Nils lebt als Yogi 

Die ersten vier Jahre ging es gut vorwärts. Nachdem er sich etwa ein halbes Jahr auf seine neue Situation eingestellt, seine Ziele definiert und die zu ihm passenden Übungen gefunden hatte, lösten sich viele alte Stresserfahrungen auf und er gelangte oft in glückselige Bewusstseinszustände. In seinen Träumen durchlebte er vergangene Prüfungssituationen, Schulstress und negative Erfahrungen aus seiner Kindheit. Alle Stresssituationen aus seinem bisherigen Leben lösten sich auf. Der ganze vergangene Lebensstress entfernte sich aus seinem Unterbewusstsein. In seiner Seele entstand Ruhe, Frieden und Wohlgefühl. Im Januar 1989 träumte Nils von einer kleinen Hütte, die auf Pfeilern im Meer stand. Es kam ein Sturm und die Hütte stürzte ins Meer. Die Hütte war ein Symbol für sein altes Selbst. Das alte Selbst war untergegangen und hatte Platz gemacht für die Erfahrung des inneren Glücks. Nils wachte nach seinem Traum auf und spürte, wie warme Glücksenergie in seinen Körper hineinfloss. Er badete plötzlich in einem Meer aus Glück. 1990 neigte sich seine Therapieausbildung dem Ende zu. Das erlernte Wissen fasste Nils in dem Buch "Positives Denken, Grundsätze und Techniken" zusammen. Beim Schreiben dieses Buches stieß er auf die Frage, wie wichtig die Lebensform des Seins für das innere Glück ist. Wer im Sein lebt, der fließt gelassen mit dem Leben. Er lebt vorwiegend in der Ruhe und aus der Ruhe heraus. Er lebt sehr entspannt. Bei einer solchen Lebensweise lösen sich gut alle inneren Verspannungen auf. Andererseits ist es auf dem Yoga-Weg auch wichtig, jeden Tag konsequent zu üben. Auch das intensive spirituelle Üben ist ein wichtiger Weg zur Auflösung der Verspannungen. Es gibt im Yoga zwei verschiedene Lehrmeinungen. Die eine Lehrmeinung betont das Leben im Sein (Ramana Maharshi, Laotse, Buddha) und die andere legt den Schwerpunkt auf das spirituelle Üben (Swami Shivananda, Sai Baba, Amma, der Dalai Lama). Wer hat Recht? 75 Nils musste diese Frage für sich klären. Er beschäftigte sich einen Tag so intensiv mit dem Problem des Seins, dass es nachts nach dem Einschlafen in ihm immer weiter dachte. Als er morgens aufwachte, war er in einem tiefen Erleuchtungszustand. Sein Geist hatte in der Nacht das Problem gelöst. Die Antwort war überzeugend. Erleuchtung, inneres Glück und der Zustand des Seins hängen eng zusammen. Wer in einen tiefen Zustand des Seins kommt, gelangt zur Erleuchtung. Wer alle Anhaftungen an äußere Dinge loslässt, entspannt sich so tief in seiner Seele, dass sich das innere Glück entfalten kann. Man kann das Sein als eine Vorstufe zur Erleuchtung bezeichnen. Ein Yogi muss erst ins Sein kommen, in den Zustand der umfassenden Anhaftungslosigkeit. Dann entwickelt sich irgendwann die Erleuchtung (das innere Glück) von alleine. Allerdings geht es andererseits ganz ohne Üben auch nicht. Nach der Meinung von Nils haben beide Lehrmeinungen recht. Das Üben und das Sein sind beide wichtig auf dem spirituellen Weg. Jeder Mensch muss genau in sich hineinspüren und sehr individuell herausfinden, auf welchen Punkt er im Moment seinen Schwerpunkt legen muss. Wer zu Trägheit neigt, sollte das intensive Üben betonen. Wer innerlich unruhig ist, sollte erst einmal zum Sein finden. Jeder Menschentyp braucht ein spezielles Verhältnis von Ruhe und Üben, um optimal auf dem spirituellen Weg zu wachsen. Nils ist ein eher unruhiger Mensch. Er ist schnell von großen Zielen begeistert und verbraucht sich schnell im äußeren Tun. Er muss deshalb seinen Schwerpunkt auf das Leben in der Ruhe (im Sein) legen. Aber gleichzeitig neigt er auch etwas zur Trägheit. Nils muss deshalb etwas auch den Weg des konsequenten Übens bewahren. Auf seinem Yogi-Weg legt Nils jeden Tag sehr sensibel fest, wo an diesem Tag der Schwerpunkt liegt, in der Ruhe oder im intensiven Üben. Einige Zeit nach dieser Seinserfahrung visualisierte sich Nils abends vor dem Schlafengehen als Buddha. Als er am Morgen aufwachte, hatte sein Geist ihn in einen Buddha verwandelt. Nils war über Nacht zu einem kleinen Buddha geworden. Er wachte als Buddha auf. Die Identifizierung mit Buddha als Vorbild hatte seine Erleuchtungsenergie erweckt. Der Zustand des Seins und das Bild eines Buddhas hängen eng zusammen. Es ist daher kein Zufall, dass diese beiden Übungen bei Nils die Erleuchtungsenergie aktivierten. Sie zielten genau auf den Punkt, der Nils am meisten an der Erleuchtung hinderte. Nils als unruhiger Mensch brauchte im Schwerpunkt Techniken der Ruhe, damit sich das innere Glück entfalten konnte. Nils blieb eine Stunde lang ein Buddha. Dann löste sich die Erleuchtungsenergie wieder auf. Nils probierte es noch öfter, sich vor dem Schlafengehen als Buddha zu visualisieren. Aber er war spirituell noch nicht weit genug entwickelt, um damit regelmäßig Erfolg zu haben. Anfang 1991 visualisierte Nils bei einem Spaziergang den ganzen Kosmos voller glücklicher Wesen. Er wünschte, dass alle Wesen auf der ganzen Welt glücklich sind. Er identifizierte sich mit allen Wesen und ihrem Wunsch nach Glück. Er dachte das Mantra: "Mögen alle Wesen auf der Welt glücklich sein." Er öffnete sein Herz für alle Wesen. Plötzlich gelangte er in eine Dimension der umfassenden Liebe. Die ganze Landschaft um ihn herum veränderte sich vollständig. Sie war in ein helles Licht getaucht. 76 In Nils entstand der Gedanke: "Ich bin Liebe." Eine so starke Liebe hatte er noch nie erfahren. Der ganze Kosmos bestand nur noch aus Glück und Liebe. Eines nachts Mitte 1991 träumte Nils sogar von seiner Geburt. Im Traum floss er durch einen langen dunklen Tunnel. Er machte einen Geburtsschrei und wachte dadurch auf. Nils spürte, wie er weiterhin mit der tiefen Bauchatmung eines Neugeborenen atmete. Nils hatte als Kind eine schwere Geburt gehabt. Dadurch waren viele Verspannungen entstanden. Diese Verspannungen lösten sich jetzt auf. Im Oktober 1991 nahm Nils Kontakt mit seiner tiefen Sehnsucht auf, wieder ein Baby zu sein und in den Mutterbauch zurückzukehren. Bei einer Meditation fühlte er sich in seine früheste Kindheit zurückversetzt. Er lag als Baby alleine auf einer Unterlage. Das Baby wollte in den Arm genommen, gestreichelt und geliebt werden. Es wollte in etwas Warmes hineinfließen und dieses Warme sollte es ganz umgeben. Das Baby war sehr traurig, dass das nicht möglich war. Nils spürte in seine Trauer hinein und erkannte, dass ein tiefes Ziel in seinem Leben die Rückkehr in den Mutterbauch war. Dort hatte er sich vollständig geborgen und glücklich gefühlt. In seinem Unterbewusstsein war diese Erfahrung auf einer tiefen Ebene gespeichert und lebte als Ursehnsucht in ihm weiter. Nils dachte über diese Ursehnsucht nach. Eine Rückkehr in den Mutterbauch war biologisch nicht möglich. Aber jeder Mensch kann den Weg in die Einheit des Kosmos gehen. Jeder Mensch kann seine inneren Verspannungen auflösen und dadurch in ein kosmisches Bewusstsein gelangen. Das kosmische Bewusstsein ist sehr vergleichbar mit dem Gefühl der Geborgenheit eines Embryos im Mutterbauch. Nils wurde durch seine Meditationserfahrung bewusst, dass das Leben in der Einheit des Kosmos ein wichtiges Ziel für ihn war. Seine Mutterbauch-Vision gab ihm großen Antrieb für seinen spirituellen Weg. Im Jahre 1992 hatte Nils eine Stufe erreicht, bei der sehr oft Durchbrüche in Erleuchtungsdimensionen stattfanden. Es war eine spannende, aber auch sehr anstrengende Zeit. Nils erfuhr oft großes inneres Glück und kosmisches Bewusstsein. Das dauerte meistens einige Stunden an. Dann lösten sich durch die starke Glücksenergie viele innere Verspannungen und Nils geriet in schwierige Reinigungsprozesse. In seinem Körper tobte es und sein Geist wurde depressiv. Nils machte dann sofort spirituelle Übungen. Er ging eine Stunde spazieren. Er las in spirituellen Büchern. Er legte sich ins Bett und meditierte einige Stunden. Bis sich das innere Toben wieder beruhigt hatte. Wenn es gar nicht anders ging, rettete sich Nils auch durch Süßigkeiten oder er setzte sich vor den Fernseher. Das erste Halbjahr 1992 war eine sehr anstrengende Zeit. Nils lebte im ständigen Wechsel von Freude und Leid. Diese Wechselzustände zehrten erheblich an seinen Kräften. Obwohl ihn die vielen Erfahrungen auch begeisterten. Aber er freute sich doch, als sich die starken Energieprozesse nach einiger Zeit wieder beruhigten. Nils gelangte jetzt zwar nur noch selten ins große Glück. Aber dafür wurden auch die schwierigen Phasen weniger. Ab dem Herbst 1992 schritt der innere Reinigungsprozess relativ gleichmäßig voran. Dafür gab es nach der Ansicht von Nils zwei Gründe. Zum Ersten ging Nils etwas sanfter mit sich um. Er praktizierte seine Übungen sensibler und nicht mehr so radikal. 77 Zum Zweiten lebte er jetzt nach einem sehr ausgefeilten spirituellen Tagesplan, mit dem er ein Absacken in negative Geisteszustände weitgehend vermeiden konnte. Bei seinen spirituellen Übungen kombinierte er Reinigungs- und Erholungsphasen miteinander. Im Dezember 1995, nach sieben Jahren, begann dann wieder eine schwierige Zeit. Intensive Energien zogen durch seinen Körper. Nachts konnte er oft nicht schlafen und tagsüber war er schlaff und ausgelaugt. Besonders schlimm wurde es im dreizehnten Yogi-Jahr. Es ging Nils seelisch sehr schlecht. Er hatte nacheinander eine Krankheit, einen Verkehrsunfall und die Yogafrau trennte sich endgültig von ihm. Nils sah es so, dass sich hier viel schlechtes Karma aus früheren Leben abbaute. Die letzte große Reinigungsphase war dann im März 2003. In kurzer Zeit lösten sich viele innere Verspannungen. Nils stand vier Wochen lang wie unter Strom. Er hatte ein Gefühl, als ob er seine Hände in eine Steckdose gesteckt hätte. Er glühte so sehr, dass er nachts fast keine Bettdecke brauchte. Obwohl es Winter war. Nach vier Wochen schaltete der Kosmos den Strom wieder aus. Nils musste sich eine Woche erholen. Er aß einen Tag ganz viel Kuchen. Und dann ging es ihm wieder gut. Die spirituellen Reinigungswege der Yogis sind verschieden. Die Menschen sind sehr unterschiedlich und haben unterschiedliche Verspannungsstrukturen. Manche Verspannungsstrukturen lösen sich schnell auf und bei anderen dauert es eine lange Zeit, bis überhaupt ein sichtbarer Erfolg eintritt. Manche Menschen brauchen radikale Methoden und für andere Menschen ist ein sanfter Weg am besten. Auf dem Yoga-Weg kann man viele Fehler machen. Oft reicht ein kleiner Fehler aus, um einen Yogi um die Frucht des spirituellen Erfolges zu bringen. Der beste Schutz besteht darin, mit innerem Gespür (innerer Weisheit) zu praktizieren und ein ausreichendes spirituelles Wissen zu haben. Bevor wir uns als Yogi niederlassen, sollten wir eine gründliche Ausbildung machen. Wir sollten alle wesentlichen Yoga-Übungen gut kennen. Wir sollten einen Meister haben, den wir von Zeit zu Zeit um Rat fragen können. Probleme gibt es auf dem Yoga-Weg meistens. Kaum ein Yogi erlangt die Erleuchtung ohne schwere Prüfungen. Für den einen Yogi ist es eine Prüfung in der Ausdauer, für den anderen eine Prüfung im Mitgefühl und für den Dritten eine Prüfung durch schwierige Lebenssituationen. Nils musste alle drei Prüfungen ablegen. Die fünf Tätigkeiten Inneres Glück entsteht in einem Menschen, wenn die Verspannungen im Körper und im Geist aufgelöst werden. Buddha hat dafür einen genial einfachen Weg entwickelt. Dieser Weg heißt: "Sitzen, Gehen und Gedankenarbeit." Wenn man beständig über einen langen Zeitraum im Wechsel Sitzen und Gehen praktiziert, werden die inneren Verspannungen optimal abgebaut. 78 Wenn man nur sitzt, wird der Geist schnell träge. Die regelmäßige Bewegung macht den Geist klar und hält den Körper gesund. Sie gibt dem Menschen innere Kraft. Sie befähigt den Menschen kraftvoll seinen spirituellen Weg zu gehen. Sie gibt ihm die Kraft als Sieger zu leben. Wenn man nur geht, ist der Geist zu unruhig. Inneres Glück entsteht aus der inneren Ruhe. Wird der Körper ganz ruhig gehalten, kann man gut in tiefere Dimensionen der Meditation gelangen. Meditieren kann man im Sitzen oder im Liegen. Beides sind gute Meditationsstellungen. Manche Menschen können besser im Liegen und manche besser im Sitzen meditieren. Wer im Liegen leicht einschläft, sollte im Sitzen meditieren. Wer nicht lange mit geradem Rücken aufrecht sitzen kann, sollte vorwiegend im Liegen meditieren. Neben dem Sitzen und Gehen spielt nach Buddha für die Auflösung der inneren Verspannungen die Gedankenarbeit eine große Rolle. Ein Yogi sollte Gedanken der Liebe, Weisheit und Selbstdisziplin entwickeln. Er muss im Laufe der Zeit seine Gedanken immer mehr zur Ruhe bringen. Bis er ganz in der Ruhe lebt. Dann denkt er, wenn er das Denken braucht. Und er verweilt ohne Gedanken, wenn Gedanken nicht notwendig sind. Dieses Grundmodell der Verspannungsauflösung hat Nils zu dem Weg der fünf Tätigkeiten weiter entwickelt. Die Grundväter dieses Weges sind Buddha, Goraksha, Jesus und Swami Shivananda. Aus ihren Lehren hat er die wesentlichen Punkte entnommen und zu einem einfachen spirituellen System verdichtet. Von Buddha stammt der regelmäßige Wechsel von Sitzen/Liegen und Gehen. Goraksha hat die Yogübungen eingebracht. Jesus hat den Weg der umfassenden Liebe (Gutes tun) hinzugefügt. Und Swami Shivananda hat dieses System mit dem Element der Lebensfreude (etwas Genuß) versehen. Die fünf Tätigkeiten des Glücks-Yoga (intuitiver Hatha-Yoga) sind: Liegen (oder Sitzen/Meditieren), Lesen (Gedankenarbeit), Gehen (Sport, Yoga), Gutes tun (etwas Arbeiten) und das Leben genießen. Diese fünf Tätigkeiten im ständigen Wechsel haben sich für Nils als ein sehr effektiver Weg der Verspannungsauflösung erwiesen. Seine Meditation teilt Nils grundsätzlich in zwei Stufen ein. In der ersten Stufe reinigt er durch Visualisierungen, Mantras und Atemübungen seine Energiekanäle und aktiviert seine KundaliniEnergie. Diese Techniken praktiziert er so lange, bis ein starker innerer Lösungsprozess entsteht, der von alleine weiter lebt. Dann stoppt er radikal für einige Minuten alle Gedanken. Sein Geist kommt ganz zur Ruhe. Anschließend verweilt er einfach nur in der Ruhe und lässt die Gedanken und Gefühle kommen und gehen, wie sie wollen. Das ist die Stufe der Zen-Meditation (das Verweilen in der selbsttätigen Meditation). Alle stressbehafteten Gedanken und Gefühle kommen hoch. Würde man jetzt die Gedanken unterdrücken, würde kein tiefer Lösungsprozess entstehen. Diesen Punkt machen viele Yogis falsch und blockieren damit ihre Erleuchtung. Die zweite sehr wichtige Tätigkeit für jeden Yogi ist das Lesen. Mit dem Lesen von spirituellen Büchern reinigt der Yogi seinen Geist. Er löst die Verspannungen im Körper und im Geist auf. Wenn man in dem Buch eines erleuchteten Meisters liest, fließt die Energie des Meisters in einen hinein. Der Meister kann den Yogi beim Lesen sehen und ihm die Impulse geben, die er gerade 79 braucht. Nils betont deshalb sehr das tägliche Lesen in den Büchern der großen erleuchteten Meister (oder ihrer Schüler). Jeder Mensch kann die Bücher lesen, die ihn inspirieren und spirituell stärken. Es gibt viele Tausende spiritueller Bücher, so dass das Lesen immer spannend bleibt. Die dritte Tätigkeit ist das Gehen. Dieser Punkt steht für Ausdauersport und Kreislauftraining. Wir können statt Spazierengehen auch Laufen, Radfahren, Schwimmen oder Yoga praktizieren. Der Dalai Lama trainiert jeden Tag eine halbe Stunde auf seinem Heimfahrrad. Swami Shivananda liebte das tägliche Laufen. Nils geht jeden Tag zweimal eine Stunde in der freien Natur spazieren. Für jeden Menschen gibt es Übungen, die er für seine Gesundheit machen kann. Der Prinz Caurangi war schwer behindert und konnte nur im Bett liegen. Er praktizierte jeden Tag die Blasebalgatmung und das Bauchmuskelkreisen. Für Yogis in Höhlen wurden die tibetischen Niederwerfungen (immer wieder aufstehen und auf den Boden legen) und das Sonnengebet (eine sehr bekannte Yoga-Übung) entwickelt. Die vierte Tätigkeit ist der tägliche Karma-Yoga. Nils nennt diesen Punkt "Gutes tun". Karma-Yoga öffnet das Herz, gibt innere Kraft und entwickelt das Bewusstsein der umfassenden Liebe. Karma-Yoga können wir als Yogi jeden Tag eine bis sechs Stunden lang praktizieren. Swami Shivananda empfiehlt generell eine Stunde. Sai Baba ist eher für sechs Stunden. Und Nils hat für sich etwa drei bis vier Stunden täglich als gut herausgefunden. Jeder Mensch hat seine persönliche optimale Zeitdauer. Wer zuviel arbeitet, verbraucht seine spirituelle Energie. Wer zu wenig Karma-Yoga praktiziert, wächst zu wenig in der Eigenschaft der umfassenden Liebe. Karma-Yoga kann auch durch einen Beruf ausgeübt werden. Dann muss der Beruf mit einem KarmaYogabewusstsein praktiziert werden und darf nicht zu stressintensiv sein. Gut ist eine Halbtagstätigkeit. Auch ein Yogi braucht in der heutigen Zeit Geld. Entweder er hat Geld gespart oder er verdient sich etwas Geld nebenbei. Viel Geld braucht ein Yogi normalerweise nicht, weil er keine großen weltlichen Bedürfnisse hat. Aber etwas Geld ist notwendig und für einen Yogi vollständig in Ordnung. Die fünfte Tätigkeit besteht darin, das Leben zu genießen. Wir sollten uns unser Yogi-Leben schön gestalten, damit wir langfristig auf unserem Weg bleiben. Wir sollten bewusst auch die Freude in unserem Leben pflegen. Wir sollten jeden Tag etwas tun, was unser Herz öffnet und das Licht in unser Leben bringt. Jeder Mensch hat seine eigenen Vorlieben. Wir können jeden Tag etwas schöne Musik hören, etwas Schönes essen, ein schönes Buch lesen, einen schönen Film im Fernsehen sehen oder kreativ einem schönen Hobby nachgehen (malen, musizieren, schreiben). Bei der Beschäftigung mit angenehmen Dingen ist das richtige Maß zu beachten. Zu viel Genuss von weltlichen Dingen kann unserem Körper oder unserer Seele schaden. Zu wenig Lebensgenuss kann uns trübsinnig machen. Für die tägliche Freude ist eine Zeit von ein bis zwei Stunden normalerweise angemessen. Zu viel direkten Kontakt mit anderen Menschen sollten wir in der ersten Phase der Entwicklung des inneren Glücks vermeiden. Als Yogi muss man sehr sensibel herausfinden, wie viel Kontakt zu anderen Menschen einem gut tut. 80 Der tibetische Meister Patrul Rinpoche traf sich in Zeiten des intensiven Übens grundsätzlich nur einmal in der Woche mit seinen Schülern. Der Yogi Muktananda hatte am Anfang seines Sadhanas jeden Tag viele Stunden Kontakt mit anderen Menschen. Das kostete ihn so viel Energie, dass er nicht mehr in tiefe Meditationen gelangen konnte. Er reduzierte daraufhin sämtliche Besuche auf eine Stunde am Tag. Ab einem bestimmten Punkt der äußeren Ruhe wendet sich die Energie eines Menschen nach innen. Sie lebt sich nicht mehr in äußeren Aktivitäten aus. Sie verlagert vielmehr ihren Schwerpunkt auf die innere Reinigung, die Auflösung der Verspannungen und die Entwicklung des inneren Glücks. Der Yogi wird dann weitgehend von alleine von seiner eigenen Lebensenergie gereinigt. Er braucht nicht mehr sehr viele spirituelle Übungen zu machen. Er muss nur in einem Zustand der ausreichenden körperlichen und geistigen Ruhe bleiben. Diesen Punkt der Umkehr der inneren Energie muss jeder Yogi finden. Er ist schwer zu finden und vor allem schwer zu bewahren. Die Lebensenergie drängt in die Überaktivität oder in die Trägheit. Beides muss ein Yogi mit täglicher Selbstdisziplin konsequent verhindern. Wenn ein Yogi Kontakt zu anderen Menschen hat, kann er in einem bestimmten Umfang seine Energie auch dadurch bewahren, dass er seinen Mund ruhig hält oder nur wenig redet. Wer wenig redet, verbraucht wenig Energie. Es gibt im Yoga die Technik des Schweigens (Mauna), die von vielen Meistern empfohlen wird. Als Mauni redet man entweder gar nicht, schreibt seine Worte auf oder beschränkt sich auf notwendige Worte. Ein effektives Yogi-Leben fühlt sich an wie ein ständiges Schwimmen gegen den Strom der eigenen neurotischen Impulse. Es ist wie ein Leben in einem Dampfkochtopf. Erst ist die Ruhe unerträglich langweilig und dann fängt die Energie plötzlich intensiv an in einem zu arbeiten. Wenn wir den Ruhedruck beständig bewahren, entsteht inneres Glück. Wir verwirklichen unser wahres Selbst, unseren tieferen Lebenssinn. Wir gelangen in ein dauerhaftes Leben im Licht. Wir leben im Sat-Chid-Ananda (Sein-Einheit-Seeligkeit), in Gott (in einer höheren Dimension), im Paradies, im kosmischen Bewusstsein. Nach Swami Shivananda entsteht Erleuchtung durch die drei großen Grundsätze Ruhe, Üben und Liebe. Wenn ein Yogi alleine an einem Ort der Ruhe lebt, hat er die Hälfte des Weges zur Erleuchtung schon geschafft. Die zweite Hälfte bewältigt er mit seinen spirituellen Übungen. Durch das große Tor zu einem Leben im Licht schreitet er durch den Weg der umfassenden Liebe. Wenn ein Yogi im Schwerpunkt für das Glück seiner Mitmenschen und für das Ziel einer glücklichen Welt lebt, dann löst sich sein Ego auf. Verschwindet das Ego, ist der Mensch im Licht. Er entspannt sich so tief in seiner Seele, dass die Glücksenergie in ihm erwacht.