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"Schickt keine Poeten nach London!", rief Heine

>"Schickt keine Poeten nach London!", rief [Heine] aus beim Anblick dieses "draengenden Stromes lebendiger Menschengesichter mit all ihren bunten Leidenschaften, mit all ihrer grauenhaften Hast der Liebe, des Hungers und des Hasses." Nur ein Philosoph koenne diese "maschinenhafte Bewegung der Stadt erfassen und sich jenes Wahnsinns erwehren, der einen angesichts dieser beispiellosen Zivilisationsgesetze ueberkommen muesse. Die Menschenstroeme vergleicht er mit dem "Uebergang der Franzosen ueber die Beresina", die einzelnen Menschen erscheinen ihm als von der Ruecksichtlosigkeit des Fruehkapitalismus geschlagene.

England nennt er eine "Insel der Verdamnis", eine "Botany-Bay ohne suedliches Klima", ein "steinkohlequalmiges, maschinenschnurrendes, kirchengaengerische und schlecht besoffenes Land", dessen Bewohner "nur mit ledernen Porterschlaeuchen, statt mit menschlichen Seelen" begabt seien. Ihre buergerliche Freiheit diene nur dazu, "sich haeuslich bequem einzurichten". Und einer solchen Unkultur sei ausgerechnet ein William Shakespeare geschenkt worden. Shakespeare [ist] am Ende doch ein Englaender, und angehoert dem widerwaertigsten Volke, das Gott in seinem Zorn erschaffen hat.<

Heines englische Verhaeltnisse, NZZ, Literatur & Kunst, 11. Feb 2006

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