Sinneskanäle

Die manchmal kolportierten Werte der „Behaltensquote“ durch verschiedene Sinneskanäle sind nicht wissenschaftlich belegt, sondern beruhen lediglich auf Schätzungen der AUtoren. Andererseits ist auch die Klassifikation von Medien nach den angesprochenen Sinneskanälen nur eingeschränkt wahr. Denn das Lernen durch Lesen (visuell) und das Lernen durch Zuhören (auditiv) wird hierbei in zwei verschiedene Sinneskanäle eingeteilt. Lernpsychologisch jedoch erfolgt zwischen den beiden keine Trennung, da jeweils Sprache „entschlüsselt“ werden muss. Über welchen Sinneskanal dabei die Sprache aufgenommen wird, spielt – psychologisch-pädagogisch gesehen – eine untergeordnete Rolle. Beim Lesen eines Textes mit Bildern werden dem/der Lernenden zwei differenzierbare Aufgaben gestellt, da zwei verschiedene Codes (Sprache und Bild) entschlüsselt werden müssen. Aus diesem Grund erfolgt in der neueren Medienforschung die Einteilung der Lehrmedien nicht nach der Art der Aufnahme (Sinneskanäle), sondern nach Art der Entschlüsselung (Symbolsysteme) (vgl. Weidenmann 1991, S. 14ff.).

• Es werden vor allem drei Symbolsysteme (Sprache, Bilder und Zahlen) unterschieden, mit deren Hilfe ein Pädagoge/eine Pädagogin Informationen übermitteln kann. Die zu transportierende Information verändert sich allerdings je nach verwendetem Symbolsystem:

• Die Sprache ist ein sequentieller Code. Der Inhalt kann immer nur in einer, aufeinander folgenden Reihenfolge dargestellt und wahrgenommen werden.

• Bilder zeigen alle Informationen gleichzeitig. Die wahrgenommene Reihenfolge der einzelnen Elemente wird durch den Betrachter/die Betrachterin bestimmt. Ein „stehendes“ Bild kann eine Bewegung (sequentielle Abfolge, vorher-nachher,…) nicht entsprechend vermitteln.

Die einzelnen Symbolsysteme strukturieren Informationen nicht nur jeweils auf eine andere Art und Weise, sie stellen ebenso an die Lernenden spezifische Anforderungen. Denn, einerseits müssen sie lesen und schreiben können, um das sprachliche Symbolsystem zu verstehen (sprachliche Literalität). Andererseits müssen sie jedoch auch die Fertigkeit besitzen, kompetent mit Bildern und Zahlen umzugehen, um die anderen beiden Symbolsysteme (piktoriale und numerische Literalität) entschlüsseln zu können. Nach Weidenmann (1991) wird gerade die piktoriale Literalität von vielen Pädagog/inn/en unterschätzt, da die Lernenden zwar Lesen, Schreiben und Rechnen lernen, aber nicht den Umgang mit den differenzierten bildlichen Codes (vgl. Weidenmann 1991, S. 15ff.).

Quelle: Weidenmann, B. (1991). Lernen mit Bildmedien. Weinheim: Beltz.