Leben in Zen

Tun und Nicht-Tun

Erfahren wir die leuchtende und leere Essenz unserer wahren Natur,
löst sich die karmische Kette von Ursache und Wirkung.
Wenn wir plötzlich erwachen,
sind die sechs Paramitas und alle guten Taten bereits vollendet.

Chan-Meister Yung-chia (665-713)

Mit der Erfahrung der "leeren Essenz" erkennen wir, was die alten Meister und Meisterinnen gemeint haben: dass es im Grunde nichts zu tun gibt. Allzu oft bringen wir jedoch zu viel Ego mit ins Spiel, wenn wir etwas tun. Das ist überaus anstrengend. Für die Meister und Meisterinnen lösen sich die Begriffe von Praxis und Übung durch die unmittelbare und tiefe Einsicht auf und das ganze Leben wird leicht und natürlich. Nun schauen wir nicht mehr auf den Finger von Hotei, denn wir haben den Mond direkt gesehen (vgl. Der Kern der Buddha-Lehre). Wir wissen aus Erfahrung, dass er da ist. Und sehen ihn jeden Tag von Neuem.

Bis dahin hat unser Weg viel mit Übung, mit Praxis zu tun. Die richtige Balance zu finden zwischen Anstrengung und Entspannung ist ein echtes Geheimnis, dem wir mehr und mehr auf die Spur kommen können. Darum heisst es im Zen:

Vor der Erleuchtung:
Holz hacken und Wasser tragen -

Nach der Erleuchtung:
Holz hacken und Wasser tragen.

Für viele von uns würde es heute vielleicht heissen:

Vor der Erleuchtung:
einkaufen, kochen und am PC arbeiten -
Nach der Erleuchtung:
einkaufen, kochen und am PC arbeiten.

Dieses "Nachher" ist jedoch ganz und gar anders - friedvoller, gierloser, abneigungsfreier, entspannter.

Ich zog über Flüsse und Seen, überquerte Berge und Ströme,
besuchte die grossen Meister und fragte nach dem Tao.
Erst seit ich den Weg zu Hui-neng gefunden, weiss ich:
Um Leben und Tod muss ich mich nicht mehr kümmern.
Gehen ist Zen, Sitzen ist Zen,
Sprechen oder Schweigen, Bewegung oder Ruhe:
in seiner Essenz ist alles unbewegt.

Chan-Meister Yung-chia (665- 713)

Leben ist Bewegung, wir können auch sagen, Leben ist Veränderung - und gleichzeitig ist alles unbewegt, in Stille. Solange wir von den Bewegungen des Lebens mitgerissen, von den Veränderungen allzu sehr in Beschlag genommen werden, bleibt das für uns verwirrend, anspruchsvoll und oft paradox. Die Kraft der Praxis vermag dieses Paradox aufzulösen. Der Buddha hat uns den Pfad aufgezeigt und uns einen wunderbaren Weg der Freiheit gelehrt. Es liegt an uns, ihn zu gehen!

Möge unsere Praxis freudvoll und zum allseitigen Wohl sein.
Mögen alle Wesen glücklich sein!