Mediation: Öffentliche Ergebnis-Präsentation

Viel Dank und Eigenlob aller Teilnehmer für alle

Schlössl wird zwischen zwei Garageneinfahrten gezwängt

Links eine Einfahrt in eine Tiefgarage, rechts eine zweite (Anton Bosch-Gasse 1), ein durch einen Neubau direkt am Portal ersetzter Osttrakt und ein fünfgeschoßiger Wohnblock dahinter – so wird sich das ebenerdige und weiter verfallende Maria Theresien-Schlössl auf dem Lorettoplatz in Alt-Jedlesee voraussichtlich ab 2013 präsentieren. Gegenüber dem im Oktober 2008 vorgestellten Erstentwurf wurden nur Bauhöhen am anderen Ende des Bauplatzes beim Kammelweg reduziert.

Das wurde bei der öffentlichen Präsentation des Resultats aus dem Mediationsverfahren am Dienstag, dem 12. Jänner 2010, in Jedlesee klar. Damit das vom Grundbesitzer Stift Klosterneuburg verlangte Wohnsiedlungsprojekt mit einer nun etwa 20prozentigen Verminderung des Bauvolumens (rund 140 statt 180 geförderte Mietwohnungen) realisiert werden kann, fehlte nur noch die formal-demokratische Umwidmung des noch als Grünland gewidmeten Areals zu Bauland durch die Stadt Wien.

Obwohl damit der Sensibilität des Ortsbilds im Kern des einstigen Dorfes keineswegs Rechnung getragen wird, zeigten sich alle Teilnehmer des Mediationsverfahrens mit dem erreichten „Lösungspaket“ zufrieden und waren voll des Dankes für sämtliche Mitbeteiligten. Die etwa 70 bis 80 im Pfarrsaal erschienenen Interessierten hörten lange geduldig zu und stellten dann bereits Detailfragen zu den geplanten Wohnungsgrößen und -ausstattungen, bis schließlich einige doch Skepsis und Unmut laut werden ließen.

BI-Vertreter: Froh über das Erreichte

Immerhin äußerten Vertreter der BI leichtes Bedauern, weil die Forderung der Bürgerinitiative Jedlesee nach Beibehaltung der Grünlandwidmung und Verzicht auf den Bau noch einer weiteren Wohnblöcke-Siedlung nicht durchgesetzt wurde. Es gehe halt nicht immer alles so, wie man wolle, aber man sei stolz auf die gemeinsam erarbeiteten Lösungen, sagte Leopoldine Praschinger. Margareta Gmeiner war nicht glücklich mit dieser Lösung, aber glücklich, dass ihr Garten und der ihres Nachbarn erhalten bleiben, und genauso stolz, doch einiges erreicht zuhaben.

Man habe von Anfang an gewusst, dass die BI-Forderung nicht zu verwirklichen sein würde, meinte Ursula Helwig und lobte die sehr gute und ganz tolle Erfahrung, die man mit den politischen Parteien und den übrigen Teilnehmern gemacht habe. Cornelia Riedl zeigte sich vor allem froh darüber, dass die an den künftigen Bauplatz grenzende Wiese als Teil des Schutzgebietes Wald- und Wiesengürtel erhalten und sogar zu einem Landschaftsschutzgebiet aufgewertet werden soll – es sei mehr erreicht worden, als man sich gedacht habe. 1)

Herbert Reichl erklärte den Umstand, dass die Schlössl-Renovierung möglicherweise noch bis zu acht Jahre auf sich warten lassen wird, damit, dass sich die Pfarre Loretto erst in etwa einem oder in zwei Jahren für oder gegen dessen Nutzung entscheiden werde. Die Umwidmung des Areals zu Bauland sei etwa für das Frühjahr 2011 zu erwarten, der Baubgeginn voraussichtlich für Juni 2012, und die Fertigstellung der neuen Wohnsiedlung werde rund 18 Monate später erwartet – also etwa Ende 2013.2)

Von Instandsetzung noch lange keine Rede

Nummer sechs der BI-Delegation fehlte, was nicht erwähnt wurde. Sie war unmittelbar vor dem Abschluss des Verfahrens und vor der Zustimmung aller Beteiligten durch deren Unterschriften zur Verbauung der Schlössl-Gründe ausgeschieden. Sie wollte der Umwidmung in Bauland ihr Placet mit Rücksicht auf die von rund 2.300 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnete BI-Forderung nach Beibehaltung der Grünland-Widmung nicht geben.

Sozialbau-Vertreter Wilhelm Zechner betonte die geplante, nun um 23 Prozent geringere Verbauungsdichte und die Verminderung der Gebäudehöhen im nordöstlichen Bereich des Areals. Dort werde es nun, statt wie ursprünglich geplant, bei Bauklasse I nicht insgesamt vier Geschoße (drei volle plus ein zurückgesetztes ganz oben), sondern nur drei, also zwei plus eines, geben. (Die Firma Sozialbau wird die Häuser im südlichen Teil mit Bauklasse II hinter dem Schlössl ohne jede Höhenreduktion, die Firma Österreichisches Volkswohnungswerk jene der anderen Hälfte in Richtung Kammelweg bauen.)

Stift freut sich über "leistbare" Wohnungen für junge Familien

Andreas Leiss, Chef der Immobilienverwaltung sowie der Rechtsabteilung des Stifts, erklärte, die alte Tennisanlage habe einer Nutzung zugeführt werden müssen, und er freue sich, dass es nun auf der Basis eines Baurechtsvertrags über 100 Jahre gelungen sei, "leistbare" Wohnungen für neue Bewohner und junge Familien bereitzustellen. (Dass für diese Wohnungen nicht nur die Mieten, sondern auch Pacht an das Stift zu bezahlen sein werden, blieb unerwähnt.) Auch Andreas Gahleitner von der Stifts-Direktion betonte, dass "leistbarer" Wohnraum mit hohem Standard bereitgestellt würde und dass es für das gesamte Areal über die Wohnbauplanung des Stifts neue Perspektiven gebe.

Seitens der Politiker gab es lobende Begrüßungsworte von Bezirksvorsteher Heinz Lehner (SPÖ). Für die stärkste Oppositionspartei im Bezirk, die FPÖ, dankte Kurt Mörz dem Stift und den Bauträgern für deren „erheblichen Einkommensverzicht“ und sprach im Hinblick auf die angepassten Höhen von einem „optimalen Ergebnis“. Zuvor hatte sich Andrea Mayrhofer (ÖVP) aufgrund der aktuellen Erfahrung künftig möglichst viele Mediationsverfahren in Konfliktfällen gewünscht. Susanne Dietl, deren Grüne als einzige Partei ursprünglich die BI-Forderung nach Grünland-Erhalt voll unterstützt hatten, meinte nach kurzem Bedauern wegen des Grünlandverlusts, wenn schon Wohnbau, dann müsse er, inklusive begrünter Dächer, so aussehen wie im aktuellen Projekt.

Nepomuk-Statue bleibt noch weg, Container bleiben noch da

Einwände aus dem Publikum, wonach die im Paket enthaltene „Garantie“ für die Schlössl-Revitalisierung bis spätestens Ende 2017 gegebenenfalls „beim Salzamt“ eingefordert werden könnte, wurden zurückgewiesen. Es handle sich um eine vertraglich abgesicherte Verpflichtung, die respektiert werden würde. Die seit Juni 2008 aus dem Schlössl-Vorgarten verschwundene Statue des Hl. Nepomuk sei derzeit bei einem Restaurator in Verwahrung und bleibe vorerst dort.

Der Heilige kommt nicht so schnell wieder

Die seit Ende Oktober 2009 illegal im Vorgarten direkt vor dem historischen Gebäude aufgestellten Porr-Container der benachbarten Baustelle Anton Bosch-Gasse 1 sind eine Angelegenheit zwischen Baupolizei und dem Unternehmen. Nach Ablauf der Frist zur Entfernung per Jahresende 2009 und einem Einspruch gegen diesen Bescheid laufe das Verfahren nun weiter. Das Stift habe nur Nachbarschaftshilfe unter der Voraussetzung geleistet, dass alle Bewilligungen eingeholt würden. (Anm.: Es kann laut Baupolizei aufgrund von Bauordnung und Flächenwidmung keine Genehmigungen geben.)

Nicht mehr zur Sprache kam, wie sich wohl die angekündigte und speziell gelobte Rückwidmung des Parkplatzes (und der unmittelbar dahinter liegenden Tennisplätze) an der Schlössl-Westseite zu Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel mit dem Bau einer Tiefgaragen-Einfahrt ebendort vereinbaren lassen werde.3)

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1)

Dem Wortlaut des Wiener Naturschutzgesetzes (31. August 1998) zufolge ist der Wald- und Wiesengürtel Wiens per se bereits Landschaftsschutzgebiet. Hier heißt es unter Paragraph 24, Absatz 4, unter anderem:

Grundflächen, die am 1. März 1985 nach der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 13/1985, als Parkschutzgebiet oder Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel gewidmet waren, sind Landschaftsschutzgebiete im Sinne des Abs. 1, soferne dies nicht durch Verordnung der Landesregierung bereits widerrufen wurde.

Meine Interpretation dazu: Sollte es tatsächlich jemals eine solche Widerrufung durch die Wiener Landesregierung gegeben haben, wurde sie jedenfalls perfekt vor jeglicher Öffentlichkeit verborgen. Gab es den Widerruf hingegen nicht, dann besteht der ernste Verdacht, dass die BI-Vertreter bei diesem Mediationsverfahren hier einer Falschinformation, wenn nicht bewußten Täuschung, aufgesessen sind.

2)

Durch die öffentliche Auflage der geplanten Änderung der Flächenwidmung im März/April 2010 entstand der Eindruck, dass das Verfahren erheblich beschleunigt werden sollte. Das erwies sich als richtig. Die Umwidmung von Grünland zu Bauland erfolgte im Wiener Gemeinderat noch vor der Sommerpause. Damit ist auch mit entsprechend früherem Beginn der Bauarbeiten und einer Fertigstellung der neuen Wohnsiedlung allenfalls schon vor Ende 2013 zu rechnen.

Früher als hier angekündigt hat sich auch die Pfarre entschieden, und zwar Ende September 2010 gegen eine Nutzung des Schlössls. Begründet wird dies laut entsprechendem Bericht im "Loretto-Boten" vom November 2010 u.a. mit viel zu hohen Renovierungskosten angesichts der desolaten Bausubstanz.

3)

Die Lösung wurde bei der Bezirksvertretungssitzung vom 21. April 2010 klar: Die Schutzzone wird im Zuge der Umwidmung hier aufgehoben. Dem Bau der Garageneinfahrt steht somit nichts im Wege. Insgesamt sieht übrigens die neue Flächenwidmung neben der Verwandlung von Grünland in Bauland auch Schutzzonen-Verkleinerungen in Alt-Jedlesee vor.