Fassade zur Straßenseite, 2019. Foto: Anke Rees

Von der Schwierigkeit, einen Gedenkort zu schaffen

Von Niklas Glienke

Ende 1998 wurde das Gebäude des Lagerhauses G auch von der Kulturbehörde mit der Begründung unter Denkmalschutz gestellt, es dokumentiere die „historische Form der Lagerhaltung außerhalb der Speicherstadt mit ihrer für die damalige Zeit typischen Backstein-Architektur“. Außerdem findet man in dem im Innern weitgehend unveränderten Gebäude Spuren der ehemaligen KZ-Häftlinge in Form von Inschriften und Kratzern in den Wänden. Das Gebäude bezeugt dadurch die Verbrechen des Dritten Reichs im Hafengelände Hamburgs.

Mit dem Verkauf des Lagerhaus G im Jahr 1997 durch die Stadt Hamburg an die LG Lagerhaus GmbH, war gleichzeitig die Verpflichtung verbunden, die das Gebäude Instand zu setzen. Damit hat die Stadt ihre eigene Verantwortung der Instandhaltung und Sanierung des Gebäudes abgegeben. Diese Sanierung ist überaus notwendig, da sich das Gebäude offensichtlich in einem äußerst schlechten Zustand befindet und droht, zur Hafenseite abzusacken. Bis zum Jahre 2021 fand jedoch durch keinen der bisherigen Besitzer die dringend benötigte Grundsanierung statt. Der jetzige Besitzer will in Abstimmung mit der Hamburg Port Authority (HPA) angeblich ein Sanierungskonzept erarbeiten. Pläne eines Konzeptes sind bis heute aber nicht bekannt. Es heißt in den Medien nur, dass sich der Eigentümer um Investoren bemühe, da er das Gebäude entwickeln möchte.

Und nicht nur die Erhaltung des Gebäudes, auch die Schaffung eines für die Öffentlichkeit zugängigen Gedenkortes gestaltet sich schwierig. Bis auf die Anbringung mehrerer Gedenktafeln in verschiedenen Sprachen und einen Stolperstein zum Gedenken an Margarethe Müller, erinnert nichts an die NS-Vergangenheit. Zudem ist das Lagerhaus G für die Öffentlichkeit unzugänglich. Auch Eigentümer Güven Polat konnte bisher keine verlässlichen Angaben zur Zukunftsgestaltung des Gebäudes machen.

2015 stellte die Stadt Hamburg Pläne für die Bewerbung für die, durch ein Bürgeschaftsreferndum abgelehnten Olympischen Sommerspiele 2024 auf, die den Kleinen Grasbrook in ein Olympisches Dorf samt Stadion und Schwimmhalle verwandelt hätten. Pläne für einen Gedenkort für das Lagerhaus G waren auch damals nicht vorhanden [1]. Heute ist das Gebäude Teil der sich anbahnenden Veränderungen durch die geplante Neu- und Umgestaltung des Kleinen Grasbrook, zu einem modernen, neuen Stadtteil. Die Stadt Hamburg schrieb für die Umgestaltung einen Wettbewerb aus, der am 3. April 2020 endete. Das Ergebnis kann im Internet im Grasbrook HafenCity Hamburg Forum gefunden werden [2]. Im Koalitionsvertrag von 2020 ist bezüglich des Kleinen Grasbrooks hauptsächlich von Wohnungs- und U-Bahnbau die Rede. Das Lagerhaus G wird unter dem Aspekt „Erinnerungskultur“ nur beiläufig erwähnt und soll zusammen mit anderen Orten „entwickelt“ werden [3]. Es ist jedoch noch immer ein Rätsel, wie sich die Stadt Hamburg diese „Entwicklung“ vorstellt, da diese mit keinem Wort beschrieben wird.

Wie die Zukunft des Lagerhaus G als Gedenkort und Teil des neuen Kleinen Grasbrook aussieht und ob es überhaupt zu einem kommt oder kommen soll, ist daher immer noch unklar. Zudem wurde in dieser Frage auch bisher nicht bekannt, ob es eine Verständigung zwischen dem Eigentümer und der Stadt gibt. Als weiterer Akteur setzt sich für die baldige Schaffung eines Gedenkortes auch die Initiative Dessauer Ufer ein. Es heißt also Abwarten, denn noch ist die Situation zwischen den Zielen des Eigentümers und den Zielen der Stadt für das Lagerhaus G undurchsichtig. Bis jetzt konnte trotz der näher rückenden Veränderungen auf dem Kleinen Grasbrook, keine Seite ein Konzept vorstellen, das einen funktionierenden Gedenkort für die Öffentlichkeit zeigt.


Quellen und Literatur

[1] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/49134/sport_statt_olympia_was_passiert_mit_dem_ehemaligen_kz_aussenlager_lagerhaus_g_auf_dem_kleinen_grasbrook_olympische_spiele_iv.pdf (zuletzt abgerufen 05.02.2021)

[2] https://www.grasbrook.de/2020/11/18/1-grasbrook-forum-am-2-november-2020 (zuletzt abgerufen 05.02.2021)

https://www.grasbrook.de/wp-content/uploads/2020/09/200615b-HC-GB-Einleger-News-59-lek.pdf (zuletzt abgerufen 05.02.2021)

[3] https://www.hamburg.de/senatsthemen/koalitionsvertrag/kunst-und-kultur (zuletzt abgerufen 05.02.2021)