Stimmen zum Buch

Liedpredigten und Liedandachten sind in den letzten Jahren zahlreich erschienen. Das Besondere an dem von Klaus von Mering vorgelegten Band „Vom Aufgang der Sonne" ist, dass sich die hier zusammengestellten Andachten auf die Liste von 33 sogenannten Kernliedern beziehen, auf die sich im Jahre 2006 die Kirchenlei­tungen Badens und Württembergs verständigt haben und die von Süddeutschland aus in den gesamten Bereich der EKD als Orientierungs­hilfe weitergereicht worden ist. Lieder als „die" Kernlieder des EG zu bezeichnen ist, wie auch der Begriff „Kernlieder" selbst, problematisch. Glücklicherweise greift der Autor der Liedan­dachten die kritischen Fragen, die sich ergeben, in einer ausführlichen Einleitung auf. Nachdem er zuvor grundsätzlich die Bedeutung von Kir­chenliedern für die Praxis des Glaubens her­vorgehoben hat, erläutert er den Hintergrund, der zur Entstehung der Kernliederliste geführt hatte: Die weitgehende Vernachlässigung von Kirchenliedern in neuen schulischen Lehr­plänen veranlasste Vertreter der Tageseinrich­tungen für Kinder, des Kindergottesdienstes, des kirchlichen Unterrichtes, des Religions­unterrichtes, der Frauen- und Jugendarbeit, der Kirchenmusiker- und der Pfarrerschaft sich zusammenzusetzen, um aus dem überaus reichen und vielfältigen Liedgut des EG einen überschaubaren Liederkanon zu schaffen, eine gemeinsame Schnittmenge von Liedern, die der Stärkung und Festigung gegenwärtigen kirchlichen Singens insgesamt dienen soll. Ein so entstandener Kernliederkanon aus altbe­kannten „Klassikern" wie bekannten neueren Liedern provoziert Skepsis, etwa hinsichtlich der Vielfalt des gottesdienstlichen Singens. Die Bedenken kann von Mering allzu gut verstehen. Selbst Bernhard Leube, Pfarrer im Amt für Kir­chenmusik der württembergischen Landeskir­che und einer der Initiatoren der Liste, könne, so der Autor, die Zurückhaltung des geübten Gesangbuchnutzers nachvollziehen. Doch „an­gesichts der dramatischen Entkirchlichung in unserer Gesellschaft" (9) ginge es nicht ohne Elementarisierung. Ihr Ziel sei es, den kirchen- bzw. liederfernen Zeitgenossen „über die Kern­lieder das Gesangbuch zu erschließen" (9, Zitat Leube). Dabei kann von Mering, wie er selbst bekundet, kaum einen Maßstab der Auswahl erkennen. Er greift darum auf Leubes Erläute­rungen zurück, nach denen folgende Kriterien eine Rolle bei der Liedauswahl gespielt hatten: Tageslauf, Kirchenjahr, Verwendung bei Kasualien, Sonntagsgottesdienst, Gemeinschaft, Verbindung über Generationsgrenzen hinweg, emotionale Ansprache, Ökumene, protestanti­sches Profil, Mischung aus Traditionellem und Neuem, sprachliche und musikalische Qualität. Von Mering resümiert: Es sei den Initiatoren mit ihrer Liedauswahl vor allem darum gegan­gen, den Menschen einen ersten Zugang zum Gesangbuch zu eröffnen, die ihn bislang noch nicht gefunden haben. „Eine eng begrenzte Auswahl soll Mut dazu machen und zugleich die Vielfalt unseres Liederschatzes beispielhaft vor Augen führen." (10) Regelmäßige Gesang­buchnutzer und -kenner hätten im Blick auf ihre Lieblingslieder nichts zu befürchten, ihnen böte sich mit der Kernliederliste vielmehr die Chance für ein tieferes Verständnis von altbe­kanntem oder bisher befremdlichem Liedgut. Der Autor räumt selbst ein, dass er das eine oder andere Lied nicht für eine Andacht aus­gesucht hätte, aber die so „erzwungene" Aus­einandersetzung sei auch für ihn durchaus gewinnbringend gewesen.

Mit seinen Andachten, die bis auf den kurzen Kanon „Ausgang und Eingang" die gesamte Kernliederliste umfassen, möchte von Mering Glauben wecken und Glauben vertiefen. Mit Recht hebt er hervor, dass Kirchenlieder allge­mein ein gutes Medium der Reflexion über den eigenen Glauben seien. Aber es gelte auch, das Wissen über das Lied zu fördern. Das Singen gewinne an Intensität, wenn man etwas über das Lied weiß, und damit auch der Glaube. Zu Recht hebt der Autor den einzigartigen Rang der Kirche als Hüterin und Weitergeberin „Mut machender Dichtung und tröstender Musik" hervor (10). In der Tat: Wo sonst wird heute noch so viel gesungen wie in der Kirche? Der Autor wird in den Andachten, deren Rei­henfolge der des EG entspricht, den von ihm selbst gesetzten Maßstäben gerecht. Der Le­ser erfährt viel hymnologisch Wissenswertes über die einzelnen Lieder, über die Entstehung und Vorgeschichte der Texte und Melodien, wobei auf ersteren verständlicherweise der Schwerpunkt liegt. Wir erfahren u.a. über die zufällige Auffindung der Melodie zu „Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt", über die Entstehung von „Komm Herr, segne uns" im Zusammenhang des Nürnberger Kirchentages 1979. Zahlreiche Informationen zur Biographie der Liedautoren sind in die Andachten einge­flochten. Insbesondere profitiert der Leser von den persönlichen Kontakten des Autors zu den noch lebendenden Dichtern und Komponisten wie Jürgen Henkys, Fritz Baltruweit, Diethard Zils u.a. Letzterer hat dem Autor etwa eine Zwischenmelodie und drei neue Strophen zu seinem Lied „Wir haben Gottes Spuren fest­gestellt" mitgeteilt, die der Andacht beigefügt sind. Aber selbstverständlich erfahren wir auch viel Interessantes zu den Dichtern und Ton­schöpfern der Vergangenheit, der jüngeren wie der älteren. Ich nenne nur die Verknüpfung des Liedes „Meinem Gott gehört die Welt" mit der Lebensgeschichte seines Dichters, des Marinep­farrers Arno Pötzsch, und die Ausführungen zu Paul Gerhardt in der Andacht zu „Ich singe dir mit Herz und Mund". Es versteht sich ebenfalls von selbst, dass die biblischen Zusammenhän­ge und Textgrundlagen der Lieder in den An­dachten jeweils detailliert ausgeleuchtet wer­den, wobei auch Bezüge zu anderen Auslegern hergestellt werden. Es finden sich zahlreiche wissenswerte Hinweise zur Verwendung der Lieder bzw. ihrer Vorlagen, etwa zur schwieri­gen Wirkungsgeschichte von „Ein feste Burg" als protestantischer Nationalhymne und zum nicht weniger problematischen Missbrauch von „Großer Gott, wir loben dich" in der Nazizeit. Der Autor zeichnet den Weg vom erwecklichen Ursprung des Liedes „Lobe den Herren" bis hin zu seinem heutigen Rang als eines der populärsten Kirchenlieder aller Zeiten nach. Er teilt unterhaltsame Anekdoten mit, wie die zur Entstehung von „Nun danket alle Gott" („Tischgebet oder Jubiläumsfanfare", 118). Da einige Lieder zentrale theologische Inhalte the­matisieren, wird der Leser auch in diese bzw. in verschiedene Auslegungstraditionen ein­geführt, z.B. in die des Kreuzes Christi in „O Haupt voll Blut und Wunden". Auch die Reflektionen über die Taufe und das Abendmahl ge­ben mancherlei Anregung („Ich bin getauft auf deinen Namen", „Komm, sag es allen weiter"). Die gründliche Beschäftigung mit den Liedern schließt Beobachtungen zur Phonetik und zu sprachlichen Strukturen mit ein („Befiel du dei­ne Wege"). Nicht zuletzt verweist der Autor auf heute vergessene Strophen einiger Lieder. Den

wenigsten Gottesdienstbesuchern dürfte etwa bekannt sein, dass das Lied „Gelobt sei Gott im höchsten Thron" ursprünglich 20 Strophen statt der heutigen sechs Strophen umfasste. Kürzun­gen der Lieddichtungen wurden z.T. schon bald nach ihrer Entstehung aus verständlichen prak­tischen Gründen vorgenommen, doch verdien­ten es z.B. zwei der drei gestrichenen Strophen von „O komm, du Geist der Wahrheit" für die Praxis wiederentdeckt zu werden, wie der Au­tor überzeugend darlegt. Von Mering geht im Blick auf die Inhalte der Lieder durchaus kritisch vor, was einschließt, dass der Autor selbst kreativ wird und Strophen hinzudichtet, wo er etwa eine naive Einseitig­keit im vorhandenen Text bemerkt („Ich lobe meinen Gott").

Die sachdienlichen Angaben in den Andach­ten finden ein Gegengewicht in der Mitteilung vieler persönlicher Erfahrungen und Erlebnisse mit einzelnen Liedern und Assoziationen zu ih­ren Themen. Hier spricht nicht nur der langjäh­rige Inselpastor von Langeoog, die Erinnerun­gen reichen bis in die Kindheit und Jugendzeit des Autors zurück und können doch von vielen nachempfunden werden. Leider sind die Quellen nur schwer zu erfassen. Sie sind im Text auf fortlaufende Nummern reduziert, die im ausführlichen (und recht um­fangreichen) Literaturverzeichnis jedoch verse­hentlich fortgelassen wurden. Auch scheint es Verschiebungen in der Nummerierung gege­ben zu haben.

Über den Sinn einer Kernliederliste, darüber ob und inwiefern 33 Lieder repräsentativ für den protestantischen Liederschatz sein können, lässt sich streiten. (Ursprünglich sollten es so­gar nur 25 Lieder sein.) Wie dem auch sei: Mit dem Band „Vom Aufgang der Sonne" liegt eine Sammlung anregender Lied-Auslegungen vor. Die Andachten sind allesamt persönlich gehal­ten, wirken authentisch in Sprache und Stil und sind zugleich reich an Wissenswertem, Details wie größere Zusammenhänge betreffend. Man liest das Buch mit Gewinn für das eigene Ver­ständnis der Lieder, so dass ihre Auswahl und die damit verbundenen Fragen zweitrangig werden. Bislang nur oberflächlich Bekanntes erschließt sich, Vertrautes erfährt eine Vertie­fung, was nicht zuletzt denen zugute kommt, die auch in ihrer beruflichen Praxis regelmäßig mit Kirchenliedern zu tun haben.

Matthias Biermann in Liturgie und Kultur 3 - 2013 S. 70f

...Von Mering zielt in seinen Auslegungen besonders auf die interessierten und religiös Unmusikalischen. Er möchte mit dem Erfahrungsschatz der Mütter und Väter im Glauben ihnen neue Zugänge zu den Schätzen der christlichen Tradition anbieten. Dabei entfaltet er die biblischen Textgrundlagen, aber auch die Personen der Dichter jeweils in ihrer persönlichen und historischen Situation. Das geschieht, ohne dass der Gegenwartsbezug zu kurz kommt. Es sind eben durchaus anspruchsvolle Predigten für die „Gebildeten unter ihren Verächtern“. ....Bei dem Lied auf „Von guten Mächten“ fördert von Mering viel Unbekanntes und Hochinteressantes über Bonhoeffer zutage. Als kritischer Theologe räumt er auf mit der einseitigen Konzentration auf die Sühnopfertheorie in dem Lied „O Haupt voll Blut und Wunden…“. Deutlich wird hier sein Interesse, Unkundigen, Fragenden und Skeptikern den Glauben nahezubringen. Lesenswert auch, wie er bei „Der Mond ist aufgegangen…“ viel Kluges und zugleich Kritisches über Aufklärung und Vernunft schreibt. Und Matthias Claudius als einen aufgeklärten und zugleich frommen Mann beschreibt, der auch heute gegen die „Bescheidwissenschaft“, gegen die Tatsachen- und Beweisfanatiker die tiefere Dimension der Wirklichkeit des Lebens glaubens- und selbstbewusst entfaltet.

Ein Buch mit vielen Anregungen für Predigten und Andachten, Gemeindeabende, Vorträge über Liederdichter…

Helge Adolphsen, Hamburg

...eine Fundgrube von Informationen und theologischen Aspekten....v. Mering legt die Texte aus wie Bibelverse nach den Regeln der historisch-kritischer Methode. Er spürt Impulsen aus der Biografie der Lieddichter nach. Seine 33 Liedpredigten würzt er mutig mit persönlichen Wertungen. Die Botschaft kommt an. Offene Argumentation lässt Raum für gegenteilige Einschätzungen und Empfindungen....Was wäre ein Gesangbuch ohne moderne Lieder? Zur Vorbereitung des Kirchentags 1983 in Hannover schrieben Eckart Bücken den Text und Fritz Baltruweit die Melodie von „Gott gab uns Atem, damit wir leben“. Besungen werden in diesem Loblied auf die Schöpfung unsere Augen, Ohren, Hände und Füße – Gaben Gottes zur Bewahrung der Schöpfung. Anschauliche Sprache und lebendige Melodie bahnten dem Kirchentagsschlager den Weg in die Herzen der Menschen bis heute....

Jens Gundlach, Hannover

...Der frühere Inselpastor von Langeoog, Klaus von Mering, hat Mitte März ein Buch über die "33 Kernlieder" aus dem Evangelischen Gesangbuch herausgebracht.... Jedes seiner 33 Kapitel eignet sich für die persönliche Meditation ebenso wie als Einstieg für ein Gespräch in der Gruppe, als Andacht oder als Grundlage für eine Predigt...

Michael Grau, Hannover

...Das Kirchenlied "Macht hoch die Tür" dürfte vielen bekannt sein. Doch wie ist es entstanden und welche Bedeutung hat es? .. Damit Lieder zum bleibenden Bestand werden, muss man sie auch verstehen... Die (von der evang. Kirche in Deutschland, EKD; ausgewählten) Kernlieder sollen in allen Altersgruppen gesungen und gelernt werden, damit demnächst wieder Großeltern mit ihren Enkeln "Weißt du, wieviel Sternlein stehen" singen können und Jugendliche mit ihren Eltern "Gott hab uns Atem, damit wir leben"...Bei der Auswahl (wurde) u.a. auch Wert darauf gelegt, dass die Lieder zum größten Teil in allen christlichen Kirchen bekannt sind...

Frank Jacob, Rastede

Beim ersten zufälligen Aufschlagen des Buches begegnete mir „Ich bin getauft auf deinen Namen“. Schon der erste Absatz forderte mich heraus. Im Taufgottesdienst stehen die Täuf-linge im Mittelpunkt; die anderen sehen auf sie - und von sich weg. Konsequenterweise müssten wir singen „Du bist getauft“, doch das lässt sich nicht durch das Lied hindurch fest-halten. Zu singen „Ich bin getauft“ bedeutet einen Perspektivenwechsel; es regt zu einem weiteren Nachdenken darüber an, was es beutet, dass ich getauft bin.

Überraschend anders als erwartet begegnen mir die einzelnen Andachten. Sie regen dazu an, Bekanntem, Vertrautem neu zu begegnen und Überhörtes wahr zu nehmen. Zwei Beispiele greife ich heraus.

Heute tun sich viele schwer, „Ein feste Burg ist unser Gott“ aus vollem Herzen zu singen, weil sie das Gefühl haben: so können wir nicht auftreten und das können wir nicht ausfüllen. Von einem tieferen Verständnis dieses Unbehagens aus sucht von Mering zunächst eine ge-schichtliche Einordnung des Liedes in Luthers Biografie. Der „Sitz im Leben“ ist nicht die Zeit äußerer Herausforderungen (Worms, Augsburg), sondern eine Zeit innerer Anfechtungen, Krankheit und Depressionen. Da entstand sein „Trostlied in Not und Versuchung“, das damit durchaus in unsere Zeit hinein sprechen kann.

Ein Abendmahlslied voller Schwung und Bewegung ist „Komm, sag es allen weiter“. Die Einladung für alle verknüpft von Mering mit verschiedenen theologischen Ansatzpunkten, die zu einem erweiterten und vertieften Verständnis beitragen. Nicht zu kurz kommt dabei das Zeichenhafte und eine an-schau-liche Sprache.

Das Lesen der sechs bis neun Seiten langen Andachten ist einerseits kurzweilig, andererseits herausfordernd, denn sie sind nah am gelebten Leben und regen zur Umsetzung für sich und in den verschiedenen Bereichen der Gemeinde an. Sie sind durchaus zum Vorlesen geeignet. Ich selbst würde sie lieber verwenden wie die Predigtmeditationen in „Für Arbeit und Besinnung“: als Grundlage für etwas Eigenes, selbst Formuliertes; Vorgelesenes zieht oft schneller vorüber. Die gründliche Arbeit von Merings beschenkt Lesende und Hörende, dass sie danach mehr wissen über dieses oder jenes Lied und über ihren Glauben.

Helga Hansis, Metzingen

Der frühere Langeooger Inselpfarrer Klaus von Mering hat sich der im Vorwort nä­her beschriebenen Mühe unterzogen, die 33 Lieder und Gesänge der Kernliederliste für Radioandachten aus­zulegen. Die Bereitschaft von Urlaubern, in der gro­ßen Freizeit des Jahres in entspannter Atmosphäre Grundfragen des Glaubens nachzugehen - dieser Re­sonanzraum ist den Ge­dankengängen des Autors abzuspüren, er schreibt konkret, fasslich, substanziell. Biografische Ein­lassungen kommen nicht aufdringlich, sondern als Anregung, selbst nachzu­forschen, welches Lied in der eigenen Biografie eine wichtige Rolle spielt.

Um in die Denkwelten und Gefühlsräu­me dieser exemplarischen Lieder und in das, was sie auslösen können, noch tiefer oder auch auf neue Weise hineinzukommen, kann ich von Merings Buch nur wärmstens empfehlen. Über Lieder etwas zu wissen, macht das Singen klangvoller, gegründeter, und über ein längst bekanntes Lied noch et­was Neues erfahren, kann einer alten Liebe richtig Schwung geben. Die Auslegungen sind nicht einfach nette Paraphrasen, son­dern stellen elementare theologisch-spiri­tuelle Zusammenhänge heraus, die durch die Lieder lebendig werden: „Vom Himmel hoch, da komm ich her" und die heutigen Kommunikationsformen des Evangeliums; „Von guten Mächten" als Quintessenz des Denkens Bonhoeffers, wie es sich schon in einer Predigt aus der Londoner Zeit zeigt; „O Haupt voll Blut und Wunden" als Hil­fe, das Kreuz auszuhalten; „Jesus Christus herrscht als König" und unsere Vermeidung, über Macht zu reden; „O komm, du Geist der Wahrheit" und die Skepsis gegenüber oberflächlicher Begeisterung; „Ich bin ge­tauft auf deinen Namen" und die Verweige­rung theologischer Gespräche mit Kindern; „Komm, sag es allen weiter" als einziges Abendmahlslied unter den Kernliedern und unsere elaborierten Abendmahlstheologien, wo doch Jesus nicht das Brot, sondern das Brechen deutet; „Ich singe dir mit Herz und Mund" als elementare Schule des Glau­bens, als Vertrauensübung usw.

Von Mering hat es sich nicht nehmen lassen, zu allen lebenden Liedautoren Ver­bindung aufzunehmen und fördert auch für die, die an hymnologischen Details interes­siert sind, nochmal Neues hervor, etwa zur Entstehung von „Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen" (EG 272). Schade, dass die vielen Zitate und Verweise auf das Literatur­verzeichnis kaum genutzt werden können, weil die Nummern, unter denen im Text aus Büchern zitiert wird, bei den Titeln im schönen Literaturverzeichnis, sicher verse­hentlich, nicht auftauchen, so dass Zitate nur schwer zugeordnet werden können. Das schmälert aber nicht den Gewinn bei der Lektüre, den auch alte Gesangbuchha­sen haben werden und es ergänzt nach Lie­derbuch, Orgelbegleitbuch und Werkbuch in höchst willkommener Weise die Begleit­literatur rund um die Kernlieder.

Bernhard Leube in “Musik und Kirche” 2013 Nr. 4 S. 311

Auf unterschiedliche Weise, aber noch lange nicht ausreichend, haben die Lieder der Kernliederliste zu verschiedentlicher Beschäftigung herausgefordert,

vornehmlich religionspädagogisch, natürlich kirchenmusikalisch - und nun auch homiletisch. Der frühere Lan-geooger Inselpfarrer Klaus von Mering hat sich der Mühe unterzogen, die 33 Lieder und Gesänge der ursprünglich aus dem tiefen Süden kommenden, inzwischen von der EKD empfohlenen Kernliederliste für Radioandachten auszulegen. Hie und da blitzt zwar die eine oder andere Kritik an der Auswahl der 33 Gesänge auf, aber man geht mit v. Mering gern tiefer auch in die Lieder hinein, die man auf einer Kernliederliste erst einmal nicht erwartet. Die Bereitschaft von Urlaubern, in der großen Freizeit des Jahres in entspannter Atmosphäre Grundfragen des Glaubens nachzugehen, - dieser Resonanzraum ist den Gedankengängen des Autors ab zu spüren. Er schreibt konkret, fasslich, einladend, substanziell. Biographisches kommt nicht aufdringlich, sondern regt an, selbst nachzuforschen, welches Lied in der eigenen Biographie eine wichtige Rolle spielt. Um in die Denkwelten und Gefühlsräume dieser exemplarischen Lieder noch tiefer und auf neue Weise hineinzukommen, kann ich von Merings Buch wärmstens empfehlen, gerade angesichts dessen, dass es sich um durchweg bekannte Lieder handelt. Über längst Bekanntes etwas Neues zu erfahren, kann einer alten Liebe richtig Schwung geben. Die Auslegungen sind nicht einfach nette Paraphrasen, sie stellen elementare theologischspirituelle Zusammenhänge heraus, die durch die Lieder lebendig werden: „Vom Himmel hoch, da komm ich her" und die heutigen Kommunikationsformen des Evangeliums, „Von guten Mächten" als Quintessenz des Denkens Bonhoeffers, wie sich's schon in einer Predigt aus der Londoner Zeit zeigt, „0 Haupt voll Blut und Wunden" als Hilfe, das Kreuz auszuhalten, „Jesus Christus herrscht als König" und unsere Vermeidung, über Macht zu reden, „0 komm, du Geist der Wahrheit" und die Skepsis gegenüber oberflächlicher Begeisterung, „Ich bin getauft auf deinen Namen" und die Verweigerung theologischer Gespräche mit Kindern, „Komm, sag es allen weiter" als einziges Abendmahlslied unter den Kernliedern, und unsere elaborierten Abendmahlstheologien, „Ich singe dir mit Herz und Mund" als elementare Schule des Glaubens, als Vertrauensübung und

so weiter. Von Mering hat es sich nicht nehmen lassen, zu allen lebenden Liedautoren Verbindung aufzunehmen und fördert hier Neues zu Tage, etwa zur Entstehung von „Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen" (EG 272). Das Buch enthält keine Liturgien, obwohl der Buchtitel Andachten ankündigt, aber es dürfte ein Leichtes sein, um diese Liedmeditationen Andachten oder Gottesdienste herumzubauen und den Zuhörenden ein Gefühl von Urlaub zu geben, auch wenn sie zuhause sind.

Bernhard Leube, Esslingen in: Für Arbeit und Besinnung, 15. Dez. 2013. Heft 24. Bücher. Seite 46-47