Evelyn und das große Glück

In einer Diskothek lernte Nils 1971 Evelyn kennen. Evelyn hatte blonde Haare und einen großen Busen. Nils achtete damals bei Frauen eher auf die äußeren als auf die inneren Werte. Und von den äußeren Werten her gesehen gefiel Evelyn ihm sehr gut. Evelyn war auf der Suche nach dem großen Glück in einer Beziehung. Sie war auf der Suche nach ihrem Traummann. Für einige Zeit hatte sie die Idee, dass Nils dieser Traummann wäre. Nils hat sich auch redlich bemüht. Aber auf die Dauer war er doch etwas überfordert, was Evelyns Vorstellungen von einer perfekten Beziehung anbelangte. Wir können es kaum glauben, aber Nils hatte auch einige Fehler. Insbesondere war er etwas unachtsam in äußeren Dingen. Das hat Evelyn auf die Dauer ziemlich genervt. 10 Evelyn machte eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin. Sie stammte aus einem schwierigen Elternhaus. Ihre Eltern hatten sich viel gestritten. Sie sehnte sich nach Liebe, Zärtlichkeit und Geborgenheit. Sie hoffte bei Nils das Glück zu finden, das sie in ihrem Elternhaus vermißt hatte und dass sie auch aus sich selbst heraus alleine nicht besaß. Nils war jetzt ein Student. Er lebte zusammen mit zwei Freunden in seinem kleinen Haus in Hamburg-Duvenstedt. Das Haus hatte er von seinen Großeltern geerbt. Es lag etwas abseits vom Ort in einem Naturschutzgebiet. Sie hatten viel Freiraum. Sie konnten die Musik so laut machen, wie sie wollten. Evelyn besuchte Nils oft in seiner Männerwohngemeinschaft. Sie gingen zusammen tanzen. Sie redeten viel und waren sehr zärtlich zueinander. Sie lernten immer besser ihre Körper kennen. Nach einem halben Jahr fanden sie den Weg ins Bett. Sie schrieben einander viele Liebebriefe. Ein besonders schöner Satz von Evelyn lautete: "Das Leben ist wie ein tiefer Strom. Jeder versucht sich über Wasser zu halten. Mancher treibt alleine. Und ein anderer hat jemanden, an dem er sich festhalten kann. Und der sich auch an ihm festhalten kann. Das ist ein großes Geschenk." Im ersten Jahr waren Evelyn und Nils noch sehr verliebt. Das ist normal. Im zweiten Jahr waren sie nicht mehr ganz so stark verliebt. Das ist auch normal. Im dritten Jahr begannen sie sich viel zu streiten. Das ist leider sehr normal in der heutigen Zeit. Evelyn und Nils merkten, dass ihre Beziehung in eine kritische Phase kam. Sie erkannten, dass sie an einem Wendepunkt angekommen war und dass jetzt gehandelt werden mußte. Das war an sich bereits eine große Leistung. Viele Paare wachen erst auf, wenn sich die negativen Strukturen völlig verfestigt haben. Dann ist oft kaum noch etwas zu machen. Wer rechtzeitig seine Beziehung in die richtige Richtung lenkt, kann langfristig eine glückliche Beziehung erhalten. Doch was ist der Weg einer langfristig glücklichen Beziehung? Evelyn und Nils versuchten ein besseres Kommunikationsverhalten zu erlernen. Sie kauften sich ein Buch über positive Beziehungen und arbeiteten es gemeinsam durch. Geholfen hat es ihnen nicht viel. Das Zentrum ihrer Schwierigkeiten lag darin, dass Evelyn von Nils erwartete, dass er ihren Ansprüchen an einen Traummann entsprach. Sie erwartete von Nils, dass er sie dauerhaft auf einer tiefen Ebene glücklich macht. Evelyn suchte nicht das Hauptglück in sich selbst. Sie ging nicht den Weg des inneren Glücks und des täglichen spirituellen Übens. Wer aus sich selbst heraus glücklich ist, braucht vom Partner nur etwas Glück. Wer mit sich selbst unglücklich ist, braucht vom Partner viel Glück und überfordert ihn damit normalerweise auf die Dauer. Evelyn und Nils kannten nicht den Weg einer glücklichen Beziehung. Eine Beziehung beruht normalerweise auf einer Suchtliebe. Jeder möchte vom anderen etwas haben. Er möchte Liebe, Sex, Zärtlichkeit, Sicherheit oder Geborgenheit. Wenn wir unsere Beziehung auf der Basis des Habenwollens leben, schrumpft langfristig die Liebe und wir geraten in ständige Machtkämpfe. Wer am besten kämpfen kann, bekommt am meisten. Nur hat die Liebe bei so einem Verhalten langfristig keine Chance. Für den Anfang einer Partnerschaft ist die Suchtliebe normal. Wenn die Partnerschaft aber langfristig gelingen soll, muss sie nach einiger Zeit auf eine spirituelle Grundlage umgestellt werden. Die Basis der Beziehung müssen die positiven Werte Weisheit, Liebe, Frieden, innere Arbeit und gegenseitige Unterstützung sein. Wir verankern uns primär im Ziel des eigenen inneren Glücks und nicht in 11 unserem Partner. Wir lösen uns langsam vom Lebensgrundsatz des äußeren Glücks und erwarten unser Hauptglück von uns selbst. Wir üben in unserer Beziehung das positive Denken und die GebenLiebe. Wenn wir so unsere Beziehung leben, wird sie langfristig glücklich. Wir wachsen immer mehr im Glück und in der Liebe. Die Suchtliebe verbraucht sich nach einiger Zeit. Die Geben-Liebe ist wahre Liebe und kann unbegrenzt wachsen. Ein reines Herzchakra kann sich bis in die höchsten Höhen der Erleuchtung öffnen. Bis wir nur noch Liebe sind, in der Liebe leben und Liebe in die Welt ausstrahlen. Der Weg des äußeren Glücks besteht darin, durch einen anderen Menschen glücklich werden zu wollen. Dieser Weg ist ein Suchtweg. Er geht deshalb grundsätzlich langfristig schief. Wer sein Hauptglück von einem anderen Menschen erwartet, wird langfristig normalerweise immer irgendwann enttäuscht. Irgendwann ist die Anfangsfreude vorbei und beide Menschen werden auf ihre eigene Psyche zurückgeworfen. Die meisten Menschen geben dann dem Partner die Schuld am fehlenden Beziehungsglück. Sie beginnen zu streiten oder ziehen sich frustriert innerlich zurück. Wir müssen die Philosophie des äußeren Glücks überwinden. Dann können wir auch langfristig glückliche Beziehungen leben. Evelyn hatte ihre Beziehungsvorstellungen aus dem Kino. Nils orientierte sich an den psychoanalytischen Theorien von Sigmund Freud. Beides sind Wege der großen Fehlorientierung. Sie führen ins Beziehungsunglück. Die meisten Schauspieler, die in der Welt des Filmes leben, haben unglückliche Beziehungen und trennen sich irgendwann. Gleiches gilt für die Psychologen. Die besten Beziehungen haben nach wissenschaftlichen Untersuchungen die Menschen, die regelmäßig die Spiritualität in ihrer Beziehung pflegen. Statt sich im positiven Denken zu üben, konzentrierte sich Evelyn auf die Fehler von Nils. Ein spiritueller Mensch beschäftigt sich nur mit seinen eigenen Fehlern. Bei anderen Menschen konzentriert er sich auf die positiven Seiten. Die Yoga-Begrüßung "Namaste" bedeutet: "Ich sehe Gott in dir." Wer das Positive (Gott) in seinen Mitmenschen zu sehen übt, erweckt dadurch sein inneres Glück. Wer sich auf das Negative fixiert, verstärkt das Negative in sich selbst. Evelyn sah vorwiegend die negativen Eigenschaften von Nils und erweckte dadurch die Wut in sich. Im dritten Jahr ihrer Beziehung stritten sie intensiv. Nils versuchte zu begreifen, was hier vor sich ging. Die süße Evelyn hatte sich in einen Beziehungsdrachen verwandelt. Irgendwann begann sich Evelyn nach anderen Männern umzusehen. Und Nils suchte sich eine andere Frau. Das schöne Märchen von Evelyn und Nils hatte ein trauriges Ende.