Träume, Sex & Abenteuer
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So, meine Lieben, jetzt statte ich dem Ritterbad einen Besuch ab, erklärte sie den Gedankenfaltern und schlug den Weg zur großen Zisterne der Burg ein.
Der winzige Raum mit dem Seifenladen war voller Menschen. Maja gelang es trotzdem, auf das kleine Treppenpodest zu kommen, wo sie den Gobelin mit dem geheimen Tor zum Mittelalter direkt im Blick hatte.
Und wieder schüttelte sie den Kopf, warum Pferd und Mann von hinten dargestellt waren, was sie regelrecht zum Widerspruch reizte.
Vielleicht, weil es für Menschen nur ein Eingang ist, überlegte sie schließlich, worauf die Gedankenfalter fast erstarrten und der Schwalbenschwanz mahnend rief: Mach bloß keinen Mist!
Maja grinste breit: Man wird doch wohl noch nachdenken dürfen?
Das Dumme daran ist, dass es nicht unwahrscheinlich klingt, erwiderte der Falter.
Vielleicht mag ich ganz einfach die künstlerische Ausdrucksweise von Wolfgang Peukert, der den Entwurf geliefert hat, nicht, warf Maja ein.
Pustekuchen! Obwohl ich den Pferdehintern auch störend empfinde, gab der Schwalbenschwanz zu. Welches Jahrhundert stellt das Bild überhaupt dar?
Ähhhhh … keine Ahnung. Maja betrachtete noch einmal jedes Detail. Eins kann ich euch sagen, mit einem langen Schweif, statt des gestutzten Stummels, und einer vernünftigen Mähne sähe der Zossen um einiges anziehender aus. Weiß der Fuchs, was uns der Künstler damit sagen will!
Eure Meinung geht mir am Arsch vorbei, überlegte der Gedankenfalter und Maja gab ihm lachend recht.
Ein Pärchen kam laut palavernd zur Tür herein, blieb auf halber Treppe stehen, sah sich um und stieg schließlich weiter herunter, wobei es Maja anrempelte. Die drehte sich kurz und sehr unwillig um, weil genug Platz da gewesen war, an ihr vorbeizugehen.
Als sie sich wieder dem Gobelin zuwandte, bekam sie große Augen – das Pferd stand direkt vor ihr, versuchte mit dem Schwanzstummel eine Fliege abzuwehren und tänzelte nervös auf der Stelle. Mit ein paar schnellen Schritten brachte sich Maja aus der Hufschlagzone.
„Oh, wir haben Euch noch nicht erwartet!“, rief eine bekannte Stimme, die Maja aber nicht sofort zuordnen konnte.
Über den Pferderücken spähend, weiteten sich ihre Augen noch mehr! „M … Meister Fabian?!“
„Genau dieser und in voller Lebensgröße. Der Erzherzog nimmt gerade ein Bad im See.“
Maja schluckte, während es von ihrem Kragen her wisperte: Der Erzherzog? Oh Gott, oh Gott!!!
Das, was auf dem Gobelin einen Mann im Kahn darstellte, erwies sich hier als Badender, der Maja nun fröhlich zuwinkte und rasch ans Ufer schwamm. „Ich wusste, Ihr würdet kommen“, rief er triumphierend. „Dieser Kleingeist Fabian hat es einfach nicht glauben wollen.“
Dann wandte er sich an diesen: „Wie wäre es, großer Meister der Heilkunst, auf Kräutersuche zu gehen, und mir ein paar ruhige Minuten mit meiner Geliebten zu gönnen?“
Fabian nickte mechanisch, trottete aber sofort davon. Die Gedankenfalter ließen sich auf den Blumen der näheren Umgebung nieder, um nicht versehentlich zu stören, aber auch, um den Zeitsprung nach Hause nicht zu verpassen. In der großen Hoffnung, dass das Tor auch in die Gegenrichtung funktionierte, und dass Maja nicht plötzlich wieder bei Sigmund bliebe. Denn dieses Treffen fand eindeutig in jenen Zeiten statt, wo beide glücklich gewesen waren.
„Ich habe mich den ganzen Morgen nach Euch gesehnt“, gab Sigmund zu, ihr beim Ausziehen assistierend. Denn er hatte auch keinerlei Zweifel gehabt, dass sie das Sonnenbad wie er genießen werde.
Natürlich nicht nur das – seine Fingerspitzen machten sich sofort auf ihrer nackten Haut selbstständig. Weil er schon den ganzen Morgen versucht hatte, seine Lust zu zügeln, kam er auch nach wenigen Augenblicken recht heftig zur Sache.
Eindeutig Lichtschutzfaktor Sex, hörte Maja den Schwalbenschwanz amüsiert wispern, der mit den anderen von Blüte zu Blüte flog, um das sehenswerte Schauspiel nicht zu verpassen.
Ein anderer huschte nicht von Blüte zu Blüte. Er eilte nicht einmal von Pflanze zu Pflanze. Fabian. Der steckte hinter den dichten Sträuchern am Waldrand, spannte ebenfalls sehr interessiert und stellte fest, dass ihm die Hose plötzlich recht eng wurde.
Maja und den Erzherzog schien das nicht zu interessieren. Sie gaben sich derart leidenschaftlich einander hin, dass die Waldbrandgefahr rasch die höchste Warnstufe erreicht hätte, wäre die körperliche Hitze als Flamme zu sehen gewesen.
„Verbotene Früchte sind doch immer wieder am süßesten“, schwärmte Sigmund, als sie erschöpft voneinander abließen. „Mit Euch macht es mir dabei den meisten Spaß. Ihr seid nicht so prüde und verklemmt, wie die hiesigen Frauen. Die lassen mich zwar freimütig zwischen ihre Schenkel, zögen sich dabei aber am liebsten ein Tuch übers Gesicht.“
Maja lächelte. Ja, sie kannte seine Eskapaden und wusste auch, wie oft dieser eine Windhauch zur Bestäubung geführt hatte. Davon sprach man schließlich noch in ihrem Jahrhundert. Sie hatte aber auch die Rachsucht seiner Gattin erlebt und war nicht wild auf Wiederholung der ganzen Geschichte. Die kleinen Extras werde sie aber auch weiterhin dankbar und mit Freuden annehmen.
„Es zieht ein Gewitter heran!“, hörten sie Fabian vom Waldrand rufen. „Es ist schon ganz nah!“
Mit fliegenden Händen begannen sie, sich anzuziehen, als die bedrohlich schwarze Wolke auch schon den See erreichte. Ein greller Blitz, ein Donnerschlag, so heftig, dass Maja die Augen zukniff.
Als sie sie wieder öffnete, schaute sie erneut genau auf das Hinterteil des Schimmels. Nur dass es diesmal wieder als Bestandteil des Gobelins an der Wand des Ritterbades auf der Wartburg hing.
Alle an Bord, fragte sie vorsichtig.
Alle wohlauf und unversehrt, schmunzelten die Falter. Uns hat der Gaul mit seinem nervösen Getänzel gewarnt.
Dann kann ich rundherum zufrieden sein. Es war ein affengeiles Ritterbad!
Na, das war weder zu übersehen noch zu überhören, lachte ein Tagpfauenauge. Nur Meister Fabian hat etwas betreten aus der Wäsche geschaut.
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