Die Wasserseite des Lagerhaus G, Süd-Ost-Ansicht, 1987. Foto: Denkmalschutzamt, Fotoarchiv, DA 31.484.

Wie das Lagerhaus G zum Denkmal wurde

Von Carina Krüger

Das Lagerhaus G wurde zwischen 1903 und 1907 als Teil eines Lagerhauskomplexes am Dessauer Ufer erbaut. Unter anderem wurden hier Güter wie Kaffee, Tee, Tabak und Baumwolle eingelagert. Herausragend ist die historische Bauart, die sich durch wenig Dekorationen und dem roten Klinkerbau auszeichnet, wie sie sich in dieser Art heute nur noch in der Speicherstadt finden lässt. Zwischen Juli 1944 bis April 1945 wurde das Lagerhaus von den Nationalsozialisten als Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme benutzt. In dieser Zeit mussten ca. 1.500 als jüdisch verfolgte Frauen und 2.000 bis 3.000 Männer im Zuge des Geilenberg-Programms Aufräumarbeiten im Hafen leisten. 1988 wurde das Lagerhaus G unter Schutz gestellt und 1998 in die Denkmalliste (Eintrag auf Seite 305) eingetragen. Dies hat zur Folge, dass seitdem keine baulichen Veränderungen ohne Genehmigung durch das Denkmalschutzamt vorgenommen werden dürfen.

Das Gutachten

Der Unterschutzstellung ging eine Kurzbesichtigung voraus. Im Bericht vom Juli 1981 heißt es, dass für das Lagerhaus G keine Denkmalschutzwürdigkeit erkennbar sei, jedoch zur Beurteilung das Material des Dokumentenhauses der KZ-Gedenkstätte Neuengamme (heute „Haus des Gedenkens“, der Vorläufer der KZ-Gedenkstätte Neuengamme) herangezogen werden sollte. Durch die Sichtung der Unterlagen kam die Denkmalpflegerin Ilse Rüttgerodt-Riechmann in ihrem Gutachten vom 23. Juni 1998 zu dem Ergebnis, dass das Lagerhaus G als Denkmal erhaltenswürdig ist. Es wird mit dem historischen Bau, der Wichtigkeit für die Geschichte des Hamburger Hafens und der nationalsozialistischen Vergangenheit argumentiert.

Die Dokumentation

In den Akten des Denkmalschutzamtes finden sich unzählige Quellen zum Lagerhaus G. Auf kleinen gelben Kärtchen wird das Gebäude beschrieben, die Materialien aufgezählt, die Umgebung dargestellt und auf Besonderheiten wie auf Spuren von Gefangenen verwiesen. Auf den Kärtchen wurden ebenfalls Informationen notiert und aufgeklebt. Darunter sind zum Beispiel Zeitungsberichte über das Lagerhaus G. Als letztes sind noch die Bilder und Bauzeichnungen zu nennen, die vom Lagerhaus angefertigt wurden. Hier sind innen deutlich die Kellergewölbe zu sehen, in die die Gefangenen bei Bombenangriffen zu Schutz getrieben wurden. Ebenso die im Wasser versenkten Stützpfeiler, die beeindruckende Holzkonstruktion, die 44 eingebauten Abortöffnungen. Aus der Zeit nach 1945 sind auch Bilder vorhanden: Sie zeigen das Lagerhaus in seiner ursprünglichen Nutzung als Warenlager. Auf den Bildern sind Menschen zu sehen, die Tee einlagern. Auf anderen Aufnahmen ist das Lagerhaus G von außen abgebildet, noch bevor es als Außenlager genutzt wurde. Die Fotos dokumentieren jeden Winkel des Lagerhaus G, vom Keller bis in den Spitzboden. Das Gebäude wurde aus allen Himmelsrichtungen fotografiert.

Probleme mit dem Erhalt

In Anbetracht der vorangegangenen Informationen, der Akte des Denkmalschutzes und des Gutachtens wird klar, dass das Gebäude schützenswert ist. Das Problem ist jedoch, dass das Bauwerk lange Zeit nicht saniert wurde. Die Stadt Hamburg hat sich ihrer Verantwortung der Instandhaltung des Gebäudes durch seinen Verkauf entledigt. Das Lagerhaus G hat seitdem eine turbulente Besitzergeschichte hinter sich. 1997 wurde von der Kulturbehörde ein neuer Eigentümer gefunden, da es beinahe aufgrund des schlechten baulichen Zustandes abgerissen wurde. Die Auflage für den Verkauf war, dass der neue Eigentümer das Lagerhaus zu sanieren hat, um dessen Erhalt zu garantieren. Das ist leider nie passiert. Nachdem der neue Eigentümer verstarb, ging seine Firma bankrott und das Lagerhaus wurde zwangsversteigert. Allerdings kümmerte sich auch der neue Eigentümer nicht um die Instandhaltung. In Zeitungsartikeln, die diese Thematik behandeln, wird dies häufig kritisiert. Immerhin bietet das Denkmalschutzamt Förderungen an und ein Teil der Kosten, die dabei entstehen, können vom Eigentümer steuerlich abgeschrieben werden.

Verfall eines Zeitzeugen

Mittlerweile wird es Zeit, zu handeln. Der Umstand, dass der Bodenspeicher teilweise auf Pfeilern im Wasser steht, sorgt dafür, dass er immer weiter absackt. Das Denkmalschutzamt kann jedoch erst eingreifen, wenn Eigentümer ihre Gebäude nicht vor der Zerstörung, zum Beispiel durch Einsturz, schützen. Bis dahin bleibt nur zu hoffen, dass die Stadt Hamburg etwas gegen den Verfall dieses Zeitzeugen unternimmt. Fällt das Lagerhaus G nämlich zusammen, gehen nicht nur 120 Jahre Sozial- und Hafengeschichte verloren, sondern auch ein Zeugnis der Hamburger NS-Vergangenheit.


Quellen und Literatur

Garbe, Detlef; Klingel, Kerstin: Gedenkstätten in Hamburg. Ein Wegweiser zu Stätten der Erinnerung an die Jahre 1933-1945. Hamburg, 2008, S. 69, 21, 105.

Mappe zum Lagerhaus G, Dessauer Ufer, Kleiner Grasbrook . Denkmalschutzamt der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg.

https://www.welt.de/regionales/hamburg/article204033818/NS-Erinnerungskultur-Lagerhaus-G-in-Hamburg-koennte-Gedenkort-werden.html?wtrid=onsite.onsitesearch (Stand 06.02.2021)

https://www.welt.de/regionales/hamburg/article180632182/Denkmalschutzamt-sorgt-sich-um-Hamburger-Bauwerk.html (Stand 06.02.2021)