Auszug aus "Sierens China ...":

"Chinas Fortschritt basiert immer mehr auf seinen kreativen Köpfen. Und es sieht so aus, als prägten deren Ideen bald die Entwicklung der Menschheit maßgeblich mit. Besonders erstaunlich ist, dass die Innovationskraft in einem autoritären Staat explodiert. Aber offensichtlich ist die Freiheit zumindest groß genug für Innovation. Denn kopieren kann man befehlen, Kreativität und Innovationskraft nicht. Inzwischen ist klar: Jeden Tag werden die Chinesen ein Stück unabhängiger von westlicher Technologie. Der Westen wird aber nicht unabhängiger vom chinesischen Markt. Der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen hat es in diesen Tagen auf den Punkt gebracht: "Die Zukunft von VW wird in China entschieden.""

Wichtigste Ergebnisse und Schlussfolgerungen

• Der chinesische Staat will, dass die Bürger kreativer sind, um Weltklasse-Technologieunternehmen zu gründen. Die staatliche Politik ist jedoch utilitaristisch und auf Innovation und nicht auf Kreativität ausgerichtet.
• Insgesamt scheint der Push zu funktionieren. Laut dem Global Innovation Index der Vereinten Nationen gehörte China 2018 erstmals zu den 20 innovativsten Volkswirtschaften der Welt.
• Der Staat schreibt keine spezifischen Kreativitätsprogramme oder -budgets vor, so dass die Lehrer weitgehend von ihren eigenen Ressourcen und Energien sowie dem Interesse der lokalen Bildungsbehörden abhängig sind.
• Laut einer Umfrage unter mehr als 80 Lehrern, die von diesem Autor in Chengdu, Provinz Sichuan, und Yiyang, Provinz Hunan, durchgeführt wurde, gibt es ein großes Gefälle bei den Ressourcen und dem Interesse an Kreativitätsbildung.
• Chinas Bildungslücke zwischen Arm und Reich beeinflusst auch die Kreativität: Wie die Umfrage zeigt, sind Schulen in wohlhabenderen Regionen besser ausgestattet, z.B. mit MakerSpaces, Fluchtspielräumen und Codierklassen.
• 53 Prozent der befragten Lehrer waren der Meinung, dass es mehr als zehn Jahre, ja sogar Jahrzehnte dauern würde, bis chinesische Schüler kreativer werden.
• Trotz der Bemühungen, die Kreativität in den Schulen zu fördern, wird das chinesische staatliche Bildungssystem nach wie vor informell als "Füllung der Ente" bezeichnet, da das Lernen unter hohem Druck steht.
• Der Druck von Lehrern und Eltern und lange Studienzeiten führen dazu, dass etliche Kinder das Interesse am Lernen in jungen Jahren verlieren; ob dies ihre spätere Kreativität beeinträchtigt, ist unklar und ein ungeklärter Bereich.
• Die Umfrage zeigt, dass Lehrer einen schmalen Grat zwischen den Bedürfnissen der Kinder und den Bedürfnissen des Systems schlagen müssen. Nur die hochmotiviertesten Lehrer verfolgen die Kreativitätsbildung ihrer Schüler - für viele andere gibt es keinen Anreiz.