Die Yogafrau 

Irgendwo in Hamburg saß im Herbst 1991 eine kleine Gruppe von Yoga-Schülern eng zusammengescharrt um einen kleinen unbedeutenden Yogalehrer. Draußen wehte der kalte Wind. Der Yogaraum war karg eingerichtet. Altes Schulmobiliar war notdürftig zur Seite geräumt. Aber es war wenigstens gemütlich warm: Die Heizung funktionierte. Der Raum war dunkel. In der Mitte brannte eine einsame Kerze. Mit leisen Worten sprach der Yogalehrer zu seinen Leuten. Die Gruppe hatte sich neu gebildet. Der Yogalehrer gab ihnen eine kurze Einführung in den Yoga. Danach stellten sich alle Teilnehmer der Reihe nach vor. Dann begann der Yoga-Unterricht. Am ersten Abend gab es nur eine kleine Einstimmung in den Hatha-Yoga. Sie praktizierten einige Grundübungen und machten zum Schluss eine längere Meditation im Liegen. Der Yoga-Lehrer betrachtete die Teilnehmer an seinem Yoga-Kurs. Die meisten Menschen kannte er nicht. Überwiegend waren es Frauen, die sich für seinen Kurs angemeldet hatten. Nur einige wenige Männer hatten den Mut, sich einmal etwas intensiver mit ihrem Körper zu beschäftigen. Für die meisten Kursteilnehmer war Yoga eine neue Erfahrung. Sie waren gespannt, was sie erwartete. Überwiegend versprachen sie sich Stressabbau und etwas gute Energie. Die meisten Teilnehmer waren berufstätig und durch ihren Beruf stark gestresst. Sie brauchten dringend ein Entspannungsprogramm. Wie sahen sie den Yogalehrer? Für die meisten Teilnehmer war er nur irgendein Mensch, dessen Arbeitskraft sie für eine gewisse Zeit für wenig Geld gebucht hatten. Sie hofften, dass er seinen Job einigermaßen gut machen würde. Sie wollten, dass er nett war. Mehr verlangten sie nicht. Erleuchtung war für die meisten von ihnen ein Fremdwort. Vom inneren Glück hatten sie noch nie etwas gehört. Einige Frauen sahen den Yogalehrer mit etwas anderen Augen. Für sie war er ein Alpha-Männchen, eine Art Anführer, ein Chef der Urhorde. Insgeheim projizierten sie auf ihn ihre Sehnsüchte nach Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Sie entwickelten irreale Phantasien und strahlten ihre sexuellen Energien auf den armen Yogalehrer. Sie dachten, er bemerkte das nicht. Er bemerkte es. Er kannte ihre Gedanken und Gefühle. Er spürte ihre Energien. Doch andererseits stand er auch über den Dingen. Er sah Anhaftungsenergien als einen normalen Bestandteil des Lebens an. Nach einiger Zeit würde sich alles wieder beruhigen. Im Laufe der Yoga-Stunden würde er sie zur Arbeit an sich selbst lenken. Sie würden sich dann vorwiegend mit ihrem Körper, ihren Gedanken und ihrem Yoga-Prozess beschäftigen. Außerdem sah er alle Menschen grundsätzlich positiv. Er praktizierte die umfassende Liebe. Er war grundsätzlich ein Helfer und Freund aller seiner Kursteilnehmer. Ihre Schwächen bemerkte er kaum. Er konzentrierte sich auf das Positive in ihnen. Er überlegte, wie er ihnen am besten helfen konnte. Er wollte, dass sie sich gut entspannen, positiv gestimmt werden und etwas auch den tieferen Sinn des Yoga begreifen. 65 Doch dann war da diese Frau, die absolut zu starke Energien auf ihn ausstrahlte. Energien der Liebe und der Sexualität. Der Yogalehrer war nach kurzer Zeit in eine Wolke aus exstatischer Glücksenergie eingehüllt. So etwas hatte er noch nicht erlebt. Eine Frau mit so starken Energien hatte er noch nie getroffen. Er spürte, dass sie ihn wollte. Auch wenn ihr selbst ihre geheimen Sehnsüchte noch nicht ganz klar waren. Der arme kleine Yogalehrer sandte ein Stoßgebet zum Himmel: "Dieser Frau kann ich nicht widerstehen!" Der Himmel schwieg. Also war es wohl sein Karma, dass er nicht widerstand. Nach der Yogastunde fragte er sie unverbindlich, ob sie sich einmal treffen könnten. Die Frau wollte sich das überlegen. Was ging in ihr vor? Sie hat ihre Gedanken später aufgeschrieben: "Völlig unbelastet ging ich in den Yogakurs. Ich war schon gleich am ersten Abend sehr begeistert. Es ist wunderbar, habe ich überall erzählt. Nils habe ich nur im Unterbewusstsein wahrgenommen. Ich konnte kaum verstehen, was er sagte, weil er so leise sprach. Ich fühlte, dass ich hier so sein kann wie ich möchte. Nichts geschönt. Nichts gestellt. Vielleicht war das für mich das Ausschlaggebende. Ich sein zu dürfen. Ungeschminkt mit zerbeulter Trainingshose. Keiner schaut dir zu. Du kannst dich ganz auf dich konzentrieren. Ich habe Nils öfter von der Seite beobachtet. Ein Yogi, der anders ist als der Durchschnittsmensch. Etwas unantastbar, unnah und doch auch nah, wenn er lächelt. Distanz zu seiner Schülerschar, andererseits Aufmunterung zum Sich-Fallen-Lassen. Und gibt sich selbst dafür als Vorbild. Ich habe nichts gemerkt und war wohl schon verliebt. Ich glaubte es sei der Kurs, aber es war Nils. Er ist mir unter die Haut gegangen - oder direkt ins Herz von Beginn an. Als er mich ansprach, habe ich folgerichtig reagiert. Es sollte so sein und konnte nicht anders sein. Es musste so kommen. Eine Fügung des Kosmos und wir taten das Unsere hinzu." Einige Tage später kam ein Brief in seiner Yogihütte an. Er enthielt ihre Telefonnummer. Nils rief die Yogafrau an und verabredete ein Treffen mit ihr. Er fuhr zu ihr hin, klingelte an der Haustür und sie öffnete ihm. Sie sahen sich an. Sie umarmten sich. Und eine gewaltige Energie aus Liebe erfasste sie. Sie waren wie in Trance. Sie gingen in ihre Wohnung. Die Yogafrau meinte, dass sie eigentlich gar nicht miteinander zu schlafen bräuchten. Die Energie sei schon jetzt vollständig stark. Nils sah die Dinge etwas anders. Und so zogen sie sich aus und legten sich in ihr Bett. Sie waren sehr zärtlich zueinander. Die Energie nahm immer mehr zu. Sie schliefen miteinander und verschmolzen zu einer Einheit aus Liebe und Glück. Sie versanken in einer endlosen Flut aus Hingabe, Liebe und Lust. Sie harmonierten gut miteinander. Beide waren sehr glücklich über das Geschenk ihrer Liebe. 66 Sie trafen sich immer wieder. Wochenende für Wochenende begann auf das Neue der Tanz der Exstase. Sie schliefen oft stundenlang miteinander. Die Frau sagte, dass sie so etwas noch nicht erlebt habe. Sie hatte keine Erfahrung mit dem Tantra-Yoga. Hier trafen zwei spirituell passende Menschen aufeinander. Ihre Energien entsprachen sich. Eine starke weibliche Energie traf auf eine starke männliche Energie. Sie waren ein wunderbares Paar. Da beide positiv und zärtlich miteinander umgingen, wurde ein Wachstum ins Licht möglich. Ihre Energien verbrauchten sich nicht im Liebesspiel, sondern nahmen durch den Tantra-Yoga immer mehr zu. Das Glück wurde immer größer. Nils hatte keine Tantra-Bücher gelesen und keine Tantra-Workshops besucht. Er kam nicht aus der Tantra-Szene. Er kam von der Philosophie, vom Hatha-Yoga und vom Buddhismus. Nils hatte in seinen vorherigen Beziehungen zwar etwas Tantra-Yoga praktiziert. Aber bei der YogaFrau machte er seine entscheidenden Tantra-Erfahrungen. Hier erreichte sein Tantra-Weg seinen Höhepunkt. Hier begriff Nils, was Tantra-Yoga wirklich bedeutet. Nils glaubt, dass er von seinen Meistern geführt worden ist. Sie brachten ihn zu einer intuitiven Form des Tantra-Yoga. Rituale praktizierte er nicht. Er erspürte eher seinen Weg. Tantra-Yoga ist eine Kunst Tantra-Yoga ist der Weg der Aktivierung der Kundalini-Kraft durch sexuelle Energie. Die starke Energie beim Sex wird genutzt, um die Verspannungen im Körper zu lösen und die Erleuchtungsenergie zu erwecken. Die Hauptschwierigkeit beim Tantra-Yoga besteht darin den Samenerguss zu kontrollieren. Tantrischer Sex ist höchster Genuss für die Frau und eine große Kunst für den Mann. Er fordert vom Mann große Selbstdisziplin, einen Verzicht auf egoistischen Genuss und ein großes Gespür für die richtige Lenkung der Energien. Der Mann kann am Ende des tantrischen Sexes einen Samenerguss haben, wenn das Paar nur selten Sex praktiziert. Hat der Mann zu oft einen Samenerguss, verliert er seine spirituelle Energie und beginnt negativ zu denken. Wenn der Mann am Ende des tantrischen Sexes keinen Samenerguss hat, kann er öfter Sex praktizieren, ohne seine Energie zu verbrauchen. Es gibt viele Techniken zur Kontrolle des Samenergusses. Der Mann muss ausprobieren, was bei ihm am besten funktioniert. Hilfreich ist eine regelmäßige Yoga- und Meditationspraxis. Sie befähigt zur bewussten Lenkung der inneren Energien. Der Hauptweg ist es den Geist und die sexuellen Vorstellungen zu kontrollieren. Wichtig ist es die Intensität der Sexualität so zu steuern, dass kein Samenerguss entsteht. Ein guter Weg der Kontrolle des Samenergusses ist es, sich zuerst eine halbe Stunde beim Sex völlig ruhig zu verhalten. Der Mann dringt etwas in die Frau ein und beide verweilen entspannt in diesem Zustand. Nach etwa einer halben Stunde lässt die Erregungsenergie des Mannes etwas nach. Dadurch ist er normalerweise in der Lage den Samenerguss zu kontrollieren. Jetzt ist Sex so lange möglich, wie es das Paar möchte. Tantra-Yoga ist ein Handeln in starker Energie. Diese Energie muss gehalten werden. Dadurch entsteht die Heilwirkung des Tantra-Yoga. Die Energie fließt in beide Körper und reinigt sie von den 67 Verspannungen. Das innere Glück nimmt langsam immer mehr zu. Bis es zur vollständigen Verschmelzung, Egoauflösung und einem glückseligen Ruhen in der Einheit des Kosmos kommt. Das Paar verweilt so lange im Glück, bis die Glücksenergie wieder verschwindet. Dann beendet es den Tantra-Yoga mit einem positiven Ritual. Beide können sich zum Beispiel beim Kosmos und beim Partner für das große Geschenk einer erfüllten Sexualität bedanken. Sie verbeugen sich mit gefalteten Händen vor dem Kosmos (Gott, Meister) und dem Partner. Sie üben bewusst Dankbarkeit und schützen sich so vor negativen Energien und einem Verlieren ihres spirituellen Weges. Ein großes Problem beim Tantra-Yoga sind negative Gedanken. Innere Verspannungen hängen meistens mit negativen Gedanken zusammen. Werden die Verspannungen aufgelöst, kommen die negativen Gedanken nach oben. Wenn Tantra-Yoga ohne konsequentes positives Denken praktiziert wird, zerstören die negativen Gedanken auf die Dauer die gute Beziehung der beiden Tantra-Yogis. Negative Gedanken können durch positive Gegengedanken, durch Gedankenstopp und durch ein längeres Verweilen in der Ruhe überwunden werden. Hilfreich ist es dem Partner Glück zu wünschen, ihn mit Licht einzuhüllen und ihn als Göttin oder Buddha zu visualisieren. Sehr gut ist es das Ziel einer glücklichen Welt in das Zentrum des Bewusstseins zu rücken. Tantra-Yoga ist nur ein Weg zu einem Leben in Gott und nicht das Ziel selbst. Das müssen wir uns immer wieder klar machen, damit wir uns nicht in der Sexualität verlieren. Damit wir beim Tantra-Yoga den richtigen Weg finden, ist es gut, vom spirituellen Ziel aus zu denken. Wir müssen unser wirkliches Lebensziel in den Mittelpunkt unseres Geistes rücken. Dadurch können wir alle Anhaftungen immer wieder gut auflösen. Ein Buddha ist unabhängig von der Sexualität. Er kann die Sexualität praktizieren, muss es aber nicht. Er lebt letztlich in einem größeren Glück. Dieses Glück kommt aus seinen spirituellen Übungen und aus seinem Leben im Sat-Chid-Ananda (kosmischen Bewusstein). Richtig ist Sex dann, wenn er uns auf unserem spirituellen Weg stärkt. Falsch ist Sex dann, wenn er uns in die Negativität und in die Genusssucht zieht. Jeder Yogi muss genau für sich erspüren, wann er Sex praktizieren sollte und wie viel Sex ihm gut tut. Tantra-Yoga ist der Weg der spirituellen Partnerschaft. Das große Ziel im Tantra-Yoga ist es, dass Mann und Frau gemeinsam zur Erleuchtung gelangen. Es geht beim Tantra-Yoga letztlich nicht primär um den Sex, sondern um die kluge Verbindung des spirituellen Zieles mit dem Leben in einer Beziehung. Es geht darum, dass sich beide Partner auf dem spirituellen Weg unterstützen. Sie bilden ein spirituelles Team, das gemeinsam den Weg ins Licht beschreitet. Die Hauptkraft im Tantra-Yoga kommt nicht aus der Sexualität, sondern aus der Liebe und Treue der Partner. Die Sexualität ist eine zeitlich begrenzte Kraft, aber die Liebe der Partner kann alle Zeiten überdauern. Dazu muss die Liebe klug gepflegt werden. Beide Partner müssen die Wahrheit, die Liebe und die Treue zu ihren zentralen Grundsätzen machen. Sie müssen gerade in schwierigen Zeiten fest zueinander stehen und jeden Tag konsequent das positive Denken üben. Sie müssen sich gegenseitig wünschen, dass sie eine Göttin und ein Buddha werden und nach ihrem Tod ins Paradies gelangen. 68 Nils und seine Yoga-Frau beschritten mutig den Weg der spirituellen Beziehung. Da Nils kein Vorwissen besaß, musste er den Weg der tantrischen Sexualität erspüren. Er musste erspüren, was beiden gut tat und wie sie am besten ihre Sexualität praktizierten. Nils folgte einfach seiner Intuition. Manchmal fragte er auch seine Partnerin oder probierte verschiedene Wege aus. Er hörte auf seinen Körper oder spürte auf den Körper seiner Partnerin. Dadurch wusste er meistens genau, was zu tun und was zu lassen war. Tantrische Bücher las Nils später. Sie bestätigten den Weg, den er für seine Partnerin und für sich als gut herausgefunden hatte. Es gibt tantrische Lehren im Judentum, im tibetischen Buddhismus, im Shivaismus und im chinesischen Taoismus. Die Yoga-Frau war eine Christin. Sie orientierte sich an der christlichen Gemeinschaft von Taize. In Taize leben Christen unterschiedlicher Richtungen zusammen. Katholiken und evangelische Christen überwinden ihre Glaubensgegensätze und arbeiten gemeinsam für eine Welt der Liebe und des Friedens. Sie praktizieren einen einfachen und undogmatischen christlichen Weg, der eine große Anziehungskraft für die Jugend und die heutigen Menschen besitzt. Gegründet wurde Taize von Frere Roger. Frere Roger war ein erleuchteter Meister. Er ist der große evangelische Heilige der heutigen Zeit. Er hat die evangelischen Christen sehr inspiririert und sie zum echten spirituellen Üben geführt. Die Gesänge von Taize werden heute in vielen christlichen Gemeinden gepflegt. Frere Roger hatte eine ökumenische Vision, die über das Christentum hinaus letztlich alle Menschen aller Religionen verbindet. Insofern passten Nils und die Yoga-Frau spirituell sehr gut zusammen. Die Yoga-Frau war als Kind sehr gläubig gewesen. Als Jugendliche hatte sie ihren Glauben weitgehend verloren. Tief in ihr bestand aber eine große Sehnsucht nach einem Leben aus dem Glauben heraus. Der Glaube hatte ihr in ihrer Kindheit viel Sicherheit, Geborgenheit, Kraft und ein positives Lebensgefühl gegeben. Die Yoga-Frau versuchte immer wieder zu ihrem ursprünglichen Glauben zurückzufinden. Sie las regelmäßig in christlichen Büchern und ging manchmal in die Kirche. Ihr fehlte jedoch die Kraft zu einer ausdauernden spirituellen Praxis. Nils interessierte sich sehr für Taize. Auf dieser Basis konnte er sich gut mit der Yoga-Frau austauschen. Er lehrte den individuellen spirituellen Weg jedes Menschen. Diese Lehre konnte er jetzt gut in seiner Beziehung praktizieren. Nils lernte die dogmatischen Schwierigkeiten bei einem Zusammensein von Menschen aus unterschiedlichen Religionen kennen. Er erfuhr aber auch die große Bereicherung, die sich Menschen mit verschiedenen spirituellen Ansichten geben können. Insgesamt empfand er die Beziehung mit seiner christlichen Partnerin als ein großes Geschenk. Das Ende des Glücks Die Christin und der kleine Yogi gingen sehr sensibel miteinander um. Sie bemühten sich eine harmonische und positive Beziehung zu führen. 69 Nils schenkte seiner Partnerin gleich am Anfang der Beziehung sein Buch über das positive Denken. Sie las es und war begeistert. Sie erklärte, dass sie dieses Wissen gerne früher in ihrem Leben gehabt hätte. Die Yogafrau und Nils praktizierten intensiv das positive Denken. Deshalb dauerte die Zeit ihrer großen Verliebtheit drei Jahre. Sie war seine Lakshmi (Göttin der Fülle), seine Parvati (Göttin der Liebe), seine Sarasvati (Göttin der spirituellen Belehrung) und manchmal auch seine Kali (Göttin des Leidens). Sie tanzten den ewigen Tanz von Mann und Frau. Mit Freude, Liebe, Glück und etwas auch mit Leid. Es gab auch Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen. Aber mit dem positiven Denken, dem klaren Willen zu einer guten Beziehung und der Gnade Gottes überwanden sie immer wieder alle Probleme und fanden zurück zur Liebe. Ein großes Problem für viele Beziehungen in der westlichen Welt ist der Berufsstress. Etwas Stress im Beruf ist nicht so schlimm. Etwas Stress kann man durch Yoga, positives Denken und eine tägliche Meditation wieder abbauen. Problematisch dagegen ist der andauernde und übergroße Stress. Die westliche Gesellschaft ist eine Leistungsgesellschaft. In den letzten Jahrzehnten hat der Leistungsdruck in den meisten Berufen stark zugenommen. Übergroßer Stress führt auf die Dauer zu inneren Verspannungen. Diese Verspannungen bewirken ein Anwachsen des negativen Denkens. Das sexuelle Bedürfnis reduziert sich. Für Menschen, die unter großem Berufsstress stehen, ist es auf die Dauer sehr schwierig eine positive Beziehung zu führen. Sie verlieren das sexuelle Interesse aneinander und zerstören ihre Beziehung durch negatives Denken. Die Yogafrau hatte in ihrem Beruf einen erheblichen Stress. Dieser Stress nahm im Laufe der Jahre immer mehr zu. Gleichzeitig wurde sie älter und war immer weniger in der Lage den Berufsstress wieder abzubauen. Sie machte Anti-Stresskurse und bemühte sich um ein gutes Stressmanagement. Aber das Einzige, was wirklich geholfen hätte, wäre eine erhebliche Reduzierung der Arbeitszeit gewesen. Sie hätte halbtags arbeiten müssen, um den übergroßen Berufsstress ausreichend abbauen zu können. Zu einer solchen Entscheidung fehlten ihr die Weisheit und die innere Kraft. Sie hätte halbtags arbeiten können, aber dazu wäre ein Verzicht auf äußerem Konsum (billigere Wohnung) notwendig gewesen. Dazu war die Yogafrau nicht bereit. Sie vollzog nicht die große Wende in ihrem Berufsleben, als diese große Wende notwendig war. Sie fing an Nils zu kritisieren. Sie konzentrierte sich auf seine negativen Seiten und fand ständig irgend etwas, was ihr nicht gefiel. Jedes kleine Fehlverhalten begann sie stark zu nerven. Sie sah kaum noch das Positive. Das konnte auf die Dauer nicht gut gehen. Nach zehn Jahren endete die Beziehung zwischen Nils und der Yogafrau. Im Mai 2001 schrieb sie ihm, dass sie ihren Weg alleine gehen wollte. Diesen Wunsch musste er akzeptieren. Nils hätte gerne sein Alter in einer Beziehung und nicht alleine als Yogi verbracht. Eine Beziehung in getrennten Wohnungen mit einer spirituellen Partnerin war sein Wunschtraum. 70 Der Hauptsinn seines Lebens war es als abgeschiedener Yogi zu leben. Aber von Zeit zu Zeit etwas Sex, Zärtlichkeit und gute Gespräche hätte er gerne gehabt. Und vielleicht hätte die Yoga-Frau ja auch davon seelisch, körperlich und spirituell profitiert. Sechs Jahre waren sie glücklich gewesen. Vier Jahre hatten sie intensiv über sich und ihre Beziehung diskutiert. Sie hatten versucht, die Beziehung mit viel Abstand zu retten. Das war ihnen leider nicht gelungen. Die Yoga-Frau sah das Leben als einen Tanz an. Beziehungen kommen und gehen. Nils vertrat eher den Weg der dauerhaften Beziehung. Zwei Menschen sollten in Freude und Leid zueinander stehen und sich gemeinsam auf dem Weg ins Licht helfen. Andererseits kann ein Yogi auch als Single glücklich sein. Und wenn der Kosmos diesen Weg für Nils vorgehen hat, ist dagegen nichts einzuwenden. Alle äußeren Erscheinungen sind letztlich vorübergehende Phänomene. Es gibt kein wirkliches Leid. Das äußere Leben ist für einen erleuchteten Menschen ein relativ unwirklicher Traum. Nur Gott ist wirklich. Ein Yogi verweilt im Licht und in der umfassenden Liebe. Und bleibt immer glücklich. Jedenfalls meistens. Etwas Trauer gehört zum Leben auf der Erde dazu.