur im abschreiben/ oder im Truck nichts verfehlet ist. Darumb mercke wol ob exempel weiß geschrieben sey/
drauffdarauff
drumdarum
ganggange
treibtreibe
creutz odercreutze
tagstages
gehngehen
stehnstehen
vnd dergleichen andere wörtlein/ welche jeweilen eine Syllabe machen/ vnd andersmahl zwo.
Seltsame Ponderierungen: Tucholskys "Hitler und Goethe. Ein Schulaufsatz". Walter Serners "Goethe und Napoleon" (in: "Sirius" Nr. 1 1915).
Hanns Lothar in der Fernsehparabel "Seelenwanderung" von 1962. Das kalte Nachkriegsherz.
14. Januar 2025
"Der Mensch erscheint im Holozän", Max Frischs späte Erzählung wieder vorgenommen. Dagegen sehr unappetitlich das Weltrettungsgeblök einer Leserin der Anthropocene Review, Alexandra Juster. Die schreibt in POETICA (3-4 2024) höchst sendungsbewusst und anthropofugal über Narration und Diskurs im Anthropozän.
Aufforderung zum Tanz, d.h. Musen- und Leseransprache: Vom heiligen Musenanruf zum profanen Erzählanlass
Karl Gutzkows Roman "Die neuen Serapionsbrüder" (1877) hebt mit einem säkularen Musenanruf an:
"Wie -? Was -? rief man von allen Seiten. Die Trottoirkrankheit -?
Eine neue Nervenkrankheit -? Unglaublich! Erzählen Sie -! Berichten Sie!"
Thomas Manns, von Nabokov arg geschmähte Erzählung "Das Eisenbahnunglück" hebt ähnlich an.
Vgl.: Tara K. Menon: Forms of Discourse: The Significance of Direct Speech (Studies in the Novel Vol. 56 No. 4 Winter 2024)
10. Januar 2025
Gesendet: Freitag, 10. Januar 2025 um 20:12
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: hektor.haarkoetter@h-brs.de,christoph.neuberger@fu-berlin.de,jacob.l.nelson@utah.edu,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 10.januar 2025
Denn Ungeduld ist die Verfassung des Zeitungslesers.
Walter Benjamin, Die Zeitung
sehr geehrter herr prof. kieserling,
verbindlichen dank für Ihren o.a. beitrag, in welchem Sie über das buch des ehemaligen
journalisten jacob l. nelson - heute journalistik-professor in utah - How Journalists Perceive and Pursue the Public (2021)
berichten.
zeitungswissenschaftliche untersuchungen wie jene von prof. nelson wirken heute ein wenig antiquiert, fast so antiquiert
wie ihr forschungsgegenstand, die zeitung selber.
aus dem "realistischen morgensegen", wie hegel die zeitung nannte, wurde der börsenkursanzeiger plus sättigungsbeilage,
also politik, vermischtes aus aller welt, kunst, kultur und wetter.
das ist obsolet geworden. wie der berufsstand der schmocks, dem balzac und karl kraus bekanntlich gründlich den prozess gemacht haben.
heute dümpeln in deutschland noch einige quasi-schülerzeitungen in den brackwassern des zeitgeistes landauf, landab, faz, fr, welt, sz usw., die von schülern am allerwenigsten, und von betagten silberrücken zumeist noch konsultiert - und bezahlt - werden.
ihr anzeigengeschäft ist perdu, ihre abo-pole schmelzen ab und ihrer digitalen variante wird auch schon das totenglöckchen geläutet,
vgl. h. haarkötter: anfang und ende des online-jounranlismus. in: PUBLIZISTIK vol. 69 heft 4 november 2024, sowie christoph
neubergers entgegnung darauf, ibid.
wer liest also noch zeitungen? journalisten lesen zeitungen.
und wer interessiert sich noch für deren leser, also die journalisten? das weiß zuverlässig jeder beliebige journalistikprofessor.
beste grüße
ralf frodermann
"Fette Männer schlagen ihre Frauen, heißt es, und er sah wirklich grimmig aus, als er sie beim Stöbern in seinen Papieren ertappte."
Vladimir Nabokov, Das Modell für Laura (Sterben macht Spaß) dt. Rowohlt 2009 S.29
Zwei neue Interpretationen zu Nabokovs posthum veröffentlichter "Laura": Siqi Wang: The Asian philosophical concepts in Vladimir Nabokovs The Original of Laura. in: Orbis Litterarum (Vol.80 Issue 1 February 2025) und Henning Hufnagel: Das Original des Originals von Laura. Zum Petrarkismus und seiner Aktualisierung bei Vladimir Nabokov: Skizze eines Neuansatzes zur Petrarkismus-Theorie. in: COMPARATIO Jahrgang 16 1 2024. Beide hätten Nabokov vermutlich amüsiert. Seine besten Leser dürften es sein.
Und schon steigen aus dem Boden
Harte Käfer scharenweis
Toten Leib zurückzutragen
In der Wesen heißen Kreis.
Hans Carossa, Heimliche Landschaft
9. Januar 2025
Neues aus der Rollwenzelei
Norbert Millers Backstein "Die künstlichen Paradiese / Literarische Schöpfung aus Traum, Phantasie und Droge" (2022) ist ein phänomenaler Pflock ins Herz philologischen Sachbearbeitertums.
Gesendet: Donnerstag, 9. Januar 2025 um 09:06
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: sek.nassehi@soziologie.uni-muenchen.de, sekretariat.fischer@gsi.uni-muenchen.de
Betreff: Ihr beitrag in der FAZ vom 9.januar 2025
sehr geehrter herr prof. fischer,
sehr geehrter herr prof. nassehi,
im trüben fischen ist seit jeher gute sitte unter sozial- und politikwissenschaftlern.
der fang solcher fischzüge ist in der regel so mager, dass er gleich wieder zurück
geworfen wird. damit ihn auch andere fischer später noch einmal fangen und begutachten können.
so ein fang scheint Ihnen, meine herren, ins netz gegangen zu sein.
leider haben SIe ihn nicht gleich wieder in die trübsee verfrachtet, sondern sind
auf den gedanken gekommen, ihn in der faz-kombüse für uns faz-freunde schmackhaft anrichten zu sollen. das ist leider gründlich daneben gegangen.
Ihre nonchalanten geistreicheleien zum thema krise sind vor allem anderen eines:
indiz einer krise, und zwar der krise der kritik.
rhapsodische streifzüge, Ihr krisenparlando, überwürzt mit allerlei namedropping und mixed-pickles-phraseologie
in munterem allegro ma non troppo immanenter kritik - frelich unter vollständiger ausblendung aller wirklichkeit - sind das hintergrundrauschen in der gesellschaft der "apokalyptiker und integrierten" (umberto eco) auf den lehr- und liegstühlen deutscher schulen und hochschulen.
analog zur gebrauchsmusik (muzak) kann solches gebrauchsdenken überall gefahrlos denken und nachgedacht werden. zwar ist es fad und substanzlos, doch vermag es hier und da den eindruck zu erwecken, es sei mehr als aufgewirbelter staub aus mottenkisten längst verblichener zeitgeist-perückenmacher und posamentierer schlechter unendlichkeit.
den alten befund, wonach der umstand, dass es so weitergeht, bereits die krise sei, hat zuletzt gerhard scheit bündig in seinem buch "Die Meister der Krise. Über den Zusammenhang von Vernichtung und Volkswohlstand" aus dem jahr 2001 belegt.
s. auch:
www.ca-ira.net/verlag/buecher/fuer-israel/
an johannes agnolis "transformation der demokratie" ist hier immerhin zu erinnern, ebenso wie an die einschlägigen arbeiten
wolfgang pohrts.
im zeitungsständer sollten, neben dem KURSBUCH, auch BAHAMAS und CASABLANCA stehen.
dass Sie in Ihrem artikel aber die sog, migrationskrise und ihre folgen gar nicht traktieren, macht ihn endlich als das kenntlich, was er ist: eine unverbindliche placebo-beruhigungspille.
mit freundlichen grüssen
ralf frodermann
ps
heideggers vortrag trägt den titel "Die Zeit des Weltbildes", nicht "Die Zeit der Weltbilder",
wie Sie schreiben.
7. Januar 2025
Sehne das Semesterende herbei. Sitzungen, Geplapper. Geplapper, Sitzungen.
Meine Frau berichtet vom Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel. Dortselbst erscheint das Periodikum Ariadne. Heft 80 (2024) desselben widmet sich dem Thema "Frauenemanzipation in islamischen Ländern. Vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart" . Von Thomas Mauls einschlägiger Studie "Sex, Djihad und Despotie. Zur Kritik des Phallozentrismus". (2010) scheint die Ariadne auf Wilhelmshöhe so wenig gehört zu haben, wie die auf Naxos vom neuen Gott.
Suggestive Sätze, die nicht recht Sinn ergeben wollen: Der Umstand, dass eine Hure kein Engel ist, macht aus einem Zuhälter noch keinen Teufel.
4. Januar 2025
Gesendet: Samstag, 4. Januar 2025 um 09:23
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: sgonzalezbailon@asc.upenn.edu,Soroush.Vosoughi@Dartmouth.edu,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Frankfurter Allgemeines Sonntagszeitung 5. januar 2025
guten tag herr prof. holzer,
verbindlichen dank für Ihren o.a. beitrag, einem referat zweier aktueller
publikationen zur phänomenologie von lügen und falschmeldungen
in sozialen medien etc. (in den periodika sociological science und science
erschienen).
alle diese dinge sind mehr oder mehr als mehr bekannt, tausendmal ausgesprochen und
dienen doch weiterhin als gleitmittel, um in fachorganen dünnbier wie dieses zu lancieren.
prof. teufelsdröckh hatte sich vor geraumer zeit in seinem artikel
"lügen haben kurze beine, facebook seine haben keine" prinzipiell
dem gesamtkomplex angenommen und u.a. deutlich gemacht, was jüngst
anna sutter in ihrem hier einschlägigen artikel "desinformiert sind immer
die anderen / über die fixierung auf fake news als symptom verdrängter
konflikte" (casablanca / texte zur falschen zeit heft 2 2024 s.63ff.) ausgezeichnet
auf den begriff gebracht hat.
der aufsatz von sutter ist allen jenen dringend zur lektüre anzuempfehlen,
die an einer konsistenten sozial-phänomenologischen analyse des in rede stehenden
themas interessiert sind, also etwa den autoren der von Ihnen vorgestellten studien.
beste grüße
ralf frodermann
Rhetorik der Gegenrede
Der Anti-Machiavel Friedrich des Großen
Wielands Anti-Ovid
Lessings Anti-Goeze
Karl Spaziers Anti-Phädon
Der Anti-Dühring von Friedrich Engels (s. auch sein Anti-Schelling)
Der Anti-Ödipus von Guattari und Deleuze
Gerald Murnanes Grenzbezirke (dt. Suhrkamp 2018). Seit Becketts Das letzte Band ist nicht mehr so erschütternd über das Alter als Abfall sondiert worden.
Sportsoziologie hält jung. Der Oldenburger Gesellschaftsmechaniker Bero Rigauer, 90 Jahre alt, gibt dem Fachorgan Sport und Gesellschaft (Band 21 Heft 3 2024) ein Interview.
1.Januar 2025
Neujahrstag in der Schweiz. Wir wurden am Sylvestermorgen regelrecht hierher entführt, von Freunden, die weder Kosten noch Mühen gespart hatten, meiner Gattin und mir einen höchst köstlichen Tort anzutun, indem sie uns einfach umstandslos mit sich nahmen. Freilich waren wir rasch entwaffnet, wer widersteht kaltem Huhn und Champagner in einer Gesellschaft höchst Geistreicher und in noblen Automobilen einer Vorzeit lange! Hier stehen wir nun und können nicht anders.
Der Schwabe Christian Gottlieb Hölder - kein halber Hölderlin, sondern gar keiner,
der aktuellen Kleist-Forschung spülte sein Name jüngst unter ihre Ruderbänke -
veröffentlichte im Jahr 1805
www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10467045?page=,1
Hanne Schäl in Hauptmanns Fuhrmann Henschel, weibliche Niedertracht ohne Misogynieverdacht.
den narren, die wohl auch gut prodomo schreiben,
hilft oft und gern der teufel, den beelzbub auszutreiben.
Maximen und Reflexionen (CXI)
Gesendet: Mittwoch, 1. Januar 2025 um 18:24
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: christoph.buergel@uni-paderborn.de, dsiepmann@t-online.de
Betreff: faz 2.januar 2025
guten tag,
vielen dank für Ihren o.a. beitrag.
wie so vieles in diesen tagen gemahnt Ihr erbaulicher text ans pfeifen im walde:
die tage der schule sind gezählt, niemand braucht sie und ihre dienstleistungen
in kürze mehr. das drollige lehrertum hat es schon längst erwischt:
www.chbeck.de/tuercke-lehrerdaemmerung/product/15999355
die abschaffung der wiklichkeit dürfte schneller als angenommen wirklichkeit
werden. viel nützliches ist dazu zu finden in:
casa|blanca – N° 2/2024 – casa|blanca
unterdessen mögen blutarme verlautbarungen wie Ihr beitrag als gut gemeinte intervention
an der benutzoberfläche der lebenswelt dieser tage allenfalls gelten können.
mit aufklärung aber haben sie nichts zu tun. sie sind nur accessoires des zeitgeistes.
nota bene:
sites.google.com/view/universitaetbockwurst/wintersemester-2024-2025
mit freundlichen Empfehlungen
Ralf Frodermann
30. Dezember 2024
Vergleichsweise scharfe Stellungnahme Klaus-Michael Kodalles in der DER STAAT 3 / 2024: Kant und die aktuelle Barbarei. Vom Jenenser Emeritus für Philosophie sollten sich die philosophischen Kabinenroller in den medialen und universitären Bienenstöcken dieser Tage eine Scheibe abschneiden.
Echtermeyer, Der Große Conrady, Der Ewige Brunnen - heilige Dreifaltigkeit der lyrischen Ladenhüter, notierten wir in unserem Jerusalemer Tagebuch unter dem 14.11.2022. Jetzt ist anzuzeigen, dass ein viertes Musketier im Dienste der Euterpe stolz aufgetreten: Reclams großes Buch der deutschen Gedichte, Erweiterte und aktualisierte Ausgabe, Hrsg. von Heinrich Detering, Stuttgart, 2024. Lyrische Hausfreunde wärmen das alte Hausbuch auf.
Mich deucht, ich sehe schon, da Er ein mehrers werth,
Ihm werd' ein mehrers auch in kurtzem noch beschert.
aus: Barthold Heinrich Brockes: Betrachtung des Blanckenburgischen Marmors, in einem Hirten-Gedichte
Kommodifizierung & Tradwifes (m/w/d) in Berlin
Berlin vereint die Nachteile einer amerikanischen Großstadt mit denen
einer deutschen Provinzstadt.
Kurt Tucholsky: Berlin! Berlin! (Berliner Tageblatt 21. Juli 1919)
Hoffnungen hegen. Und Erwartungen. Denn es könnte ja doch noch jemand kommen,
der etwas wirklich Wichtiges zu sagen hat. Der etwas Neues will. Mit dem zusammen
das kalt gewordene Berlin wieder warm werden, mit dem es weiterträumen könnte.
Simon Strauß FAZ 31.12.2024
lutz seilert und durs grünbeint und vice versa in der faz
vom sylvestertag zweitausendvierundzwan-
zig. ryke, ecke wörther- wörter von
kalkant I und II, den blasbälgetretern berlin;
die geben sich im faz-berlin-special die bälger
in die hand und pfeifen von den zinnen,
was die hartgeldhuren vor ort längst
vergessen haben zu zwitschern:
berlin ist krank, berlin hat aids,
ich scheiss auf berlin, berlin wie gehts? usw.
usw. bertpapenfußjanfaktor
usw. einer fährt immer den phrasentraktor
durchs wurmstichige berlin.
"Sie kamen alle nicht weit." Alfred Döblin,
Berge Meere und Giganten / 8. Buch (DIE GIGANTEN).
der eine bleibt stehen, der andere fällt um, der
eine rennt weiter, der andere liegt stumm,
widebum widebum.
29. Dezember 2024
Auf zum Schwarzwald schwingt mein Lied sich
Joseph Victor von Scheffel: Der Trompeter von Säkkingen
ChatGPT informiert:
„Fozzo“ war der Name einer legendären Figur in Bad Wildbad, die in der lokalen Geschichte und Kultur eine gewisse Bedeutung erlangt hat. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Bädergeister oder eine Volksfigur. In Bad Wildbad, einer Kurstadt im Schwarzwald, gab es früher viele Geschichten und Anekdoten, die von den Gästen und der Bevölkerung erzählt wurden, und „Fozzo“ ist eine solche Figur.
Es gibt verschiedene Berichte und Erzählungen, dass Fozzo ein Bäderknecht oder Badehausangestellter war, der im 19. Jahrhundert in Bad Wildbad arbeitete und eine Art Volksheld oder sogar Schalk darstellte. Der Name „Fozzo“ könnte eine abgewandelte oder spöttische Form des Namens „Franz“ oder ähnliches gewesen sein. Solche Geschichten trugen zur lokalen Mythologie bei und wurden über Generationen weitergegeben.
In der Regel ist Fozzo jedoch nicht eine historisch belegte Person, sondern eher eine Figur aus der Mundart und Volkskultur, die in Erzählungen und im Kontext der Bad Wildbader Geschichte als eine Mischung aus Schalk, Hilfsarbeiter und Kulturträger bekannt wurde.
28. Dezember 2024
Kurze Zuschrift an Georges Gachot, um ihm für seinen großartigen neuen Film "Misty - The Erroll Garner Story" zu danken. Wer mag dafür ins Kino gehen?
Unser "Selfie mit Erroll Garner":
sites.google.com/site/universitaetbockwurst/the-art-tatum-marian-mcpartland-institute
Aus Holz
Acht Birkenbäume wachsen stumm
Um den Eichentisch herum.
Wachsen wachsam um die Wette
Als ob keiner Augen hätte.
Eichentischchen stummt zurück,
Wirft vergebens keinen Blick.
Nicht einer kann es mehr verschieben:
"Wär ich doch im Wald geblieben!"
Seufzt das Tischlein furchtbar matt:
"Glücklich der, der Wälder hat."
Keiner Birke ward es dumm,
Alle birken munter stumm.
Stumm und muntere blicken sie
Auf das kleine Eichenvieh.
Fallen Blätter auf den Buckel,
Tischlein tut nicht einen Ruckel.
Fallen Äste oder Nester, sehnt
es herbei die junge Schwester.
Die wächst nur drei Meter weiter
Durch die Sprossen einer Leiter.
Und doch ist Wurzelwerk zu fühlen
Unter drei, vier Gartenstühlen.
Dieser Trost bleibt unsichtbar,
Für die Birken ganz und gar.
In Modern Fiction Studies (Vol. 70 Number 3 Fall 2024) geblättert. Bridget Vincent über Versessays, einer angeblich genuinen Gattung weiblichen Schreibens dieser Zeit. Pale Fire ergiebiger, weiblicher.
Was waren Fernseh-Romane?
Eiliger Zimmerkellner, vergisst dauernd Eiswürfel, bringt den falschen Gin und redet meine Frau mit Bro an. Warte Bursche, wir sehen uns bei Philippi wieder! - Tisch für Sylvester reserviert. Eggs Benedict und eine halbe Flasche Burgunder zum Frühstück. Zeitungen, Post, Dienstliches. Rauchverbot im Bett. Herrje, unsere Ehe war schon besser in Schuss!
Der Islam vermag einmal gesunkene Völker nur noch
zum Fanatismus zu entflammen; einer wirklichen geistigen und
sittlichen Erhebung wird er immer im Wege stehn.
Theodor Nöldeke:Das Leben Muhammeds. Nach den Quellen populär dargestellt.
Hannover, 1863 S.189
Die muslimischen Unterthanen Englands und andrer europäischer Staaten
sehnen sich nach dem Augenblick, wo sie das Joch der Ungläubigen abschütteln
können.
ders. Orientalische Skizzen.
Berlin, 1892 S. 110
»Zivilisiertheit herrscht dort, wo man nicht das eigene Selbst zu einer Last für andere macht.«
Richard Sennett: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität.
dt. 1983
Rezension der englischen Übersetzung des Indiculus luminosus des Paul Alvarus in SPECULUM (Vol.100 Issue 1 January 2025). Eine deutsche wird sicher niemals erscheinen. Oder Paul Dräger kümmert sich darum.
26. Dezember 2024
Offenes überall, Landschaft, See und Flaschen. Wenig Tagwerk, keine Post.
Im jüngsten Raabe-Jahrbuch (Band 64 2024) Neues zu Verdauungsproblemen in Fabian und Sebastian. Geschmacklos, flach und öde.
Einige Notizen zum Nudelvers
Makkaronische Dichtung ist ein Kabinettstück, sofern sie der Albernheit enträt.
Endlich wieder einmal jemand über Georg Friedrich Meiers "Gedancken von Schertzen" von 1744 gestolpert.
In der "Zeitschrift für Deutsche Philologie" (4 / 2024) plaudert Roxanne Phillips, in Takt und Ton ihrer Zunft und Zeit ergeben, drauflos.
Wir erinnern uns, dass vor Dezennien der Kollege von Auchjauche sich ein Semester lang damit aufhalten und befassen konnte, über das Horaz-Zitat, welches den Abschluss der Meierschen Arbeit bildet und weit früher schon als Motto Alexander Popes An Essay on Criticism gedient hatte, sich auszulassen.
Si quid novisti rectius istis,
Candidus imperti; si non, his utere mecum.
Von Camillo Sittes "Der Städte-Bau nach seinen künstlerischen Grundsätzen", hier Kapitel VIII "Die Motivenarmuth und Nüchternheit modernen Stadtanlagen" (Dritte Auflage Wien, 1901 S.88ff.), bis Alexander Mitscherlichs "Die Unwirtlichkeit der Städte / Anstiftung zum Unfrieden", Suhrkamp 1965 Kritik der urbanen Tumore.
Reise der Verdammten von 1976 oft mit Das Narrenschiff 1965 verwechselt.
24. Dezember 2024
Abseits von Eden (Verlegerinnenlyrik)
sites.google.com/site/universitaetbockwurst/ad-grünbein/scholien/kollationen/lexikon-der-lyrik
Nach "Auszug aus Eden" (2019) nun "Nach Eden" (2024), Daniela Seels jüngster poetischer Pofel als elegisches Langgedicht. "Mein Kind hat mir mein Sterben geschenkt." (ibid. S.11)
Aber die größere Lust sparen dem Enkel wir auf. Hölderlins Schlußvers seiner Elegie Stuttgart mag ihr einmal für "Über Eden reden" als Epitaph dienen.
"Wer weiß noch, was ein MIEDERREISSER war.
Wer bringt noch vor dem Essen Opfergaben dar.
Wer vögelt noch aus Liebe seine Frau.
Wer zahlt noch Schulden pünktlich und genau."
aus :
Erwin Aberfett: Spesenrechnung. Gedicht. S.322 ("clickbaiting")
bockpress 2022
23. Dezember 2024
Der Jurist Uwe Wesel hat einen "Bildungsbericht" geschrieben; so nennt er seine Memoiren im Untertitel. Schriebe ich welche, würden sie mit "Bruchstücke einer großen Konfusion" untertitelt sein.
Immer aufs neue zu bedauern, dass es Adorno nicht beschieden war, sein Buch zur Moralphilosophie (Die Kälte) zu schreiben. Liest man etwa die doch dürftigen Sachen der Britin Philippa Foot zur sog. Tugendethik ist man darüber besonders bestürzt.
In Kellers Singedicht. Hatte Abbotts Flatland vor 140 Jahren den Engländern ihre Klassengesellschaft parabolisch erläutert, so Keller zur ungefähr gleichen Zeit seiner deutschsprachigen Leserschaft die Mann/Weib-Matrix.
Im achten Kapitel des Kellerschen Sinngedichts (Regine / unweigerlich muss man an Regine Olsen, Kierkegaards Braut, denken) Genderkritik ante litteram:
Die schöne wohlklingende Endsilbe, mit welcher unsere deutsche Sprache in jedem Stande, Berufe und Lebensgebiete die Frau bezeichnet und damit dem Begriffe noch einen eigenen poetischen Hauch und Schimmer verleihen kann, war ihr zuwider wie Gift, und sie hätte die verhaßten zwei Buchstaben am liebsten ganz ausgereutet.
Zu "geschlechtsangleichenden Operationen" hatte Keller noch eine andere Auffassung als die heute weithin populäre:
Diese Art Verirrung mahnt mich immer an die mittelalterliche Sage vom Kaiser Nero. ...
Er habe wollen guter Hoffnung werden und ein Kind gebären und zweiundsiebenzig Ärzten bei Todesstrafe befohlen, ihm dazu zu verhelfen. Die hätten keinen andern Ausweg gewußt, als dem Scheusal einen Zaubertrank zu brauen. Weil aber der Teufel nichts Wirkliches, sondern nur Blendwerke schaffen könne, so sei Nero allerdings schwanger geworden, zu seiner großen Zufriedenheit, und habe aber dann eine dicke Kröte aus dem Munde zutage gefördert. Auch für das Tierlein sei er dankbar gewesen und habe sich voll Eitelkeit Domina und Mutter nennen lassen. Dann habe er ein großes Freudenlager errichtet, um das Geburtsfest zu begehen. Die Amme des Kindleins, in grünen, mit goldenen Vögeln gestickten Atlas gekleidet, sei mit dem Kind auf dem Schoße auf einen silbernen Wagen gesetzt worden, welchem hundert fremde Könige hätten folgen müssen nebst unendlichen Würdenträgern, Priestern und Kriegern. Und so sei der Zug unter dem Schalle der Posaunen, Flöten und Pauken hinausgegangen nach dem Lager. Als jedoch der Wagen über eine Brücke gefahren sei, unter der sich eine trübe Lache befunden, habe die Kröte das schöne Sumpfwasser gewittert und sei vom Schoße der Amme hinuntergesprungen und nicht mehr gesehen worden. Auf diese Art dachte die Sage den Nero am allerärgsten zu brandmarken, und sie knüpfte an das Märchen unmittelbar den Untergang des Tyrannen.
In der Tat hat die Wut, sich die Attribute des andern Geschlechts anzueignen, immer etwas Neronisches; möge jedesmal die Kröte in den Sumpf springen!
ibid.
"Es war ein nicht kleiner fester Mann mit einem blonden Kopf und trug nur neue Hüte, aber stets so, als ob es alte Hüte wären."
Gottfried Keller, Das Sinngedicht (8. Kapitel /Regine)
22. Dezember 2024
Glücklich eingetroffen am Tegernsee. Reizender nirgendwo. Aufregung, Grenznähe wohltuend. Gattin schläfrig, Appetit mäßig. Korrespondenz an der Bar erledigt. Telefonate. Spa und Wellness erstklassig. Zigaretten vergessen.
Gesendet: Freitag, 20. Dezember 2024 um 20:23
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: ase.bhl@cbs.dk
Betreff: Ihr Beitrag in FAS 22.12.2024
Guten Tag Herr Prof. Kieserling,
besten Dank für Ihren o.a. Beitrag.
Sie referieren eine Arbeit zweier skandinavischer Soziologen aus dem theoretischen Windschatten des deutsch-italienischen Mussolini-Anhängers Robert Michels.
Dessen Studien zum Korporatismus werden in schöner Regelmäßigkeit neu verwurstet, hier einmal
aromatisiert mit Tartuffe-Joghurt als Dip. Die Ergebnisse sind mager.
Denn dass die Wege in die Höllen der Profitmacherei mit himmlischen Vorsätzen, d.h. affirmativem Protest gepflastert sind, war nicht nötig zu beweisen.
Über Moralunternehmertum en gros und en detail hatte Brecht das Nötige kat exochen noch zu Michelsˋ
Lebzeiten dargetan, auf dem Theater und in seinen Prosaarbeiten.
Heute sind diese Dinge selbstverständliches Quasselmodul jeder x-beliebigen Coaching- und Beratungsklitsche.
mit besten Grüssen
Ralf Frodermann
Rezeptionsästhetik in nuce:
Leser: So müssen wir dem Verfasser in jedem seiner Werke helfen.
Ludwig Tieck: Prinz Zerbino und die Reise nach dem guten Geschmack. Ein deutsches Lustspiel in sechs Akten. VI, 4.
15. Dezember 2024
Auch dem beschwerlichsten Stoff noch abzugewinnen ein Lächeln
Durch vollendete Form strebe der wahre Poet.
Emanuel Geibel
Halieutika 2
Zu Jan Wagners Gedicht calamares (FAZ 16. XII. 2024)
unter den ichthyophagen minderen ranges
bin ich, der reiche fischstäbchenfresser, keines
beifangs wert, scheiss auf den verdejo zum kalmar,
ein kaltes glas dinobrause zum fischstab,
prozessionen meiden, sancho pansa buchen.
und, vor allem anderen, niemals schulp und
schuld in einme atemziehenden aufwasch
bringen!
An zwei Beispiele verwehter kultureller Aneignung erinnerte jüngst Claudia Nitschke in German Life and Letters: an Ernst Lorenz Michael Rathlefs Theaterstück "Die Mohrinn von Hamburg" aus dem Jahr 1775 und an Friedrich Wilhelm Zieglers Schauspiel "Die Mohrin" von 1801. Vielleicht könnte Dea (Andrea Beate) Loher aus dem dramatischen Dioskurenpaar eine Heiner-Müller-Maschinenfabrik machen.
14. Dezember 2024
Unser Pedell Frodermann schießt einmal wieder übers Ziel hinaus, s.u.! Mitarbeitergespräch anberaumen! Bleibt mir doch das Adeste fidelis glatt im Hals stecken:
Gesendet: Samstag, 14. Dezember 2024 um 14:53
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: zerubave@sociology.rutgers.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 15.dezember 2024
Der Mensch ist, rein vital gesehen, biologisch gesehen, sicherlich ein durch besondere Eigentümlichkeiten, besondere Merkmale, besondere Kriterien charakterisierte Tierart.
Helmut Plessner, Philosophische Anthropologie. Göttinger Vorlesungen zum Sommersemester 1961
suhrkamp 2019 s.17
guten tag herr prof. holzer,
herzlichen dank für Ihren o.a. artikel, in dem Sie auf das neue buch von
prof. eviatar zerubavel über persönlichkeit und unpersönlichkeit im sozialen leben
aufmerksam machen (oxford, 2024).
auf die null- und nichtigkeit eines jeden einzelnenen, mehr oder weniger individualisierten,
mehr oder weniger sozialisierten und mehr oder weniger verdinglichten
protagonisten der spät- und nachbürgerlichen industriegesellschaft hatte vor
über siebzig jahren schon david riesman in seinem nachmaligen bestseller "the lonely
crowd" hingewiesen.
der heutigen soziologie bleibt es nun offenbar vorbehalten, diesen traurigen umstand
zu etwas gutem umzulügen, die substituierbarkeit jeder person, das avaterhafte seiner selbst
zum sozialanthroplogischen summum bonum zu erklären, nach dem augsteischen muster
"bonum durch malum".
die etymologie des lateinischen wortes "persona" führt bekanntlich zurück zum begriff
"schauspielermaske".
"persönlichkeit ist die karikatur der freiheit" stellte adorno folgerichtig fest.
zwischen persönlichem und unpersönlichem ist der heutige jedermann volatil situiert; der längst
kein ens perfestissimum humanum aus citoyen und bourgeois mehr bildet, bilden will oder auch nur bilden kann.
In den o.a. vorlesungen traktiert übrigens plessner in der elften vorlesung
unter dem titel "der begriff der person" das thema person.
dass zwischen person und darsteller, schauspieler und rolle besser oft haargenau zu unterscheiden ist, will
man nicht fataler weise unpersönliches persönlich, persönliches unpersönlich nehmen, schrieb schon goethe uns
allen ins stammbuch, um dann zu hilfreich anzuraten:
seid reinlich bei tage und säuisch bei nacht,
so habt ihrs auf erden am weitsten gebracht.
mit freundlichen grüßen
ralf frodermann
(nach diktat verreist)
Verfaultes Fallobst
Aus Jacobis Denkbüchern: "Es ist ein unsinniger Gedanke, daß die Menschen ihren Gott und ihre Religion erfunden haben sollten." Blättere zuweilen gern in dem Zeugs, Wittgenstein für Anfänger, kritisches Leuchtmittel.
Vergils vierte Ekloge besingt bekanntlich eine Zeitenwende, einen Erlöserknaben. Hanno Buddenbrook oder Törleß (nota bene Maeterlinck-Motto!).
11. Dezember 2024
Was aber würde geschehen, wenn ein Krieg unvermeidlich würde? - Tim Bouverie: Mit Hitler reden. Der Weg vom Appeasement zum Zweiten Weltkrieg. dt. 2021 S.19
Willensfreiheit oder Prädestination
Augustins Kehre ist jüngst Kurt Flasch nachgegangen. Er datiert sie nun, unter dem Eindruck der neuen, offenbar überzeugenden Lesart Kenneth M. Wilsons auf das Jahr 411. (K. Flasch: Augustin neu lesen. Diskussionsbeitrag zu Kenneth M. Wilson. 2024)
Der späten, kürzlich von ihm "Mit Bemerkungen" in deutscher Übersetzunge erschienenen Doppelschrift Augustins - De praedestinatione sanctorum / De dono perseurantiae - hat er als Motto ein Wort des vor 500 Jahren gestorbenen Theologen Johann Staupitz vorangestellt: Ich vergiß alles, das Christus und Gott ist wen ich in dieße Gedancken kome, und kom wol dohin, das Gott ein boswigt sey.
Can we talk more about Humor? - Mads Rosendahl Thomsens Plädoyer für mehr Humor im akademischen Literaturbetrieb and beyond sehr lesenswert (Journal of Wolrd Literature Band 9 Ausgabe 3 November 2024). Mittlerweile widmen sich gleich zwei Fachorgane der offiziellen Humorforschung: European Journal of Humour Research und HUMOR. International Journal of Humor Research. Das De Gruyter Handbook of Humor Studies (2024) schließlich enthält über dreißig Kapitel zu allerlei Aspekten humoristischen Seins.
"Kein Zweifel, das Wesen des Humors besteht darin, daß man sich die Affekte erspart, zu denen die Situation Anlaß gäbe, und sich mit einem Scherz über die Möglichkeit solcher Gefühlsäußerungen hinaussetzt." Freud, Der Humor (1927).
9. Dezember 2024
Gibt es Vampire in der Bibel? fragt sich einer in der jüngsten Ausgabe der Horror Studies (Vol. 15 Issue 2 October 2024).
Proseminar "Über Romantrilogien" nächstens Wassermanns "Der Fall Maurizius", "Etzel Andergas"t, "Joseph Kerkhovens dritte Existenz". Nur keine Hausarbeiten!
ad Walter Benjamin
Unter den eminenten philosophischen Vorreden und Einleitungen - von jenen Hegels in seiner Phänomenologie bis zu denjenigen Adornos in seiner Husserl- Schrift Zur Metakritik der Erkenntnistheorie - bildet Benjamins Vorrede in "Der Ursprung des deutschen Trauerspiels" einen Höhepunkt unter Höhepunkten.
Den sechs Abschnitten seines Trauerspielbuchs gehen jeweils sechs Motti aus dem einschlägigem barocken Schrifttum voran, der Erkenntniskritischen Vorrede eine Bemerkung aus Goethes Farbenlehre. Zu rekonstruieren wäre das Beziehungsgeflecht, der Beziehungsreichtum dieser Mottogebungen. Wer sie bündig auf den Begriff zu bringen vermöchte, wäre eine Kandidat für unsere Akademie der Dichtungsforschung.
Die Wissenschaftstheorie der Philologie, die Benjamin in der o.a. Vorrede u.a. skizziert, war als Gegenbild zur seinerzeit avancierten Theorie Emile Meyersons entworfen, dessen Werk De l'explication dans les sciences. 2 Bde. Paris 1921 er erwähnt. Diese Dichotome zu erörtern, ist alle Wissenschaftstheorie in philologicis bis dato schuldig geblieben.
Heldenbuch III / Notizen eines Tachinierers 1
"Die Akademie ist zur Universität geworden und die Studenten zu Akademikern." W. Benjamin
"Die Akademiker zu Beamten." von Auchjauche
Um Hugo Grotius ist es still geworden.
Nun ist eine bisher unpublizierte Abhandlung über
den Umgang mit Ungläubigen erschienen: de societate
publica cum infidelibus (GROTIANA Band 45 Issue 1 2024), gut 400
Jahre nach ihrer Niederschrift.
Vetus est quaestio et nostra hac aetate non minus agitata, an et quatenus
hominibus Christianis liceat cum Infidelibus, aut etiam Haereticis inire
societatem.
Im Radio über Adelheid Duvanel. Bittere Trauer. Regina Ullmann. Ditto.
7. Dezember 2024
Gesendet: Freitag, 6. Dezember 2024 um 19:08
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: g.wagner@snafu.de
CC: mail@mirjamfischer.com,lisa.devries@die-bonn.de,anette.fasang@sowi.hu-berlin.de,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in frankfurter allgemeine sonntagszeitung 8.dezember 2024
sehr geehrter herr dr. wagner,
verbindlichen dank für Ihren o.a. artikel. Sie geben Ihrer leserschaft kenntnis von einem fachaufatz
aus dem verminten gelände der quantitativ-emprischen sozial-, genauer diversitätsforschung: de vries, fischer , kasprowski:
„männlich“, „weiblich“, „divers“ – Eine kritische Auseinandersetzung mit der Erhebung von Geschlecht in der quantitativ-empirischen Sozialforschung
zeitschrift für soziologie 4 / 2024
seit christoph türckes fulminanter studie "natur und gender. kritik eines machbarkeitswahns" aus dem jahr 2021 konnte man
immerhin der hoffnung anhängen, dem sich als wissenschaft missverstehenden, non-binären gespensterspuk sei - freilich nicht
an universitäten, die heute zum teil als therapiezentren dienen (vgl. joseph c. hermanowicz: the therapeutic university. in: MINERVA
vol. 61 issue 4 decenber 2024), doch wohl im zurechnungsfähigen teil einer demokratiewilligen res publica -
argumentativ zumindest beizukommen.
jene hoffnung ward nachhaltig enttäuscht, an ihre stelle trat ein wütendes und hartnäckiges tertium non datur.
wer auf die idee kommt, geschlecht sei individuell konstruierbar und folglich sozialempirisch zu erheben,
erinnert an kants hübsche sentenz, wonach es absurd sei, dass einer einen bock melkt, der andere ein sieb drunter
hält. Lukians Demonax lässt güssen!
wie auch ich Sie grüsse
und mir erlaube, Ihnen mein einschlägiges poem in den zweiten advent zu übersenden, s.u.
Ihr
ralf frodermann
Der Ciswolf / nach Christian Morgenstern
für Kae Tempest und Kate Esther Calvert
Ein Ciswolf eines Nachts entwich
von Mann und Frau und sich begab
an einer Linguistin Grab
und bat sie: Bitte, gender mich!
Die Linguistin stieg hinauf
in ihres Browsers Cisverlauf
und sprach zum Wolf, der seine Lippe
geduldig schürzte vor der Hippe:
"Der Ciswolf" - sprach die gute Frau :
"Der Diswolf", folgt darauf genau,
der Fiswolf, Giswolf, Aiswolf dann,
Eiswolf kommt als letzter dran."
Dem Ciswolf schmeichelten die Proben
so hohen Geistes, der zu loben.
Indessen, bat er, füge doch
zu Kreuzgeschlechtern auch die b-Vetreter noch.
Die Linguistin, sehr erbaut von solchen Fragen,
ließ sich das gar nicht zweimal sagen:
"Die Tonarten mit b-Vorzeichen,
das sind die kolossalen, weichen.
Des, es und ges, und as und b,
das enharmonische Wehweh."
Der Wolf erstarrte hierauf ganz,
war seine Neffenbrut doch trans.
Neues aus Eumeswil (1 und 2)
Im Fachorgan Modern Language Notes (Vol.139 Number 3 April 2024) stellt Rochelle Tobias einen Vergleich zwischen Meister Eckharts Traktat "Von der Abgeschiedenheit und vom Haben Gottes" und Herman Melvilles "Bartleby, der Schreiber" an.
Zuweilen, scheint es, gehen auch den Komparatisten die Pferde durch.
Zuschrift an Dante-Gesellschaft:
ad dante-jahrbuch band 99 2024
P.P.
weshalb wird in einem u.a. "gegen dante" gewidmeten dante-jahrbuch der berühmt-berüchtigten stelle
operone.de/dante/bartsch128/
nicht erwähnung getan? ihrer wenigstens gedacht?
Den Gottsucherbanden (Bazon Brock) der Pfaffen und Seelenbeschäler
in Abscheu gewidmet. Und Richard Dawkins!
Ein eher abseitiges Dokument juvenilen Widerspruchsgeistes liegt zum erstenmal
in deutscher Sprache vor.
Das kleine Pamphlet des 19jährigen Oxford-Studenten Percy B. Shelley, einem nachmaligen Stern
am britischen Romantikerhimmel - neben Blake, Keats und Byron - bildet ein
zwar nur kleines Mosaiksteinchen innerhalb der Geschichte agnostischen Denkens,
doch immerhin ein buntes.
Inspiriert vom insularen Empirsimus der Bacons, Lockes und Hobbes, führt es
einen quasi-logschen Beweis der Nicht-Existenz Gottes.
Zwar sind die Zeiten der Religion, selbst ihrer Kritik, seit langem in der Theorie vorüber,
toter Geist geworden, wie Hegel sagen würde,
dennoch mag mag das nachfolgend gegebene Dokument hier und da auf
einige kulturhistorisch interessierte Leser stossen.
Ralf Frodermann
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Percy Bysshe Shelley
Die Notwendigkeit des Atheismus (1811)
quod clara et perspicua demonstratione carcat pro verbo habere mens
omnino nequit humana
Francis Bacon, De dignitate et augmentis scientiarum
Anzeige
Da die Liebe zur Wahrheit das einzige Motiv ist, dass den Verfasser dieses kleinen
Pamphlets antreibt, bittet er inständig darum, dass diejenigen seiner Leser, die
irgendwelche Mängel in seiner Argumentation entdecken oder im Besitz von
Beweisen sind, die seinem Verstand verschlossen geblieben sind, diese, nebst
ihren Einwänden der Öffentlichkeit ebenso kurz, methodisch und klar kundtun,
wie er sich die Freiheit nahm, dies zu tun.
Durch Mangel an Beweisen
Ein Atheist
Eine genaue Prüfung der Gültigkeit der Zuhilfenahme einer Behauptung
angeführten Beweise galt schon immer als der einzig sichere Weg, um
Wahrheit zu erlangen, über deren Vorzüge u streiten unnütz ist.
Unser Wissen über die Existenz einer Gottheit ist ein Thema von so
großer Bedeutung, dass es nicht genau genug untersucht werden kann.
In Anbetracht dieser Überzeugung gehen wir klar und unbefangen
zur Prüfung der angeführten Beweise über.
Zunächst ist es notwendig, die Natur des Glaubens zu behandeln.
Wenn dem Verstand ein Vorschlag zugetragen wird, nimmt der die
Übereinstimmung oder Nicht-Übereinstimmung der Ideen wahr, aus
denen er besteht.
Die Wahrnehmung ihrer Übereinstimmung wird als Glaube bezeichnet.
Viele Dinge verhindern häufig, dass diese Wahrnehmung unmittelbar
erfolgt, und der Verstand versucht, diese zu beseitigen, damit Wahrnehmung
klar erkennbar ist.
Der Verstand ist bei der Untersuchung aktiv, um den Zustand der Wahrnehmung,
der passiv, zu vervollkommnen. Die Verwechslung von Untersuchung und
Wahrnehmung hat Viele fälschlicherweise zur Annahme verleitet, dass der
Verstand beim Glaube aktiv sei, das Glaube ein Willensakt sei, was zur Folge
hat, er könne vom Verstand reguliert werden. Indem sie diesen Fehler fortsetzen,
haben sie den Unglauben einen Grad an Verwerflichkeit zugeschrieben, zu welchem
er seiner Natur nach unfähig ist.
Jedoch ist jener gleichermaßen wertvoll. Die Stärke des Glaubens ist, wie bei
jeder anderen Leidenschaft, proportional zum Grad der Erregung.
Es gibt drei Erregungszustände. Die Sinne sind für den Geist die Quelle
allen Wissens, und daher fordern ihre Data die stärkste Zustimmung.
Die Entscheidung des Geistes, die aus eigenen Erfahrungen jener Quellen
beruht, beansprucht den nächsten Grad; die Erfahrung anderer, die sich
an die früheren richtet, nimmt den niedrigsten Grad ein.
Folglich kann keiner Aussage zugestimmt werden, die der Vernunft widerspricht,
denn die Vernunft basiert auf den Beweisen (Evidenzen) unserer Sinne.
Jeder Beweis kann dieser eben erläuterten Unterteilung (Triplizität) zugeordnet
werden.
Wir werden freilich überlegen müssen, welche Argumente wir von jeder der
gemachten Unterteilung erhalten, um uns von der Existenz einer Gottheit zu
überzeugen.
1. Der Beweis der Sinne.
Wenn die Gottheit uns erscheinen sollte, wenn sie unsere Sinne von ihrer
Existenz überzeugen sollte, so würde diese Offenbarung notwendiger Weise,
Glaube gebieten; diejenigen, denen die Gottheit auf diese Weise erschienen ist,
haben größte Glaubenskraft.
Die Vernunft beansprucht den zweiten Platz.
Es wird betont, dass der Mensch weiß, dass alles, was ist, entweder einen
Anfang gehabt oder seit Ewigkeiten existieren muss. Er weiß auch, dass alles, was
nicht ewig ist, eine Ursache haben muss. Wenn dies auf die Existenz des Universums
angewandt wird, muss bewiesen werden, dass es erschaffen wurde. Bis dies klar
bewiesen ist, können wir vernünftiger Weise annehmen, dass es seit Ewigkeiten besteht.
In einem Fall, in dem zwei Aussagen diametral entgegen gesetzt sind, glaubt der Verstand,
was weniger unverständlich ist.
Es ist einfacher anzunehmen, dass das Universum seit Ewigkeiten existiert, als sich
ein Wesen vorzustellen, dass es erschaffen hat.
Wenn der Verstand unter der Last einer Aussage zusammenbricht, ist es dann eine
Erleichterung die Unerträglichkeit der Last zu erhöhen?
Das andere Argument, das auf dem Wissen des Menschen, seine eigenen Erfahrungen
betreffend, ist, dass es eine andere Erklärung gibt, die die Existenz des Universums
als eine andere Erklärung betrachtet.
Existenz bedeutet --- ein Mensch weiß nicht nur, dass er jetzt existiert, sondern dass
es eine Zeit gab, in der er nicht existierte, folglich muss es eine Ursache gegeben
haben --- aber was beweist das?
Wir können aus Wirkungen, nur auf Ursachen schließen, die genau diesen Wirkungen
entsprechen --- aber es gibt sicherlich eine generative Kraft, die von bestimmten
Instrumenten bewirkt wird. Wir können weder beweisen, dass sie diesen Instrumenten
innewohnt, noch kann die gegenteilige Hypothese bewiesen werden. Wir geben zu,
dass die generative Kraft unbegreiflich ist, aber die Annahme, dass dieselbe Wirkung
von einem ewigen, allwissenden, allgegenwärtigen Wesen hervorgerufen wird, lässt
die Ursache im Dunklen, macht sie aber noch unbegreiflicher.
Der dritte und letzte Grad der Zustimmung wird durch Zeugnis beansprucht. Es wird nicht verlangt,
dass es nicht vernunftwidrig sei. Das Zeugnis, dass die Gottheit die Sinne der Menschen
von ihrer Existenz überzeugt, kann nur dann von uns anerkannt werden, wenn unser Geist
es für weniger wahrscheinlich hält, dass die Menschen getäuscht wurden, als dass ihnen
die Gottheit erschienen ist.
Unsere Vernunft kann niemals das Zeugnis von Menschen anerkennen, die nicht nur erklären,
dass sie Augenzeugen von Wundern waren, sondern dass die Gottheit unvernünftig war, denn
sie befahl, dass man ihr Glauben schenken sollte.
Sie setzt höchste Belohnung für Glaube und höchste ewige Strafe für Unglaube voraus. ---
Wir können nur freiwillige Handlungen befehlen. Glaube ist kein Akt des Willens, der Geist
ist sogar passiv, daraus ist ersichtlich, dass wir kein ausreichendes Zeugnis haben oder vielmehr,
dass das Zeugnis nicht ausreicht, um die Existenz eines Gottes zu beweisen.
Wir haben zuvor gezeigt, dass es nicht aus der Vernunft abgeleitet werden kann ---
Nur diejenigen, die durch Beweise der Sinne überzeugt wurden, können es glauben.
Daraus erhellt, dass es keine Beweise aus einer der Quellen der Überzeugung gibt:
der Verstand kann nicht an die Existenz einer Gottheit glauben. Es ist auch klar, dass der
Glaube eine Leidenschaft des Geistes ist, allerdings ist mit dem Unglauben keineswegs ein
verwerflicher Charakter verbunden.
Verwerflich sind nur jene, die bewusst darauf verzichten, das falsche Medium zu entfernen,
durch das ihr Verstand das Thema betrachtet.
Es ist unnötig zu bemerken, dass das allgemeine Wissen um die Unzulässigkeit
solcher Beweise der Gesellschaft nicht schaden kann: es wurde schon immer festgestellt,
dass die Wahrheit im besten Interesse der Menschheit liegt, jeder nachdenkliche Geist muss
zugeben, dass es keinerlei Beweis für die Existenz einer Gottheit gibt.
q.e.d.
Übs.: Heinz Bartleby
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Lit.:
P. B. Shelley: The Necessity of Atheism. 1811
Faksimile Oxford Bodleian Library, 1992
F. Mauthner: Zur Geschichte des Atheismus im Abendlande.
Vier Bände 1920-1923
J. Faflak: Rezension in: Keats-Shelley Journal Vol. 71 2022 S. 211-213
P. Winkler, S. J. Wolfson: Covering "The Necessity of Atheism"
in: Essays in Criticism Vol. 74 Issue 3 July 2024
6. Dezember 2024
Von Omar Chayyam zu Erich Przywara.
Alla turca-like / Service à la russe-like
Entgegen der Behauptung Barbara Schlückers in ihrem Beitrag "Sportschau-like, raststättenlike, Claudialike. Like-Adjektive als neues Wortbildungsmuster im Deutschen" (Zeitschrift für germanistische Linguistik Band 52 Heft 3 2024), es handle sich bei sog. Like-Adjektiven um "ein produktives Muster der Gegenwartssprache" (ibid.) ist zu konstatieren, dass es sich dabei eher um eine unproduktive Transformation der unter Zivilisierten bis heute nicht ganz ausgestorbenen "à la" - Wendung handelt.
Die banausische Verschlimmbesserung, der Frau Schlücker auf den linguistischen Leim gegangen ist, bezeugt nur eine Konjunktur der Unwortbildung, der sprachlichen Regression und stilistischen Unmündigkeit.
Aus Hans Michael Moscheroschs 1640 erschienenem Roman "Philanders von Sittenwald wunderliche und wahrhaftige Gesichte" / Erster Teil, Drittes Gesicht, "Venusnarren":
Cervam putat esse Minervam,
Ranam putat esse Dianam,
Was einer liebt, das dünkt ihm fein,
Ob es oft wüster als ein Schwein.
Ein mancher meint, er hab' 'nen Schatz
Und 's ist doch nur ein Plundermatz.
5. Dezember 2024
Wenn der lahme Dichter träumt, er dichte... Frau Overath wieder einmal schier überwältigt: in der heutigen FAZ besingt sie in febrilem Lobgesang einen neuen Gedichtband Ron Winklers, "Unterwegs in der Verformung". Offenbar ein Sammelsurium fader Wortspielchen, eitlen Kalauertums und couragierter Unfähigkeit.
Spätestens seit Allan Blooms "Der Niedergang des amerikanischen Geistes" (dt. 1988) und Saul Belllows Schlüsselroman "Ravelstein" (dt. 2000) ist uns alles klar geworden. Das Behagen in der universitären Unkultur hat allerdings an den dortigen Futtertrögen seither keinen Schaden genommen.
Anhedonie: unter den deutschen Seelenkrankheiten wohl die deutscheste.
Jahrbuch der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft (32 2024) in er Post. Wäre das Exemplar nicht eingeschweißt, ich schweißte es ein.
4. Dezember 2024
Gutzkows "Der Zauberer von Rom". Eine Prosastute.
Nachts wieder viel Stefan George. Sirene, selbst an den Mast gebundene:
An Gundolf
Warum so viel in fernen menschen forschen und
in sagen lesen
Wenn selber du ein wort erfinden kannst dass
einst es heisse:
Auf kurzem pfad bin ich dir dies und du mir
so gewesen!
Ist das nicht licht und lösung über
allem fleisse?
Du bist! deswegen ist kein Gott!
J. W. L. Gleim, An Hans Nero (Epoden 1785 S.18)
lyrikologie und verwandter schmarrn
das lyrische Ich ist jetzt auch im arsch,
es setzte zur wehr sich, freundlich und barsch,
doch half alles nix, untergeht es im trudel
des mählich ihn absorbierenden rudel
der berufsleser und lesefruchtauspresser:
(vgl r. d. brinkmanns "die orangensaftmaschine")
die lieferten es an das messer
der willkür, der wörteraufesser.
Eine sehr gute Bemerkung macht Fra Paolo in seiner Geschichte des Tridentiner Konzils. – Die Theologen berieten, und die Väter, das heißt die Bischöfe, die von Theologie kein Wort verstanden, entschieden das Dogma. Wie im politischen System ist es auch in der Republik der Wissenschaften; die Dummköpfe machen den Text, und die klugen Leute verfassen die Kommentare dazu. Darum erklärt Panurg die Tabellen der Physionomie rurale und bildet sich mit aller Gewalt ein, daß er sie verstehe. Darum schrieb Newton einen Kommentar zu Daniel und zur Apokalypse...
Galiani an Madame d'Epinay 18. Mai 1771
Von 1978 - 2021 hieß eine Zeitschrift "literatur für leser". Danach "literatur für leser:innen". Darin jüngst über Moorschnucken, Riesenalk und enumeratio delectat usw. Sagenhafter Riesenstuss. Dracula ohne Zähne. - Quid refert mea!
"Handbuch Literatur und Reise" 2024 eingepackt für Weihnachtsurlaub.
2. Dezember 2024
Im Literaturwissenschaftlichen Jahrbuch (64 2023) Arbeit von Stellmann über Konrad von Megenbers Übersetzung Buch von den natürlichen Dingen. Dröges Zeugs. Erinnert an die Textsorte Bau- oder Reparaturanleitung, Beipackzettel. Unnütz! Immerhin mal wieder von Autologie (ibid. S.78) gehört.
Über Wieselwörter.
Lawrence Durrells Versdrama Sappho im Oberseminar übersetzt.
Praxisstuss
Viel Lärm um heiße Luft im Journal of Literary Theory (Band 18 Heft 2 2024). Drei Philologen plus 1 über "Die Praxis der Literaturtheorie". JLT-Gespräch. 17 Tagungen der Forschergruppe Poetik und Hermeneutik in über 30 Jahren, nebst Peter Szondis Traktat Über philologische Erkenntnis konnten solchen Edelpofel nicht verhindern.
30. November 2024
Aurora lächelt, und es scheint, sie streue
Der Sonne Strahlen sämmtlich um sich her.
Der Himmel mehrt sein Licht, und sonder Hülle
Will er nun schau'n der großen Thaten Fülle.
Torquato Tasso, Das befreite Jerusalem (XX. Gesang)
Alan Moores unangenehm prätentiöser Roman "Jerusalem" erscheint auf Deutsch. FAZ-Schmock heute ganz außer sich vor Leseglück. Als gäbe es so etwas bei so etwas!
Gesendet: Freitag, 29. November 2024 um 21:27
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: maurizio.catino@unimib.it,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr artikel in frankfurter allgemeine sonntagszeitung 1.dezember 2024
"das geld fliesst nach oben, die scheisse nach unten."
tony soprano
sehr geehrter herr prof. kieserling,
verbindlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
nach rene girards einschlägigem buch "ausstossung und verfolgung: eine historische theorie des sündenbocks" (dt. 1992) hat man kaum damit rechnen können, dass in sachen sündenbock noch mit neuigkeiten zu rechnen sei.
man wird nicht enttäuscht.
der erste absatz Ihres referats eines buchkapitels von maurizio catino ("scapegoating: how organizations assign blame") 2023 ist leider unverständlich.
auch die komplexität des films "der sündenbock", 1959, mit alec guinness und bette davis, erreicht der beitrag nicht.
Sie schreiben zum schluss Ihres beitrags:
Ist der öffentliche Druck auf einen Sündenbock groß genug, wird er mit Unterstützung der Spitze, die dafür ungeschoren bleibt, in den mittleren Reihen gesucht oder umgekehrt.
quel suprise!
was heisst "oder umgekehrt"? vice versa?
best
rf
Ralf Frodermann
Happy misreading
Why Epicurean Happiness ist not for everyone - Artikel von Jan Maximilian Robitzsch (British Journal for the History of Philosophy Vol. 32 2024 Issue 6). Hatte tatsächlich zunächst Why European (!) Happiness ist not for everyone gelesen und damit den Nagel des Beitrags auf den Kopf getroffen, noch bevor ich seine Lektüre begonnen hatte.
In studia leibnitiana (54 2022/2) bewegender Nachruf (mit bemerkenswerter anekdotischer Coda) auf Frau Prof. Maria Rosa Antognazza (1964-2023). Neben der Leibniz-Biografie von Hans Heinz Holz 2013 bleibt die ihre aus dem Jahr 2009 buchenswert.
ad "anmaßende Impotenz" (Schiller): Thomas Wyrwich: Wissenschaftsfreiheit und Wahrheit. Zu drei Auslegungsmodellen bei Kant, Heidegger und Schubert (et al.).
(in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 4/2024) Als wollte man Stan Libuda, Gerd Müller und Heinz Meise in einem Atemzug nennen.
29. November 2024
Figuren wie Peter Weiss heute undenkbar, nicht nur auf der Theaterbühne. Hölderlin, de Sade, Trotzki - kalter Kaffee, nicht nur auf der Theaterbühne. In der "Zeitschrift für Unternehmensgeschichte" (Band 69 Heft 1 2024) überaus interessantes Dokument zur "Ermittlung" von Weiss. Herausgeber Stephan H. Lindner ist für die Erinnerung an einen Skandal zu danken, der darin bestand, keiner zu werden.
Heinrich von Gerstenbergks (1814-1887) berühmte Schiller-Fälschungen wieder einmal Echo im Resonanzraum der Mehlwürmer: M. Brook, S. Hundehege (Hrsg.): Gefälschte Provenienzen in der Literatur und ihren Wissenschaften. Göttingen, 2024.
Gerstenbergk war aber nicht nur ein begnadeter Fälscher und Abkocher, sondern auch ein erfolgreicher Quacksalber und Pseudo-Diätetiker. Hier eine groteske Probe ("Gegen den verlorenen Fußschweiß") aus seiner Schrift "Die Wunder der Sympathie und des Magnetismus, oder die enthüllten Zauberkräfte und Geheimnisse der Natur" Band 3 Weimar, 1850 S.59:
Personen, welche schweißige Füße haben, haben sich stets einer beneidenswerten Gesundheit zu erfreuen, und das Wegbleiben einer solchen Körperausdünstung hat für sie in jedem Falle höchst nachteilige Folgen. Hat man daher den Fußschweiß auf irgendeine Art eingebüßt, so suche man ja, ihn sobald als möglich wieder zu erhalten und dies kann ebenso leicht als sicher durch Einimpfung geschehen. Man zieht nämlich von einer gesunden kräftigen Person seines Geschlechts, die mit starkem Fußschweiße behaftet ist, ein Paar wollene, vom Schweiß tüchtig durchdrungene Strümpfe an, so ist der Zweck erreicht.
Letzte Hoffnung
muse.jhu.edu/pub/17/article/929396
27. November 2024
Ich hatte viel Bekümmernis. (Propemtikon und Trauerrede / Rhetorik des Abschieds)
So geht oft ein Schauer mahnend durch die Lust der Menschen, damit sie sich erinnern, daß ihnen die schöne Erde nur geliehen sei.
Eichendorff, Dichter und ihre Gesellen (13)
Mit Kollegen aus der Zahlentheorie über die Goldbachsche Vermutung. Ist nicht meine Vermutung.
lusus naturae
überwölbt von hoher flamme
war er allein auf weiter flur,
er sah auf seiner stirn die schramme,
als ihm ein kleines unglück widerfuhr:
alles in uns färbt es ein,
nichts fügt ihm ein leids an
sie gingen, auch auch wenn sie es wüssten,
still weiter zur arche der tristen, wo
character.ai und sexting erwünscht
Peter-Fuchs-Festschrift ("Probat experiri" 2024) zu dessen 75. Geburtstag in der Post. Der Narr König Luhmanns (Prof. von Auchjauche über Fuchs) ist auch in die Jahre gekommen.
KRITERION - Journal of Philosophy (Band 37 Heft 3-4 2024) in der UB nicht mehr auffindbar. Diebstähle nehmen dort zu, Schlamperei abnehmend.
25. November 2024
Ein Thor bedarf der Ämter und Geschäfte:
Der Wanduhr gleich, gibt das Gewicht ihm Kräfte;
Sonst kaum bemerkt, von eignen Trieben leer,
Blieb er ein Thor; durch Würden wird er mehr.
Friedrich von Hagedorn, HORAZ
"Die Nacht ist erhaben, der Tag ist schön." Kant
Studi Kantiani (XXXV 2024) enthalten einen hübschen Beitrag von Gerhard Kaidisch: Ironie? Ja! Schwarze Menschen in Kants Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen.
Mit der Gattin Weihnachten in Laurins Rosengarten.
"Die Philosophie des Deutschen Idealismus – und damit meinen wir die Philosophie von Kant bis Hegel – erscheint vielen als durch die analytische Philosophie überholt."
A. Kern / Ch. Kiezmann (Hg.): Selbstbewusstes Leben. Texte zu einer transformativen Theorie der menschlichen Subjektivität. Suhrkamp 2017 S.7.
Und wir meinen, dass die analytische Philosophie den deutschen Idealismus weder ein(ge)- geschweige denn überholt hat.
23. November 2024
Mord in Davos von Emil Ludwig aus dem Jahr 1936 wirkte auf mich immer wie das Satyrspiel zum Zauberberg.
Koll. Holzer, roasted again by Pedell Frodermann:
Gesendet: Samstag, 23. November 2024 um 09:43
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
CC: je@rias-institute.eu,mafekete@iu.edu,mario.small@columbia.edu,mgranovetter@stanford.edu,holunder@uni-bockwurst.edu
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 24. november 2024
guten tag herr prof. holzer,
herzlichen dank für Ihr kurzreferat eines beitrags dreier amerikanischer soziologen (dres. small, brant und fekete)
zur sozialpsychologie des vertrauens aus der American Sociological Review.
bei diesem fachorgan kann man bekanntlich daruf vertrauen, dass es zuverlässig
beiträge enthält, die keinen hund hinterm ofen hervor locken, beiträge, die oft nichts als evidenzen
ratifizieren oder auch statistisch belegen, dass fundamente in aller regel grundlagen von basen sind,
kurz: küchensoziologie.
eine soziologie des vertrauens, der es an selbstvertrauen nicht zu mangeln scheint,
hat indessen herausgefunden, dass vertrauen - auch empirisch -
nicht trivial sei (janina evers: vertrauen und wandel sozialer dienstleistungsorganisationen.
2017 s. 37)
darauf kann man vetrauenssoziologisch bauen. und kommt dann zu erkenntnissen,
die man nicht oft genug wiederholen kann, obschon sie nicht eben atemberaubend sind:
so schreiben Sie zusammenfassend:
"Enge soziale Beziehungen sind nicht mit kommunikativer Offenheit gleichzusetzen."
oder gar:
"Durch das Teilen von Geheimnissen verbindet man sich mit anderen, während die Geheimhaltung zur Steigerung von Individualität beiträgt: Worüber man mit anderen redet, entscheidet niemand anders als man selbst."
zuvor benennen Sie den weg, auf welchem man zu solchen einsichten gelangt:
"Nicht jeder schätzt es zudem, durch die Konsultation von anderen in eine Position zu geraten, die zukünftige Verpflichtungen mit sich bringt – zum Beispiel selbst ein offenes Ohr für deren Probleme zu haben."
zwar hatte man dieses dinge zuletzt in david schwimmers fim TRUST von 2010 bequemer und unterhaltsamer studieren können,
doch, wie gesagt (oder noch nicht?): doppelt genäht hält besser.
beste grüße
Ralf Frodermann
Das Donnerlied des Schottelius. 1676 in Wolfenbüttel gestorben. Beruf: Prinzenerzieher.
Johann Moritz Schwager über helfende Hexen. Versuch einer Geschichte der Hexenprozesse Band 1 1784 S. 109.
21. November 2024
lied von boliden und gehen im karst
der erste stuss kommt unverlangt
heute monika rincks Hölllenfahrt &
Entenstaat faz-schmock tobi
heute ausser sich vor lesegenuss
des neuen dichtwerks
die faz fährt auto
der notorisch-chtonische röhnert röhrt
wieder vom karst
rückblende:
Norderneyer Tagebuch 30 März 2019
In der FAZ huldigt heute ein offenbar mit seinem Verstand heftig ringender Schmock der Literatin Monika Rinck:
"Auch Lichtenberg hatte etwas für den Idioten als Verkörperung des Glücksfalls übrig", schreibt der Schmock "und Dumm fickt gut", möchte man da hinzufügen.
Die arme Monika Rinck ist sicher keine "Ausnahmeerscheinung der deutschsprachigen Lyrik", als welche sie die FAZ und ihr bestellter Lobredner - bei seinem Text handelt es sich laut dem Blatt um den einführenden Vortrag zur diesjährigen Lichtenberg-Poetikvorlesung an der Universität zu Göttingen.
non liquet / Notizen zu Poes Der Rabe
Lenore; automatisches Tier; E.T.A. Hoffmanns Olympia; Pythia USA.
In Walter Benjamins kleiner Notiz "Der Moralunterricht" wird der "Jugendlehre" (1904) Friedrich Wilhelm Foerster Erwähnung getan, um sie umstandslos zu erledigen. Foersters Ratbuch für Pädaagoen und Pfaffen hebt an mit den Worten: Die moderne Kultur ist ihrem ganzen Wesen nach in erster Linie eine technische Kultur.
Das Newtonsche Hypotheses non fingo stellt Gabriel Tarde programmatisch seinem Buch "Monadologie und Soziologie" (dt. suhrkamp 2009). Allerdings in Umkehrung: Hypotheses fingo. (ibid. S.17)
In Johannes Mosts Memoiren.
19. November 2024
Die Lektüre Ihrer Sachen wirkt abführend auf mich.
Koll. von Auchjauche auf meine Frage, wie ihm mein letzter Gedichtband - idiopathisch / Neue Gedichte #bockpress# 2024 - gefallen habe.
www.youtube.com/watch?v=MDLx_TXqhvc
Dass Benjamin seine Thesen "Über den Begriff der Geschichte" auf Streifbänder zweier Zeitungen schrieb, entnehme ich einem Artikel Heinrich Kaulens in dem Periodikum editio (Band 38 2024). Das Materiale berührt einen eigentümlich.
Gelehrte Briefwechsel wie etwa jener zwischen August Wilhelm von Schlegel und dem norwegischen Indologen Christian Lassen frappieren einen um so mehr, je weniger man versteht.
18. November 2024
palinodie
über korrekturen phantasieren,
phantasmen tödlich korrigieren,
nebst dummen gecken,
die immerzu bezwecken,
den garaus zu machen
und am ende lautlos lachen,
den anfang neuerlich zu stillen,
treten vor die duftenden marillen.
salonorganistin, fingerwurmstichig
auf fragiler orgelbank,
übermüdet und sehr krank,
sass die liebe silberfee,
ihre finger taten weh
von einem biss, der sie gebissen,
einem wurm, den sie erstickt in weissen kissen;
den fluch, der fluchend sie verfluchte,
ward sie nicht los, so sehr sie suchte
ihn zu bannen, ihn zu lösen,
bar zu sein von jenem bösen.
Neben Martin Walser und Jutta Hecker haben wir in Sachen Eckermann noch Gerd Fuchs ("Eckermanns Traum" 2005) zu nennen.
17. November 2024
In meiner Eremiten-Vorlesung demnächst über Richard Rolle (SPECULUM Vol. 99 No.4 October 2024), den Meister Eckharts Britanniens. Unendliche Endlichkeit, mythischer Mikrokosmos, Kälte, Weite, Wärme. (nota bene: International Yearbook for Hermeneutics Vol. 21 2024).
Zukunft einer Illusion, heute: Hoffnung. Jonas Grethleins kulturgeschichtliche Geburtstagsgabe an den Vater (HOFFNUNG. München, 2024) als meta-consolatorischer Trost.
Mathematik als Strafe Gottes
In THE CAMBRIDGE CLASSICAL JOURNAL (Vol. 69 December 2023) Text und Übersetzung etc. von Thomas Evans`MATHEMATOGONIA. Den beiden britischen Altphilologen Stray und Collard ist zu danken für die Ausgrabung des singulären Poems, das vom Ursprung der Mathematik aus dem Geist göttlichen Zorns erzählt.
Why does the poem have so many rapes? fragt sich wieder einmal die Altphilologie im Blick auf Ovids Metamorphosen - Miriam Kamil: Trauma and Recovery in the Rape Narratives of Ovid`s Metamorphoses. (TAPA Vol. 154 No. 2 Autumn 2024). "Vielleicht, weil weibliche Vergewaltigungsphantasien Teil dieser verdammten Welt sind", meinte meine Gattin halbverärgert und warf mir ein altes Exemplar des Journal of Sex Research aus dem Jahr 2008 auf meinen Schreibtisch. In Heft 1 des Jahrgangs Women`s Erotic Rape Fantasies: An Evaluation of Theory and Research von Joseph W. Critelli und Jenny M. Bivona.
Im Herbst Hornsonate op. 17.
15. November 2024
Kommt mir doch heute vormittag so ein Bursche mit video meliora proboque deteriora sequor in irgendeiner altphilologischen Zwischenprüfung, der ich beisitzen musste. "Junge"; sagte ich ihm, "entweder du willst hier das Konzept Akrasie poetologisch erläutern, dann bitte ich um Entschuldigung, oder du bist ein gottverdammter Angeber, der eine Karriere als Delator anstrebt, was ich vermute." Er fing dann an zu weinen. Die Kollegen baten mich um Rückzug. Gut.
Susmania. In scientia poetica (Band 28 2024) Besprechung der Werkausgabe Margarete Susmans bei Wallstein. Ihre "Gespräche mit Büchern" unvergessen. Ihr Simmel-Aufsatz und "Goethes Verhältnis zum Tod" ditto. Wiedervorlage 2066.
berliner inflationsheilige, bleifraß usw. usw.
in hallische jahrbücher 2
berlin 2024 s. 307 informiert
c. schittko über sein kohlearmes
schicksal, obwohl er die nr. eins
der interessanten lyrikheinis laut
tagesspiegel ist, muss er beim
jobcenter ansprechend vortreten;
als hätten wir nie zu gorek gesagt:
hoffentlich geht am wochenende
die welt unter, dann muss ich
wenigstens montag nicht zum amt.
versauf die stütze im
rumbalotte continua,
besser im metzer eck
industriesülze und budweiser
vom fass /
matthias BAADER holst aus quedlinburg
und
den papenfuss gorek (hasenfuss-
rohlex)
machten sich einen reim auf meine
armut und lebten fürsorge auf seelenasphalt.
Unsere Übertragung des pseudo-antiken (Ovid), mittellateinischen Lehrgedichts "De vetula" // "Über die Vettel" beendet. Dazu Beitrag zum 3. Buch in The Journal of Medieval Latin Vol. 34 2024.
14. November 2024
NESTROYANA. Blätter der Internationalen Nestroy-Gesellschaft flattern herein. In den Weihnachtsferien unentbehrlich.
Vor 140 Jahren erschien August Bebels "Die mohamedanisch-arabische Kulturperiode". In Modern Intellectual History erinnerte jüngst Fitzpatrick an die vergessene, sehr lesenswerte Schrift.
Über Finn Jobs "Hinterher" Russel A. Berman in BAHAMAS 95 2024.
Posende Kretins! Wer unter all den sogenannten Schriftstellern wäre auch nur zu einer passablen Hypotypose fähig?
Prof. Freiherr von Auchjauche / Podiumsdiskussion 10. XI. 2024 Auditorium Maximum
KI tilgt KI-Kritisches geräuschlos.
12. November 2024
Weihnachten, Jahreswechsel und Hochzeitstag am Tegernsee im Seehotel. Abreise um den 20. Dezember. Bis dahin keine Dienstreisen mehr. Komme meinen hiesigen Verpflichtungen nur noch mit Müh und Not nach. (Färse und Fissur. Aufsätze 1972-2000 immer noch nicht fertig redigiert usw. usw.) Selbst den Studenten werden meine dienstlichen Absenzen verdächtig ("Will der doch weg?")
Der grosse automatische Grammatisator von Roald Dahl. Teufelskerl der Mann! Wäre immun geblieben gegen die grassierende digitale Tollwut unserer Tage.
Partita V, Englische Suite III. Beileidsnote an B.`s Familie. Schlechtes Gewissen wegen langem Schweigen.
CATO. Magazin für Neue Sachlichkeit durchgeblättert. Artikel von Kraus über Lehrer ordentlich.
Zu Mörikes Bilder aus Bebenhausen Wissenswertes, mithin Schönes und Gutes in Antike und Abendland (Band 70 2024). Solches Schrifttum erinnert einen oft an das Herauslösen des Kuchens aus der Kuchenform. Aber unsereins möchte ihn doch nur essen.
11. November 2024
Shakespeare Quarterly (Vol 75 Issue 3 Fall 2024) eingetroffen.
U.a. Ryan Netzley über "the Nature of NO in Shakespeare´s Sonnets".
O Wißbegier, wann hast du ausgetobt in meinem Innern?
Theodor Däubler, Das Nordlicht
aufs Examinieren sind meine Schüler nicht eingericht`t, kann auch ich mit Nestroy ausrufen. Gestern seine Burleske Die schlimmen Schulbuben in der Schule im Theater genossen. 1847 uraufgeführt, frisch wie ein Limoncello. Gilt ja für alles von Nestroy.
Medientheologie der digitalen Tollwut. / Ideologische Reizwäsche XIX
9. November 2024
In diesem Kosmos gibt es schließlich nicht nur der Menschen Welt.
Li Bo (Zwiesprache in den Bergen. dt. Reclam 2024 S.9)
Mensch und Baum / Baum und Mensch / und vice versa
Heute fabuliert Frieder von Ammon in der Frankfurter Anthologie (FAZ) über Andreas Tschernings Gedicht "Ein Baum redet den Menschen an". Selbst die behutsame Modernisierung des barocken Duktus widert an.
Zur Erholung Ein alter umgeweheter Kirsch-Baum von Brockes in der Urfassung.
Gesendet: Samstag, 9. November 2024 um 08:29
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
CC: glavinp@mcmaster.ca
Betreff: Ihr beitrag in FAS 10.november 2024
sehr geehrter herr prof. kieserling,
verbindlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren einen artikel zur arbeit am mythos, zur "pluralistischen ignoranz", will sagen eine
innenansicht zum operativen lügenreparaturbetriebswesen dieser zeit und
dieser gesellschaft, Sie schreiben:
Nun ist eine Untersuchung zweier Soziologen erschienen, die den Gedanken der pluralistischen Ignoranz auf das Thema der Arbeitszufriedenheit anwenden, über das in Amerika seit einigen Jahren mit großer Sorge gesprochen wird. Glaubt man nämlich den dortigen Massenmedien und ihren Intellektuellen, dann ist vielen Beschäftigten im Zuge der Pandemie die tägliche Arbeit so fremd geworden, dass sie die innere Kündigung eingereicht haben. Ihre noch verbliebene Arbeitsmotivation reiche gerade mal aus, um Dienst nach Vorschrift zu leisten. Natürlich hat so eine Motivationskrise, gerne auch als „Große Resignation“ bezeichnet, das Zeug zum Aufreger.
"nichts wird so leicht für übertreibung gehalten wie die schilderung der reinen wahrheit", schreibt joseph conrad.
daran muss man unwillkürlich denken, liest man Ihren report zur lage der arbeitsakzeptanz.
das "manifest gegen die arbeit" -
www.krisis.org/1999/manifest-gegen-die-arbeit/
liegt ein viertlejahrhundert zurück. offenbar wurde es von den beiden autoren paul glavin und paul schieman nicht rezipert.
andernfalls hätten sie mehr und besseres vorlegen können als eine sozial-empirische pose.
denn um nichts anderes handelt es sich bei ihrem rabulistischen aufsatz "The Job Paradox: Pluralistic
Ignorance and the myth of the 'Unhappy Worker' ".
die entfremdete arbeit in der gesellschaft des spektakels ist, wie alle arbeit, der hölle in aller regel näher als dem himmel.
dieses factum brutum nachhaltig vergessen zu machen, ist bekanntlich die aufgabe und sinn und zweck approbierter gesellschaftswissenschaft.
mit freundlichen grüssen
ralf frodermann
PS:
dafür, dass Sie an den guten heinrich popitz (1925-2002) erinnern, ist Ihnen ausdrücklich zu danken.
dieser heinz erhardt für soziologen ist fastzu unrecht dem vergessen preis gegeben, seine verse
mögen überdauern:
Siehst du sie rein, in nackten Formen,
so werden dir aus Fakten Normen.
robert holunder:
siehst du keinen weg für wahres denken,
magst du lügen sicher lenken.
"Ein guter Leser ist jemand, der präzise anzugeben weiß, was er nicht liest und nicht lesen muss.
Und darüber Stillschweigen bewahrt."
Erwin Aberfett: Offiziersskat. Neue Aufsätze.
#bockpress# 2025
"Goats in Crete when they are wounded with an arrow appear to hunt for dittany,
which grows there. When they have eaten it, they immediately pull out the arrows."
Ps.- Aristoteles, MIRABILIA (Loeb Classical Library 1936)
Waldszene I und II
I
Unter den verwegenen Pfeife(r)n im Walde eine eher unhörbare(r):
Der Bildungsprozeß der Antikelektüre bildet in der Lektüre des alten Textes den modernen Menschen in uns.
Jürgen Paul Schwindt: Schwarze Philololgie. Brauchen wir eine neue Alte Philologie? MERKUR Nr. 692 Dezember 2026
II
An der Hörbar:
Gesendet: Donnerstag, 7. November 2024 um 19:16
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: j.kaube@faz.de
Betreff: Ihr beitrag in der FAZ 8.11.2024
rilke und rammler / du musst dein lesen ändern
lieber kaube,
Ihr beitrag "Kafka und Kaninchen / Warum lehrt unser Unterricht nicht das Schreiben?"
erinnert an das pfeifen im walde desjenigen, der sich dümmer stellt als er ist.
denn mümmeln es nicht seit langer zeit die rammler aus den ställen, die leseforscher
aus den seminaren und die kulturkritiker aus den stehbierhallen, dass
in zeiten manifesten lese- und schreibhasses unter schülern ein plädoyer wie das
Ihre so hohl klingt wie rilkes "Du musst dein Leben ändern" ?
beste grüße
Ralf Frodermann
Allem Anschein nach ist einer mit Handy doppelt so dämlich als ohne.
7. November 2024
ad Populismus: Hallische Jahrbücher #2 (2024). Dagegen sind die beiden Suhrkampbände von Kolja Möller (Populismus, Ein Reader. 2022 und Volk und Elite. Eine Gesellschaftstheorie des Populismus. 2024) kalter Kaffee, verwaltetes Denken, kritischer Mumpitz.
Zum Umkreis von Moses Mendelssohns "Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum" (1783) - Kant schätzte diese Schrift bekanntlich außerordentlich - zählt die von ihm aus dem Englischen übersetzte Abhandlung "Rettung der Juden" von Manasse ben Israel (dt. 1782). Mendelssohn im Vorwort seiner Übertragung:
Überhaupt, Menschen dem Staate unnützlich; Menschen, die
in einem Lande nicht zu gebrauchen sind, dieses ist eine Sprache,
die mir eines Staatsmannes unwürdig zu sein scheint. Die Men-
schen können mehr oder weniger nützlich sein; können so oder
anders beschäftiget, die Glückseligkeit ihrer Nebenmenschen und
ihre eigene mehr oder weniger befördern. Aber kein Staat kann
die geringsten, nutzlosscheinendsten seiner Bewohner, ohne emp-
findlichen Nachteil, entbehren, und einer weisen Regierung ist
kein Bettler zu viel, kein Krüppel völlig unbrauchbar.
"Die Menschheit ist für die Ewigkeit geschaffen, aber der lebendige Mensch lebt für den Tag. Neues Übel wird nach ihm kommen, aber ihn kümmert nur das Übel seiner Tage. Der wesentliche Glaube für einen Menschen meiner Art, die wesentliche Religion für Leute meiner Gesinnung scheint mir die zu sein, daß man das Leben der Menschen bessern kann und bessern wird und daß man die größten Feinde des Menschen heute - Angst, Haß, Sklaverei, Grausamkeit, Armut und Not - besiegen und ausrotten kann..."
Thomas Wolfe, Es führt kein Weg zurück
Faust (trinkt)
Der Wein ist gut; – er macht das Mark
Mir in den Knochen frisch und stark.
Mephistopheles
Es lief der Mensch in grauen Tagen,
Wie uns berichten manche Sagen,
Zu Mahom, Christ und Zoroaster,
Zu holen sich ein Wunderpflaster
Für seine alte Erdennot,
Den Zweifel und den bittern Tod.
Mehr als Prophet und Messiade
Half ihm des milden Zufalls Gnade,
Der seine Angst gelehrt zu pressen
Aus Trauben sich ein süß Vergessen.
Lenau, FAUST
Was sich real vollzieht, ist, dass Technik sich zunehmend gegen ihren Gebrauchswert verselbständigt und mehr
und mehr ins Mythische ausgreift.
Leo Krovich: Arbeit am KI-Mythos. Der Wunsch- und Alptraum von der denkenden Maschine.
in: CASABLANCA. Texte zur falschen Zeit 2 / 2024 S. 142
5. November 2024
kuhreigen
nimmermüde schaut die kuh
ihrem scharfen melker zu.
jüngst aus finnland eingetroffen,
alle tage schwer besoffen,
melkt er sie so zart wie hart.
sie schmilzt in seinen händen,
ach, wenn sie sich nur fänden!
Feindaufklärung. Solider Beitrag von Rainer Paris im Berliner Journal für Soziologie.
aus einer Zuschrift:
die weitere de-industrialisierung europas dürfte - mit oder ohne neuem fortschrittsnarrativ -
nicht mehr umkehrbar sein.
kapital kann sich hier nicht mehr nennenswert verwerten und migriert nach china.
innovative krisenbewältigung findet dort statt.
europa wird zum appendix des orients, d.h. ökonomisch entbehrlich.
Christian Wernicke (1661-1725)
Auf Titrauchius
Ist nicht Titrauchius in seiner Neigung blind?
Er liebt Betrug im Spiel' und Redligkeit im Sauffen;
Er liebt die, die mit ihm aus Lust nach Unglück lauffen,
Und seiner Heimligkeit beschwätzte Zeugen sind;
Er liebt ein lüstern Weib, das von den Lastern lebt,
Und sich dem Mann zur Lust wollüstig weiss zu wenden,
Das seinen matten Leib mit ihren starcken Lenden,
Gleichwie die Fluth ein Schiff vor Ancker liegend, hebt;
Er liebt die Lästerung, die nichts was heilig scheut,
Durch die er sich umsonst verdammt; er liebt die Lügen,
Die erstlich seine Freund', hernach ihn selbst betrügen;
Er liebt Verläumbdung, Zorn, Zanck, Hoffarth, Hass und Neid:
Ja, dass nichts bösses sey auff Erden, dass Titrauch
Nicht hertzlich lieben solt, so liebet Er sich auch.
Der Cyniker lebt innerlich davon, daß er am Edelsten
schmarotzt und dieses Schmarotzen befriedigt ihn nur,
daß (sic) der Edle leidet.
Walter Benjamin, Gesammelte Schriften Bd. VI S. 56
suhrkamp 1991
In diesen Filmen bereiten sich die Menschen darauf vor, die
Zivilisation zu überleben.
ibid. S. 144 ("Zu Mickey-Maus")
Weihnachten mit Gattin in WInterberg oder Zürich? Ausgeschlossen! Nur nicht wieder von Universitätsmamsellen umzingelt werden!
4. November 2024
Drei Meilen hinter Weihnachten - im Schlaraffenland (vgl. Benjamin van Well über Hans Sachsens Schlaraffenland. in: Neuphilologische Mitteilungen 1 CXXIII 2022) hören wir, dass Hans Castorp auf seinem Weg nach Davos ist. Gert Westphal (1920-2002) liest aus dem Zauberberg. Zum ersten mal fällt mir auf, welche Reiselektüre Castorp mit sich führt: Ocean Steamships von F. E. Chadwick (1891).
Falsche Freunde des Aquinaten wie unsereins leben auf, erhalten sie Kenntnis von einer neuen editorischen Wundertat. Band 13 der Quaestiones disputatae des heiligen Thomas bei MEINER (2024) erschienen. De Spirutualibus Creaturis / Über die Geistgeschöpfe endlich wieder in Reichweite. Nur Dr. Naphta wäre wohl darob noch glücklicher als wir es sind.
Als vor 90 Jahren Marie Bonapartes dreibändige Poe-Studie erschien, begannen die psychoanalytischen Aktienkurse an den Zeitgeistbörsen bereits zu sinken. Heute sind sie Ramschpapiere und werden in Bad Banks (Suhrkamp / PSYCHE / Deutsche Psychoanalytische Vereinigung) notdürftig über Wasser gehalten.
2. November 2024
Lieben Sie Brahms?
Deutscher Humor - Humor der Humorlosen - in actu:
"Erstmals erklangen hier seine „Vier ernsten Gesänge“ zusammen mit dem f-moll-Klavierquintett. Vielleicht legt man deswegen hier so großen Wert auf eine Vielzahl von Fachgeschäften für Hörgeräte."
Rüdiger Görner in der FAZ (Bilder und Zeiten) heute. (Der Mann faselt von "Vergils Aenaeis" (sic). Da die Beilage "Bilder und Zeiten" seit dem Niedergang der FAZ nur noch online erscheint, mag ein gnädiger Redakteur das Malheur rasch und diskret beheben.)
Gesendet: Freitag, 1. November 2024 um 23:11
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: boris.holzer@uni-konstanz.de
Betreff: Ihr beitrag in frankfurter allgemeine sonntagszeitung 3.november 2024
sehr geehrter herr prof. holzer,
vielen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren einen artikel aus dem "journal of social computing", den man spätens seit weizenbaums
"die computer und die ohnmacht der vernunft" (dt. suhrkampt 1977)
- von lems einschlägigen arbeiten zu schweigen - fÜr redundant
erklären muss.
es geht nicht mehr darum, ob die computer den menschen ähnlicher werden - einfühlsamer,
sensibler, hinterlistiger, neurotischer, hinterlistiger, unzuverlässiger usw. wie HAL
in kubricks "2001" -, sondern darum, dass die meschen sich den maschinen anzuverwandeln im begriff sind.
eine soziologie der KI, die noch auf sich hält, sollte das berücksichtigen.
beste grüsse
Ralf Frodermann
Mit dem "Klatschmond" im ersten Vers verballhornt Egger die Pflanze "Klatschmohn". Wer solchen Unsinn über sich bringt, muss ein deutscher Literaturkritiker sein, der über einen deutschen Dichter frohsinnt. Schmock und Meta-Schmock, Thomas Combrink über Oswald Eggers ThmasKlingRemakeMüll (TKRM) "Apfelspalten /Handteller, Regen" (Frankfurter Anthologie FAZ 2. 11. 2024), dem Band "Herde der Rede" von 1999 entnommen.
Ein Herr der Rede hatte jener Herde vor Jahren schon das verfilzte Fell über die Ohren gezogen:
sites.google.com/site/universitaetbockwurst/preisfragen/versessay-2016
November 2024
Leselaub 1, 2 und 3
Im Studentenkostüm
In der Leserbriefspalte der FAZ vom 1. November 2024
schreibt einer, der sich als Student ausgibt,
eine Lobeshymne auf das Wurstblatt, "Der Dank eines Studenten"
titelt bräsig die Leserbriefredaktion.
Nach Abschluss der Zeitungslektüre, den Protuberanzgipfel
seiner Begeisterung erreichend, will sagen erbrechend, meint der Kommilitone:
"Am Ende war nicht nur die Zeit zum Lernen verflogen,
Hände, Tisch und Tasse waren auch noch voller Druckerschwärze."
Dass Studenten heute irgendwas lernen, dürfte so selten sein wie
Druckerschwärze heute an Hand, Tisch oder Tasse.
Rhetorische Frage in Fußnote
In einer Fußnote des Vorworts seiner magistralen Bolzano-Biographie
schreibt Wolfgang Künne:
"Kennen Sie einen potentiellen Leser von B.s Lehrbuch der Religionswissenschaft
der sich die Anschaffung der aus acht Teilbänden bestehenden Neuausgabe
für 2.144€ leisten kann?"
W. Künne: Bernard Bolzano. Seine Zeit und sein Leben, sein Werk und
seine Wirkung. Band 1
Frankfurt a. M., 2024 S.XIV Fußnote 4
Ethikrat
"Über die Erkaltenden hinweg wird unter-
sucht, ob
Es üblich ist, daß der Mensch dem Menschen hilft."
Brecht, Das Badener Lehrstück vom Einverständnis
Take Four: Dummett, Dworkin, Dawkins, Davidson.
30. Oktober 2024
In der aktuellen Ausgabe der Oxford Germann Studies (Vol. 53 Issue 2 2024)
findet sich ein Aufsatz über Franz Fühmann als Leser Kafkas.
Er stammt aus der Feder des seit Monaten auf Taiwan vermissten Berliner
Literaturwissenschaftlers Ralf Klausnitzer.
Das Oxforder Fachorgan schreibt über ihn:
"Er arbeitet als glücklicher Hochschullehrer am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin."
si modo illud! Doch nicht in dieser Kafka-Welt der Blendung.
The Pig. Gedicht von Christopher Smart (1722-1771). Übersetzung begonnen.
Let Christopher and Anne come forth with a pig as bold as an assistant professor.
Anne Sexton, The Death Notebooks
(zit. nach: Fraser Easton, Smart (Studies) Now. in: Eighteenth-Century Studies Vol.57 No. 4 Summer 2024)
Holzlaibung
Zu Nico Bleutges Rezension der Gedichte Saskias Warzechas
FAZ 30. Oktober 2024
Abgänger/Innen von Schreibschulen enervierten / ennuyierten
eine interessierte Leserschaft, gäbe es sie denn.
Ausserhalb ihrer bizarren peer-groups und Berufskollegenschaft
liest ihren Galimathias aber selten einer.
In den Feuilletons, die auch kaum noch ein Oberstudienrat liest,
fristen Rezensionen solchen Plunders (Meta-Pofel) hier und da noch ein
kümmerliches Ladenhüter-Dasein.
Zum Beispiel heute in der FAZ.
Nico Bleutge, ein Kollege Frau Warzechas, lobt ihren, mit
Elke-Erb-Epigraph versehenen Gedichtband
"Farbleib" (2024) über die blaue Blume.
der Garten hält die Tagtrage warm (ibid. S. 18)
Neo-Materialismus auf dem Ponyhof, das Dinggedicht als Unding.
Vgl. Erwin Aberfett:
Brotlaib, Wie man Gedichte nicht schreibt.
(#bockpress# im Erscheinen)
Tragelaph, Hircocervus, Ziegenhirsch - ein gattungsloses Zwitterwesen. Goethe führt es mit Blick auf seinen FAUST in einem Brief an Schiller vom Dezember 1798 an. Kuno Fischer vermerkt die Briefstelle in seinem Aufsatz "Goethes Satanologie im FAUST", Breslau 1902.
Goethe in Context / herausgegeben von Charlotte Lee (Cambridge, 2024) eingetroffen. Kapitel 29 CHINA. Solider Baedeker und Cicerone.
"Was die Reflexion findet, scheint schon d a z u s e y n." Novalis, Fichte-Studien
"Was die Reflexion findet, scheint schon weg zu sein." von Auchjauche, Neue Fichte-Studien
28. Oktober 2024
Aufklärung in einzelnen Subjekten durch Erziehung zu gründen, ist also gar leicht; man muss nur früh anfangen, die jungen Köpfe zu dieser Reflexion zu gewöhnen. Ein Zeitalter aber aufzuklären, ist sehr langwierig; denn es finden sich viel äußere Hindernisse, welche jene Erziehungsart teils verbieten, teils erschweren.
Kant, Was heisst: sich im Denken orientieren?
1786
Der Zotenhaftigkeit des Zeitalters, der allgemeinen Cochonnerie widerstehen.
www.academia.edu/24002074/BRENNERS
Hotelromane, Maria Leitners "Hotel Amerika" (eben wieder erschienen bei RECLAM) von Siegfried Kracauer rezensiert. "Hotel Savoy" von Joseph Roth.
Witwenverbrennung, affirmativ
Karoline von Günderrodes Sonett "Die Malabarischen Witwen" ist ein verständnisheischendes Loblied auf die Unkulturtechnik der Witwenverbrennung aus weiblicher Sicht, Todessehnsucht:
Zur süßen Liebesfeyer wird der Tod,
Vereinet die getrennten Elemente,
Zum Lebensgipfel wird des Daseins Ende.
Wenn ich nicht beschäftigt bin, und gerade viel Bedürfnis dazu empfinde, schreibe ich Kleinigkeiten nieder.
Ludwig Tieck, Peter Lebrecht (II, 2)
Günther Weisenborn.
Fühle mich zuweilen wie der Urwaldschulmeister von Kamerun aus Nordens Roman, zuweilen wie die beiden Säufer aus dem Film "Ein Affe im Winter".
26. Oktober 2024
Gesendet: Samstag, 26. Oktober 2024 um 09:22 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: "g.wagnersnafu.de" <g.wagner@snafu.de>
Cc: anna.rotkirch@vaestoliitto.fi, "holunderuni-bockwurst.edu" <holunder@uni-bockwurst.edu>, "auchjaucheuni-bockwurst.edu" <auchjauche@uni-bockwurst.edu>
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 27.oktober 2024
guten tag herr wagner,
herzlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie weisen die leserschaft auf eine arbeit von vier finnischen
soziologen zur korrelation von glück und grosselternschaft hin:
wer im alter witwer, single oder sonstwie partnertechnisch leer ausgeht,
hat immerhin zur kompensation dieser, seiner leere ggf.
enkelkinder usw. usw.
in zeiten rasch steigender altersarmut, altersdepression und alterssuizidalität
(vg. zeitschrfit für gerontologie und geriatrie heft 3 / 2024 "prävention
der altersdepression") mögen solche sozialempirischen märchen
als gegenpropaganda hier und da nützlich sein.
nützlicher ist freilich in diesem traurigen kontext ein anderes märchen:
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden, die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch, und es floß ihm auch etwas wieder aus dem Mund. Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der alte Großvater endlich hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu nicht einmal satt; da sah er betrübt nach dem Tisch, und die Augen wurden ihm naß. Einmal auch konnten seine zitterigen Hände das Schüsselchen nicht festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt, er sagte aber nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes Schüsselchen für ein paar Heller, daraus mußte er nun essen. Wie sie da so sitzen, so trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde kleine Brettlein zusammen. „Was machst du da?“ fragte der Vater. „Ich mache ein Tröglein,“ antwortete das Kind, „daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin.“ Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an immer mitessen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
mit freundlichen grüssen
Ralf Frodermann
25. Oktober 2024
zu Arne Rautenbergs Gedicht o.ä. "betrüger und dichter"
FAZ 25. Oktober 2024
Objektive Verlogenheit ist: nicht die Situation der Entscheidung erkennen.
Walter Benjamin, Notizen über "Obejektive Verlogenheit I"
(W.B.: Gesammelte Schriften VI suhrkamp 1985 S. 60)
In dem Fragment zitiert Benjamin seinen Jugendfreund Friedrich Christoph Heinle:
"Ich verkehre nicht mit jemandem, der seine Ehrlichkeit nach außen verlegt." (ibid. S.61)
ich verkehre icht mit arne rautenberg,
der wichtigtuer prosterniert vorm
miesen zeitgeist und seinen um-ihn-wissern.
sites.google.com/site/universitaetbockwurst/grußadressen/preise-runter-sale
"dichter und betrüger sind die kristallisationspunkte der gesellschaft" (ibid.)
schreibt arne, sich den schmu vom mund absparend, den alten song
"lügen die dichter?" eintönig variierend; dumm macht, was weh tut.
"dichter und betrüger sind die schwierigsten gefangenen" (ibid.)
ja, und das beste pferd im stall bekommt das schlechteste heu.
dumm macht, was weh tut. d.h. arbeit ist die wärmste jacke.
das lösungswort lautet G L Ü C K.
23. Oktober 2024
Gesendet: Dienstag, 22. Oktober 2024 um 13:09 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
Cc: rstichweh@yahoo.de
Betreff: Ihr beitrag in frankfurter allgemeine sonntasgzeitung 20.oktober 2024
guten tag herr prof. kieserling,
besten dank für Ihren o.a. beitrag zur soziologie geplanter
sensationen.
die bedauerliche nicht-erwähnung des einschlägigen buches "Erregte
Gesellschaft. Philosophie der Sensation" 2. auflage 2010 (erstauflage 2002)
von christoph türcke
ist Ihnen nach lage der dinge kaum anzukreiden.
hochachtungsvoll
Ralf Frodermann
"Hausarbeit fällt nur auf, wenn sie ausfällt." Buch der Hausfrau §4567
Negative Sublimation
Bottho Strauss´ neues Buch SCHATTENGESCHWAFEL
hält, was sein Titel verspricht.
Wie stets aus dem "Quell des Gequollenen" schöpfend,
erweist sich der Dicher erneut als ein sensibles Echolot seiner selbst.
Niemand übertrifft ihn in seiner einizigartigen Gabe, noch das
Dümmste und Abgefrühstücktste und Endgarste zu noch Dämlicherem
zu sublimieren.
τὰ γνώριμα ὀλίγοις γνώριμά ἐστιν
Ein hübsches Beispiel dessen, was heute close reading genannt wird - hier eigentlich mehr very close reading - findet sich in einem Beitrag in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift HERMES (4 / 2024). Eine Kölner Altphilologin erläutert darin bündig eine problematische Stelle im neunten Buch der aristotelischen Poetik. Ihre Lesart setzt an die Stelle des personalen Dativs den dativus respectus, was dem Leser Respekt einflößt.
20. Oktober 2024
Klabautermännerbriefe
"Who is entitled to raise a child?", fragt der Rezensent des Buches "Parenting and the Goods of Childhood" von Laura Ferracioli (Oxford UP 2023) in ETHICS Vol. 135 Issue 1 October 2024 S. 175. Man wird dies für eine sonderbare Frage halten dürfen, ohne gleich sich dem Verdacht ausgesetzt sehen zu müssen, ein grober sozialwissenschaftlicher Klotz oder gar Systemtheoretiker zu sein. Fragen wie diesen werfen den Schatten neuen Unheils voraus.
In Engels' "Anti-Schelling".
Früher wurden Bücher von Literaten geschrieben und vom Publikum gelesen.
Heutzutage schreibt das Publikum die Bücher und niemand liest sie.
Oscar Wilde, Einige Maximen zur Unterweisung der Ungebildeten
Und heutzutage werden Bücher von Maschinen geschrieben und von Maschinen gelesen. Dieser Umstand beschert wiederum anderen Denkern/Innen ein Auskommen, vgl. A. Brock: Can we still say "We"? Manuel Puig an the Question of Readership in the Global Age. in: Contemporary Literature Vol. 76 Issue 3 September 2024. Diese Leute machen eine noetische Mücke zum medientheoretischen Elefanten und bekommen mit etwas Glück obendrein noch Geld für ihren Pofel, vgl. H. Bajohr / M. Hiller (Hrsg.): Das Subjekt des Schreibens. Über große Sprachmodelle. Text + Kritik Sonderband. 2024.
Dies und das zu Chestertons Theologie des Humors in der Harvard Theological Review. Pater Brown hat es weit gebracht.
40. Hochzeitstag. Rosen, Schampus, eine Damenuhr.
18. Oktober 2024
Da die Literaturwissenschaft seit jeher an der Zerstörung von Sprache und der Abstumpfung ästhetischen Urteilens arbeitet, ist es billig, zur Belustigung des Publikums aus den Elaboraten dieser Disziplin zu zitieren. Doch hin und wieder finden selbst Germanisten, statt geistige Übergriffe auf Goethe oder Kafka zu begehen, ein ihnen gemäßes Objekt. In solchen Fällen kommt ihre Banalität im Einstand mit der Banalität des Gegenstandes zu sich selbst, und ihr Geplapper wird Wahrheit.
Magnus Klaue: Lahme Literaten Folge 6. Über Katharina Hoppe. in: jungle world 21. Februar 2019
Kam mir in den Sinn bei Lektüre von "Kurzfassungen. Über das Komprimieren von Literatur" von Carlos Spoerhase. Wallstein 2024. In den akademischen Hartgeld-Kiezen siegen allenthalben Regression und Mediokrität, wie deren Fürsprecher vom Schlage Spoerhases. Readers Digest da capo. Regression als Leseprinzip, Schwundstufen der Aufmerksamkeit. Dumme Digeste, destilliertes Herrenreiterfleisch.
"Der Verdacht, überflüssig zu sein, nagt an den Geisteswissenschaften." Christoph Türcke: Die neue Geschäftigkeit. Zum Ethik- und Geistesbetrieb. Lüneburg, 1989 S. 20.
ultra posse nemo obligatur hieß es: Unmögliches kann man schlechterdings von niemandem fordern. In den Schulen ist es unterdessen unmöglich - und untunlich - geworden, auch nur das Mindestmögliche zu fordern.
Herders Kant-Kritiken vorgenommen. Metakritik (1799) und Kalligone (1800).
Dem Namen selbst nach ist Kritik Ausspruch nach einer Regel, die dem Beurtheilten sowohl als dem Beurtheiler anerkennbar, von beiden anerkannt und dem Werk anpassend ist, über welches gesprochen werden soll. Kalligone. Von Kunst und Kunstrichterei. Leipzig,1800 Bd. 2 S. 265.
Kurt P. Taubers
Beyond Eagle and Swastika: German Nationalism Since 1945, 2 Bde., Middletown / Conn.: Wesleyan University Press 1967
unauffindbar in unserer Bibliothek. Vermutlich Diebstahl. Nachruf auf ihn (1922-2024) in der Historischen Zeitschrift 2 / 2024.
Unheilige Trinität / Inquisition und Scheiterhaufen:
Master Cecco 1427
Lucilio Vanini 1619
Giordano Bruno 1620
16. Oktober 2024
Wer Lesen gelernt hat, möchte bald auch schreiben.
Oft nimmt dann die Lesekraft ab und und die Schreibschwäche zu.
Wer nicht liest, kann nicht schreiben.
Wer aber schreibt, muss nicht lesen.
Wer weder lesen noch schreiben kann, ist
entweder Schriftsteller oder Philologe.
Wer beides nicht, und überdies auch nicht denken kann,
ist Philosoph.
Dr. Regina Schädlich-Un (Oberseminar Propädeutikum Germanistik der Gegenwart WS 2024/2025)
Otto Heinrich von Gemmingen-Hornberg (1755-1836) schreibt 1778 das Libretto zu Mozarts Oper Semiramis, die als verschollen gilt. 1780 erscheint sein Drama Der teutsche Hausvater. Für Schiller-Seminar berücksichtigen, Kabale und Liebe 1784.
communicatio idiomatum / Hamartiologie für Anfänger
Hegel aus feministischer Perspektive lesen? - Na, Mahlzeit. Spätestens seit Christoph Türckes "Sexus und Geist. Philosophie im Geschlechterkampf" (Lüneburg, 2001) ist Feminismus erledigt. Freilich nicht für alle! In einer Miszelle der Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte echauffiert sich einer über Hegels Bestimmung des Verhältnisses von Mann und Frau. Bekanntlich vergleicht Hegel das Verhältnis zwischen Mann und Frau mit dem zwischen Tier und Pflanze. An der Absurdität dieses Vergleichs dürfte mehr sein als an dem empörten Kopfschütteln jenes Kritikasters.
Aktuelle Lyrikproduktion messen an Im Gläs der Worte / Gedichte von Albert Vigoleis Thelen.
inter faeces et urinam nascimur.
Augustinus
Der Titel des Aufsatzes Nancy Tuanas "Zur Erkenntnis kommen. Der Orgasmus und die Epistemologie des Nichtwissens" (In: K. Hoppe, F. Vogelmann, Hrsg.: Feministische Epistemologie. Ein Reader. Suhrkamp 2024 S. 475ff.) erheiterte meine Gattin. Xanthippe zu Sokrates: Ich weiß, dass ich nicht komme. Auch nicht zur Erkenntnis. Bei dir.
13. Oktober 2024
Parrhesie und Parese / Neues aus Krähwinkel, simpliciter ("Ist Tommy Wiseau Winfried Glatzeder?")
Dass der Kampf soziologische Bedeutung hat, indem er Interessengemeinschaften, Vereinheitlichungen, Organisationen verursacht oder modifiziert, ist prinzipiell nie bestritten. Soweit Georg Simmel in seinen Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung von 1908. In der heutigen Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung balsamiert eine Krähe der anderen die Kimme. Adrian Daub huldigt Johannes Franzen. Beide gelten als führende Repräsentanten dessen, was unter konservativen Idolatriekritikern als chick-lit-kritik gilt: harmlose Trivialitäten zu großem Mumpitz aufblasen, Stürme in Wassergläsern analysieren, bdeutungshuberisch Bedeutung kassieren usw. usw., kurz: Bouvard & Pecuchet-Sein auf den neuesten Stand bringen. (vgl Wolfgang Kayser: Literarische Wertung und Interpretation. In: ders.: Die Vortragsreise. Studien zur Literatur. Bern, 1958 39-57)
Ad Eckermann:
Walsers "In Goethes Hand" von 1984 und Jutta Heckers "Im Schatten Goethes. Eine Eckermann-Novelle" von 1993.
die Worte /
gespenstern /
und / heulen /
ums Haus /
wie Wölfe /
der Steppe /
um /
das einzige Haus /
in dem /
ich wohne /
und / den großen Sandregen
/ höre: /
Dora Dunkl
privatinsolvenz
ich habe mich gründlich ausgeräumt,
traum für traum ist ausgeträumt,
erinnern mögen sich gläubiger meiner,
ich werde sagen: hier war aber keiner.
11. Oktober 2024
Frodermann bezieht sich in seiner u.a. Zuschrift auf einen Artikel Koll. Holzers vom 13. Oktober (sic!) 2024.
Gesendet: Freitag, 11. Oktober 2024 um 20:44 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: "boris.holzeruni-konstanz.de" <boris.holzer@uni-konstanz.de>
Cc: Ethan.Poskanzer@Colorado.edu, ewzucker@mit.edu, ohahl@andrew.cmu.edu, mkim@sdsu.edu, "holunderuni-bockwurst.edu" <holunder@uni-bockwurst.edu>
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 13.september 2024
guten tag herr prof. holzer,
verbindlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren einen aktuellen beitrag von vier autoren aus dem American Journal of Sociology:
Poskanzer et al.: When truth trumps facts. Studies on partisan moral flexibility in American politics.
dass die wahrheit zum weltprinzip erhoben wurde (kafka), als hässliche magd der lüge fungiert oder zur
blanken quantite negligeable regrediert, mit einem wort ihre suggestivkraft einbüsste, hat sich rumgesprochen.
aber, nach Ihrem referat zu urteilen, nicht überall.
mit der wahrheit lügen ist eine technik unter vielen, mit denen politiker o.ä. ihr geld verdienen.
die soziologe von machiavelli bis albert.o.hirschman hat sich dazu hinreichend geäussert.
und was von den anhängern politischer führer in hinsicht auf ihr volatiles verhältnis zu wahrheit, fakten und
moral - dies ist das thema der von Ihnen angezeigten arbeit - zu halten ist, dürfte spätestens nach himmlers berüchtigter posener rede
völlig klar sein.
die vier amerikanischen soziologen haben diese dinge, über welche die zeit nicht mehr hinweggehen wird,
noch einmal in eine art leichte sprache übertragen, wofür ihnen gedankt sein mag.
ceterum censeo / fabula docet:
„Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen, kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden und die nach langem Gebrauch einem Volke fest, kanonisch und verbindlich dünken: die Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, daß sie welche sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos geworden sind, Münzen, die ihr Bild verloren haben und nun als Metall, nicht mehr als Münzen, in Betracht kommen.“
Nietzsche, Über Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinn
mit freundlichen grüßen
Ralf Frodermann
Zwei Kiton-Anzüge eingetroffen. Mit Cocktails (Gibson) empfangen.
9. Oktober 2024
In der FAZ ein Band mit Langgedicht der kanadischen Dichterin Goyette angezeigt. OZEAN. Mit Fred-Astaire-Motto. Übler als dieser Seim nur der von solchem Seim schier überwältigte Rezensionsmostrich des Rezensenten Bleutge.
sites.google.com/site/universitaetbockwurst/ad-grünbein/scholien/emendationen/love-is-better-than-vendetta/kleine-übung-für-die-linke-hand
Francis Bacons De augmentis scientiarum entnimmt Percy B. Shelley das Motto seines Pamphlets The Necessity of Atheism. 1811.
Einer unserer Studenten bereitet eben eine deutsche Übersetzung vor.
Goldings Herr der Fliegen vor 70 Jahren erschienen. Zwei Filme, 1963 und 1990. Kinder ohne Kindheit.
8. Oktober 2024
Kommt es zum Thema Humorforschung, bleibt einem schon mal das Lachen im Hals stecken. Jürgen Stolzenbergs Hallenser Abschiedsvorlesung "Über Humor", die wir nun im Beiheft 68 der Hegel-Studien nachlesen können, ist immerhin lehrreich. (Religion und Humor - doch wohl ein hölzernes Eisen. In Ausgabe 2 2024 des von Stolzenberg erwähnten Fachorgans HUMOR: International Journal of Humor Research finden wir die Rezension eines Sammelbandes über Muslims and Humor. Esaays on Comedy, Joking, and Mirth in Contemporary Islamic Contexts. Zum Heulen.)
Adorno und Henrich über Kants Transzendentale Deduktion der reinen Verstandesbegriffe. 1. und 2. Auflage der KdrV berücksichtigen!
Clemens Schittkos Gedichtband "nur Sex" (2024). Nur Blödsinn, immerhin angenehmes Hintergrundrauschen, staubsaugerähnliche Asphalt-Cavatine.
Seitdem die Wahrheit an Suggestivkraft verliert, wachsen den Lügen längere Beine.
6. Oktober 2024
Neues aus Ruritanien:
Gesendet: Freitag, 04. Oktober 2024 um 20:24 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: "g.wagnersnafu.de" <g.wagner@snafu.de>
Cc: hanna.broegeler@uni-passau.de
Betreff: Ihr Beitrag in fas 6.10.24
Guten Tag Herr Wagner,
besten Dank für Ihren o.a
Beitrag.
Antisemitismusforschung liegt hinter uns, Antisemitismus nicht.
s Kapitel "Grenzen der Aufklärung" aus "Dialektik der Aufklärung".
Die von Ihnen angezeigte Studie der wackeren Forscher zum antisemitischen Geschehen in NRW ist dagegen schön und gut, d.h. überflüssig.
Beste grüße
Rf
In der Zeitschrift für Kunstgeschichte (Heft 3 / 2024) prangert Andreas Huth die Arbeitsbedingungen der Postdoc-Kolleg : innen an. Auf die Idee, dass auch der kunstbeflissene homo academicus den Ausgang aus seiner selbst verschuldeten Verwurstbarkeit selber suchen muss, statt ihn zu zementieren, kommt der Mann freilich nicht.
Dem Aenesidemus-Schulze, einem von Schopenhauers Lehrern in seiner Göttinger Zeit, verdanken wir die Rede vom "Schlaf der Vernunft", dem es zu widerstehen gelte. In Gottlob Ernst Schulzes Schrift von 1792 "Aenesidemus oder über die Fundamente der von dem Herrn Prof. Reinhold in Jena gelieferten Elementar-Philosophie" ist auf der letzten Seite derselben von der Goya präfigurierenden Vorstellung die Rede.
Es würde eine in unsern Zeiten nicht mehr zu befürchtende Unwissenheit beweisen,
wenn jemand im geringsten daran zweifeln könnte,
daß die Erziehung der Eingebohrenen eines Landes keine gleichgültige
Sache für die Obrigkeit seyn dürfe.
Johann Georg Heinrich Feder: Ueber den Unterricht verschiedener Religionsgenossen in gemeinschaftlichen Schulen.
1786 S.1
Einen Flügelschlag will ich thun.
Einen einzigen.
Alfred Mombert
Hörspiel. Von Günter Eich "Die Andere und ich". Archaisch. Wie ein Ostrakismos.
29. September 2024
Vor 200 Jahren erschien Friedrich Bouterweks, Die Religion der Vernunft. Ideen zur Beschleunigung der Fortschritte einer haltbaren Religionsphilosophie. Morgen und übermorgen widmet sich ihm eine kleine Tagung mit Welpen und älteren Hasen in Braunschweig.
"Ein nicht allmächtiger Gott ist nicht der der wahre Gott der Vernunft". (ibid. S. 368). Bouterweks Gott war Kant, der Allmächtige, dessen Religionsschrift 1793/1794 erschienen war. Bouterweks Schrift von 1824 bietet eine hübsche Paraphrase, eine Variation des Kantschen Themas.
In der FAZ (Bilder und Zeiten) sagenhafter Riesenstuss einer Stephanie Bart: Brache. Jede Regieanweisung Becketts ist lyrischer als solche Abgeschmacktheit. Dilek Mayatürks Brache-Band war 2020 erschienen. Dort blühte der Unsinn immerhin auf zweisprachigem Brachland.
Pitavalismus
Nächtens wieder viel im Nachtbuch Carl von Linnes, der Nemesis Divina. Borges' Universalgeschichte der Niedertracht zur Morgenandacht.
ad Klopstock: EUPHORION (Heft 2 / 2024). Hilliard in Hochform.
28. September 2024
"Es ist eine armselige Ideologie, daß zur Verwaltung eines Trusts unter den gegenwärtigen Bedingungen irgend mehr Intelligenz, Erfahrung, selbst Vorbildung gehört als dazu, einen Manometer abzulesen."
Adorno, Minima Moralia (I, 83 Vizepräsident)
Manche wissen das nicht und machen mit Managementforschung, einer Art Spökenkiekerei für Koofmichs, weiter:
Gesendet: Freitag, 27. September 2024 um 21:20 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de
Cc: mrev@nomos.de, conzon@bc.edu
Betreff: Ihr beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung 29. september 2024
guten tag herr prof. kieserling,
besten dank für Ihr o.a. referat eines beitrags von dr. conzon zu
mutmaßlich geschlechterspezifischen führungsstilen und ihrer gründe
aus dem doch eher abseitigen periodikum "Administrative Science Quarterly".
mit der managmentforschung ist es nicht erst
seit günters oggers "nieten in nadelstreifen" (1992) ständig
bergab gegangen.
eine "zeitschrift für managementforschung" konnte sich nur
von 2006 - 2011 halten.
die dänische "management revue" erscheint zwar noch, doch auch das
"postheroische managment" (dirk baecker) ist kein dankbares objekt
soziologischer analyse geworden.
organisationssoziologische glasperlenspielereien erscheinen auch weiterhin
in schöner regelmässigkeit, doch sind sie selten mehr als verlautbarungen
bloß behauptenden, oft affirmativen charakters.
so auch der beitrag von frau dr. conzon, auf den wir daher hier nicht näher eingehen müssen.
ein wenig befremdlich und wie aus der zeit in eine andere gefallen
wirkt Ihre rede vom "diskussionsfreudigen Gruppenführer", unter dem man sich
gewiß keine ss-charge vorzustellen hat, sondern eine dem zwanglosen zwang des besseren arguments
verpflichtete charaktermaske, oder?
beste grüße
Ralf Frodermann
Ja, immer wenn ich diese hübschen Frechheiten unseres Pedells Frodermann lese, denke ich an Kolakowskis My correct views about Everything (St. Augustine Press 2024), besonders an diese Stelle:
I was almost omniscient (yet not entirely) when I was twenty years old,but, as you know, people grow stupid whem they grow older. I was much less omniscient when I was twenty-eight and still less now.
27. September 2024
Vorbei
die euklidische Stille
der Welt.
Hans Cibulka, Mathematik
hypergraphiker / evaneszente verse
an der bar mit einem sitzen,
der mir aus petra buschs "die
vogelparlamente und vogelsprachen
des späten mittelalters und der frühen neuzeit"
vorträgt und sich das dazwischenreden - ausgenommen
bestellungen der dringlichkeitsstufe eins oder abtrittvisite -
verbittet
wichmanns "bibliothek der elenden skribenen" 1768/1769
erweitert um das lächerliche lyrikeditiönchen hannover
meine fresse, unterdessen blöken rechtshannoveraner/innen
mit kinetischem sand von
fünfter jehrszeit (nee, kein karneval) vom grillenliebchen,
pandämonisierend, blaukomatös, im nichts überwinternd.
Hegels System der Bedürfnisse ist jetzt auch im wackeren Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie angekommen. Im aktuellen Heft ( 2 / 2024) schreibt Gabriel Pascal Schütt - die Dinge neben den Begriff bringend - unter anderem das noch einmal, was Marx vor 180 Jahren in "Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" auf den Begriff gebracht hatte:
Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nachdem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren. Es ist zunächst die Aufgabe der Philosophie, die im Dienste der Geschichte steht, nachdem die Heiligengestalt der menschlichen Selbstentfremdung entlarvt ist, die Selbstentfremdung in ihren unheiligen Gestalten zu entlarven. Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik.
23. September 2024
Vor 250 Jahren erschien Klopstocks "Die deutsche Gelehrtenrepublik". Ihre Aldermänner sind ausgestorben, nichts von ihnen ist übrig geblieben, von anderen um so mehr:
"Wir müssen auch, weil dieses einmal nicht zu ändern ist, Pöbel unter uns dulden."
Klopstock: Die deutsche Gelehrtenrepublik (1774 S.3)
Telematik. Geschichte, entropische Codes, Derrida nüchtern:
Vilem Flusser. Ära der Schriftlichkeit. Ihr Anfang und Ende.
The Corporation (2003) und The New Corporation (2020) zu Semesteranfang im neu renovierten Uni-Kino. (Mit Bar und Raucherlaubnis an den Tischen!)
Ich knüpfte manche zarte Bande - auf.
21. September 2024
Gesendet: Samstag, 21. September 2024 um 08:44 Uhr
Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>
An: "boris.holzeruni-konstanz.de" <boris.holzer@uni-konstanz.de>
Cc: sarah.stopforth@zork.ac.uk, roxanne.connelly@ed.ac.uk, vernon.gayle@ed.ac.uk, "holunderuni-bockwurst.edu" <holunder@uni-bockwurst.edu>
Betreff: Ihr beitrag in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 22.IX.
guten tage herr prof. holzer,
herzlichen dank für Ihren o.a. beitrag.
Sie referieren einen bildungssiziologischen artikel aus dem dem in aller regel faden,
sozialempirischen bagatellen verpflichteten British Journal of Sociology.
"Die Schule hat keinen guten Ruf.
nach adornos "Tabus über den Lehrberuf" und Türckes "Lehrerdämmerung"
gilt das auch für die lehrer.
paul willis und seine "new sociology of education" konnten daran wenig ändern.
und auch der beitrag der drei britischen soziologen, den Sie vorstellen, ratifiiziert
im wesentlichen nur evidenzen:
viele schüler gehen gern zur schule, obwohl sie nicht freiwillig zur schule gehen, sonndern
zur schule gehen müssen.
die soziologie der schule ist seit dem zögling törless weitestgehend fixiert und ihrerseits schulstoff geworden.
gegen solch geschenkten kram bleibt indessen festzuhalten:
non vitae sed scholae discimus
Seneca an Lucilius 106, 11-12
1. schule ist ein relikt, ein atavismus, eine anachronistische, abgestorbene gesellschaftliche entität.
2. sie west als unwesen, untotes fort.
3. als simulat simuliert sie bildung und erziehung, ihre funktionäre (lehrer) halliuzinieren ihr tun als "beruf".
4. schule ist ein ort kumulativer übel. ein unort, an dem gefahren drohen.
5. der preis der ware bildung ist ins bodenlose gefallen. bildung hat keine konjunktur, sie ist ein accessoire von sonderlingen.
6. ausbildung erledigen maschinen. sich ihnen anzuverwandeln bleibt einziger und letzter auftrag von bildungs- und erziehungsagenturen und ihrer agenten.
7. die digitalisierung der schule ist ihre letzte ölung gewesen. mit ihrer auferstehung ist nicht zu rechnen.
nota bene:
walter herzog: schule und schulklasse als soziale systeme.
in:
rolf becker (hrsg.): Lehrbuch der Bildungssoziologie 2009
mit freundlichen grüssem
Ralf Frodermann
20. September 2024
„Es ist schwierig, jemanden dazu zu bringen, etwas zu verstehen, wenn er sein Gehalt dafür bekommt, dass er es nicht versteht.“
Upton Sinclair
ab fünfzig
Denkt man öfter an den Tod
lese ich nicht in der Apotheken Umschau, sondern in einem Gedicht o. ä. Thomas Kunsts: WÜ. Gedichte. (suhrkamp 2024 S.19)
"Ab fünfzig denken vermutlich Weiber wie ich eher öfter an junge Böcke, und Männer wie du bestimmt eher an junge Weiber wie mich", meinte eine Kollegin, die es leider wissen musste. Zu mokant für meine Gattin.
Oskar Ludwig Bernhard Wolffs "Allgemeine Geschichte des Romans, von dessen Ursprung bis zur neuesten Zeit" (1841), dem Wilhelm Raabe das Motte seines Romans "Alte Nester" entnahm, kam mir in den Sinn, als ich den "Roman" Verlassene Nester von Patricia Hempel (2024) durchblätterte. Wolff, dem wir, unter dem Pseudonym Plinius der Jüngste, eine Naturgeschichte des deutschen Studenten (1847) verdanken, ist allemal der Lesemühe wert. Frau Hempels Tinnef keinesfalls.
Jenny Aloni.
18. September 2024
Vorlesung über Rätsel in Form bringen. Neues über Martius Valerius.
Wilhelm Raabe. lares familiares. Der Lar.
Deutscher Buchpreis 2024 / Shortlist
Wie es kam
zu HASENPROSA (2024) von Maren Kames
für Lothar Merck-Beise
Das mit der Hasenprosa ist, rückwirkend betrachtet, doch die Anbahnung, Maserung des Blödsinns gewesen. Subliminal mauserte sich dieser Blödsinn zum gigantischen Misthaufen aus Worten und Schminke, Einfalt und Konfektion, Torheit und einem gänzlichen Mangel an Talent, Stil und Vermögen, mit einem Wort: morbus scribendi.
Infiziert mit dieser Krankheit sind in der Regel alle Abgänger von Schreibschulen, Creative-Writing-Klitschen und ähnlichen Mumpitzschmieden.
In Kürze:
Zweite Probe "Heft und Hefter"
Dritte Probe "Ronyas"
Vierte Probe: "May und Meyer"
Fünfte Probe: "Wir können nicht anders. Markus-Eangelium nach D. und P. S. Buck"
Sechste Probe: "Harold, Maude, Nicolae und Iris"