Jedlesee ist der älteste Bezirksteil Floridsdorfs

Erste historische Erwähnung um 1125 gesichert

Die in einschlägigen Schriften als ältestes Dokument für Jedlesee viel zitierte Urkunde vom 5. Juli 1014 bezieht sich nach genauerer Prüfung nicht auf diesen Ort. Gesichert ist aber die Erwähnung Jedlesees in der Traditionsurkunde Nr. 79 des Stiftes Klosterneuburg um das Jahr 1125. Auch in diesem Fall ist dieser Ortskern der älteste Bezirksteil von Wien-Floridsdorf.

Das im Jahr 1014 belegte „Outcinessevve“ bezeichnete nach neueren Erkenntnissen eine einstige Siedlung auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Stockerau.

In der Klosterneuburger Schenkungsurkunde ist ein „Albero de Ucinse et Volfherus“ als Zeuge genannt. Mit „Ucinse“ oder See des Uc(z) könnte ein Teil der damaligen Donauarme, vielleicht im Bereich der Schwarzen Lacke, gemeint sein.

Jedenfalls entstand Jedlesee als Ansiedlung an der einstigen Überfuhr von Nussdorf über die Donau an das nördliche Ufer. Es wurde – bis zur Donauregulierung in den 1870er Jahren – immer wieder durch Hochwässer und Überflutungen bedroht und auch schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Eine Schilderung des alten Dorfes gibt Franz Polly (1902 – 1990), ehemaliger Kustos des Bezirksmuseums Floridsdorf, in seinem Buch „Jedleseer Veduten“ (1987):

"Der Lorettoplatz war, bedingt durch die Überfuhr über die Schwarze Lacke, durch Jahrhunderte der Mittelpunkt des kleinen Dorfes Jedlesee. Hier war der Sitz der Herrschaft (Schlößl), der alte Pfarrhof und die Kirche. Das Schlößl ist ein Bau des 17. Jahrhunderts, erbaut um 1650 und hat seine jetzige Form um 1700 erhalten." (Seite 47).

Nur rund ein Dutzend Häuser bis 1771

Nach der Errichtung der ersten Holzbrücke über die Donau im 15. Jahrhundert nahe der heutigen Floridsdorfer Brücke verloren die Überfuhr und damit auch das Dorf Jedlesee an Bedeutung. Bis 1771 bestand es lediglich aus zwölf bis 13 Häusern, die sich im Bereich Lorettoplatz, westliche Anton-Bosch-Gasse und Michtnergasse gruppierten (vgl. Polly 1987, Seiten 16 und 20).

Erst nach dem Bau der Reichsstraße nach Böhmen, der heutigen Prager Straße, in den Jahren 1726 - 28, die den heutigen Straßenzug Wiener Gasse/Michtnergasse als wichtigsten Verbindungsweg von Wien nach Norden ablöste, begann der Ort, nach Osten zu wachsen.

Ab 1771 wurde als Folge der sogenannten Hutweidenpatente Maria Theresias die östliche Anton Bosch-Gasse (früher Herrengasse genannt) verbaut. Gemäß diesem im Jahr 1768 erlassenen Patent sollten Herrschaften auf ihren Hutweiden Bauern ansiedeln, was auch in Jedlesee geschah.

1787 wurde schließlich die Jedleseer Brauerei im Bereich Prager Straße/Hopfengasse errichtet – und 1978 an der Adresse Prager Straße 84 zugunsten neuer Wohnhausanlagen geschleift. Ein ähnliches Schicksal erlitten einige der ältesten Häuser in der westlichen Anton Bosch-Gasse in jüngster Vergangenheit. Sie mussten den Wohnblöcken des „Fritz Kandl-Hofes“ weichen.

Letzte Reste des alten Ortskerns heute akut bedroht

Nun droht den letzten, erhaltenen Resten des alten Dorfkerns von Jedlesee um das Maria Theresien-Schlössl eine weitere, schwere Beeinträchtigung, sollte sich das Stift Klosterneuburg als Grundeigentümer mit seinem Wunsch nach Umwidmung von Grünland in Bauland und nach Errichtung einer weiteren Wohnblöcke-Siedlung bei der Stadt Wien durchsetzen.

Der einstige Garten hinter der Rückfront des

ebenerdigen Maria Theresien-Schlössls ist auf

Wunsch des Stifts Ende Juni 2010 für noch eine

Wohnblöcke-Siedlung in Bauland umgewidmet worden.

Ein Plan von Johann Jakob Marinoni (1676-1755), der im Bezirksmuseum Floridsdorf zu sehen ist, zeigt den Ort Jedlesee um 1728/29, also noch vor der Erweiterung zur Prager Straße hin.

Mag. Gerhard Jordan, Historiker, Bezirksrat der Grünen in Wien-Floridsdorf