5.1 IAAF Punktetabelle 1985

Auf Basis der 1985er-Punktewertung, die für Männer und für Frauen separat entwickelt wurde[1], werden derzeit mehrere Mehrkämpfe nach diesem System gewertet.

Ø Zehnkampf der Männer und männlichen Jugend A (U20) und B (U18)

Dieser Mehrkampf war Schwerpunkt dieser Arbeit und wurde bereits ausreichend behandelt. Selbstverständlich können auch der Stundenzehnkampf, den Schenk & Wentz (1992) als „mörderische[n] Kampf in einer Stunde“ beschreiben[2], und der Jedermann-Zehnkampf mit dem neuen System gewertet werden. Bei der männlichen Jugend A wird mit einem leichteren Diskus geworfen (1,75kg)[3], der möglicherweise andere Flugeigenschaften aufweist. Deshalb müsste dieser Sachverhalt vor der Einführung der Rieger-Punktewertung in dieser Altersklasse noch einmal diskutiert werden. Der Zehnkampf der männlichen Jugend B ist nicht von der IAAF, aber vom DLV vorgesehen[4]. Dort werden ein noch leichterer Diskus (1,5kg) und ein leichterer Speer (700g) verwendet[5], die sich bei gleichen äußeren Bedingungen in der Luft anders verhalten und weitere Untersuchungen erfordern würden.

Ø Fünfkampf der Männer und der männlichen Jugend A und B

Bei den Männern wird der internationale Fünfkampf an einem Tag ausgetragen (Weitsprung, Speerwerfen, 200m, Diskuswerfen, 1500m)[6] und in Deutschland entspricht der Fünfkampf in beiden Jugendklassen dem ersten Tag des Zehnkampfs[7]. Der 200m Lauf der Männer müsste hierbei noch weiter diskutiert werden, insbesondere die Windmessung. Der Autor empfiehlt aufgrund der gravierenden Versuchsergebnisse zu Ungunsten des bestehenden Windmesssystems in 4.3.2.1 im Vergleich zum neuen Messsystem beim 100m Lauf zwei zusätzliche Windmesser bei 170m und 120m.

Ø Achtkampf der männlichen Jugend B

Dies ist der bisher einzige Mehrkampf, den die IAAF festgelegt hat, der in Deutschland nicht ausgetragen wird. Am ersten Tag sind die 100m, der Weitsprung, der Kugelstoß und die 400m vorgesehen, während der zweite Tag aus dem 110m Hürdenlauf, dem Hochsprung, dem Speerwurf und dem 1000m Lauf besteht[8]. Der DLV bevorzugt hingegen bereits bei der männlichen Jugend B den Zehnkampf.

Ø Siebenkampf der Frauen und der weiblichen Jugend A und B

Dieser Mehrkampf wird an zwei Tagen ausgetragen. Am ersten Tag erfolgt der 100m Hürdenlauf, der Hochsprung, das Kugelstoßen und der 200m Lauf (nur die weibliche Jugend B läuft in Deutschland statt der 200m die 100m[9]) und am zweiten Tag der Weitsprung, das Speerwerfen und der 800m Lauf[10]. Zusätzlich zur Windmessung beim 200m Lauf müsste geklärt werden, inwieweit sämtliche in 4.2 diskutierten äußeren Einflüsse aufgrund der anatomischen Voraussetzungen der Frau in gleicher Art und Weise wirken, wie bei Männern. Beispielsweise würde wegen des geringeren Leistungspotenzials der Anteil des Luftwiderstands höher ausfallen, als bei Männern. Jonath, Krempel, Haag und Müller (1995) betonen des Weiteren aerodynamische Unterschiede beim Frauenspeer. Dieser fliegt im Gegensatz zum Männerspeer bei leichtem Gegenwind am weitesten[11].

Ø Vierkampf der weiblichen Jugend A und B

Wie bei den männlichen Athleten entspricht der Vierkampf in Deutschland bei der weiblichen Jugend dem ersten Tag des Siebenkampfs (die weibliche Jugend B läuft in Deutschland erneut statt der 200m die 100m)[12].

Ø Zehnkampf der Frauen und der weiblichen Jugend A

Vor wenigen Jahren wurde auch ein Zehnkampf für Frauen ins Leben gerufen, der sich aber bisher noch keiner großen Popularität erfreut. Vom IAAF wird zwar ein offizieller Weltrekord geführt[13], bei den olympischen Spielen werden dafür allerdings keine Medaillen vergeben. Der erste Tag besteht aus dem 100m Lauf, dem Diskuswurf, dem Stabhochsprung, dem Speerwurf und dem 400m Lauf. Am zweiten Tag folgen der 100m Hürdenlauf, der Weitsprung, das Kugelstoßen, der Hochsprung und der abschließende 1500m Lauf[14]. Wie beim zuvor genannten Siebenkampf müssten diese Disziplinen aus der geänderten Perspektive der Athletinnen neu diskutiert werden.

Ø Siebenkampf (Halle) der Männer und der männlichen Jugend A und B

Selbstverständlich ist die Punktewertung auch in der Halle anwendbar. Allerdings fallen von vornherein der Windeinfluss und der Niederschlagseinfluss weg. Die Temperatur kann hingegen sehr wohl hemmend wirken. Insbesondere an sehr kalten Wintertagen ist es nach der eigenen Erfahrung des Autors sehr aufwändig, die Hallentemperatur auf über 20°C anzuheben. Außerdem spielt die Höhe über dem Meeresspiegel weiterhin eine Rolle, weil eine gewöhnliche Leichtathletikhalle keine Druckkammer ist. Der Hallensiebenkampf läuft für die Männer (in Deutschland auch für die männliche Jugend A und B)[15] nach folgendem Schema ab: Am ersten Tag findet der 60m Sprint, der Weitsprung, das Kugelstoßen und der Hochsprung statt und am zweiten Tag die 60m Hürden, der Stabhochsprung und der 1000m Lauf[16].

Ø Fünfkampf (Halle) der Männer

Auch dieser Wettkampf wird in Deutschland nicht ausgetragen. Nach den Festlegungen der IAAF sollen hierbei an einem Tag die 60m Hürden, der Weitsprung, das Kugelstoßen, der Hochsprung und schließlich die 1000m absolviert werden[17]. Zu beachten sind erneut die veränderten Verhältnisse in der Halle.

Ø Fünfkampf (Halle) der Frauen und der weiblichen Jugend A und B

An einem Tag ist international für die Frauen (in Deutschland auch für die weibliche Jugend A und B) in der Halle folgender Fünfkampf vorgesehen: 60m Hürden, Hochsprung, Kugelstoßen, Weitsprung, 800m. Die anderen körperlichen Voraussetzungen der Frauen sind natürlich auch hier zu analysieren.

Ø Ultramehrkämpfe

Der Verband der Ultramehrkämpfer, der IAUM (International Association for Ultra Multievents), organisiert Jahr für Jahr Weltmeisterschaften im Ultramehrkampf. Was 1981 in Finnland mit einer regionalen Veranstaltung mit neun Teilnehmern, von denen nur fünf den Wettkampf abschließen konnten, begann, erfreut sich heute stetig wachsender Beliebtheit[18]. Für Männer ist der auf zwei Tage verteilte Ultramehrkampf ein 20-Kampf, für Frauen ein 14-Kampf. Die Männer absolvieren am ersten Tag 100m, Weitsprung, 200m Hürden, Kugelstoßen, 5000m, 800m, Hochsprung, 400m, Hammerwurf und 3000m Hindernis und am zweiten Tag 110m Hürden, Diskuswerfen, 200m, Stabhochsprung, 3000m, 400m Hürden, Speerwerfen, 1500m, Dreisprung und die abschließenden 10000m. Bei den Frauen steht am ersten Tag 100m Hürden, Hochsprung, 1500m, 400m Hürden, Kugelstoßen und 200m auf dem Programm und am zweiten Tag 100m, Weitsprung, 400m, Speerwerfen, 800m, 200m Hürden und 3000m. Sogar für die Halle wurde für Männer und Frauen ein 14-Kampf definiert, der jeweils aus 60m, Weitsprung, 800m, Kugelstoßen, 400m, Hochsprung und 3000m am ersten Tag und 60m Hürden, Stabhochsprung, 1500m, Gewichtwerfen, 200m, Dreisprung und 5000m am zweiten Tag besteht. Weitere Variationen stellen der 20-Kampf an einem Tag und der 20-Kampf für Frauen dar[19]. Der Verband entwickelte selbstständig die Punktetabelle für alle im Zehnkampf nicht vorkommenden Disziplinen sowohl für die Männer, als auch für die Frauen. Zwar wird von der IAAF bisher kein offizieller Weltrekord für Ultramehrkämpfe geführt, die Rieger-Punktewertung ließe sich dennoch darauf anwenden. Hierbei müssten wie zuvor neue Untersuchungen stattfinden, bei den Frauen für sämtliche Disziplinen, bei den Männern für die neu hinzukommenden. Insbesondere der aerobe Ausdauerbereich wird vermehrt gefordert, weshalb sich eine Anwendung der Rieger-Punktewertung beispielsweise bei einer Austragung des Wettkampfs in Mexiko City (2290m ü. NN) besonders auszahlen würde (siehe 4.2.4.3).

Ø Altersklassenfaktoren für Mehrkämpfe in den Seniorenklassen

Durch Multiplikation der erzielten Leistung mit vom internationalen Verband für Seniorenleichtathletik (World Master Athletics, WMA) vorgegebenen, ständig überarbeiteten Altersfaktoren werden auch in den Seniorenklassen (M/W40, M/W45, … , M/W100) ähnliche Punktzahlen erreicht, wie bei den Athleten im „besten Alter“[20]. Somit kann das Prinzip der Rieger-Punktewertung auch hier angewendet werden, allerdings selbstverständlich erst nach der Multiplikation mit den Altersfaktoren. Neue Untersuchungen müssten wie zuvor sämtliche Disziplinen bei den Frauen und die Nicht-Zehnkampfdisziplinen der Männer (z.B. 200m Lauf beim Fünfkampf der Männer) auf ihre Anfälligkeit gegenüber den äußeren Bedingungen analysieren. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass mit zunehmenden Alter und langsamer werdenden Sprintzeiten die Anfälligkeit für den Luftwiderstand abnimmt, somit müssten die in dieser Arbeit verwendeten Konstanten zur exakten Berechnung aus 4.3.3 entsprechend angepasst werden.

[1] vgl. [43], Trkal, S.17

[2] [37], Schenk & Wentz (1992), S.95

[3] [9], DLV (2010), S.105, Regel 187.1

[4] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200, nationale Bestimmung Nr.6

[5] [9], DLV (2010), S.105, Regel 187.1

[6] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200.1

[7] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200, nationale Bestimmung Nr.1 und Nr.5

[8] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200.5

[9] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200, nationale Bestimmung Nr.8

[10] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200.3

[11] [26], Jonath, Krempel, Haag und Müller (1995), S.144

[12] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200, nationale Bestimmung Nr.3 und Nr.7

[13] [20], IAAF Top Lists

[14] [9], DLV (2010), S.125, Regel 200.4

[15] [9], DLV (2010), S.133, Regel 222, nationale Bestimmung Nr.1

[16] [9], DLV (2010), S.133, Regel 222.2

[17] [9], DLV (2010), S.133, Regel 222.1

[18] [22], IAUM, Unterseiten About IAUM\History

[19] [22], IAUM, Unterseiten About IAUM/What’s IAUM?

[20] [49], WMA (2010)