Heinrich LXXII. Fürst Reuß-Ebersdorf

Heinrich LXXII. Fürst Reuß-Ebersdorf

Heinrich LXXII., regierender Fürst Reuß zu Lobenstein und Ebersdorf, geb. am 27. März 1797, ein Sohn des Fürsten Heinrich LI. Reuß zu Ebersdorf und dessen Gemahlin, einer Gräfin von Hoym.

Nach Vollendung seiner Erziehung begab er sich 1816 nach Bern, wo er mit den politischen Ansichten Haller's (s.d.), des Verfassers der ”Restauration der Staatswissenschaften”, näher bekannt wurde; er besuchte nachher Göttingen und ging endlich 1818 auf ein Jahr nach Dresden. Nach dem Tode seines Vaters übernahm er 1822 die Regierung von Ebersdorf und begab sich 1823 auf eine Reise nach Frankreich und England. Während derselben starb sein Vetter, Fürst Reuß zu Lobenstein, 1824 und Fürst H. folgte demselben. Nach seiner Rückkehr sorgte der Fürst für Verbesserung des Schulwesens und der Landstraßen, legte große Baumschulen an, um den Obstbau zu heben und war auf Abschaffung mancher Misbräuche bedacht. Die etwas übereilte Einführung einer Classensteuer und die Verordnung, daß alle Gebäude im Lande bei

der magdeburger Feuerversicherungsanstalt versichert werden sollten, wozu noch viele ältere drückende Einrichtungen kamen, bewirkten schon 1826 Unruhen, welche zwar unterdrückt wurden, aber keine Beruhigung der Gemüther zur Folge hatten, worauf sich neue Aufstände 1830,1831 und 1834 zeigten. (Vgl. Reuß.) Einen Zuwachs erhielten die Besitzungen des Fürsten 1835 durch Zufall der Herrschaft Droyßig im weißenfelser Kreise der preuß. Provinz Sachsen, welche aus 24 Dörfern besteht.

aus Brockhaus, 1837

Heinrich LXXII. wurde durch sein exzentrisches Wesen bekannt. Von ihm sind zahlreiche Anekdoten überliefert. Er ging als “Prinzipienreiter” (und gleichzeitig Schöpfer dieses Wortes) in die Geschichte ein.

Heinrich blieb unverheiratet, war aber ein übler Schürzenjäger und hinterliess mehrere uneheliche Kinder.Amüsant ist seine Affäre mit der spanischen Tänzerin Lola Montez, die einige Tage in Ebersdorf verbrachte, wegen ihres unmöglichen Benehmens aber bald des Landes verwiesen wurde und danach den Bayernkönig Ludwig I. beglückte.

Im Zuge der 1848er Revolution kam es auch im Fürstentum Reuß-Ebersdorf zu Unruhen. Am 23. März bewegte sich ein Zug von etwa 400 Menschen von Hirschberg aus über mehrere Orte nach Ebersdorf, um dem Landesherrn Forderungen zu überbringen. Heinrich machte einige Zugeständnisse und legte am 15. April überraschend die Regierung nieder. Er zog sich nach Guteborn bei Dresden auf die Besitzungen seiner Schwester zurück, wo er am 17.2.1853 starb. Er wurde in Ebersdorf in der Familiengruft beigesetzt.