09. Antwerpen, Hamburg, Antwerpen

Am 08.03.1528 erschien: „Die Parabel vom bösen Mammon“. Es war dies die erste einzelne Schrift von Tyndales die nicht der Bibel beigefügt war. Die Schrift ließ Tyndale bei Johannes Hoochstraten in Antwerpen drucken. Im Buch wurde jedoch als Drucker „Hans Luft“ genannt. Als Ort wurde „Marburg“ genannt. Der wahre Hans Luft war Luthers Drucker in Wittenberg und Marburg hatte Tyndale gerade verlassen. Mit diesen Falschangaben sollten Tyndales Verfolger in die Irre geführt werden. Gleichzeitig zeigte Tyndale, mit der Angabe Hans Luft, seine Verbundenheit zu Luther. Irgendwo im Buch (Vgl. Daniell, D.: William Tyndale A Biography. New Haven and London, 2001, Seite 156 und Tyndale, William / Daniell, D. (Hg.): Tyndale’s Old Testament Being the Pentateuch of 1530, Joshua to 2 Chronicles of 1537, and Jonah. New Haven und London, 1992, Seite 83) war also folgender Eintrag zu finden:

printed the viij. day of May. Anno M.D.xxviij

by Hans Luft of Marlborough

Auch alle folgenden Drucke ließ Tyndale bei dem besagten Drucker, mit den selbigen irreführenden Angaben, drucken.

Im Oktober 1528 hatte Tyndale sein einflussreichstes Buch, neben seiner Bibelübersetzung, fertiggestellt und drucken lassen. Mit diesem Buch knüpfte Tyndale an dem Buch Luthers: „Von der Freiheit eines Chistenmenschen“ an. In diesem Buch hatte Luther zur Ermutigung die (folgenden) ersten zwei Sätze geschrieben:

Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand Untertan.

Ein Christenmensch ist ein dienstbarer [bzw. gehorsamer] Knecht aller Dinge und jedermann Untertan.

Leider zeigte sich während des Bauernkrieges, dass viele Menschen nur den Titel und damit nur den ersten Satz gelesen hatten. Dieser erste Satz galt bei den Bauern als eine Begründung für ihre Revolte gegen die Obrigkeit. Tyndale der während des Bauernkrieges in Wittenberg war, nahm nun den zweiten Satz Luthers auf und schrieb seine bekannteste Schrift: „Die Gehorsamkeit eines Christenmenschen“ (bzw. The Obedience of a Christian Man).

Er schrieb das Buch in der Befürchtung, dass die englischen Reformatoren Gewalt, wie die des Bauernkrieges, im Königreich England verursachen könnten. Er wollte mit dieser Schrift klarstellen, dass die Untertanen dem König gehorchen müssen und die Reformatoren die Untertanen nicht lehren zu revoltieren. Er ermutigte die verfolgten Anhänger der Reformation in England. Er ermutigte die Christen der Bibel zu folgen und so ein moralisches Leben zu führen und eine soziale Ordnung zu halten. Es heißt, dass Anne Boleyn eine Kopie von dem Buch erhielt. König Heinrich soll dadurch ebenfalls in dem Buch gelesen haben. Das Buch solle ihm wegen der Behauptung: „Gott wolle nicht die Unterwerfung des Königs unter dem Papst.“ gefallen haben.

Nach dem Druck des Buches packte Tyndale seine Sachen. Er reiste auf einem Schiff nach Hamburg. Doch es kam zu einem Schiffsunglück, das Schiff wrackte an der holländischen Küste. So verlor Tyndale alles was er besaß. Er verlor seine Bücher, Unterlagen und sein Geld. Auch seine vollständige Übersetzung des Pentateuchs verlor er. Tyndale hatte alles verloren, außer sein Leben. Tyndale nahm ein anderes Schiff und reiste unbeschadet nach Hamburg. In Hamburg wohnte er bei der Witwe und Lutheranerin Margaret van Emmerson. Einer ihrer Söhne hatte in Wittenberg studiert. Vermutlich hatte Tyndale ihn dort kennen gelernt und in Folge Bekanntschaft mit der restlichen Familie gemacht. Hamburg war für Tyndale eine sichere Stadt. Er traf Miles Coverdale. Coverdale hatte ebenfalls in Cambridge studiert und beherrschte Latein, Deutsch und Französisch. Die beiden verständigten sich. Nun half Coverdale bei der erneuten Übersetzung des Old Testaments. Von März bis Dezember 1529 waren sie beide damit beschäftigt. Danach reiste Tyndale wieder nach Antwerpen. Dort ließ er am 17.01.1530, das Old Testament (präziser: das Pentateuch) beim Drucker Hochstraten drucken. Wieder einmal wurde ein Buch Tyndales nach England geschmuggelt. (1531 erschien Tyndales Schrift: „Eine Antwort zu Sir Thomas Mores Dialog“ (An Answer unto Sir Thomas More’s Dialogue). Thomas Morus, ein Gegner der Reformation, hatte Luther und Tyndale in seinen Schriften angegriffen. Luther hatte schon gegen dessen Schriften geschrieben. Nun hatte auch Tyndale eine Gegenschrift drucken lassen.)

Im Jahre 1534 erschien die Revision von William Tyndales „New Testament“. Zum einen hatte Tyndale Druckfehler entfernen lassen, zum anderen hatte er an vielen Stellen den Text überarbeitet. Da er das Alte Testament, das Hebräisch und das Griechisch mittlerweile besser verstand, konnte er viele Bibelstellen im (griechischen) Neuen Testament nun besser übersetzen. Tyndale mache über 5000 Verbesserungen. Außerdem hatte er Vorwörter zu den biblischen Büchern, Querverweise und Randbemerkungen hinzugefügt. Gedruckt wurde die Bibel wieder bei Hoochstraten in Antwerpen. Die gedruckten Exemplare wurden wieder einmal nach England geschmuggelt. Doch ein „New Testament“ wurde an Anna Boleyn geschickt. Man wusste das sie keine Gegnerin, sondern eher eine Befürworterin, der Reformatoren war.

Im Jahr 1534 erschien nun die erste Gesamtausgabe der Lutherbibel. Luther hatte nun alle Bücher der Bibel übersetzt. Nur die Apokryphen (die Apokryphen werden von den reformierten Kirchen nicht als biblisch im Vollsinn anerkannt) waren, wegen Krankheit des Reformators, von Phillip Melanchthon und Justus Jonas übersetzt worden. Luther hatte, wie man es erwarten konnte, vor dem Engländer Tyndale, seine deutsche Bibelübersetzung fertiggestellt. Der Schweizer Reformator Zwingli hatte zuvor Texte, die in der Lutherbibel noch nicht vorhanden waren, mit seinen Mitarbeitern übersetzt und aus diesen Teilen und den Teilen die Luther übersetzt hatte, eine Gesamtausgabe der Bibel im deutschen Sprachraum publiziert. Dies geschah schon im Jahre 1531. Diese Bibel nannte man Züricher-Bibel. (Das Titelblatt der 1534er Lutherbibel war besonders schön gestaltet. Auf diesem entrollen Engel ein Blatt mit dem Titel. Am oberen Rand schreibt ein alter Mann, hinter einer Balustrade, auf einem Plakat. Auf dem Plakat steht: „Gottes Wort bleibt ewig“.)

Seit 1527 war Heinrich der jungen Anna Boleyn verfallen. Im selben Jahr gab Heinrich dem damaligen Lordkanzler Wolsey den Auftrag seine Ehe zu annullieren. Doch der Papst der gefragt werden musste stimmte der Scheidung nicht zu. Auch von lutherischer Seite gab es keine Zustimmung. Nach dem die Scheidung nicht klappte, handelt Heinrich. 1533 ließ er das Parlament den Beschluss fassen, dass der Papst sich nicht in englische Angelegenheiten einmischen darf. Somit musste der Papst nicht mehr gefragt werden. Heinrich ließ von Thomas Cramer, dem Erzbischof von Canterbury, die Gültigkeit seiner Ehe untersuchen. Zwischen Jan. bis Mai 1533 trennte sich Heinrich VIII nun von Katharina von Aragonien und heiratete Anna Boleyn. Daraufhin wurde Heinrich im Juli 1533 vom Papst exkommuniziert. Die Exkommunikation des englischen Königs führte zur entgültigen Loslösung der englischen Kirche von Rom. Im November 1534 wurde vom Parlament die Suprematsakte angenommen. Mit dieser wurde Heinrich VIII Oberhaupt der englischen Kirche. Heinrich reformierte die englische Kirche. Er ließ die Pfründe die dem Papst gehörten einziehen und er verbot Abgaben nach Rom.

Schon 1532 trat Thomas Morus von seinem Posten als Lord Kanzler zurück. Er konnte nicht akzeptieren das der König das „Alleinige Operhaupt der Kirche von England auf Erden“ sei und das Heinrich sich auf diese Art scheiden ließ. Thomas Morus zeigte sich somit als loyales Mitglied der römisch-katholischen Kirche. Nachdem er den Supremats­eid auf den König verweigerte wurde ihm ein Prozess gemacht. In diesem wurde er zum Tode verurteilt. Am 7.7.1535 wurde er hingerichtet. Der Humanist und Staatsmann Thomas Morus, ist auch heutzutage noch bekannt, vor allem durch seinen Roman „Utopia“. Sein Freund Erasmus von Rotterdam starb ein Jahr später in Basel.Heinrich VIII ging in der Folgezeit sowohl gegen Katholiken als auch gegen Lutheraner vor. Das war konsequent, denn die „Englische Kirche“ die er sich nach eigenem Geschmack zusammengetischlert hatte, war eine bizarre Kreuzung zwischen beiden Richtungen. Sowohl katholische als auch lutherischer Lehren waren in ihr zu finden.