Instrumente

Der Klang der Stille

Die Sati-Zen-Praxis nutzt als praktische Hilfsmittel auch verschiedene Instrumente, die uns wie jedes Upaya dabei unterstützen, präsent zu sein, das Herz zu öffnen und den Geist zu klären. Meist leben wir überwiegend in der Welt unserer Gedanken; deshalb ist Achtsamkeit (Pali: sati, Skt.: smrti) ein so zentraler Geistesfaktor in der Praxis. "Sich vergegenwärtigen" gibt die Bedeutung von sati, das wörtlich übersetzt "sich erinnern" heisst, treffend wieder: Verloren in Gedanken, erinnern wir uns plötzlich wieder daran, dass es die Gegenwart gibt und dass wir nur im gegenwärtigen Moment ganz präsent und in einem wachen Kontakt mit dem Leben stehen können.

Auch bei der Auswahl und beim Üben bzw. "Spielen" der Instrumente geht es, wie bei allen anderen Upaya, nicht um die Frage, ob diese Hilfsmittel für die Befreiung "zwingend nötig" seien. Und es geht auch nicht um "richtig" und "falsch" und ebenso wenig um Perfektion. Vielmehr geht es auch hier um die Klarheit des Geistes: Nur mit klarem Geist können wir die Gegenwart erfassen - sie offenbart uns die wundersame Wahrheit des Lebens.

Die Glocken, die wir zu verschiedenen Gelegenheiten einsetzen, nennen wir deshalb Glocken der Achtsamkeit: Sie helfen uns, in den gegenwärtigen Moment zurückzukehren, wann immer wir uns in Gedanken und Gefühlen verloren haben, und bringen uns in direkten Kontakt mit dem, was ist.

Glocken der Achtsamkeit

In unserer Tradition gibt es im Umgang mit Glocken eine Besonderheit: Wir "wecken" die Glocke stets mit einer leichten Berührung mit dem Klöppel, bevor wir sie ertönen lassen. Natürlich muss eine Glocke nicht "wach" werden - vielmehr sind wir es, die uns auf eine Handlung, einen Moment des Innehaltens und Hörens vorbereiten. Dieses "Wecken" stellt einen bewussten Kontakt, eine klare Beziehung her. Ich nehme mit der Glocke Kontakt auf, stelle eine direkte Verbindung her, als würde ich sagen: Ich bin präsent. Schön, dass du da bist! (= relative Sicht). Dann lassen wir Gedanken und Konzepte los und lassen uns auf den reinen, nicht dualistischen Prozess ein (= absolute Sicht) und widmen uns wach, klar und entspannt dem vielschichtigen Geschehen von Kontakt, Bewegung und Hören.

Grosse und kleine Glocke

Die grosse Klangschale oder grosse Glocke verwenden wir zu Beginn und am Ende einer formellen Meditation, bei den Rezitationen und auch bei den Zeremonien, die wir bei besonderen Gelegenheiten abhalten. Wenn wir sie nicht "schlagen", sondern erklingen lassen, ruft sie eine offene, freundliche und freudvolle Atmosphäre hervor und hilft uns, den wandernden Geist in die Gegenwart zu bringen, uns zu sammeln und wach zu sein.

Das bereits erwähnte "Wecken" der Glocke praktizieren wir auch mit der kleinen Glocke, die wir sehr unterschiedlich einsetzen: z. B. zum gemeinsamen Aufstehen nach einer Sitzmeditation, zu Beginn und am Ende der Gehmeditation, vor und während dem Essen und auch während der Arbeitsmeditation. Sie erinnert uns auch tagsüber daran, uns nicht in der Routine und im Tun zu verlieren, sondern immer wieder in den gegenwärtigen Moment zurückzukehren und ganz da zu sein, ganz präsent.

Die Tempelglocke vor dem Haus Tao

Die Tempelglocke wurde uns 1994 von Thich Nhat Hanh geschenkt. Sie stammt aus Vietnam und wurde nach dem Krieg 1976 aus einer nicht explodierten amerikanischen Bombe gegossen. Sie klingt nicht sonderlich melodiös, doch berührt ihr eindringlicher Hinweis zur Friedfertigkeit Herz und Geist.

Auf der Glocke finden wir drei chinesische Schriftzeichen:

慈悲 und 喜

Die ersten beiden stehen für karuna = Mitgefühl. Das dritte Zeichen bedeutet Freude. Wie immer, gibt es mehrere Möglichkeiten:

"Freude an Karuna", oder "freudvolles Karuna" oder "Durch (die Praxis von) Karuna entsteht Freude".

Mokugyo (jap.) - Holzfisch

Das Mokugyo deutet einen Fischkopf an, genauer gesagt einen Karpfen. In der Symbolwelt des Chan und Zen verwandelt sich ein Karpfen nach und nach in einen Glück bringenden Drachen - so, wie ein Praktizierender, eine Praktizierende nach und nach zum Bodhisattva, zur Bodhisattva wird.

Die Bezeichnung Holzfisch kommt von der ursprünglichen Form des Instruments, das an einen Fisch mit offenem Mund erinnert.

Im Haus Tao wird das Mokugyo bei der Rezitation des Herz-Sutras verwendet.

Dharma-Trommel

In den Chan- und Zen-Klöstern gibt es riesige Dharma-Trommeln, die vor einem Vortrag des Meisters, der Meisterin geschlagen werden und die Schülerinnen und Schüler zusammenrufen.

Die kleinere Dharma-Trommel wird zur Rezitation verwendet. Wir lassen sie im Haus Tao an besonderen Festlichkeiten bei der Rezitation des Herz-Sutras ertönen. Die hier abgebildete Trommel kommt aus China, aus der Chan-Kultur, und wurde von Roshi mit viel Geduld restauriert.

Han (jap.) - Holz(brett)

In den Tempeln der verschiedenen Zen-Schulen wird das Holzbrett traditionellerweise und zum Teil bis heute als Zeitangabe geschlagen, oft morgens und abends oder auch zu den Essenszeiten.

Im Haus Tao erklingt der Han am frühen Morgen, zu Beginn des ersten formellen Sitzens. Er ist ein Weckruf, ernsthaft zu praktizieren - gerade angesichts der Veränderlichkeit aller Dinge und der Vergänglichkeit unseres Lebens. Daran erinnert das Gedicht auf dem Han im Haus Tao:

Anitya

Alles was wichtig scheint, fliegt vorbei -

erwache aus dem Traum.

Höre die Stimme des Herzens!*

Vers auf dem Han im Haus Tao

Anicca (Pali) bzw. anitya (Skt.) ist die Bezeichnung für die Unbeständigkeit, die stete Veränderung oder Vergänglichkeit - eines der Drei Daseinsmerkmale, der Grundgesetze des Lebens, bzw. der Vier Siegel .

Oft erscheinen uns einzelne Dinge oder Projekte dermassen wichtig, dass die Möglichkeit, sie nicht umsetzen oder erlangen zu können, uns grosses Leiden bereitet - genauso wie der Gedanke, dass sie (und auch wir selber!) der Vergänglichkeit unterworfen sind. Doch alles, was zusammengesetzt und zusammengekommen ist, fällt wieder auseinander - dies ist ein universales, natürliches Gesetz. Die Vergegenwärtigung von anicca kann uns helfen, mit diesem Gesetz in Frieden zu kommen.

Meist leben wir jedoch lieber im Traum - dem Traum ewiger Dauer.

Und auch die Stimme des Herzens zu hören, ist nicht so leicht. Oft verwechseln wir sie mit dem sogenannten "Bauchgefühl", das weitgehend von unseren Emotionen bestimmt ist und dessen Massstab die beiden Gefühle (vedana) von angenehm und unangenehm sind. Der Herz-Geist ist jedoch etwas vollkommen Anderes: Er ist das Potential unserer tiefsten Weisheit und unseres umfassenden Mitgefühls. Die Stimme unseres Herzens manifestiert sich in der Freiheit das Buddha, in Verstehen und Liebe, die handelt.

*Weitere gängige Übersetzungen:

  • Leben und Tod sind grosse Dinge, vergänglich und flüchtig -
    Wie Licht und Schatten ist die Zeit, ach! Sie wartet nicht auf den Menschen!

  • Leben und Tod sind von herausragender Bedeutung, die Zeit vergeht rasch -
    alle Dinge sind der Vergänglichkeit unterworfen, die Zeit wartet auf niemanden.

  • Geburt und Tod sind wichtige Angelegenheiten. Nutze jeden Moment.
    Alles ändert schnell. Zeit wartet nicht auf den Menschen.