Kundalini-Erfahrungen

Mitte 1985 fing Nils bei der Meditation plötzlich heftig zu atmen an. Nach etwa fünfzehn Minuten wurde die Atmung wieder normal. Dafür begann der Körper jetzt etwa eine Stunde lang intensiv zu zucken. Solche Erfahrungen hatte Nils jetzt häufig. Es waren Prozesse, in denen sich Verspannungen lösten. Durch die intensive Atmung wurden die Muskeln mit Energie versorgt. Daraufhin konnten sie allen aus früheren Zeiten gespeicherten Stress loslassen. Das äußerte sich in Muskelzucken, innerer Unruhe, Kälte- und Wärmegefühlen. Die Lösungsprozesse dauerten oft ein bis zwei Tage an. Im November 1986 hatte Nils sein erstes großes Erleuchtungserlebnis. Bei einer Meditation im Liegen stieg plötzlich eine warme Energiesäule aus dem Unterbauch in der Mitte seines Körpers langsam aufwärts. Nils beobachtete die Energie interessiert. Je höher die Energie stieg, um so ruhiger wurde er. Es fühlte sich an wie ein dicker warmer Wasserstrahl. Als die Energiesäule die Mitte seines Kopfes erreicht hatte, löste sich sein Ich-Bewusstsein auf. Nils wurde eins mit der umfassenden Liebe des Kosmos. Er empfand höchste Glückseligkeit. Sehr wichtig war für Nils die Erfahrung einer umfassenden Richtigkeit. Nils konnte als Kind nie den überhöhten Ansprüchen seiner Mutter genügen. Er hatte bis zu diesem Erleuchtungserlebnis immer das Gefühl, er sei nicht richtig so wie er war. Er sei irgendwie ungenügend, minderwertig. Jetzt kam bei ihm spontan der Gedanke, dass alles so richtig ist wie es ist. Auch er sei genau so richtig, wie er sei. Tiefe Minderwertigkeitskomplexe in ihm lösten sich auf. Der Zustand der Glückseligkeit hielt etwa eine halbe Stunde an. Einige Stunden nach dieser Erfahrung war Nils noch sehr unruhig. In ihm tobten viele Lösungsprozesse. Aber nach einiger Zeit beruhigte sich alles wieder. Im Yoga wird diese Erfahrung als die Vereinigung von Shiva und von Shakti (der Frau von Shiva, der Urenergie) bezeichnet. Es ist die höchste Stufe des Hatha-Yoga. Es ist die höchste Form der Erfahrung des inneren Glücks. Nils wurde gleich am Anfang seines Yoga-Weges mit einer hohen Erleuchtungserfahrung gesegnet. Die Hauptbedeutung dieser Erfahrung lag darin, dass Nils jetzt das Ziel des Yoga kannte. Er war dadurch in der Lage zielorientiert zu üben und später zielorientiert zu lehren. Er konnte alle seine Bücher vor dem Hintergrund eines tiefen persönlichen Wissens vom Ziel des Yoga schreiben. In Nils entstand der Gedanke, dass er jetzt alles wußte. Dieser Gedanke entsteht oft bei Menschen mit einer derartigen Erfahrung. In gewisser Weise stimmt das auch. Man weiß jetzt, wo das größte Glück des Menschen zu finden ist. Nils war plötzlich in der Lage, alle Heiligen Schriften der Menschheit auf einer tiefen Ebene zu verstehen. Wer keine echte Erleuchtungserfahrung hat, kann nicht wirklich die Bibel, die Reden 28 Buddhas oder die Bhagavadgita begreifen. Alle heiligen Bücher werden vor dem Hintergrund einer tiefen Erleuchtungserfahrung geschrieben. Wer diese Erfahrung nicht hat, kann den Inhalt der heiligen Bücher nicht wirklich nachvollziehen. Er interpretiert in alle Worte seine Sicht der Dinge hinein. Er liest das aus den heiligen Texten heraus, was er gerne herauslesen möchte. Er blickt mit einem Ego in eine Welt hinein, in der kein Ego existiert. Daraus ergeben sich viele Fehlinterpretationen und Verwirrungen. Hier zeigt sich das Problem von spirituellen Lehrern ohne Erleuchtungserfahrung. Sie kennen weder das Ziel noch den wirklichen Weg. Es ist, als ob Blinde andere Blinde führen. Im Buddhismus heißt es, dass unerleuchtete Priester der Tod jeder Religion sind. Unerleuchtete Priester verlieren sich sehr leicht in den Fallstricken ihres Egos. Sie werden Opfer ihrer weltlichen Bedürfnisse nach Macht, Anerkennung und äußerem Reichtum. Sie führen auch ihre Anhänger leicht auf falsche Wege. Das können wir in allen großen Religionen der Welt beobachten. Überall gibt es das Problem des formalen Übens, des Strebens nach Macht und des ewigen Kampfes untereinander. Um den spirituellen Weg erfolgreich zu gehen, braucht man einen spirituellen Meister. Ein Blinder kann den Weg ins Licht nicht finden. Er braucht einen Sehenden, der ihn auf dem richtigen Weg führt. Das tägliche Lesen in den Heiligen Schriften kann für einen Anfänger auf dem spirituellen Weg hilfreich sein. Ein spirituell fortgeschrittener Mensch braucht für seinen weiteren Weg einen erleuchteten Meister. Im Yoga spricht man von der Notwendigkeit eines Sat-Gurus. Ein Sat-Guru ist ein Mensch, der mindestens einmal die Erleuchtung erfahren hat. Nils war durch sein großes Erleuchtungserlebnis zu einem Sat-Guru geworden. Im März 1987 entfaltete sich bei Nils das Raumbewusstsein. Er war von seiner Stiefschwester Gesa zu einer Geburtstagsfeier eingeladen worden. Es war ein großes Fest mit vielen Menschen, die sich fröhlich unterhielten. Nils kannte die meisten Menschen nicht. Er saß etwas abseits und langweilte sich. Er hatte keinen Menschen gefunden, mit dem er sich gut unterhalten konnte. Um seine Langeweile zu überwinden, begann Nils zu meditieren. Plötzlich weitete sich sein Bewusstsein aus. Es füllte den ganzen Raum aus. Nils wurde zum Raum. Er wuchs über sein Körperbewusstsein hinaus und fühlte sich als Raum. Seinen Körper sah er nur als einen Teil des Raumes. Er identifizierte sich mit der Ganzheit des Raumes und aller Menschen in ihm. Nils war friedlich und von Glück erfüllt. Er war eins mit allen Menschen im Raum. Er brauchte sich nicht mehr zu unterhalten. Er spürte die Gedanken und Gefühle der Menschen. Es unterhielt sich in ihm. Nils saß einfach nur da und blickte alle Menschen freundlich an. Manche Menschen blickten auch freundlich zurück. Sie dachten wohl, dass Nils ausreichend glücklich in sich selbst sei. Und so war es auch. Es war eine gelungene Party. Im August 1987 hatte Nils eine weitere Energieerfahrung. Wieder stieg die Kundalini-Energie in der Mitte des Körpers nach oben. Doch diesmal blieb sie nicht im Kopf stehen. Sie sammelte sich unter dem Scheitelpunkt und schoss dann plötzlich mit großer Gewalt nach oben in den Himmel. Nach einiger Zeit kam sie wieder vom Himmel zurück und floss an der Außenseite des Körpers herunter zur Erde. Damit war der Kreislauf geschlossen. Nils war mit der Energie des Himmels und der Erde verbunden worden. Das alles geschah im Stehen nach einigen Runen-Yoga-Übungen, die 29 Nils damals jeden Tag etwa dreißig Minuten praktizierte. Er legte sich ins Bett und wurde eine Stunde lang von Glücksschauern durchflutet. Den Höhepunkt dieser Energieerfahrungen bildete das, was Nils als den Eintritt des Heiligen Geistes empfand. Anfang Dezember 1987 war er bei einem Satsang (Treffen mit einem Heiligen) von Keith Sherwood gewesen. Keith Sherwood war ein undogmatischer spiritueller Meister aus den USA. Er war zu einem Kurzbesuch nach Hamburg gekommen. Keith Sherwood kam eine Stunde zu spät zur Veranstaltung. Er hatte sich in Hamburg verfahren. Vielleicht hätte er sich doch besser einen Stadtplan kaufen sollen, anstatt sich auf seine Intuition zu verlassen. Als Keith Sherwood kurz vor dem Ende der Veranstaltung doch noch kam, freuten sich alle. Keith war locker und authentisch. Er entschuldigte sich für sein Zuspätkommen und versprach, es nächstes Mal besser zu machen. Während der Veranstaltung passierte bei Nils nichts Besonderes. Aber danach stand er unter einer starken Energiespannung. Er spürte starke Energie in sich und um sich herum. Er ging wie in Trance nach Hause. Am nächsten Morgen wachte er früh auf. Plötzlich floss ein dicker Energiestrahl vom Himmel herab und in sein Scheitelchakra hinein. Die Energie durchflutete seinen ganzen Körper und füllte ihn ganz aus. Der Energiestrahl war vom Durchmesser so groß wie der Kopf von Nils. Er passte gerade durch das Scheitelchakra. Auf seinem Kopf bildete sich eine kleine Energieflamme. Vergleichbar ist diese Erfahrung mit dem Pfingstereignis, bei dem auf den Köpfen der ersten Christen eine Energiezunge erschien. In Nils entstand spontan der Gedanke, dass er jetzt vom Heiligen Geist gesegnet worden ist. Er empfand den Energiestrahl als ein Herabkommen des Heiligen Geistes. Als Atheist war Nils nicht getauft. Er hatte das Gefühl, dass jetzt vom Himmel eine Art Taufe vollzogen worden war. Und kurze Zeit später hatte er noch eine weitere erstaunliche Erfahrung. Als er eines Abends seinen täglichen Spaziergang machte, hatte er plötzlich das Gefühl, dass er vom Himmel her gesehen wurde. Es war, als ob sich am Himmel ein großes Auge befand, das ihn sah. Die Botschaft dieses Auges war: "Du kannst vertrauensvoll deinen Weg gehen. Du wirst gesehen." Das Auge am Himmel ist im Christentum ein Symbol für Gott. Nils interpretierte es als eine Manifestation seiner zehn Meister. Sie wollten ihm damit sagen, dass er von ihnen gesehen und geführt wird.