Odinzowo

Hier lebt sie noch, die alte Sowjetunion. Odinzowo ist ein akkurates Städtchen mit sozialistisch angehauchtem Stadtbild. Rund um die Marschall-Schukow-Straße hat sich das alte System am erfolgreichsten behauptet. Plattenbauten säumen einen riesigen Aufmarschplatz mit künstlichem Teich, Enten und Rajon-Verwaltung. Davor posiert der Revolutionsheld, gesäumt von frisch polierten Büsten verdienter Kommunisten Odinzowos. An den Wochenenden spielt eine Blaskapelle vor dem Kulturhaus die Weisen der untergegangenen Epoche. Und Odinzowos Rentner träumen tanzend von der guten alten Zeit. Der überdimensionierte Lenin gleich gegenüber ist der Kronzeuge für die Erinnerungen. Das Denkmal des berühmten Bildhauers Lew Kerbel in Odinzowo soll Vorbild und Testlauf für das gigantische Standbild auf dem Moskauer Kaluschskaja Ploschtschad gewesen sein. Zwar gibt es auch in Odinzowo immer wieder Gerüchte über eine bevorstehende Demontage des Polit-Dinosauriers. Doch solange zu Füßen des Denkmals stets frische Blumen liegen und die Senioren sich in Lenins Nähe zum Tanz treffen, dürfte das Standbild sicher stehen. Bildhauer: Lew Jefimowitsch Kerbel (1917-2003) Eingeweiht: November 1984 Fotos: Juli 2011