10. Verhaftung und Hinrichtung

Tyndales Schutzherrn waren Antwerpener Kaufleute. Seine finanzielle Situation, war durch diese, besser geworden. Er hatte brieflichen Kontakt zu verschiedensten Reformatoren in England und auf dem Kontinent. Doch viele unterlagen mittlerweile der Verfolgung. Um der religiösen Verfolgung zu entgehen kamen viele Engländer nach Antwerpen. Tyndales neue gute finanzielle Situation ermöglichte es ihm Geld an diese Armen zu geben. Zwei mal in der Woche ging er zu armen englischen Flüchtlingen und kümmerte sich um diese.

Eines Tages wurde ein junger Mann auf Tyndale angesetzt. Sein Name war Henry Phillips. Dieser kam aus einem reichen und angesehenen Elternhaus. Seine Ausbildung hatte er in Oxford erhalten. Doch Henry Phillips hatte Geld verspielt das ihm nicht gehörte und so versuchte er mittels einer Agententätigkeit seine Geldsorgen zu lösen. Seine neuen Herrn waren Katholiken, aber sie gehörten wohl nicht zur Regierung. Als Agent für die römisch-ka­tholische Sache sollte er Reformatoren auf dem Kontinent ausfindig machen. Er ging 1535 nach Antwerpen, um dort Bekanntschaft mit Reformatoren zu machen. Dort gewann er die Bekanntschaft und vermeintliche Freundschaft zu William Tyndale. Dieser lud ihn nach Hause ein. Tyndale wohnte bei Thomas Poyntz. Tyndale zeigte Henry sein Studierzimmer mit seinen Büchern und Arbeiten. Er vertraute Henry Phillips. Vermutlich erzählte Henry ihm einiges über England. Er kannte vermutlich, die Region in welcher Tyndale geboren wurde. Außerdem konnte Phillips über die Veränderungen in Oxford berichten. Poyntz misstraute dem jungen Mann, doch Tyndale traute ihm. Als Poyntz auf Geschäftreise war, nutzte Henry Phllips die Situation. Er besuchte (vermutlich am 21.05.1535) Tyndale und bat ihn um 40 Schillinge, denn er hätte sein Portmonee verloren. Tyndale gabe ihm das Geld und lud ihn außerdem noch zum Essen ein. Zum Gasthaus mussten sie eine schmale Gasse durchqueren. Tyndale ging voraus und wurde plötzlich von zwei „Officers“ gestellt. Sie nahmen ihn gefangen. Phillips hatte ihn verraten. Es mag sein das Phillips von englischen Katholiken bezahlt wurde. Für eine solche Gefangennahme waren jedoch gute Kontakte zum Kaiser Karl V. nötig. Heinrich VIII war vermutlich nicht daran beteiligt. Es ist überliefert, dass einer der zwei Männer, ein Mann aus der Administration von Karl V gewesen sei. Die Gefangennahme des englischen Bibelübersetzers war gewiss ein großer Erfolg für den Katholizismus, insbesondere für den Englischen. Bald darauf war Tyndale, in einer bastille-ähnlichen Burg nahe der Stadt Vilvoorde, eingekerkert. Es war dies das Staatsgefängnis der Niederlande.

Nach bekannt werden der Geschehnisse, schrieb Poyntz sogleich Briefe nach London an die englische Regierung. Er bat um Hilfe. Innerhalb weniger Wochen waren Thomas Cromwell (ein einflussreicher englischer Politiker und Vertrauter von Heinrich VIII) und auch Erzbischof Thomas Cramer über die Neuigkeiten informiert. Im August des Jahres 1535 wurde vermutlich Heinrich VIII informiert. Heinrich VIII setzte sich nicht für die Freilassung von Tyndale ein. Eine Freilassung von Tyndale hätte starke Nachteile für ihn bedeuten können. Zwar wäre nach der Loslösung von Rom, eine englische Bibelübersetzung, äußerst nützlich für die neue englische Kirche gewesen, doch das Risiko bei einer Freilassung Tyndales wäre zu hoch gewesen. Er wäre vermutlich als Volksheld in England gefeiert worden. Tyndale hätte Heinrich VIII in einer solchen Situation, eine Menge Ärger machen können. Heinrich hatte keine Garantie für die Loyalität von Tyndale. Somit konnte es Heinrich VIII vermutlich nur recht sein wie Karl V und die Katholiken, hinsichtlich Tyndale, handelten. Deshalb kam aus England keine Hilfe für Tyndale.

Poyntz wurde durch Henry Phillips als Lutheraner angezeigt und verhaftet. Poyntz konnte entkommen und nach England fliehen. Seine Familie kam später ebenfalls nach England. Poyntz verlor seinen ganzen Besitz in den Niederlanden. Tyndale wurde vor ein Gericht gestellt. Er wurde wegen Häresie angeklagt. Der Prozess ging über viele Monate. Während dieser Zeit war er mit seiner Verteidigung beschäftigt.

Am 7.1.1536 starb Katharina von Aragonien, die erste Frau Heinrichs VIII. Nur wenige Monate später wurde die zweite Ehefrau von Heinrich VIII hingerichtet. Heinrich war auch ihrer überdrüssig geworden, weil auch sie es nicht vollbrachte, ihm seinen gewünschten Thronfolger, zu schenken. Sie hatte zwar eine Tochter bekommen, die spätere Königin Elisabeth I, aber eine Tochter galt damals noch nicht als regierungsfähig. Anna Boleyn wurde somit, nach einem fragwürdigen Prozess, hingerichtet. Man hatte sie fragwürdiger weise wegen Ehebruchs verurteilt. Heinrich VIII heiratete nun Jane Seymour. (Diese starb im folgenden Jahr am 22.10.1537 im Kindbett nach dem sie Heinrich VIII einen „schwächlichen“ Thronfolger schenkte.)

Anfang August wurde Tyndale als Ketzer verurteilt. Die Priesterweihe wurde ihm aberkannt. In der Stadt Vilvoorde fand die Hinrichtung statt. Vor der Exekution wurde Tyndale nochmals gefragt ob er der Ketzerei entsagen wolle. William Tyndale tat es nicht. Der Verurteilte wurde daraufhin auf den Scheiterhaufen gebracht und an dem Pfahl gebunden (engl. stake). Eine Schlinge wurde ihm um den Hals gelegt. Bevor die Schlinge zugezogen wurde, schrie Tyndale mit lauter Stimme: „Herr! Öffne dem König von England die Augen!“. Dies waren die letzten Worte von William Tyndale. Auf dem folgenden Bild ist dies dargestellt. Der Henker zog nun die Schlinge zu und tötete Tyndale. Der Scheiterhaufen wurde in Brand gesetzt und der leblose Körper verbrannte. Tyndales letztes Gebet fand innerhalb des Jahres 1537 seine Erfüllung. In diesem Jahr gewährte Heinrich VIII „gnädige Lizenzen“ für die Matthews Bible und für die Coverdale-Bible. William Tyndales „Junge hinter dem Pflug“ konnte somit ohne Verfolgung die Bibel kaufen und lesen.