Alte Ansichten aus Jedlesee - und eine potentiell gefährliche Altlast

Die ältesten Anrainer und Mitglieder der Bürgerinitiative Jedlesee können sich noch an die Schwarze Lacke erinnern. Sie war ursprünglich keine "Lacke", sondern ein Seitenarm der Donau in deren Jedleseer Augebiet. Der Name der Überfuhrstraße erinnert noch heute an die seinerzeitige Möglichkeit, diesen Donauarm im Bereich des heutigen Alt-Jedlesee zu übersetzen.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde dieses Areal des Seitenarms mit Bombenschutt und nach Angaben der Anwohner und Augenzeugen von damals zweifelsfrei auch mit Chemie-Abfällen zugeschüttet. Heute liegt die so entstandene, mit höchster Wahrscheinlichkeit giftige Altlast unter der sogenannten Friedhofs- oder auch Hundewiese hinter dem Jedleseer Friedhof und direkt neben der neuen Wohnblöcke-Siedlung im ehemaligen Garten des Maria Theresien-Schlössls. Grundbesitzer ist da wie dort das Stift Klosterneuburg.

Das Umweltbundesamt weist die entsprechenden Schwarzlackenauer Flächen der Hundewiese mit den Nummern 747/1 und 747/2 (Zugriff Mai 2012) als "Altlasten-Verdachtsflächen" aus: http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/altlasten/vfka/?cgiproxy_url=http%3A%2F%2Fwww5.umweltbundesamt.at%2Fvfka%2Fpz23tiny.pl.

Der erläuternde Text des Umweltamts dazu lautet:

"Der Verdachtsflächenkataster wird vom Umweltbundesamt geführt und beinhaltet jene von der Landeshauptfrau/vom Landeshauptmann gemeldeten Altablagerungen und Altstandorte, für die der Verdacht einer erheblichen Umweltgefährdung aufgrund früherer Nutzungsformen ausreichend begründet ist. Die Eintragung einer Liegenschaft in den Verdachtsflächenkataster dokumentiert keinesfalls, dass von der Liegenschaft tatsächlich eine erhebliche Gefahr ausgeht. Ob von einer Verdachtsfläche tatsächlich eine erhebliche Gefahr ausgeht, muss durch entsprechende Untersuchungen (z.B. Boden- und Grundwasseruntersuchungen) nachgewiesen werden."

Die nunmehrige Wiese ist traditioneller Treffpunkt für die zahlreichen Gassigeher der näheren Umgebung mit entsprechender, von den Hundehaltern gewöhnlich nicht entsorgter Hinterlassenschaft, ohne dass daraus bis dato Konflikte entstünden.

Als Teil des Wiener Wald- und Wiesengürtels steht die Hundewiese unter der strengsten Form des Naturschutzes "Sww" (Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel). Sie grenzt unmittelbar an das umstrittene Areal der Schlössl-Gründe mit den seit 2003 aufgelassenen Tennisplätzen und damit an die neue Wohnsiedlung. Die schmale Grenzlinie zwischen dem neu gewidmeten Bauland der Schlössl-Gründe und der "Altlast-Verdachtsfläche" wird durch den noch erhaltenen, sogenannten Geierdamm gebildet, der einst entlang der Schwarzen Lacke verlief.

Und so sah es hier nach undatierten Fotos aus dem Floridsdorfer Bezirksmuseum früher aus:

Der vordere Damm mit dem Weg und das Wasser der Schwarzen Lacke sind längst verschwunden. Die "Warnung" auf dem Schild ist nur teilweise zu entziffern: "Übergang auf eigene Gefahr" ist erkennbar. Das letzte Wort "lebensgefährlich" folgt nach einer unlesbaren Zeile, die vermutlich zu besonderer Vorsicht bei Hochwasser mahnt. Bis heute erhalten sind allerdings zumindest einige der abgebildeten Häuser im Bereich der Puschkingasse. Mitglieder der BI haben versucht, anhand der Formen und der Abdeckungen zwischen Leopoldsberg (die vordere Erhebung im Hintergrund) und Kahlenberg die Position des Fotografen von damals zu eruieren. Er muß demnach am Rand der heutigen Wiese gegenüber der Puschkingasse etwa an der Ecke zwischen Autokaderstraße und Brunner-Lehensteingasse gestanden sein.

Das Wasser reichte seinerzeit bis direkt an den alten Ortskern des ehemaligen Dorfes Jedlesee mit der Kirche und dem ihr gegenüber liegenden Schlössl (hier nicht sichtbar) heran. Wenn die Donau Hochwasser führte, waren Überflutungen unausweichlich. Der Überlieferung zufolge soll einem dieser Hochwässer - wahrscheinlich im Jahr 1830 - auch ein einstiger Seitentrakt des Maria Theresien-Schlössls an dessen westlicher Front zum Opfer gefallen sein.

Verschwunden ist auch die Statue des Brückenheiligen Nepomuk, dies allerdings erst im Juni 2008. Dem Vernehmen nach soll sie restauriert werden. Wann und ob sie an ihren angestammten Platz zurückkehren wird, ist nicht bekannt (Stand April 2011).

Seit Juni 2008 finden sich nur noch die geborstenen Reste des Sockels der Heiligenstatue im Vorgarten des ebenfalls verfallenden Schlössls. Auch Reste des einstigen Holzzauns haben sich, wenn auch erheblich lädiert, offenbar noch bis ins erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts (Bild unten) erhalten.

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Eine alte Karte aus der Zeit der Monarchie illustriert die Floridsdorfer Dörfer um das Jahr 1872, kurz vor der Donau-Regulierung. Im Norden in der oberen Mitte des Bildes findet sich Stammersdorf, schräg links darunter Strebersdorf. Groß-Jedlersdorf liegt ziemlich genau im Zentrum des Plans, schräg links darunter neben der Schwarzen Lacke findet sich "Jedlersee". Schlössl und Kircherl grenzen im Nordwesten von dessen Siedlungsgebiet direkt an den alten Donauarm. Floridsdorf und die Leopoldau liegen südlich bzw. im Südosten.