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Wie ich lernte die Bombe zu lieben
Iran
1. Tag - Iran Air
Die drei gefährlichsten Fluggesellschaften der Welt hatte ich schon überlebt, jetzt sollte es die Älteste sein. Dabei hatte ich noch nicht mal eine Wahl, denn diesmal hatte Ikarus Tours, meine Reisegesellschaft, die Wahl getroffen. Ich hatte diesmal nichts selbst in der Hand, alles war (hoffentlich) bestens organisiert. Da man im Iran nichts über das Internet im Voraus buchen konnte, hatte ich das lieber den vermeintlichen Profis überlassen.
Wie gesagt, Iran Air hat die älteste Flotte der Welt, da es ihnen durch das Embargo nicht möglich war, neue Maschinen zu erwerben. Da muss man halt nehmen was übrig bleibt. Einige Maschinen waren so alt, dass sie gar nicht mehr in der EU landen durften.
Ich war 3 Stunden vor Abflug am Flughafen, wie im Internet vorgeschlagen und das war gut so. Es hatte sich schon eine Schlange voller Iraner vor dem Schalter gebildet. Nachdem ich mich angestellt hatte, musste ich feststellen, dass es einfach nicht voran ging. Scheinbar hatte jeder Übergepäck, denn einer nach dem anderen wurde mit seinen Koffern wieder weggeschickt. Dabei durfte man unglaubliche 30 Kilo mitnehmen. Dasselbe Problem hatte man wohl hinter mir, denn plötzlich sprach mich eine junge Iranerin an, ob wir zusammen einchecken könnten, da ihre Mutter einen Koffer zu viel dabei hätte. Ich lehnte sofort ab, denn erstens warnte der Reiseführer vor dem Kontakt mit iranischen Frauen (schließlich wollte ich nicht gesteinigt werden) und zweitens wusste ich ja nicht, was die alte Dame so im Koffer hatte. Am Schluss schmuggelte sie noch Alkohol und hatte die Minibar vom Hotel geplündert. Dann wäre ich wegen meiner Freundlichkeit am Ende auch noch ausgepeitscht worden.
Ich bekam einen Sitz am Notausgang, was das Reisen sehr angenehm machte. Das Flugzeug, ein Airbus, war alt, aber in sehr gutem Zustand. Na gut, wenn so ein Flieger 30 Jahre halten soll, muss man ab und zu mal durchwischen. Das Flugzeug war nur halb voll und neben mir saß ein 59 jähriger Iraner, der in Belgien für eine deutsche Firma als Ingenieur arbeitet, aber nur Englisch spricht und in den Iran fliegt, weil die Mutter bei einer Operation verstorben war. Er hat eine philippinische Frau, weil er nach dem Schah Sturz dorthin geflohen war und hat zusätzlich noch einen dänischen Pass, da er dort lange gelebt hatte. Ach so, und die Kinder studieren in Deutschland, sprechen aber kein Persisch, so dass er sich mit ihnen in Englisch unterhalten muss. Hatte ich schon erwähnt, dass er sehr redselig war? Inzwischen kannte ich die ganze Lebensgeschichte, die ein eigenes Buch Wert gewesen wäre.
Die ganze Information verarbeitend, nickte ich kurz ein. Als ich wieder aufwachte gab es auch schon Essen. Zu meiner Überraschung servierte man Cola Zero, im Iran in Lizenz gebraut. Jetzt war ich beruhigt, ich würde nicht verdursten, auch ohne Alkohol. Wir landeten dann kurz in Istanbul zum Nachtanken. Wie mir mein Sitznachbar erklärte, flog die Maschine vollgetankt von Teheran nach Frankfurt, bekommt dort aber keinen Sprit, weil diese diesen nicht bezahlen können. Nicht dass diese so arm sind, durch den Boykott können die einfach kein Geld überwiesen. Und da der Pilot keine fünfzigtausend Dollar in seinem Pilotenkoffer bar mitnehmen kann, tankte man halt in der Türkei. Da konnte man wohl anschreiben lassen.
Während des Tankvorgangs blieben die Passagiere in der Maschine. Das erforderte aber, dass alle auf ihren Plätzen blieben, nicht festgeschnallt sind und an jedem Notausgang eine Saftschubse sitzt. So war sichergestellt, dass bei einem Brand nur einige ums Leben kommen. Allerdings forderten viele ihr Glück heraus, indem sie alle Anweisungen ignorierten und einen fröhlichen Wandertag einlegten und dabei auch die Toiletten reichlich frequentierten. Beinahe hätten wir auch noch Frischwasser nachholen müssen, so häufig wurde diese benutzt.
Der Flugbegleiter, der mir gegenüber saß, wie gesagt ich hatte einen Platz am Notausgang, beschwerte sich in Persisch bei meinem Sitznachbarn über diese Undiszipliniertheit. Also ich hätte die einfach aus dem Flugzeug geworfen. Sollen die doch zu Fuß von Istanbul nach Teheran laufen. Nach dem ersten Rauswurf wäre garantiert keiner mehr aufgestanden. Zur Belohnung dass ich und mein Nachbar so brav sitzengeblieben waren, brachte uns der Flugbegleiter je einen Kaffee. Er meinte da wäre eine geheime Zutat drin. Ich hoffte er hatte nicht reingespuckt. Ehrlich gesagt, geschmeckt hat er so. Aber ich meinte trotzdem, das wäre der beste Kaffee den ich je getrunken habe. So macht man sich Freunde, auch im Iran.
Beim Neustart, reboot tut gut, unterhielten wir drei uns, jetzt in Englisch, über Filme. Der Flugbegleiter studierte neben seiner Tätigkeit bei Iran Air noch Filmkunst. Zeit müssen die haben. Aber in Ermangelung von Benzin gibt‘s wohl nicht so viele Flüge zu absolvieren. Nebenjob Flugbegleiter! Die deutschen Propagandafilme aus den Vierzigern haben ihm übrigens besonders gut gefallen. Das war ja auch nicht anders zu erwarten.
Es begann dann das Entertainment Programm. Auf Monitoren wurde ein iranischer Film über einen Arzt mit englischen Untertiteln gezeigt. Die angebotenen Kopfhörer lehnte ich dann doch lieber dankend ab. Bei der Landung war unser Diskussionsthema die Persönlichkeitsrechte im Internet und der Fanatismus. Inzwischen verfolgte das halbe Flugzeug unsere Debatten. Wir hatten somit eine bessere Quote als Günther Jauch.
Nach der Landung ging es zur Passkontrolle. Für Nichtiraner war nur ein Schalter offen und vor mir hatte sich schon einiges in der Schlange angesammelt. Dabei ging es auch nur sehr langsam vorwärts, was diesmal wohl nicht am langsamen Beamten lag, sondern eher am langsamen Computer. Die verwendeten wohl noch den guten alten 286er. Als ich dann endlich dran kam, schaute der Beamte nur auf den Monitor, meinte "Gruppe" und "14 Tage" und ich musste nur noch bestätigen. Also die NSA ist gar nichts dagegen.
In der Gepäckausgabe war eine Bank, doch als ich dort Geld wechseln wollte, sagte mir der gelangweilte Angestellte, dass der Kurs im ersten Stock weitaus besser wäre und ich dort besser tauschen solle. Also entweder war er nur ehrlich oder faul oder er hatte einfach kein Geld in der Schublade.
Meine Tasche kam dann auch wieder ziemlich spät und ich ging ohne Nachfragen durch den grünen Kanal zum Ausgang. Wer jemals behauptet hat es wäre kompliziert in den Iran zu reisen, der lügt. Das war einfacher als in manch anderes Land zu kommen.
Am Ausgang erwartete mich Hamid, der Reiseführer. Ich war wie immer der Erste. Das machte mir nichts aus, denn irgendjemand muss ja mal anfangen, damit etwas zu Ende gebracht werden kann. Hamid ist 25, in Deutschland geboren und aufgewachsen und nach dem Abitur mit seinen Eltern zurück in den Iran. Und da er Tourismus studiert hat, machte er auch einen professionellen Eindruck. Als ich ihn darauf ansprach, dass ich noch Geld tauschen wolle, meinte er wir würden das Morgen gemeinsam machen. Gleich nebenan war eine Hütte, in der Handy Prepaid Karten verkauft wurden. Und da mein Handy keinen Empfang hatte, war ich die ganze Zeit hin- und hergerissen zwischen Geldwechseln und Prepaid Karte kaufen und bei der Gruppe bleiben. Ich riss mich so lange hin und her, bis es dann letztendlich zu spät war und wir in Richtung Bus aufbrachen.
In der Gruppe waren viele Rentner, aber das hatte ich auch nicht anders erwartet. Als ich mich mit Hamid über den Streik des Sicherheitspersonals am Frankfurter Flughafen unterhielt, legte sich tatsächlich eine Frau, kommend vom Bodensee, besserwisserisch mit mir an. Na, das geht ja gut los. Ich bin einfach nicht für eine Gruppe gemacht.
Die Fahrt zum Hotel sollte 45 Minuten dauern, Das ist überall so, auf der ganzen Welt. Wenn man den Reiseleiter fragt, wie lange die Fahrt dauert, sagt er 45 Minuten. Also entweder werden alle Hotels, Flughäfen und Sehenswürdigkeiten in genau diesem Abstand voneinander gebaut oder 45 Minuten ist das, was ein Tourist gerade noch als nicht zu lang empfindet. Und wenn's mal wieder länger dauert, dann wird es einfach auf den Berufsverkehr geschoben.
Wir legten die Zeit in einem riesigen Bus zurück, viel zu groß für 15 Personen. Aber besser so wie umgekehrt. Auch wenn der Bus etwas müffelte. Es war dann 0:50 Uhr bis wir endlich vom Flughafen losfahren konnten.
Im Hotel angekommen einigten wir uns auf 9:30 Uhr Abfahrt und 7:30 Uhr Weckruf für den nächsten Morgen oder besser Heute. Das Hotel hat 4 Sterne und sah ganz nobel aus. Mein Zimmer lag im 5. Stock und man merkte, dass seit der Schah Zeit nicht mehr renoviert wurde. Die Anlage zum Steuern der Beleuchtung am Nachtisch war total veraltet und das Bad war eine Katastrophe, schmuddelig und verkalkt. Die Matratze war total durchgelegen und die Klimaanlage blies nur warme Luft in das Zimmer, nicht die gewünschte Kalte. Aber man konnte alternativ ein Fenster öffnen. Im Fernsehen gab es die BBC News und nach anderen Programmen habe ich erst gar nicht gesucht, denn inzwischen war es 2:15 Uhr.
2. Tag - Ski Heil
Trotz vorgerückter Stunde gelang es mir nicht direkt einzuschlafen. Ich war einfach noch zu aufgewühlt. Um 7 Uhr klingelte mein Wecker und ich ging in der verkalkten Dusche mich abbrausen. Das Wasser war erstaunlicherweise heiß, allerdings roch es unangenehm. Um 7:25 Uhr kam dann der hoteleigene Weckruf in perfektem Englisch. Das Frühstück bestand aus einem riesigen Buffet, wobei die warmen Speisen, Gemüse und Linsensuppe, doch sehr enttäuschend waren. Doch es gab eine große Auswahl an Eierspeisen und sogar Brot, Wurst, Marmelade und Honig. Der Kaffee war löslich und kam aus einer Maschine. Aber auch das hatte ich schon schlimmer gehabt, gar keinen Kaffee zum Beispiel.
Ich war der Erste beim Frühstück, da ich ja eine halbe Stunde Weckvorsprung hatte, und nach und nach trafen die anderen der Gruppe ein. Allerdings setzte man sich an getrennte Tische, was mir auch ganz recht war, denn das ersparte freundliche, belanglose Konversation.
Nach dem Frühstück ging ich raus auf die Straße und lief diese etwas entlang. Niemand schaute mich seltsam an. Auch gab es überall lateinische Beschriftungen. Also langsam kam ich zur Überzeugung, dass es kein Land der Erde gibt, in das man nicht alleine reisen kann. Mein GPS fand auch endlich meinen Standort, allerdings stellte er diesen als blauen Punkt auf weißem Grund dar, da Google freundlicherweise meine offline Karte gelöscht hatte. Na Hauptsache der Busfahrer weiß wo wir sind. Ich fand sogar ein ungesichertes Netz, in das ich mich einloggen konnte, aber es war zu schwach für Internetseiten. Wenigstens konnte ich meine Emails abrufen, wobei das nur 6 Stück waren, da heute Sonntag war. Da passiert nicht viel in der westlichen Welt. Nur im Iran war es der zweite Arbeitstag der Woche, was man auch später am Berufsverkehr sehen sollte. An der Straße reihte sich eine Bank an die andere. Also nicht Parkbank, sondern „echte“ Bank. Das war ja auch kein Wunder, wenn man sein Geld durch das Embargo nicht aus dem Land bringen darf und nicht mal Flugbenzin dafür kaufen kann, muss man es im Inland ja irgendwo bunkern.
Um 9 Uhr ging ich mit meinem Koffer zur Lobby und wollte noch etwas mit meinem Tablet spielen. Doch schon ganz kurz nach mir kamen schon die ersten Teilnehmer meiner Gruppe. Blöde Deutsche, immer überpünktlich. Dass diese auch noch mit ihrem Tablet spielen wollten, konnte ich mir nicht vorstellen. Es sah so aus, dass außer mir niemand eins besaß. Nach und nach trudelten alle Teilnehmer ein. Einer beschwerte sich tatsächlich, dass er schon um 7:20 Uhr geweckt worden war. Na, irgendwann muss man ja mal anfangen, wenn man um 7:30 Uhr fertig sein muss. Sonst würde sich der Letzte beschweren, dass er zu spät geweckt worden wäre. Gruppenreisen ist nicht leicht, auch mit so wenigen Personen.
Wir warteten alle auf Hamid und dieser kam kurz nach 9:30 Uhr. Von wegen in Deutschland geboren, Pünktlichkeit hat man ihm nicht in die Wiege gelegt. Aber wahrscheinlich musste er vorher noch eine Bank ausrauben, denn er machte dass unmoralische Angebot, dass man 50 Euro direkt bei Ihm in Rial umtauschen könne, um einen zeitaufwendigen Sammelumtausch bei einer Bank zu vermeiden. Und das zu einem unwiderstehlichen Kurs von 40000 Rial für einen Euro, wo es doch am Flughafen nur 33000 Rial gibt. Ich denke, dass er bei dieser Großzügigkeit immer noch seinen Reibach gemacht hat, Aber so wurde ich wenigsten zum ersten Mal in meinem Leben Millionär, ja sogar zweifacher. Aber die erste Million ist ja immer schnell ausgegeben. Ferrari, Eigentumswohnung, Scheidung von der Ehefrau...
Als ich in den Bus einstieg, begrüßte mich Amir, der Besitzer des Busses, mit einem "Guten Morgen" und "Super", die einzigen deutschen Worte, die er kannte. Er fuhr immer mit, wohl um sich von dem ordnungsgemäßen Zustand seines Eigentums und der Qualität seines Busfahrers zu überzeugen. Manchmal übernahm er auch das Steuer, wenn der Fahrer die maximale Lenkzeit überschritten hatte. Der Fahrer war übrigens sein Neffe. Hier bleibt alles in der Familie, auch der Bus.
Wir fuhren durch besagten Berufsverkehr zum National Museum, dem wichtigsten Museum im Iran. Allerdings war das schon recht enttäuschend. Es war extrem klein, nur wenig war ausgestellt und alleine wäre ich in 20 Minuten durch gewesen. In Vietnam hätte dies die Kategorie Zweiraum Museum gehabt. Die Qualität der Objekte mag einzigartig gewesen sein, aber weniger ist mehr wurde hier zu wörtlich genommen. Das setzte sich bei den Toiletten fort, denn diese bestanden mal wieder aus einem Loch im Boden und waren total versifft. Wann waren eigentlich die Chinesen hier und haben diese unsägliche Toilettenart mitgebracht. Ich sehe schon, ich muss meinen Verdauungstrakt hier ziemlich disziplinieren.
Zurück zum Museum. Am Anfang erhielten wir an einer riesen Landkarte eine Einweisung in die Gebiete und Völker des Iran. An dieser Unterweisung erkannte man schon, dass Hamid nicht so ein ahnungsloser Reiseleiter war wie damals meine Freundin in Mexiko. Danach durften wir uns weitestgehend frei bewegen, nur einige besondere Stücke wurden besonders erklärt. So gefällt mir das und sowas ist Trinkgeld steigernd.
Um 11:30 Uhr waren wir fertig und stiegen in den Bus, um nach Hamidan zu fahren. Die Besserwisserin vom Bodensee, Anja, fragte Hamid Löcher in den Bauch. Über Heiraten, den Koran und Politik. Scheinbar hatte sie in Vorbereitung auf diese Reise alle Filme und Bücher über den Iran verzehrt und auch den Koran studiert. Das machte sie jetzt nicht sympathischer.
In regelmäßigen Abständen hielt der Bus an der Straße an und der Fahrer musste mit einem USB-Stick eine Kontrollstation aufsuchen. Auf dem Stick wird per GPS Lenkzeiten und Geschwindigkeit aufgezeichnet und dieses wird dann ausgewertet. An besonderen Stationen kam dann immer der Befehl „Anschnallen“ für uns, wenn befürchtet wurde, dass ein gelangweilter Kontrolleur den Bus bestieg, um ihn zu kontrollieren. Es kam dann immer zu einer Reise nach Jerusalem (darf man das im Irak so nennen?), denn nicht alle Sitze hatten einen funktionierenden Gurt.
Wir hielten an einer Raststätte oder besser ein paar Hütten in der Pampa (also wenn das jetzt Argentinien wäre) zur Pinkelpause. Diese vollzog ich auch gleich. Im Vorraum wusch sich ein Kurde von Kopf bis Fuß (ja wirklich, auch die Füße) im Waschbecken. Als ich die Toiletten gesehen hatte, konnte ich das nachvollziehen. Blos nichts berühren lautete die Devise beim Wasserlassen. Wie damals am Busbahnhof in Thailand. Ein Laden hatte offen und da es nicht so aussah, als ob wir zum Mittagessen an einer Dönerbude haltmachen würden, erwarb ich hier ein paar Kekse und Küchlein. Da ich nicht wusste, was das kosten könnte, denn es waren keine Preise angeschlagen, hielt ich dem Kassierer einen 50000 Rial Schein hin und den nahm er dann auch komplett an ohne etwas zurückzugeben. So einfach kann Handeln sein. Der Fahrer spendete dann für jeden noch einen Tee aus seiner großen Thermoskanne. Ich entdeckte am Burgerladen nebenan ein Schild Free Wifi und holte schnell mein Tablet aus dem Bus. Verbinden konnte man sich, aber man benötigte einen Benutzername und ein Passwort. Als wenn hier in der Einöde jemand unbefugt Bandbreite abzapfen würde. Na gut, ich hätte es getan. Aber das ist ja auch was anderes. Langsam schauten mich die Mitreisenden etwas komisch an, weil ich dauernd mit dem Tablet herumlief und auf den Bildschirm tippte.
Auf der Weiterfahrt kam die Rede auf das Telefonieren und ich war der Einzige, der kein Netz hatte. Man versuchte das damit zu erklären, dass Congstar nur eine Tochter von Telekom sei, worauf ich meinte, da hätte ich mal lieber einen Vertrag beim Sohn abgeschlossen.
Wir näherten uns Hamadan und plötzlich lag Schnee am Straßenrand. Auf ein 1800 Meter hohes Skigebiet war ich überhaupt nicht vorbereitet. Meine Jacke war in meiner Tasche im Gepäckraum und ich hatte nur ein Hemd an, da es am Morgen in Teheran sehr warm war. Na hoffentlich war hier wenigstens der alkoholfreie Apre-Ski gut. Zum Glück war es dann doch nicht so kalt wie es durch den Schnee vorgetäuscht wurde. Hätte ich mal meine Ski-Schuhe mitgebracht. Wahrscheinlich hatten deshalb alle Iraner am Flughafen Übergepäck gehabt.
Wir erreichten Ganjnameh, wo wir aus dem warmen Bus ausstiegen. Sozusagen in Stein gemeißelt, also besser gesagt in den Berg, waren zwei Schrifttafeln in 3 verschiedenen Sprachen. Die erklärenden Schilder waren sinnigerweise in den Boden eingelassen und zugeschneit. Aber da dies keinen Eintritt gekostet hatte, kann man nur sagen: Was nix kost, ist nix.
Im Hotel in Hamadan angekommen fragte ich erst mal nach Wifi, denn die Eintracht spielte heute. Dieses war sogar kostenlos, doch als ich in meinem Zimmer Benutzername und Passwort eingab, funktionierte es nicht. Also zurück zur Rezeption. Der Angestellte hatte noch vor der Internetzeit seine Blüte und rief deshalb seinen jüngeren Kollegen aus dem nebenliegenden, zum Hotel gehörigen, Cafe zu Hilfe. Dieser versuchte das Problem zu lösen, indem er alle bekannten Benutzernamen mit den entsprechenden Passwörtern nacheinander durchprobierte. Nun, jetzt kannte ich alle konfigurierten Benutzer, einen Internetzugang hatte ich aber immer noch nicht. Er gab auf und ich machte noch einen letzten Versuch auf dem Zimmer, wobei ich einen anderen Browser verwendete. Und siehe da, es funktionierte. Ja, lass das mal den Papa machen. Ich wollte nun die Fußball Ergebnisse abrufen, aber alle Zeitungsseiten, wie Bild und Focus waren gesperrt. Aber auch so profane Seiten wie Fussball.de oder Wetter.com. Wetter.de ging übrigens, also konnte es nicht daran liegen, dass man den Iranern das Wetter vorenthalten wollte. Zum Glück hatte man vergessen, die lokalen Zeitungen, wie die Frankfurter Rundschau oder die Neue Presse zu sperren und so war zumindest der Informationsfluss nicht komplett abgeschnitten. Mal sehen wann die das merken und diese Seiten auch noch abschalten. Eine VPN Verbindung zur Firma wurde auch nicht zugelassen. Hier wurde auch an jede Hintertür gedacht, vor allem wenn diese über Amerika geht.
Ich ging noch einmal raus auf die Straße, um etwas Wasser für die Nacht zu erwerben. So lief ich geraume Zeit die Hauptstraße rauf und runter, auch um etwas von der Atmosphäre mitzubekommen. Ich entdeckte eine Art Supermarkt und wollte diesen unbedingt einmal aufsuchen. Ich fand auch nach langen Suchen kein Wasser, also zumindest keins, das nicht im 6er Pack gewesen wäre. Aufreißen habe ich mich nicht getraut und so erwarb ich stattdessen eine Dose Cola Zero und allerlei Küchlein für die morgige Fahrt. An der Kasse dauerte es ewig, wie in Deutschland. Es scheint eine weltweite Unsitte zu sein, wenn man einmal dran ist, die nachfolgende Kundschaft möglichst lang aufhalten zu wollen. Und wie überall zahlte man hier gerne mit Karte und mangels Deckung mit mehreren Versuchen. Dafür kostete mein Einkauf dann auch nur 33000 Rial. Allerdings hätte der Kassierer mir alles abverlangen können, da die Zahlen auf der Kasse arabisch waren. Um 19:30 Uhr trafen wir uns an der Rezeption, um mit dem Bus zum Essen zu fahren. Ich hatte mich diesmal etwas wärmer angezogen, denn es ging wieder zurück Richtung Berg, wo die Tafeln in Stein gehauen waren. Also zum Tafeln sozusagen.
Man hatte im Bus inzwischen mitbekommen, dass ich Verbindung zum Internet hatte und so wurde ich als Auskunftsquelle für die Fußball Ergebnisse ausgesucht. Ja, erst belächeln und dann einschleimen.
Das Restaurant lag im 3. Stock und hatte einen herrlichen Ausblick auf das Lichtermeer der Stadt. Es gab Kebab mit Hühnchen und Lamm, Jogurt und Salat. Alle tranken alkoholfreies Bier, das wohl stark an Malzbier erinnert. Ich trank lieber Wasser, denn entweder ganz oder gar nicht. Die Reaktion auf das Gebräu war auch gespalten. Einigen hat es geschmeckt, die anderen fanden es widerlich. Ein dazwischen gab es nicht. Zur Strafe gab es dann auch keinen Nachtisch, aber der scheint hier erstaunlicherweise nicht üblich zu sein. Zum ersten Mal kam man mit den anderen Reiseteilnehmern ins belanglose Gespräch.
3. Tag - Das französische Loch
Ich stand schon um 7 Uhr auf und wartete nicht den Weckruf um 8 Uhr ab. Ich fühlte mich etwas erkältet und hatte Kopfschmerzen. Aber das konnte auch von der Höhe kommen. Schließlich waren wir auf 1800 Metern. Kurz vor 8 Uhr betrat ich den Frühstücksraum und was musste ich sehen, die halbe Gruppe räumte schon das Buffet leer. Von wegen 8 Uhr wecken. Ich setzte mich zum Ehemann der Besserwisserin, Klaus, der an einem Zweiertisch saß und unterhielt mich ganz gut mit ihm über Hotels, Internet und die Wirtschaft. So reichhaltig die Gespräche waren, so ärmlich war das Buffet. Es gab die obligatorische Linsensuppe, gekochte Eier, süße Brötchen, Marmelade und Honig. Die Besserwisserin Anja kam dann etwas später und musste sich an einen anderen Tisch setzen. Aber wahrscheinlich war der Mann ganz froh drum und hat mich deshalb an seinen Tisch gebeten.
Um 9 Uhr war Treffen an der Lobby und wir bekamen unsere Pässe zurück, die im Hotel hinterlegt worden waren. Hierbei kam ans Licht, dass Dumpfbacke Marco, der sich darüber beschwert hatte, dass er gestern 10 Minuten zu früh geweckt worden war, ein Drittel des Jahres in Thailand verbrachte. Die viele Sonne scheint dem Hirn nicht gut zu tun. Und so wie sich an den Visa Stempeln herauskristallisierte, hatten fast alle schon den vorderen Orient durch, also Moldawien, Armenien, aber auch Libanon und Israel. Und das alles per Gruppenreise.
Geplant war zum BuAli Sina Mausoleum zu laufen, da es gerade mal an dem nächsten Kreisel liegt. Aber einige waren schon vorab zum Bus gerannt und so kam der Gedanke auf mit diesem auch zu fahren. Schlussendlich liefen wir dann doch und obwohl es nur knapp über Null Grad war, war dies zu so früher Stunde recht angenehm. Das Mausoleum lag wie schon erwähnt mitten auf einer Verkehrsinsel, umgeben von einem Kreisel und das überqueren der Straße war schon Teil der Sensation.
Auf dem Dach der Mausoleen baute man gerne raketenähnliche Aufsätze, wohl damit der Verblichene schneller zu Allah in den Himmel kam. Allerdings muss diese hier eine Fehlzündung gehabt haben, sonst würde sie ja nicht noch hier stehen. Innen war dann alles recht schlicht. Nicht der Prunk eines Taj Mahals. Aber der Verstorbene war ja auch nur ein Mediziner und Philosoph und nicht ein Maharadscha. Sein ursprüngliches Grab war im Vorraum ausgestellt. Das jetzige Mausoleum war erst in den Dreißigern vom Schah gebaut worden.
Wir fuhren mit dem Bus etwas weiter zum Hauptplatz der Stadt, wo wir einen Fotostop einlegten. Hamid meinte, dass würde er mit seinen Gruppen immer so machen. Und mit Traditionen soll man nicht brechen. Wir machten also unsere Panoramabilder und fuhren weiter zum Hegmataneh Hill. Hier grub man alte Häuser aus, deren Mauern knöchelhoch freigelegt waren. Die Ältesten waren hüfthoch und unter einem Dach vor der Witterung oder vor den Blicken von Touristen ohne Eintrittskarte geschützt. Man konnte die Mauern mithilfe eines Steges überwandern, was bei meiner Höhenangst ein abenteuerliches Vorhaben war. Aber die Gruppe riss mich mit und so war sie letztendlich doch für etwas gut.
Anschließend besuchten wir eine armenische Kirche, nicht so alt wie die Häuser, aber Sehenswürdigkeit halt. Wenn man schon mal hier war. Ein Mann schloss extra für uns auf, bekam aber trotz deutscher Broschüre, die er an alle verteilte, kein Trinkgeld. Das ist gut so, denn das machte keinen guten Eindruck und da ich Reisegruppen nicht ausstehen kann, ist mir alles Recht was deren Ruf zerstören könnte.
Das zugehörige Museum war geschlossen, da es gerade neu renoviert wurde. Allerdings meinte ein Renovierer wir könnten hinein, es wäre nur noch nicht fertig eingerichtet und wir dürften deswegen keine Fotos machen. Das war schade, denn dieses war mit viel mehr Liebe eingerichtet, als das National Museum in Teheran. Natürlich fehlten noch viele Beschriftungen und einige Vitrinen waren noch leer, aber die ganze Präsentation war sehenswert.
Wir fuhren anschließend gefühlte Stunden durch die Berge. Aber trotz schöner Schneelandschaften, oder vielleicht gerade wegen dieser, nickte ich ein. Rechtzeitig zum Anahita Tempel war ich wieder wach. Hier war die erste Sehenswürdigkeit die einzige Toilette, denn nach der langen Fahrt hatten viele Nöte.
Wo die Franzosen am Hegmataneh Hill riesige Löcher gegraben hatten, um die Schmuckstücke besser plündern und dem Louvre zuführen zu können, mussten sie hier wohl Sprengungen durchgeführt haben. Hier lagen nur Steine und Säulenreste wahllos auf der Anlage verteilt herum. Es war keine Struktur mehr zu erkennen und die einzige Treppe dürfte auch nicht original gewesen sein. Dumpfbacke Marco wollte unbedingt mit seiner Kamera ein Foto mit Geldscheinen in der Hand, um diese seinen Freunden zu zeigen. Ich sah da keinen Sinn drin, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass er Freunde hatte, die Banker sind. Aber vielleicht ist das ja ein geheimer Ritus unter Thailand Rentnern, so wie bei den Freimaurern. Seine Fähigkeiten mir die Bedienung der Kamera zu erklären reichte aber nicht aus, um gelungene Aufnahmen zu erlangen und so muss er wohl den Zorn seiner Bruderschaft fürchten.
Wir machten anschließend erst mal Teepause, eine angenehme Tradition, die der Busfahrer eingeführt hatte. Wieder holte er seine Thermoskanne heraus und verteilte den Tee in Pappbechern. Nächster Toilettenstopp garantiert. Plötzlich kamen die ersten "Where are you come from?" Jugendlichen an. Fängt das hier auch schon so an? Gut dass ich in einer Zeit gekommen war, wo noch nicht so viel Tourismus verbreitet ist. So rettete mich ein Sprung in den Bus vor der nervigen Konversation.
Weiter ging es zu dem Darius Relief in Bisotun. Doch bevor wir dieses besichtigten, ging es einen Berg hoch an dessen Hang wieder unzählige Felsbrocken lagen (Hatten hier die Franzosen für die Tempelsprengung geübt?). Und auf einem dieser unzähligen Steine war ein Relief, das einen Priester darstellen sollte. Da hat sich das klettern doch gelohnt.
Es ging vorbei an einer Herkulesfigur, die sicherlich nur an dieser Stelle aufgestellt worden war, damit ein Mann, den Fotostopp nutzend, aus der gegenüberliegenden Touristeninfo eilen und einem eine Broschüre für 50000 Rial anbieten konnte.
Das eigentliche Relief war ganz oben im Berg und auch noch halb von einem Gerüst verdeckt. Selbst mit dem Teleobjektiv der Kamera war da nichts zu erkennen. Na wenigstens gab es unten auf einem Schild eine Abbildung und so machte ich mal wieder ein Foto von der Kopie. Ein weiteres Relief in Bodennähe war durch eine nachträglich angebrachte Inschrift teilweise zerstört. Es macht also doch Sinn Reliefs vor Touristen in luftiger Höhe zu verstecken, in jeder Dynastie. Auf dem Gelände befanden sich noch die Überreste eines Palastes und eine unzerstörte Karawanserei, die wir beide wegen angeblicher Zeitnot nicht besichtigten. Aber wahrscheinlich war das wieder nur Faulheit. Da rächt sich wieder so eine Gruppe.
Boris, so wie er sich gibt, erinnert er mich stark an unseren ehemaligen Buchalter in der Firma, fing plötzlich an, dass in Deutschland die Frauen 200 Euro aus Saudi Arabien bekommen würden, wenn sie ein Kopftuch tragen. Und dass der Prozentsatz von ausländischen Kindern in der Schule von 13% auf 35% zugenommen hätte. Da hat wohl jemand zu viel Sarazin gelesen. Mein Einwand, dass die Deutschen einfach nur mehr Kinder in die Welt setzen müssten, dann würde der Prozentsatz wieder niedriger werden, konterte er damit, dass die Regierung das nicht wolle und es entsprechend steuern würde, dass immer mehr Ausländer ins Land kämen. Ich stellte dann sofort jegliche Diskussion mit ihm ein, auch die Politische. Persona non grada von jetzt an. Und dabei machte er am Anfang gar keinen so schlechten Eindruck. Zum Glück sitzt er im Bus ganz hinten, wahrscheinlich deshalb.
Auf der Weiterfahrt kamen wir an einem Grundstück vorbei, das mit einer etwas höheren Mauer eingezäunt war. Plötzlich drehte sich Marco, der vor mir im Bus saß, um und fragte mich allen Ernstes, was das für eine Mauer sei. Total überrascht meinte ich, die Berliner Mauer wäre es nicht. Was so 3 Tage Alkoholentzug alles anrichten können.
Taq-e Bustan war der nächste Busstopp. Hier sollte es Höhlenreliefs geben, wobei das mit der Höhle relativ zu sehen ist. Die Reliefs waren einfach nur etwas tiefer in den Fels gehauen. Fast alle nutzten die Gelegenheit, um hier Postkarten von den Sehenswürdigkeiten der Region zu kaufen, unter anderem auch vom Darius Relief. Aber welchen Sinn machte das, wenn man das einzige Foto, das man hat, wegschickt?
Die Besserwisserin Anja entdeckte auch gleich ein Hotel der etwas besseren Preisklasse und wollte unbedingt dort bleiben. Ich meinte nur, erst mal schauen, wie die Zimmer aussehen. Die Frau passte so gar nicht in die Gruppe. Immer gestylt, schicke Schuhe mit hohem Absatz, rot gefärbte Haare und immer etwas ete-petete. Also irgendwie gar nichts für Gruppenreisen, sondern eher Strandpromenade in Nizza. Fehlt nur noch, dass sie alkoholfreien Prosecco verlangt hätte.
Die Zimmer in unserem Hotel in Kermanshah waren frisch renoviert und so sollte auch sie nichts zu meckern gehabt haben. Ich hatte diesmal nur 2 Betten im Zimmer, sonst waren es immer 3. Was ein Abstieg.
Ich ging noch einmal für 30 Minuten die Hauptstraße hoch und runter und erwarb dabei für die morgige lange Fahrt eine große Flasche Cola Zero und mehrere Küchlein. Im Laden stand ein Iraner, der mich ansprach, wo ich denn her sei. Er hätte 8 Jahre in Manchester gelebt, Na ja, alles Gute kommt halt wieder. Aber dieses "Where are you come from" nimmt doch langsam zu.
Das Abendessen nahmen wir diesmal im Hotel ein. Um Punkt 19:15 Uhr waren alle versammelt, das ist Deutsch. Um 19:20 Uhr wurde das Licht im Restaurant langsam angemacht, das ist Iranisch.
Es gab wieder Salat und Jogurt, diesmal aus einem Plastikbecher, und als Hauptspeise einen Eintopf mit Lamm. Den Salat ließ ich heute aus. Kein Alkohol und Vitamine, das ist einfach zu gesund für meinen Körper. Leider wollte der Kellner da nicht mitspielen, denn als er meinen Bauch entdeckte, dachte er, da machen wir die Portion lieber etwas kleiner. Und da wieder der Nachtisch fehlte, war ich nicht gerade überfressen.
Hamid und das Österreichische Pärchen saßen bei mir. Hamid fing an von seinem nicht genehmigten Studentenvisum in Deutschland zu erzählen und man erkannte, dass da doch eine patriotische Grundhaltung zu erkennen war, Der böse Boykott und die Amerikaner waren an allem schuld, wobei die nicht vorhandenen Atomwaffen als Vorwand herhalten mussten. Und keiner auf der Welt mag Iraner. Also die Österreicher behaupteten nicht solche Sachen, obwohl sie allen Grund dazu hätten.
Da wir morgen schon um 7 Uhr losfahren wollten, ging ich früh ins Bett.
4. Tag - Durchs wilde Kurdistan
Ich hatte schlecht geschlafen, denn in meinem Zimmer befand sich eine Wanduhr, die die ganze Nacht nervig tickte. Aber ich war einfach zu faul um aufzustehen und zu erforschen, wie man die Batterie entfernen konnte. Um 5:45 Uhr kam dann der angekündigte Weckruf mit der Frage "Are you awake?". Ehrlich, das hatte ich noch nie als Ansage. Was soll man denn darauf antworten?
Als ich um 6 Uhr zum Frühstück ging, war die Lobby schon gut gefüllt mit meinen Mitreisenden. Im Gegensatz dazu war das Buffet noch nicht gefüllt. Der Speisesaal war dunkel und die Speisen wurden gerade erst angeliefert. Aber Fladenbrot vom Vortag, Marmelade und Honig waren schnell aufgebaut. Das Fladenbrot war nicht frisch, da der Bäcker erst um 6:30 Uhr anfing. Hier war das Nachtbackverbot noch schlimmer als in Deutschland. Zum Glück hatte uns die Rezeption schon am Vorabend gewarnt. Ich wäre ziemlich enttäuscht gewesen.
Es begann eine lange Busfahrt durch die Berge und Hamid vertrieb uns die Zeit mit Erzählungen über den Iran-Irak Krieg. Hierbei kam wieder die patriotische Ader durch. Hussein hat angefangen und die Amerikaner sind schon wieder an allem Schuld. Das waren sie doch erst beim Visum.
800000 haben sich für den Iran erschießen lassen und alle sind Märtyrer. Zum Glück glauben die Iraner oder besser die Schiiten nur daran, dass die Märtyrer in den Himmel kommen und nicht auch noch daran, dass dort 25 Jungfrauen auf diese warten. Wo hätten die nur 20 Millionen Jungfrauen in so kurzer Zeit auftreiben sollen.
Nach einem kurzen Toilettenstopp an einer Tankstelle ging es zur Pol-e-Dokthar, einer sassanidischen Brücke oder besser gesagt, was davon übrig war. Ein kompletter Torbogen stand noch über der Straße und mehrere Torbogen standen nicht mehr über dem Fluss. Ich und Christian kletterten über einen steinigen Hang auf den erhaltenen Brückenbogen. Schließlich war das ja eine Brückenbesichtigung und keine „Platz neben der Brücke“ Besichtigung. Belohnt wurden wir mit der Busfahrer Teepause.
Wir fuhren etwas weiter und hielten an einem Obststand, wo meine Mitreisenden sich mit Früchten eindeckten. Als ich dort auf mein Handy schaute, um die Uhrzeit abzulesen, entdeckte ich, dass ich plötzlich ein Netz hatte. Schnell schrieb ich ein paar SMS bevor es wieder zusammenbrach.
Weiter ging es durchs wilde Kurdistan nach Susa. Nach 8 Stunden wurde der Fahrer gewechselt, wobei wir den Alten mit Applaus verabschiedeten. Den Ruf "Zugabe, Zugabe" unterdrückte ich. Jetzt musste Amir, der Busbesitzer, weiterfahren. Wir hielten noch einmal an einer Toilette, der ich prompt 3 Sterne gab, da diese nur sehr dreckig war im Gegensatz zu der vorherigen, die extrem dreckig war und deshalb nur 2 Sterne verdient hatte.
In Susa besuchten wir zuerst das Susa Museum. Das macht Sinn. Innen war es besser, als es von außen aussah. Allerdings merkte man, dass man das ausstellte, was man gerade noch so gefunden hat (im wahrsten Sinne des Wortes). Den Winterpalast des Darius sahen wir uns nur von weitem an, da wir die gewonnene Zeit in die außerplanmäßige Besichtigung des Grabs des Daniel investieren wollten. Genau der, Daniel aus dem Alten Testament. Ja, auch mir war er unbekannt, aber man kann ja nicht jeden kennen. Im Grab gab es einen getrennten Männer und Frauen Eingang. Fotografieren war verboten, doch ich machte trotzdem ein paar Fotos. Schließlich sah man auch nicht das eigentliche Grab, das lag unter der Erde, sondern nur den Aufbau, der als riesige Spendenbox benutzt wurde.
Wir fuhren weiter nach Choqa Zanbil, wo die einzige im Iran erhaltene Ziggurat, also Pyramide, steht. Damit diese mit Wasser übergossen werden konnte, wurde dieses vom kilometerweit entfernten Fluss hierher gekarrt. Meine Frage warum man denn den Tempel nicht direkt an den Fluss gebaut hätte, anstatt so eine technische Meisterleistung zu vollbringen, konnte mir keiner beantworten. Wahrscheinlich wollte man mal wieder damit angeben, zu welcher Hochkultur man gehörte. Wir besichtigten noch das Wasserreservoir, das so klein war, dass es keine Trockenperiode überstanden hätte.
Ich sinnierte etwas mit Siggi aus Leipzig, dass dies vielleicht gar kein Tempel gewesen wäre, sondern nur eine überdimensionierte Kläranlage, die damals nur gebaut wurde, weil Darius diese bezuschusst hatte. Seinen Einwand, man wüsste ja gar nicht, ob diese überdimensioniert gewesen sei, konnte ich schnell wiederlegen, indem ich meinte, er möge sich nur mal umsehen. Außer uns war hier kein Mensch.
Jetzt fing die Besserwisserin Anja an darüber zu philosophieren, dass Pyramiden ja immer mystisch ausgerichtet waren. Und da jetzt gerade Sonnenuntergang war, stellte sie fest, dass die Pyramide keine perfekte Ost-West Ausrichtung hatte und somit die Sonnenwende nicht angezeigt wurde. Ich meinte, dass ja vielleicht ein Erdbeben die Pyramide verschoben haben könnte, schließlich ist der Iran ja ein Erdbebengebiet. Oder ganz einfach, da dies ja eine Wasserpyramide ist, vielleicht hat man die Pyramide logischerweise nach dem Wasser und nicht nach der Sonne ausgerichtet?
Ich wollte schon in den Bus einsteigen, da kam Hamid mit einer Torte an. Uwe hatte Geburtstag und so stießen wir mit Tee auf seine Gesundheit an. Das macht ja auch Sinn. Als Hamid den herumstreunenden Hunden die Teller zum Ablecken gab, meinte ich das wäre nicht gut, das gäbe Durchfall. Also für die Hunde, nicht für Hamid. Auf der Fahrt zum Hotel in Ahwaz fing Boris wieder an über Politik zu fantasieren. Mit einem Ohr bekam ich nur mit, dass er wieder mit der Saudischen Verschwörung anfing. Zum Glück war es das Ohr mit dem Tinitus.
Die Stadt Ahwaz war komplett beleuchtet, ich nehme an nicht extra für uns, und es war ein reges Treiben auf den Straßen. Es war inzwischen 20:15 Uhr als wir das Hotel erreichten. Nach einem kurzen Zimmer Zwischenstopp ging es auch gleich zum Abendessen. In meinem Zimmer war diesmal nur ein Einzelbett. Und ich dachte, ich könnte nicht noch weiter absteigen. Erst 3 Betten, dann zwei und jetzt nur noch eins. Im nächsten Hotel gibt es womöglich gar keins und ich muss auf dem Boden schlafen.
Zum Essen gab es Fisch im Kebab Stil. Vom Geschmack her gut, aber durch das Grillen zu trocken. Dazu ein Salat- und ein, ja endlich, Nachtisch Buffet. Tanja neben mir hatte nur ganz wenig von dem Fisch gegessen und meinte sie hätte keinen Hunger. Nach Magersucht sah sie gar nicht aus. Aber Nachtisch wollte sie holen. Ich meinte nur, Nachtisch gibt es nur, wenn der Teller leer ist. Das hat sie dann auch nicht eingesehen.
Nach dem Essen ging ich noch einmal um den Block. Das Hotel lag direkt am Fluss und mit den beleuchteten Brücken hatte man ein schönes Panorama. Das wollte ich unbedingt noch in unscharfen Bildern festhalten.
Mein Fernseher in meinem Zimmer zeigte nur Pixel statt bewegte Bilder, nicht mal unscharfe. Aber vor 23:30 Uhr kam ich trotzdem nicht zur Ruhe.
5. Tag - Tear down this wall
Um 4:30 Uhr stand ich auf, denn heute sollte es schon um 6:30 Uhr losgehen. Es stand eine lange Fahrt nach Shiraz an, die erste Besichtigung war erst um 14 Uhr, dann aber mit Picknick. Somit war Frühstück auch schon um 5:30 Uhr und diesmal war bereits das Buffet aufgebaut. Man merkte doch. dass dies ein Business Hotel war und man pünktliche deutsche Geschäftsleute gewohnt war. Oder etwa Reisegruppen?
Die versprochenen Ölfelder auf der Fahrt waren 4-5 einzelne Bohrtürme. Mehr Schein als Sein. Aber so war das wohl auch mit der Atombombe.
Während der Fahrt meinte Hamid die Frauen könnten das Kopftuch im Bus abnehmen, wenn sie es wollen. Zwei taten dies auch, aber ich nenne keine Namen. Beim Anblick der darunter zum Vorschein kommenden Frisuren entwickelte ich eine Theorie, wie es zu dem Kopftuchgebot kam. Da hatte es ein Iman sicherlich satt, jeden Morgen 2 Stunden auf seine Frau zu warten, bis diese ihre Frisur zurecht gemacht hatte. Und als er es mal wieder eilig hatte in die Moschee zu kommen, sagte er zu seiner Frau "Wirf dir doch einfach ein Kopftuch über". Als er das dann Abends in der Kneipe bei einem alkoholfreien Malzbier seinen Freunden erzählte, waren diese begeistert und meinten "Das müsstest du zu einem Gesetz machen", da sie unter der Fuchtel von ihren Ehefrauen standen und dies nicht selbst den Frauen befehlen konnten.
Wir erreichten Bishapur und besichtigten zuerst 3 Reliefs, die in den Berg gehauen waren. Ein einheimischer Führer erklärte alles ausführlich und Hamid übersetzte. Das hätte man auch mit Untertiteln lösen können. Anschließend gab es das versprochene Picknick. Brot mit Wurst, Thunfisch, Käse, Oliven, Bohnen und Tomaten wurden gereicht. Also ein wie ein zweites Frühstück. Der Führer bekam ein kleines Trinkgeld von mir, denn er hatte auch noch die Toiletten sauber gehalten (4 Sterne). Wir setzten uns in den Bus und fuhren über die Straße auf die andere Straßenseite. Dort stiegen wir wieder aus, um den Palast zu besichtigen. Das war wie am Flughafen Salzburg, wo man am Terminal in den Bus steigt, dieser macht eine 180 Grad Wendung und man steigt wieder aus, um in das Flugzeug zu gehen.
Doch zuerst ging es in den Anahita's Tempel, nicht ins Flugzeug. Dieser war von oben gar nicht zu erkennen. Man musste eine Treppe hinunter und kam in einen Innenhof, der fast vollständig aus einem niedrigen Becken bestand. Dieses wurde damals mit Wasser gefüllt und um den Pool herum wurde dann gepilgert. Fast wie auf Mallorca. Meine Frage nach dem Standort des Tempels erübrigte sich, denn der Fluss war diesmal direkt nebenan. Das hätten die bei der Pyramide doch auch so machen können. Der Mensch lernt halt immer noch dazu.
In einem der umliegenden Paläste waren in der Wand lauter Nischen. Meine Frage, ob man wüsste, was denn in den Nischen gewesen sei, konnte Hamid nicht beantworten. Er meinte in Persepolis wären Soldaten drin gewesen, allerdings wären die Nischen dort größer. Ich meinte daraufhin, dann wären hier sicherlich Gartenzwerge drin gewesen.
Wir schauten uns noch die Bewässerungsanlage und den Keller an, aber nur von oben. Also besser gesagt schauten wir einfach nur in dunkele Löcher.
Als letztes auf der Anlage sahen wir uns das alte Zentrum der Stadt an, wo noch 2 Säulen übrig geblieben waren. Beim Zurückgehen bat mich Daniela, ich möge ihr über die kleine Mauer helfen. Ich ging vor und riss dabei 4-5 große Steine herunter. Wir Deutsche reißen halt gerne Mauern ein. Hamid meinte daraufhin, er würde mich nicht nach Persepolis mitnehmen. Er wolle nicht, dass ich den Rest, der da noch stehen würde, auch noch einreiße. Das kommt davon wenn man hilfreich sein und älteren Frauen den Weg frei räumen will.
Wir fuhren mit dem Bus wieder auf die andere Straßenseite, um dort noch zwei weitere Reliefs anzuschauen. Am Ende der Reise bekommen wir garantiert das iranische Relief Diplom.
Es ging nun zum Hotel nach Shiraz, im Erdbebengebiet des Iran. Aber das war ja nichts Neues für mich. Plötzlich hielt der Bus an und Hamid meinte am Bus wäre etwas nicht in Ordnung. Das müsste überprüft werden. Aber das würde nicht lange dauern und wäre nicht schlimm. Was soll er auch anderes sagen? Dass wir auf einem rollenden Pulverfass sitzen? Seltsamerweise fuhr der Fahrer nach zwei Minuten einfach weiter. Eine echte Wunderheilung am Wassertempel. Unseren Busfahrer sollte der Papst heilig sprechen, nicht seine Ex-Kollegen.
Zum Abendessen gab es ein Buffet. Endlich wieder satt werden. Satt hatte ich dann auch bald Tanja, die damit anfing, dass sie nicht in die Moschee morgen wolle, da sie mit der strengen Religiosität nicht klar käme. Aber auch Anja fing auf einmal wieder an dummes Zeug zu reden. Sie fände es so faszinierend, wie die kleinen Kinder Jesus begreifen würden. Ich glaube beide sind etwas krank und ich muss wohl mehr Abstand halten, um mich nicht anzustecken.
Hamid ermahnte uns, dass wir etwas mehr Respekt vor der Religion haben sollen. Siggi hatte heute seine Frau als Gespenst bezeichnet, als diese mit dem Tuch eingewickelt durch das Mausoleum gewandelt war. Das war ihm wohl aufgestoßen. Ja, bei Religion und Politik kennt er kein Pardon. Weiche Schale, harter Kern.
Mein Zimmer war total überhitzt. Die Heizung im Zimmer war kalt, die im Bad war aber warm, obwohl sie abgedreht war. Ein Öffnen des Fensters brachte auch keine große Erleichterung und so versuchte ich mein Glück noch einmal am Heizkörper. Und siehe da, nachdem ich den Regler einmal voll aufgedreht und wieder zugedreht hatte, wurde die Heizung langsam kalt. Allerdings schien das Zimmer noch eine Fußbodenheizung zu besitzen, denn der Boden strömte eine extreme Wärme aus. Ich vermute man hatte die Heizungsrohre unter dem Boden verlegt und nicht isoliert. Aber scheinbar hatten alle dieses Problem, wie am nächsten Morgen berichtet wurde.
6.Tag - Endlich Individualtourist
Beim Frühstück saß ich mit Daniela und Uwe an einem Tisch. Uwe hatte mal wieder sein Zimmer getauscht. Ständig hatte er etwas auszusetzen. Mal war der Verkehr zu laut, mal brummte es, mal tropfte es. So ein Weichei. Beschwerdeweltmeister. Aber mit Daniela konnte man sich immerhin sehr gut unterhalten.
Erste Station der heutigen Stadtrundfahrt war die Aramgah-e Shah-e Cheragh, eine Moschee, in der der Bruder des achten Imans begraben ist. Extrem heilig, deshalb musste man auch seine Kamera abgeben. Ich behielt meine versteckt in meiner Tasche. Schließlich durfte man sowieso nur in den Hof und alles aus der Ferne betrachten. Nebenan baute man gerade ein Einkaufszentrum, damit die Pilger auch gleich ihren Duty-Free Einkauf erledigen konnten. 5% Rabatt auf alle Turbane bei Vorlage des Gebetssteins.
Irgendwie kam die Rede auf Gefängnis und Anja fing wieder an, mir ihr Buch über eine Richterin aus der Schah Zeit näherbringen zu wollen. Diese musste nach dem Sturz des Schahs fliehen und einige ihrer Familienmitglieder kamen im Gefängnis um. Das Buch war dann verständlicherweise im Iran verboten. Also, wenn man unter dem Schah Richterin war und fliehen musste, konnte man ja nicht wirklich gerecht geurteilt haben. Kein Rauch ohne Feuer. Und dass man dann aus dem Exil nicht das Objektivste berichtet, dürfte auch verständlich sein. Ich kann manche Leute nicht verstehen, wie man solche Bücher so naiv in sich aufnehmen kann.
Wir standen also im Hof und Hamid erzählte über die verschiedenen Arten von Religionsvorbetern. Familie Besserwisser und ein paar Hilfsfrager löcherten ihn ständig mit Fragen, dessen Antworten sie vorher schon in unzähligen Stunden zuhause vorrecherchiert hatten. Und als sie geschickt das Thema auf das Rechtssystem gelenkt hatten, gab es kein Halten mehr. Wir standen also eine geschlagene Stunde auf dem Hof herum und verbrachten die Zeit mit einem Jura Quiz.
In der Zwischenzeit wurden vier tote Grenzpolizisten zur Segnung hier hergebracht, die an der Grenze von Schmugglern erschossen worden waren. Siggi regte sich, wie auch ich, auf, dass wir hier so viel Zeit verloren. Das könnte man schließlich auch auf der nächsten achtstündigen Busfahrt besprechen. Und hätten wir nicht schon genug Zeit verloren, brach man, nachdem endlich alle Fragen beantwortet und die Kameras abgeholt waren, gemütlich zur Toilette auf. Wir hatten uns noch nicht mal das Museum angesehen. Ich meinte nur zu Siggi "Wahrscheinlich aus Zeitmangel". Da konnte er nur zustimmen.
Wir durchquerten einen kleinen Basar, um wieder zum Bus zu kommen. Dabei mussten die Damen wieder anhalten, um Spangen für ihre Kopftücher zu erwerben. So würden wir nie voran kommen.
Schon wieder kam ein "Where are you come from" vorbei und seine Frage "Can you help me" beantwortete Lara frech mit einem "I don't think so". Respekt vor dieser Schlagfertigkeit.
Als wir zum Bus liefen, war die Straße komplett mit Autos verstopft. Das lag daran, dass die Straße so zugeparkt war, dass nur ein Auto Platz hatte um zu fahren. Und da ein Auto in die eine Richtung und 40 in die andere Richtung wollten, stockte der Verkehr. Sinnigerweise setzten dann alle 40 Autos zurück, damit der eine rausfahren konnte.
Es ging weiter zu der Koranschule Madraseh-ye Khan. Hier stellten unsere bekannten Verbrecher wieder genau dieselben Fragen wie im Hof der Moschee. Also ich hab ja schon Alzheimer, aber wie kann man denn so vergesslich sein.
Der nächste Stopp war dann der Bargh-e Naranjestan, ein Garten mit einem Pavillon. Dieser hatte einen schönen Spiegelsaal. Als ich in den ersten Stock wollte, in dem sich nur 15 Leute gleichzeitig aufhalten durften, meinte Hamid ich möge doch lieber unten warten, bis nicht so viele oben wären. Er befürchtete der Boden könnte unter meinem Gewicht zusammenbrechen. Frechheit.
Im Keller befand sich ein kleines Museum, in dem allerlei Krimskrams ausgestellt wurde. Das meiste kam aber nicht aus Persien. Wenn es also hier gefunden worden war, musste es bei einer Handelskaravane, die hier durchgezogen war, vom Kamel gefallen sein. Vorsorglich hatte man bei jedem Ausstellungsstück auf dem begleitenden Schild als Fundort "Unknown" angegeben. Aber auch wirklich bei jedem. Wäre es da nicht viel einfacher gewesen am Eingang ein großes Schild aufzuhängen, auf dem steht, dass der Fundort aller Stücke unbekannt ist? Nein, da hängt man stattdessen lieber ein Schild auf, dass Fotografieren verboten ist.
Über das Korantor ging es weiter zur Imamzadeh-ye Ali Ebn-e Hamze, dem Grab vom Emir Ali. Der Hof war ein Friedhof und so lief man über Grabsteine zu einem kleinen verspiegelten Saal. Hier lag der Kamerad und vor aller Ehrfurcht setzten sich alle auf den Boden. Vielleicht wollte Hamid auch nur etwas Zeit herausschlagen. Ich spendete auf jeden Fall einmal 5000 Rial. Man weiß nie, wofür das gut ist. Und wenn auch nur als Münze für den Fährmann in den Hades.
Wir fuhren zurück zum Hotel und nun hatte man die Wahl mit Hamid in ein einheimisches Restaurant zum Mittagessen zu gehen oder nicht. Ich entschied mich für "oder nicht". Da der Treffpunkt für den nächsten Höhepunkt erst um 16 Uhr war, erschien mir das als genug Zeit, um die Zitadelle zu besuchen, die kein offizieller Programmpunkt war.
Mit 150000 Rial war man bei der Arg-e Karim Khan, der Zitadelle, dabei. Der Kartenabreißer deutete auf eine Frau und meinte "Guide". Und da ich es so kannte, dass man vieles nur mit Führer besichtigen darf, ging ich brav hin und wurde mit einem "Where do you come from" empfangen. Das ersetzt hier im Iran wohl das "Hallo". Meine Frage, ob das etwas kostet, verwirrte sie so sehr, dass sie noch mal fragte, wo ich her sei. Wie ich durch zwei weitere Führer, die mich später ansprachen, erkannte, sind dies Führer, die einen gegen Entgelt durch die Stadt führen. Na kein Wunder, dass sie so schaute, als ich kostenloses Geleit haben wollte.
Die Zitadelle hatte einen mittelprächtigen Garten und einen Raum mit ein paar Wachsfiguren, die wohl das höfige Leben darstellen sollten. Es gab dann ein paar weitere unschöne Räume. Höhepunkt war aber ein sehr schönes altes Bad, das unter den Mauern lag.
Ein paar Meter weiter lag der Bagh-e Nazar. Für 100000 Rial durfte man das innenliegende Pars Museum besuchen, das sich in einem achteckigen Pavillon befand. Wie auch hier die Touristen abgezockt werden, stellte ich fest, als der Kassierer mir in Ermangelung eines Touristentickets vier normale Tickets zum Preis von 25000 Rial gab.
Dieses Einraum Museum war sehr schön und beherbergte unter anderen das Schwert und das Grab des Khan. Ja genau, der mit der Zitadelle. Im Garten standen neben unzähligen uninteressanten Amphoren noch mehrere Tafeln mit Reliefs von Männern, die aussahen wie Wickinger. Als Zeitangabe wurde 1600 vor Christus angegeben, aber das halte ich nicht für realistisch. Da muss wohl wieder ein anderer Kalender im Spiel gewesen sein. Schließlich gibt es hier 3 davon. Und als ich die Toilette aufsuchen wollte, hing da nur ein Schild mit der Aufschrift WC. Die zugehörige Toilette wird wahrscheinlich später aufgestellt. Wann, das hängt vom Kalender ab.
Da ich noch genug Zeit hatte, führte ich meinen Weg fort zu der Masjet-e Vakil, der Vakil Moschee. Diese hatte einen gigantischen Hof und wunderschöne Kachelverkleidungen. Am imposantesten war aber die Säulenhalle. 15000 Rial und ein "Where are yo come from" war ein viel zu geringer Preis dafür.
Direkt nebenan war das Hammam-e Vakil, ein altes Badehaus. Das war mit 100000 Rial wieder in der gehobenen Preisklasse. Ob die vielen Wachsfiguren zur Erklärung beitrugen oder das ganze einfach nur verschandelten war wohl Ansichtssache.
Auf dem Weg zurück zum Hotel kehrte ich bei McMohammed ein, einer kleinen schmuddeligen Grillstation. Ich erwarb hier einen Hamburger. Geschmeckt hat es hervorragend und bei einem Preis von 25000 Rial inklusive persischer Cola kann man nicht meckern.
Um 16 Uhr ging es mit den Anderen Richtung Vakil Basar. Doch vorher musste noch das beste Eis der Stadt probiert werden. Allerdings hatte der Eisladen noch geschlossen und so musste das zweitbeste Eis nebenan genügen. Zum Glück hielt ich mich zurück, denn das Eis war eine Fäden ziehende kleisterähnliche Masse.
Im Basar drehten wir eine große Runde. Ein junger Kerl rempelte mich an einer belebten Kreuzung auffällig an. Ich überprüfte sofort alle Habseligkeiten und zum Glück war alles noch da. Eventuell war er einfach nur schwul und genoss den Körperkontakt, der im Basar zwangsläufig vorkam.
Die alten Türen im Basar waren mit zwei unterschiedlichen Arten von Türklopfern ausgestattet, einen für Männer und einen für Frauen. Das hatte den Vorteil dass, wenn es klopfte, die Händler entweder den Goldschmuck für die Frauen oder die Schwerter für die Männer in die Auslage legen konnten. Einige Ehemänner in unserer Gruppe waren übrigens froh, dass Kreditkarten im Iran nicht funktionieren. Dafür wurde am nächsten Stand kiloweise Pistazien gekauft. Na, da wird sich der Busfahrer morgen freuen, wenn sein Bus mit Pistazienschalen übersäht wird.
Anschließend konnten wir alleine durch den Basar gehen. Prompt wurde ich von einem "Where do you come from" begleitet, der mir unbedingt die Koranschule von heute Morgen zeigen wollte. Ich hatte Mühe ihn loszubekommen. Aber scheinbar hat er nach mir mehrere aus unserer Gruppe mit demselben Angebot locken wollen. So wurde es zumindest später berichtet.
Aus dem Irrgarten im Basar wieder herausgefunden, entdeckte ich noch 12 Stehlen mit Persönlichkeiten aus der Stadt Shiraz. Ob es nicht mehr Persönlichkeiten gab oder der Platz für mehr nicht gereicht hatte, konnte ich nicht feststellen.
Wir fuhren zum Abendessen zu einem Restaurant der besseren Art. In dem Gebäude waren auf mehreren Ebenen unterschiedliche Restaurants untergebracht, von Fastfood bis zu einem Grill auf dem Dach. Wir gingen in den zweiten Stock in ein italienisches Restaurant und ich aß das einzige iranische Gericht, Fisch. Marco saß neben mir und er erzählte, dass er früher im Bergbau tätig war und seit 1988 schon in Rente ist. Langsam wird er mir immer sympathischer. Ich sollte ihn später einmal in Thailand besuchen, thailändische Freundin inklusive. Die alte hat er übrigens gerade nach 16 Jahren verlassen, weil sie ihn beklaute. Jetzt hat er sich was Jüngeres gesucht.
Er war auch so clever und bestellte seinen Nachtisch, Tiramisu, mit dem Hauptgericht. Als Siggi, Sonja und Uwe dieses später versuchten, war das Tiramisu aus. Sie bestellten dann als Alternative Eis und es hieß, das würde 10 Minuten dauern, was sie auch abwarten wollten. Doch dazu kam es nicht, denn es wurde zum Aufbruch geblasen. Lara war immer noch am Essen und wurde einfach nicht fertig, weil sie mehr am Erzählen mit Christian war, als am Essen. Sie meinte nur "Ich habe heute nichts mehr vor", was ich bei einer Gruppenreise ziemlich deplatziert fand, denn 14 andere könnten ja noch was vor haben.
Lara war im Allgemeinen immer nur am erzählen, meistens mit Christian (das wird noch mal ein Paar), und sie war immer einer der Letzten. Sie war dabei nicht immer so spät wie heute, aber als Erstes stieg sie nie in den Bus.
Und wenn wir schon bei den Personenbeschreibungen sind, Uwe ist weiterhin immer nur am Meckern. Heute Abend war es sein Steak, dass durch war statt medium. Dafür wollte er aber unbedingt als einzige Shrimps als Vorspeise, als er hörte, dass man alles bestellen könne. Am Mittag wollte er bereits einen Brotaufstand anzetteln, weil er unbedingt die Art von Brot vom Picknick zum Frühstück haben wollte. Weil er aber der Einzige war, dem Fladenbrot nicht gut genug war, war der Aufstand schnell niedergeschlagen. Er war es auch, der in jedem Hotel mindestens 2 Zimmer hatte, bis er eins fand, über das er sich morgens weniger beschweren konnte.
Wir gingen noch einmal auf die Terrasse, um auf Lara zu warten und den Ausblick zu genießen. Doch man hatte wegen der Kälte die Plastikfenster geschlossen und so war die Aussicht sehr getrübt.
7. Tag - Trümmer Palast
Als ich am Morgen zum Frühstück kam, stand auf dem langen Tisch im Frühstücksraum eine Deutsche Fahne. Man wollte wohl markieren, wo wir uns hinzusetzen hätten. Kurz nach mir kam das österreichische Pärchen Willi und Anette und ich konnte es mir nicht verkneifen ihnen mitzuteilen, dass sie sich an einen anderen Tisch setzen müssen. Als ich dann in der Lobby auf die Abfahrt wartete, waren dort weitere Fähnchen von mehreren Ländern in den Regalen aufgestellt. Wieder kamen unsere Österreicher Willi und Anette und ich meinte, auf die Flaggen zeigend, die österreichische Fahne wäre nicht dabei. Aber sie wären es ja gewohnt unter deutscher Flagge zu speisen.
Wir waren recht früh in Persepolis, dem alten Königspalast. Die zerfetzten Sonnenschirme vor dem Eingang sahen aus, als wenn sie noch original aus er Zeit erhalten waren. Aber so wurde das Bild auch stimmig, denn auch die Schirme müssten mal restauriert werden. Wir gingen einmal komplett um die Trümmer. Hamid hatte die ganze Zeit gemeint, das wäre einer der best erhaltesten Paläste. Na, da möchte ich nicht die anderen sehen. Ein paar Steine, ein paar Säulen. Nur die Reliefs an den Treppen und an den Torbögen waren noch gut erhalten. Der Rest war wohl wieder im Louvre.
Anschließend hatten wir freie Zeit und Hamid bot an, uns zur Grabanlage von Ataxerxes II und Ataxerxes III zu führen, die oben im Berg liegt. Da ich den Weg von unserem Standpunkt nicht ausmachen konnte, schloss ich mich an. Doch nach einem Toilettenstopp und einem Torbogen Erklärstopp kam der Individualtourist wieder in mir durch. Das dauerte mir viel zu lange. Schließlich hatte ich ja keine Zeit, ich musste doch noch unzählige Bilder machen, um die Familie mit diesen zu ärgern.
Ich entfernte mich also unerlaubt von der Truppe und bestieg den Berg alleine. So reichte die Zeit auch noch für unzählige Fotos. Die Anlage wurde immer voller. War denn heute nicht Freitag und mussten nicht alle in die Moschee zum Gebet?
Am Eingang stand noch ein Model der Anlage, von dem Hamid meinte, es wäre so schlecht, dass man es nicht ansehen müsste. Aber da kannte er mich schlecht, denn genau das war der Grund, dass ich gezwungen war es genauer zu betrachten.
Eine kurze Strecke entfernt lag Naqsh-e Rostam. Hier waren die Gräber von Xerxes I, Darius I, Darius II und Xerxes I. Außerdem fand man hier noch 7 Reliefs unterschiedlicher Qualität. Der Wind blies hier so stark, dass ich fast weggeweht wurde. Na gut, ich bot ja auch genug Angriffsfläche mit meinem XXL Hemd.
Das Mittagessen nahmen wir in einem typischen Gruppenreisen Restaurant mit Buffet ein. Zum Glück waren wir die einzige Gruppe hier im Restaurant, da keine Saison war. Das gab Platz am Buffet. Ich holte mir noch einen zweiten Teller, denn heute Abend gab es kein Abendessen und da wollte ich mal testen, wie lange so ein Sättigungsgefühl vorhalten kann. Hamid hatte das freie Abendessen mit dem Mittagessen getauscht. Das Essen war hier sicherlich günstiger als ein Restaurant in Shiraz. Und besser geschmeckt hat es auch.
Wir fuhren weiter nach Pasargadae. Hier liegt Cyrus in seinem Mausoleum und nebenan ist zusätzlich ein alter Palast von ihm, allerdings nur noch in Form von ein paar knöchelhohen Trümmern. Wir fuhren mit dem Bus durch die Anlage und hielten noch an der übrig gebliebenen Mauer eines Feuertempels. An der Zitadelle hielten wir leider nicht, sondern fuhren vorbei, um zu drehen. Zitadellen sind scheinbar nicht so beliebt auf diesen Touren.
Zurück in Shiraz besuchten wir noch das Grab von Hafez, Aramgah-e Hafez, einem Dichter, der dem Wein zugetan war. Hätte man ihm mal besser zugehört. Dann würde ich heute nicht so auf dem Trockenen sitzen. Unter anderem dichtete er, dass sein Grab aus Rebstöcken sein solle. Gar keine so schlechte Idee. Ich werde das zu gegebener Zeit aufgreifen.
Im Hotel angekommen ging ich in den gegenüberliegenden Gemischtwarenladen und erwarb Küchlein, Kekse und Chips für die Fahrt morgen. Leider hatte der Laden keine vernünftigen Getränke, deshalb zog ich etwas später noch mal los. Hauptgrund war eigentlich noch etwas zu Essen, aber ich hatte nach dem reichhaltigen Mittagessen keinen Hunger mehr. So wollte ich dann letztlich doch nur etwas zu trinken holen. Im Foyer traf ich Hamid und wir begannen uns zu unterhalten. Plötzlich tauchte Christian auf und Hamid versuchte mich diskret loszuwerden. Das tat er so ungeschickt, dass ich dies sofort verstand und aufbrach. Wie Uwe berichtete, traf er diese später auf der Straße. Lara ist wohl auch noch dazu gestoßen und sie sind um die Häuser gezogen. Das hätte Hamit auch sagen können, ich wäre sowieso nicht mitgekommen.
8. Tag - Auf die Nüsse
Nach dem Frühstück ging es weiter Richtung Kerman. Die Koffer mussten wir diesmal selbst zum Bus tragen. Faules Pack hier. Gut, dass wir die Stadt heute verlassen.
Wir hielten kurz am Marharlu Salzsee für einen Fotostopp und erreichten nach 1 1/2 Stunden den sassanidischen Palast in Sarvestan. Laut Hamid war dies die Jagdhütte eines Königs, im Internet streitet man sich noch darüber. Zumindest waren die Toiletten wegen Wassermangels geschlossen. Genossen konnte der König seinen Aufenthalt jedenfalls nicht haben, so ganz ohne WC.
An einem Nuss- und getrocknete Früchtestand legten wir unsere Teepause ein. Die Zeit, bis das Wasser heiß war, überbrückten meine Mitreisenden mit dem kiloweisen Erwerb von Naschwerk. Ich bin mir sicher, wenn all diese Nüsse gegessen sind, mutieren die Käufer zu Eichhörnchen. Manchmal ist aber auch das Auge größer als der Magen. Ich garantiere, die Hälfte des Einkaufs landet im Mülleimer.
Hamid erklärte, dass unser Bus im Iran zusammengeschraubt wurde, obwohl vorne ein Mercedes Stern auf dem Kühler war. Nur der Motor wäre von Mercedes, der Rest aus dem Iran. Das Innendesign hätte mich schon stutzig machen können. Sowas würde Mercedes nie aus der Fabrik lassen.
Nach einem weiteren Foto Zwischenstopp am Bakhtegan Salzsee besuchten wir die Moschee in Neyriz. Diese soll eine der ältesten im Iran sein. Zumindest sah sie entsprechend aus. Und die Toiletten waren auch noch original aus dieser Zeit, 1 Stern.
Beim Aussteigen zu einem Obsteinkauf tatschte Uwe, von hinten kommend, plötzlich mit seinem Finger auf mein Tablet, während ich gerade etwas schrieb. Er fand das wohl witzig, ich weniger. Um keinen Ärger in der Gruppe aufkommen zu lassen, sagte ich nichts. Sollte das allerdings noch mal vorkommen, muss ich die Scharia anwenden und ihm die Hand abhacken.
Im Hotel angekommen war wieder mal kein Kofferträger da, deshalb wahrscheinlich nur die 3 Sterne. Hamid hatte meine Tasche in der Hand und fragte wem diese sei. Ich meinte es wäre meine und er könne sie dann hineintragen. Tat er aber nicht. Das zieh ich vom Trinkgeld ab. Im Hotel gab es dann auch nur einen winzigen Aufzug, in den gerade mal 2 Leute hinein passten. Und da gerade mehrere Touristengruppen angekommen waren, entschloss ich mich die Treppe zu nehmen, anstatt stundenlang vor dem Aufzug zu warten. Zumal das Treffen für das Abendessen schon in 20 Minuten war und ich noch mein Tablet laden und mich entladen musste.
Wir liefen zu dem Restaurant und beinahe wäre die Rechnung kleiner geworden, denn das Überqueren der Straße gestaltete sich zu einem gefährlichen Abenteuer. Viele Mitreisenden vertrauten darauf, dass bei einer grünen Fußgängerampel die rechts- und linksabbiegenden Autos anhalten würden. Taten sie aber nicht und wenn man, wie zum Beispiel Lara, mehr schwätzte, als sich auf den Verkehr zu konzentrieren, konnte man oder hier besser Frau schon mal unter die Räder kommen.
Das Restaurant war einfach aber gut. Es gab ein Salat- und Vorspeisenbuffet und zum Hauptgang hatte ich frittierte Forelle. Aber schon wieder gab es keinen Nachtisch. Ich muss dringend einmal eine Nachtisch Petition einreichen.
9.Tag - Tage des Zorns
Das Frühstücksbuffet war nicht wirklich spektakulär. Es gab wieder einmal die alten Bekannten. Neu war ein Keks, gefüllt mit Datteln, der die Spezialität des Ortes sein sollte. Allerding schmeckte er nicht wirklich. Er hatte irgendwie einen muffigen Geschmack. Na, wenn das die Spezialität war, wie ist dann das übrige Essen? Der Frühstücksraum war voller westlicher Touristen, ein typisches Gruppenreisen Hotel. Das war aber auch kein Wunder, schließlich war der Name des Hotels "Tourist Inn".
Es war nur eine kurze Fahrt nach Mahan, wo wir den Garten Bagh-e Shahzde besuchten. Hier verbrachte der Schah seine Zeit und vergnügte sich mit seinen Mätressen. Heute war das Wasser in den Brunnen abgestellt und geblüht hat auch nichts. Kein Wunder, dass der Schah geflohen war. Aber vielleicht war das innenliegende Restaurant so gut, dass dies der Grund war, dass die Einwohner von Kerman hier ihre Wochenenden verbrachten. Beurteilen konnte ich es nicht, da es zu so früher Stunde noch zu hatte. Dadurch war aber auch die Anlage angenehm leer.
Wir fuhren zum Aramgah-e Shah Ne'matollah Vali in der Innenstadt von Mahan. Hier liegt der Dichter Shah Ne'matollah Vali begraben. Ich warf wieder meinen Totenthaler in die Urne und machte meine Fotos. In den kleinen Raum, in dem der Dichter 40 Tage meditierte, platzten wir 15 Mann auf einmal herein. Dies unterbrach einen Mann, der es seinem Vorbild gleich tuen wollte. Nun musste er sicherlich noch einmal von vorne anfangen. 27 Tage vergebens meditiert wegen einer deutschen Touristengruppe. Gegen ein kleines Bakschisch durften wir aufs Dach, doch leider verpasste ich die Gelegenheit auch noch aufs Minarett zu steigen.
Zurück in Kerman besuchten wir zuerst die Freitagsmoschee, die Masjed-e Jameh. Heute war Sonntag, deshalb war sie auch nicht sonderlich besucht. Wir schlenderten über den Basar, genauer gesagt den Bazar-e Sartasari, ohne großartig anzuhalten. Das sparte Zeit, die wir dann im Hamam-e Ganj Ali Khan verbrachten. Dieses alte Bad war wieder zur besseren Vorstellungskraft mit Wachsfiguren bestückt. Eventuell erhielt man aber auch nur eine Museumsbescheinigung, und damit das Recht Eintritt zu erheben, wenn man eine gewisse Anzahl von Wachsfiguren nachweisen konnte. Dafür war das Bad aber auch besser renoviert als das in Shiraz. Anja fing dann wieder an zu fragen, ob das Bad auch zur inneren Reinigung gewesen sei. Langsam denke ich, sie glaubt wirklich an diesen spirituellen Quatsch. Dabei scheint ihr Mann so normal zu sein. Zumindest interessiert er sich für die Fußballergebnisse. Er kann also kein schlechter Mensch sein.
Die Golshan Karavanserei direkt vor der Tür war inzwischen weitestgehend in den Basar integriert und gut renoviert. Man baute gerade eine Samstagsmoschee, für alle, die es freitags nicht mehr in die Moschee geschafft hatten.
Wir gingen in ein traditionelles Teehaus, wo auch ziemlich laute Livemusik gespielt wurde. Ich saß mit Lara, Christian, Siggi und Sonja an einem Tisch und wir tranken Tee. Also genauer gesagt, alle bis auf Siggi und Sonja, denn die tranken generell keinen Schwarzen Tee. Ob dies aus political correctness der Fall war kann ich nicht sagen. Ich scherzte etwas mit Siggi, dass man bei der Reise "Höhepunkte Persiens" nur 20% des Landes sehen würde. Wenn man den Rest auch sehen wolle, müsste man anschließend die Reise "Tiefpunkte Persiens" buchen. Und als um Trinkgeld für den Musiker gebeten wurde und Siggi meinte, der Applaus wäre das Brot des Künstlers, meinte ich, da müsste der Musiker heute Abend wohl Klatschmohn essen.
Plötzlich tickte Hamid, der sich etwas später an unseren Tisch gesetzt hatte, total aus. Er meinte Siggi könne die Tour ja weiter machen und trieb alle zum Aufbruch. Bis heute weiß ich nicht, was da in ihn gefahren ist, aber ich denke, da hat sich so einiges gegen Siggi angestaut. Siggi ist halt ein Ossi, der durch das Land reist wie ein deutscher Tourist, ohne Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung.
Es war noch früh und man konnte nun mit dem Bus ins Hotel fahren oder noch bleiben. Ich, Lara und Christian entschieden uns fürs bleiben, bzw. wir drei Musketiere zogen los, um weitere Sehenswürdigkeiten zu besuchen.
Wir mussten etwas zurück gehen, zu dem Kreisel, an dem uns der Bus ursprünglich abgesetzt hatte. Auf dem Weg holte ich mir am Straßenrand ein Blätterteig Teilchen gefüllt mit Wurst, das mit einem Tütchen Ketchup gereicht wurde. Da die Kommunikation über den Preis zwischen mir und dem Händler nicht so recht zustande kommen wollte, griff er einfach in mein Portemonnaie und holte sich selbst die Geldscheine heraus, die er für angemessen hielt. So kann feilschen auch gehen.
Das Mausoleum Moshtari-ye Moshtaq Ali Shah war eigentlich geschlossen, doch ein Mann schloss uns auf und zeigte uns die Gräber. Vorher bekamen wir aber noch etwas Süßes zur Stärkung. Er dachte wohl wir würden sonst den Anblick der Grabsteine nicht überstehen. In einem Raum machte er extra das Licht aus, da er wahrscheinlich dachte, so würde mein Blitz von der Kamera besser funktionieren. Nach der Besichtigung und einem saftigen Trinkgeld verabschiedeten wir uns von ihm und er schloss wieder zu.
Nächster Halt sollte der neue Feuertempel sein, der nur in Laras Reiseführer erwähnt war. Allerding waren die Ortsangaben so ungenau, dass man meinen könnte, der Autor kannte diesen nur vom hören sagen. Wir irrten also durch die Straßen bis uns ein Mann ansprach und uns, ohne unser Ziel zu kennen, eine Richtung anzeigte. Und als wir dieser folgten, siehe da, standen wir vor dem gesuchten Objekt.
Der Gärtner musste uns noch das richtige Gebäude zeigen, denn alleine fanden wir nur die Toiletten, die wir diesmal ganz für uns allein hatten. Busse hielten hier also nicht. Die hätten den Weg auch nie gefunden.
Als wir das Gebäude betreten wollten, wussten wir nicht, ob man hier die Schuhe ausziehen musste oder nicht. Aber wir beschlossen sicherheitshalber diese auszuziehen. Das lässt auch wieder mal Luft an die gequälten Füße. Das ewige Feuer war in dem Gebäude hinter einer Glasscheibe, damit niemand dieses versehentlich ausblies. Christian versuchte die Flamme zu fotografieren, indem er das Objektiv an die Glasscheibe hielt. Das verursachte jedes Mal ein "Klack". Selbst als ich in der Vorhalle auf ihn wartete, konnte ich noch ein anhaltendes "Klack-Klack" hören. Vermutlich wollte er in der Zwischenzeit mit seinem Objektiv die Scheibe einhauen, um ein besseres Bild zu bekommen.
Wir machten uns auf den lange Weg zurück Richtung Hotel. Unterwegs lag noch der Bagh-e Harandi, der alte Gouverneurs Palast, in dem sich jetzt das Archäologische und das traditionelle Musikinstrumente Museum befand. Es gab keine Hinweisschilder und nach zweimaligem Nachfragen und etwas Geduld fanden wir einen Eingang ohne jegliche Beschriftung. Als wir den Wachmann fragen wollten, ob wir hier richtig sind, winkte er uns durch, bevor wir auch nur den Reiseführer zücken konnten. Wir mussten inzwischen feststellen, dass die Reiseführer des Iran nur bedingt zur Auffindung von Sehenswürdigkeiten beitragen können.
An der Eingangstür zum Gebäude war dann endlich ein Schild. Es war zwar nur auf Persisch, aber immerhin. Das Sammelticket für beide Museen kostete 150000 Rial, dafür gab es aber auch noch eine Touristenkarte dazu. Von diesen Karten musste der Kassierer noch tausende haben, denn scheinbar verirrte sich kein Tourist hierher. Das war umso verwunderlicher, denn hier war alles neu und schön eingerichtet. Auch war die Sammlung recht umfangreich und interessant. Aber wahrscheinlich gab es hier Absprachen, in welche Museen Reisegruppen geleitet wurden und in welche nicht. Eine echte Museumsmafia eben.
Hinter uns wurde das Licht ausgemacht und das Musikinstrumente Museum war bereits abgeschlossen. Und so machten wir uns weiter gemütlich auf den langen Weg zurück zum Hotel. Es war kurz vor 17 Uhr und nach einem Eis und mehreren Fußgängerüberwegen erreichten wir gegen 18 Uhr das Hotel.
Im Foyer trafen wir Marco, der berichtete, er habe Zahnpasta kaufen wollen. In der Apotheke hätten sie aber seine Zeichensprache falsch interpretiert, er hat aber auch einen furchtbaren Ruhrpott Dialekt, und hatten ihm Haftcreme gegeben. So musste er noch einmal zurück und diese umtauschen. Ich stellte mir vor, er hätte mit der Haftcreme seine Zähne geputzt. Dann hätte er seinen Mund womöglich während der restlichen Reise nicht mehr aufbekommen und wir hätten viele Anekdoten verpasst.
Zum Essen fuhren wir in ein anderes Hotel, da in unserem eine Hochzeit stattfand. Die Bedienung war so schnell, dass man kaum aufessen konnte, da war auch schon der nächste Gang auf dem Tisch. Aber selbst Lara hielt das Tempo mit. Siggi fragte noch nach, was wir am Mittag so angesehen hätten und ich meinte unter anderem ein Mausoleum in dem ein Schah liegt, der gesteinigt wurde. Dieser hätte sich bei seinem Reiseleiter unbeliebt gemacht. Siggi verstand. Verdammte Scharia.
10. Tag - Rosenmontag in Mainz-Yazd
Die Karavane zieht weiter, dä Sultan hät doosch. Rosenmontag im Iran. Irgendwie hatte keiner meiner Mitreisenden Verständnis dafür. Dabei sollte es doch heute in die Wüste gehen. Irgendwie war jeder heute zu früh dran. Eine andere Reisegruppe wollte eine Stunde vor uns das Hotel verlassen und hatte dabei das gesamte Hotel geweckt. Daniela hatte ihren Weckruf sogar eine Stunde zu früh bekommen, weil das Hotel die Gruppen verwechselt hatte.
Auf der Fahrt unterhielt ich mich mit Marco. Er war schon in 123 Ländern und bei Aktenzeichen XY ungelöst. Respekt, vor allem für Letzteres. 80 Jahre, immer noch fit und eine Freundin in Thailand.
Wir hielten unterwegs an einer Karawanserei, wo wir unsere Teepause einlegten. Für 70000 Rial Eintritt bekam man auch die 5 Sterne Toiletten zu sehen. Natürlich sah man auch die Schlafsäle. Allerdings wäre mir der Weg zu den Toiletten zu weit gewesen, auch wenn sie noch so sauber waren. Ich sinnierte noch etwas darüber nach, ob man, wenn man schwarzen Tee ohne Zucker haben wollte, schwarzer schwarzer Tee sagen musste, wie beim Kaffee, da ging es auch schon weiter Richtung Yazd.
Die Türme des Schweigens, Dakhmeh-ye Zartoshtiyun, sind zwei Hügel auf die ein Priester noch bis 1970 die Leichen der Verstorbenen hinauf geschleppt hatte und dort den Geiern überlies. Nachdem diese die besten Stücke genascht hatten, wurden die restlichen Knochen in ein Loch geworfen und mit Säure übergossen. Daher wohl auch die Redensart, hol‘s der Geier. Zumindest das Recycling funktioniert hier.
Wir bestiegen den niedrigeren Hügel und Marco legte einen ganz schönen Schritt vor. Ja der Marco, der kann‘s. Aber wer im Bergbau war, der kann auch auf dem Berg. Anja fing dann gleich wieder an Zusammenhänge mit der christlichen Totenwäsche herzustellen. Ich konnte mir das Lachen einfach nicht verkneifen.
Zur Erfrischung gab es in Yazd einen frischen Granatapfelsaft aufs Haus. Freibier für alle wäre mir zu Karneval lieber gewesen. Es gab den Saft in Süß, Halb-Süß und Natur. Ich wählte letzteres, was definitiv die falsche Wahl war. Aber Sauer macht Lustig. Ich hätte den ganzen Tag lachen können.
Wir stoppten am Amir Chakhmaq Platz, auf dem ein Gebäude steht, von dem aus der Palastvorsitzende eine jährliche Prozession beobachtet hatte. Das erinnert stark an einen Karnevalsumzug. Aber heute war ja auch Rosenmontag. Im Gegensatz zum Umzug wurde hier eine riesige Holzkonstruktion um den Platz getragen, zu Ehren eines Nachfahren von Mohamed, der hier begraben ist. Die Besichtigung des Kadavers ist für morgen vorgesehen. Das Gebäude selbst war nur eine Fassade, wie der Palast der Winde in Jaipur oder die Kirche in Macao. Große Klappe, nix dahinter. Ein paar freche Kinder hatten nichts Besseres zu tun, als uns mit Feuerwerkskörpern eine Pyroshow zu liefern. Früh übt sich, wer ein Eintracht Ultra werden will. Doch seit dem großen Knall muss ich näher an Hamid herantreten, um seine Unterweisungen zu verstehen.
Anschließend besichtigten wir das anliegende Wassermuseum, das eine mäßig interessante Ausstellung beherbergte, aber in einem schönen Gebäude untergebracht war. Auf dem Weg zum Bus überquerten wir eine Straße auf der der Zebrastreifen schwarz übermalt wurde. Nach dem Motto, hat ja doch keinen Sinn. Und als wir gerade diesen Ex-Zebrastreifen überquerten, kam ein Autofahrer vorbei, rief Hallo und führte die Hand an die Schläfe. Ein Karnevalsgruß! Man scheint hier also doch Karneval zu feiern.
Das Hotel in Yazd war von der besseren Sorte. Das hatte zur Folge, dass man seine Tasche nicht selbst aufs Zimmer bringen durfte, sonder das durch einen Kofferträger erledigen lassen musste. Dadurch verlängerte sich die Anlieferungszeit erheblich und Trinkgeld wollte er auch noch. Hamid meinte es gäbe kein Internet im Hotel, aber mein Tablet fand trotzdem ein offenes Netz ohne Passwort. Zwar war dieses nur sehr schwach, doch für meine Zwecke reichte es. Vermutlich teilte ich es mit jemanden, der dafür bezahlt hatte. Na wenn das die iranische NSA mitbekommt. Aber was bekommt man schon gemäß Scharia abgehackt bei Internetverstößen? Die Wifi Antenne?
Ich wollte gerade noch mal los, um mir etwas für die morgige Fahrt zum Essen zu holen, da kam mir Lara entgegen und fragte mich, ob ich mitkommen wolle. Auch sie und Christian wollten etwas einkaufen und anschließend noch eine Besichtigungstour machen. Von letzterer konnte ich sie abbringen, da wir mindestens eine Stunde zu Fuß vom Zentrum entfernt untergebracht waren. Aber zum Einkaufen begleitete ich sie gerne. Vorher durchforsteten wir den Garten, der aber zu dieser Jahreszeit nicht zum Verweilen einlud. Auch der hintere Teil rund um die Küche war ziemlich vermüllt. Da war sie wieder, die Fassade.
Wir fanden nach kurzer Zeit einen Laden und ich deckte mich mit Cola Zero und Süßkram ein. An der Theke war ein etwa zwölfjähriges Kind und kassierte ab. Daneben stand der Vater und überprüfte alles. Wahrscheinlich wurde der Sohn gerade eingearbeitet und sollte ab morgen den Laden übernehmen.
Das Abendessen bestand aus einem sehr guten und umfangreichen Buffet. Ich probierte alles durch, damit ich mich besser entscheiden konnte, was ich als Hauptspeise anschließend esse. Am Schluss blieben ich, Lara, Christian und Daniela am Tisch übrig. Hamid schilderte uns sein Leid als Reiseleiter. Unter anderem beschwerte er sich, dass die Tour zu lang sei, aber die best gebuchteste war, dass er Freelancer sei, also für mehrere Agenturen im Iran arbeitet und dass er bis Juni voll ausgebucht ist. Was von seinen vielen Erzählungen wirklich wahr ist oder was nur tausend und eine Nacht will ich nicht beurteilen. Was aber wahr ist ist, dass der Bus in 3 Tagen die Koffer morgens einlädt und mit diesen nach Teheran fährt. Wir fliegen dann ohne Gepäck um 13:00 Uhr hinterher. Da hätten wir doch gleich mit dem Bus fahren können. Aber wahrscheinlich hätte sich wieder einer aus der Gruppe beschwert, wenn kein Inlandsflug im Programm inklusive gewesen wäre. Höhepunkt Flugzeugabsturz mit Iran Air!
Als die Sprache wieder einmal auf die nicht vorhandene Atombombe kam, meinte ich nur, es wäre mir egal, ob der Iran eine Atombombe hat oder nicht. Hauptsache ich kann sie fotografieren.
11. Tag - Klaa Paris in Isfahan
Nach dem Frühstück klopfte es schon um 8:15 Uhr an meiner Tür. Es war das Zimmermädchen, das mein Zimmer bereits für den nächsten Gast vorbereiten wollte. Die waren aber sehr interessiert daran uns frühzeitig loszuwerden. So schlecht haben wir uns doch gar nicht benommen. Na gut, ich habe die beiden Papageien im Garten gestern Abend beim Ablichten fast blind geblitzt. Aber ansonsten habe ich doch nicht betrunken herumkrakelt. Wie auch?
Erster Besichtigungspunkt heute war der Feuertempel Ateshkadeh. Die Flamme soll hier schon seit 470 v. Chr. ununterbrochen brennen. Ein Priester ist extra dafür abgestellt, dass dies auch so blieb. Ich war einfach nur Feuer und Flamme. Damit niemand das Feuer versehentlich ausspuckte, durch nasse Aussprache zum Beispiel, wurde es hinter Glas gehalten. Es war hier sicherlich unangebracht nach der Messe zu sagen: "Der Letzte macht das Licht aus". Denselben Spruch könnte aber auch der Priester im Falle eines Weltuntergangs von sich geben.
Wir gingen anschließend in die beste Konditorei des Irans, wo es allerlei süßes Konfekt gab. Ich probierte 2 unterschiedliche Variationen von den Leckereien. Ein Zuckerwürfel war bitter dagegen. Schon beim Anblick bekam man Diabetes. Da wir noch viel Zeit hatten, schlenderten wir durch den Basar, Frauenabteilung, also Goldschmuck. Ich rief nur "Gehen sie weiter, hier gibt's nichts zu sehen", um die Frauentraube aufzulösen.
Der Basar führte zur Masjed-e Jameh, der Freitagsmoschee mit den höchsten Minaretten des Iran. Hier wollten wir den Wintersaal besuchen, doch dieser war geschlossen. Jetzt war man schon mal im Iran, es war Winter und dann das. Wenn ich wüsste, bei wem ich mich unbestraft beschweren könnte, würde ich es tun.
Wir schlenderten noch etwas durch die Altstadt und besuchten dann Bogheh-ye Sayyed Roknaddin, das Mausoleum in dem Sayyed Roknaddin liegt, ein Verwandter Mohameds. Zu dessen Todestag wird das schon erwähnte Holzgestell um den Platz getragen. Jetzt mach alles Sinn. Klaa Paris.
Innen im Mausoleum wurde gerade alles renoviert, was auch dringend nötig war. Statt ständig um den Platz zu laufen, hätte man die Zeit lieber für Instandhaltungs Maßnahmen verwenden sollen. Einmal im Jahr drüber streichen oder so. Das hätte die jetzige Komplettrenovierung vermieden.
Nächste Sehenswürdigkeit war ein Postamt, da einige in Zeiten von Email und MMS unbedingt Postkarten nach Hause schicken wollten. Ich musste feststellen, dass Gruppenreisende, egal in welchem Alter, sehr konservativ sind. Nicht nur in Sachen Postkarten, sondern auch allgemein. Aber wenn man das Land immer nur durch ein Busfenster betrachtet…
Übrigens, bei fast jeder Sehenswürdigkeit gibt es einen Händler der einen Pack Postkarten des Objekts anbietet. Und man glaubt es kaum, er wird diese ohne Probleme bei meinen Mitreisenden los. Diese müssen also entweder das gesamte Postamt an Briefmarken leergekauft haben oder eine Menge Übergepäck bezahlen, um die Karten dann ohne Briefmarken nach Hause zu bringen.
Im Garten Bagh-e Dolat Abat blühte mal wieder nichts. Das Wasser war abgelassen und alles war braun. Als ich mich beschwerte, fragte Siggi, was ich denn erwarten würde, schließlich sei hier noch Winter. Ich entgegnete, dass man ja wenigstens ein paar Schneeglöckchen hätte pflanzen können.
Wenigstens stand hier Irans höchster Windturm, unter den man sich stellen konnte. Und da es heute nicht so zog, wurde man dabei auch nicht weggeblasen. Anschließend gab es eine Teepause im anliegenden Cafeshop. Allerdings verzichtete ich auf ein kostenpflichtiges Getränk, denn mir war es inzwischen zu warm dafür und ich wartete lieber auf die nächste kostenfreie Teepause vom Busfahrer.
Wir stiegen in den Bus und fuhren bereits los, da kam Tanja angerannt. Diese musste mal wieder im Laden nebenan eine Tüte Chips holen. Das hat sie nun davon. Mir geht es langsam auf den Geist, dass wir ständig auf jemanden warten müssen, weil er unbedingt ein Eis oder sonstige Knabbereien erwerben muss. Alle stehen sinnlos herum und die Antwort ist immer "Ja gleich".
Wir fuhren vor der Weiterfahrt noch einmal am Hotel vorbei, um die Buchhalterin der Reiseagentur abzuholen, die mit uns nach Isfahan fahren wollte. Was dann herein kam war ein junges Mädchen mit Modelgesicht. 10 - die Traumfrau. Ich muss unbedingt einmal nachfragen, wo man solche Buchhalterinnen findet. In der Firma haben wir sicherlich noch Bedarf. Und wenn nicht, lässt sich garantiert Bedarf schaffen. Die Busfahrer und Hamid wechselten sich ständig darin ab nach hinten zu gehen und sie zu unterhalten. Aber eventuell wollten sie auch nur ihre bisher gesammelten Quittungen los werden.
Wir landeten in Mohamadiyeh, wo wir in einer kleinen Wohn- und Arbeitshöhle einem 86-jährigen Mann beim Weben eines Gebetsschals aus Kamelhaar zusehen durften. Na hoffentlich wurde das Kamel nicht lebendig gerupft. Und natürlich bekam wieder ich einen Gebetsmantel umgehängt und dazu eine weiße Mütze aufgesetzt und durfte fortan als Fotomotiv herhalten. Man meinte, im Mantel wäre ich begehrt bei den Frauen und ich entgegnete, dann würde ich die Buchhalterin nehmen. Der alte Mann nannte mich sogar Hadschi und so wollte ich dann Richtung Mekka ziehen und zum Islam konvertieren.
Wir fuhren ein Stück weiter zur Masjed-e Jameh in Na'in. Je der aufmerksame Leser kennt es schon, es ist die Freitagsmoschee. Diese war eine der ältesten Moscheen im Iran und lebte davon, dass sie nicht kaputt renoviert war. Der älteste Minbar der Welt stand hier (nein, das ist kein Schreibfehler, nicht Minibar) und eine unterirdische Gebetshalle gegen die Hitze gab es auch. Die Fragerunde drehte sich diesmal um Steuern und tatsächlich, hier gab es keine Einkommenssteuer. Also hier verbringe ich meine Rentenzeit. Von wegen Mallorca oder Pattaya. Ich muss mir nur noch armenische Bekannte suchen, die mir Alkohol verkaufen dürfen und Karneval einführen. Dann noch "Goodby Deutschland" für die Umzugskosten engagieren und alles ist perfekt. Na hoffentlich bekommen die eine Drehgenehmigung. Aber wenn ich nicht in die Nähe eines Atomkraftwerks ziehe, sollte es doch klappen.
Wir liefen noch zu der alten Burg, eines der ersten Hochhäuser der Welt. Inzwischen sah diese so aus, als wenn für spätere Sprengungen daran geübt worden war. Wir stärkten uns anschließend bei einer Teepause (kostenlos, Busfahrer) für den unendlich erscheinenden Stau in Isfahan. Es schien, als wenn wir gar nicht mehr ankommen würden. Damit dies realistischer wurde, änderte Hamid den Plan und wir fuhren anstatt ins Hotel direkt in das Restaurant Tausend und eine Nacht zum Abendessen. Es gab Huhn in Granatapfelsoße. Hier hätte man lieber den süßen Granatapfelsaft nehmen sollen. Mir war das Ganze zu sauer. Die Kellner waren wieder extrem schnell beim Servieren und Abräumen, aber der Laden war voll und die nächsten Gäste warteten schon in der Tür.
Wir liefen anschließend in das Hotel und so kamen wir dann doch letztendlich an. Lara und Christian wollten noch zu irgendeiner Brücke laufen, aber mir war das zu spät. Ja die beiden sind noch jung. Ich brauche meinen Schlaf. Die Buchhalterin verabschiedete sich, denn sie schlief sicherheitshalber in einem anderen Hotel. Sie entschuldigte sich noch zum Abschied dafür, dass sie die ganze Fahrt telefoniert hatte. Aber einmal ganz ehrlich, dieser Anblick allein entschuldigte schon für alles.
12. Tag - Todeskampf in der Moschee
Nach dem Frühstück ging es zur Moschee Masjed-e Jameh. Wir verließen gerade die Winterhalle, da prüfte mein Kopf die Festigkeit des Türbogens. Der Türbogen gewann und die Folge war eine schwer blutende Wunde am Kopf. Ich rief gleich Christian und Lara, denn er war Arzt und sie Apothekerin. So war zumindest die Erstversorgung gesichert. Ich tat sozusagen ein Blutopfer, indem ich mein Blut auf den Boden des ehemaligen Feuertempels tropfen lies. Christian meinte die Wunde müsste nicht genäht werden und in Ermangelung einer Alternativmeinung vertraute ich ihm. Das nennt man auch ärztlich begleitendes Reisen, auch wenn nicht ausdrücklich gebucht.
So lernte ich die erste Regel des Islam, übe Demut und bücke dich. Wer sich vor Allah verbeugt, schlägt sich nicht den Kopf an. Die Iraner bauten die Türen wahrscheinlich deswegen extra so niedrig. Wer nicht hören will, muss fühlen.
Ich setzte das Besuchsprogramm trotz Schmerzen tapfer fort. Die Blutung hatte inzwischen aufgehört. So kam ich in den Genuss der Kelisa-ye Vank, der armenischen Kirche. Aber auch hier wurde kein Messwein ausgeschenkt. Da hat sich der Besuch nur halb gelohnt.
lm nebenstehenden Museum wurden unter anderem einige Bilder über die Verfolgung der Armenier durch die Türken ausgestellt. Als ich das Bild mit den gehängten Armeniern fotografierte, meldete meine Kamera "Geschlossene Augen entdeckt". Kein Kommentar! Nächstes Mal sollte ich eine nicht so intelligente Kamera kaufen. Das macht das Ganze nicht so peinlich.
Wir fuhren zur Pol-e Sol, eine Brücke, die über den zurzeit ausgetrockneten Fluss Zayandeh Rud führte. Sogar Tretboote standen bereit, um auf den Zeitpunkt zu warten, bis das woanders aufgestaute Wasser wieder freigegeben wurde. Ich wanderte etwas durch das Flussbett, denn sowas wollte ich schon immer mal machen.
Die Pol-e Khaju Brücke, etwas weiter weg gelegen, überquerten wir dann, um zum Bus zu kommen. Am Kopf der Brücke steht ein steinerner Löwe, auf den sich die Frauen setzen, die nicht schwanger werden. Also da muss ich schon mal den Löwen geritten haben, so wie mein Bauch wächst.
Wir fuhren zu einem Teppichverkäufer, um zu sehen, wie ein Teppich geknüpft wird. Die anfängliche Vorführung ging sehr schnell in ein Verkaufsgespräch über. Immerhin bekamen wir kostenlos Tee, ein Gebäck und eine saubere Toilette. Man zeigte uns währenddessen unzählige Teppiche in allen Preisklassen. Kreditkarten Zahlung war hier auf einmal möglich. Frisch gestärkt und erleichtert verabschiedeten ich, Lara und Christian uns und wir wollten den Naqsh-e Jahan Platz besuchen, den zweitgrößten Platz der Welt. Diesen würden wir zwar am Nachmittag mit der Gruppe noch mal anfahren, aber so konnte man wenigstens einmal Fotos machen, ohne dass immer wieder dieselben Köpfe im Weg waren.
Unterwegs schauten wir uns den Palast Kakh-e Hasht Behesht an. Die 10000 Rial Eintritt konnten wir uns sparen, denn der Palast war nach außen offen und so konnte man ihn beim Umrunden bestens erforschen und fotografieren.
Auf dem weiteren Weg erwarben wir zur Stärkung ein Sandwich mit gebratener Wurst. Der Verkäufer verlangte 25000 Rial, was hier wohl der Standardpreis für Touristen war. Bei jeder Fressbude zahlt man diesen Preis, egal was man kauft. Das lag wahrscheinlich an der Touristensteuer.
Wir fotografierten ausführlich den Platz und als ich mich von den anderen beiden etwas entfernte, wurde ich gleich von 3 "Where do you come from" abgefangen, die auch noch ein Foto mit mir machen wollten. Anschließend erklärte ich ihnen die deutsche Geschichte und wir trennten uns friedlich, weil ich ja die beiden anderen wieder suchen musste. Wir liefen zurück zum Hotel, das nur ungefähr 15 Minuten entfernt war.
Um 13:15 Uhr trafen wir uns alle und fuhren mit dem Bus zum 40 Säulen Palast, dem Kakh-e Chehel Sotun. Hierbei brauchten wir für die Strecke, die wir am Mittag in 5 Minuten gelaufen waren, mit dem Bus 15 Minuten. Wir hätten einfach nur über die Straße und dann durch den Park laufen müssen. Man will einfach nicht, dass man auch nur ein Gramm abnimmt. Hier wird man von Tür zu Tür gekarrt. Wird man hier eventuell am letzten Tag an die Löwen verfüttert und man soll hierzu Fett ansetzen?
Immerhin liefen wir anschließend die 50 Meter zum Naqsh-e Jahan Platz. Das wunderte mich schon ein wenig. So großer Sport auf einmal. Wir besuchten zuerst die Moschee Masjed-e Sheikh Lotfollah und schlenderten anschließend über den Basar, der rund um den Platz verlief und rein touristisch ausgelegt war. Erster Stopp war ein Tischtuchgeschäft. Doch hier gab es keinen Tee und so wurde der Verkäufer seine Ware nur sehr zäh los. Ich erwarb beim Händler nebenan ein T-Shirt mit der Beschriftung „Iran“. Leider waren die gewünschten Motive in XXXL nicht verfügbar und so musste ich auf ein Alternativshirt ausweichen. Aber da dies das einzige Iranshirt war, das ich bisher auf der langen Reise entdecken konnte, schlug ich direkt zu.
Anschließend sollte der Miniaturmaler auch noch was verdienen und nach einer kurzen Vorführung seiner Kunst durfte sich jeder ein Bild von der Wand aussuchen. Natürlich nur gegen Hinterlegung von genug Bargeld und das sollten mindestens 110 US Dollar sein. Dieses Tauschgeschäft klappte hervorragend, denn viele erwarben so ein Kunststück.
Wir schlenderten weiter über den Basar und wurden dabei immer weniger. Immer mehr gingen ihren privaten Kaufinteressen nach und setzten sich ab. Am Schluss blieben Hamid, Marco, Daniela und ich übrig. Wir setzten uns noch etwas auf den Platz und Hamid erzählte von seinen Erfahrungen mit dem Goethe Institut in Teheran. Anschließend gingen wir in ein Restaurant am Platz, wo langsam die verlorenen Seelen nach und nach eintrudelten.
Ich saß in der Mitte der Tafel und es gab eine gemischte Platte, doch alles was ich essen wollte war immer außerhalb meiner Reichweite. Heute war einfach nicht mein Tag.
Im Hotel desinfizierte Christian noch einmal meine Wunde. Die Krankenkassenkarte wollte er nicht haben. Wahrscheinlich hatte er sein Lesegerät vergessen.
13. Tag - Hoch hinaus
Am Frühstückstisch unterhielt uns Marco mit Erzählungen aus seinem Leben. Was der für Anekdoten erzählen konnte und das in seinem Ruhrgebiet Platt. Das war schon eine echte Type.
Die Moschee Masjed-e Shah durchliefen wir heute Morgen im Schnelldurchlauf. Wir waren zwar bereits um 8:30 Uhr auf dem Platz angekommen, aber die Moschee machte erst um 9 Uhr auf. Der herumlaufende Wärter ließ sich nicht erweichen auch nur eine Sekunde früher aufzumachen. Im Palast Kakh-e Ali Qapu stieß ich mir dann erneut den Kopf an. Zum Glück hatte ich diesmal meine Kappe auf. Ein zweites Blutopfer hätte ich nicht überstanden. Sonst falle ich ja eigentlich immer auf den Boden. Das muss diesmal mit der anderen Art des Reisens zusammenhängen.
Anschließend wurden wir mit einem fremden Bus zum Flughafen gefahren, da unserer bereits mit dem Gepäck nach Teheran unterwegs war. Der ganze Bus war voll mit Utensilien von anderen Reisenden. Nur gut, dass wir so ehrlich sind. Eine kurze Taschenkontrolle hätte sicherlich die Reisekasse aufgebessert. Ich möchte nicht wissen, wer zurzeit in unserem Bus sitzt.
Am Flughafen gab es sogar einen Self-Check In Automat. Ich nahm das Einchecken selbst in die Hand und wechselte meinen Platz erst mal von ganz hinten nach ganz vorne am Gang. Als ich auf Toilette war, fiel mir wieder auf, dass einige Iraner nach dem Besuch selbiger wirklich alles am Waschbecken reinigten. Allerdings fragte ich mich, was die auf der Toilette so alles machen, dass sie sich die Zähne danach gründlich ausspülen müssen.
Bei der Sicherheitskontrolle war Klaus direkt vor mir und dieser wartete nicht nur sprichwörtlich auf eine Einladung. Sein Vordermann war schon geraume Zeit durch die Schleuse durch, da stand er immer noch bewegungslos vor mir. Erst als man ihm einen Korb direkt vor die Nase stellte, bequemte er sich langsam sich von seinen Metallteilen zu befreien. In der Zwischenzeit stellte der Sicherheitsbeamte auch mir einen Korb hin und so überholte ich Klaus noch vor der Kontrolle.
Im Sicherheitsbereich warteten wir dann extrem lange. Der Flug nach Teheran war für 13 Uhr geplant, doch erst gegen 13:45 Uhr wurde er aufgerufen. Der Flug sollte aus Dubei kommen und steckte wahrscheinlich im Berufsverkehr fest, wie wir bei unserer Ankunft in Isfahan. Ich hätte nie alleine herausgefunden, dass der Flug zum Einsteigen bereit war, denn über dem Gate hing ein defekter Monitor und alle Durchsagen waren Persisch. Das ist der Vorteil von Gruppenreisen. Einfach da anstellen, wo alle anstehen. Und dann hoffen, dass dies keine Eisdiele ist. Ich saß neben Hamid im Flieger, auch er hatte sich von der Truppe entfernt und seinen Platz von hinten, wo fast alle saßen, nach vorne verlegt. Das war mir gar nicht Recht. Nicht wegen Hamid jetzt direkt, aber er hatte ein so breites Kreutz, dass der Platz ausging, auch wenn man am Gang saß.
Der Vorteil, dass wir kein Gepäck, auf das wir hätten warten müssen, dabei hatten, machte Willi zunichte. Er hatte ein Messer in seiner Hose vergessen und Hamid hatte dieses in seiner Tasche als normales Gepäck aufgegeben. Jetzt mussten wir auf die Tasche warten. Ich sag nur Österreicher. Und warum trägt überhaupt jemand ein Messer in seiner Hosentasche herum. Doch Angst vor einer Entführung?
Hamid bot uns an unser Besuchsprogramm auf eigene Kosten zu erweitern und so fuhren wir für 200000 Rial Fahrtkosten und 90000 Rial Eintritt zum Borj-e Milad, dem Fernsehturm der Stadt. Der Aufzug war nur halb so schnell wie der in Taipei und schon auf 315 Meter war die Aussichtsplattform. Um diese ging ich zweimal herum und ignorierte die Künstler im Inneren, die ihre Fertigkeiten dort anboten. Allerdings funktionierte das angekündigte freie Internet nicht. Ich konnte mich zwar verbinden, ins Internet ging es aber nicht. Dafür hatte ich in dieser Höhe plötzlich wieder Handy Empfang. Kein Wunder, wenn man direkt an der Quelle sitzt.
Nach dem Einchecken im Hotel ging ich noch einmal los, um ein ungeschütztes Netz zu suchen, so dass ich wenigstens meine Mails herunterladen konnte. Im Hotel kostete der WiFi Zugang einen Obolus, dessen Höhe ich nicht kannte und auch nicht entrichten wollte. Ich ging zur Abwechslung einmal in die andere Richtung als vor 2 Wochen. Dabei musste ich wieder einmal über die Warenvielfalt staunen. Hier gibt es alles, auch Dinge, die es gar nicht geben dürfte, wie zum Beispiel einen Apple Store. Aber wenn man den Laden selbst schon fälscht, wie gut sollen dann die darin verkauften Geräte sein?
Ich fand auch nach längerem Suchen kein geeignetes Netz und so versuchte ich mein Glück an der Stelle, an der es schon vor 2 Wochen mit dem Herunterladen der Mails geklappt hatte. Und siehe da, es funktionierte erneut. Ich hab mir zwar den Kopf gestoßen, bin aber nicht auf diesen gefallen.
Am Abend gab es Forelle im Restaurant des Hotels. Alle hatten es eilig aufzubrechen und so beendeten wir das reichhaltige Mahl schon kurz nach 8 Uhr.
14. Tag - Restprogramm
Heute Morgen ging es zuerst zum Golestan Palast, dem Wohnsitz des ersten Schahs. Golestan bedeutet "Paradies". Da die Märtyrer in das Paradies kommen, kam in mir die Frage auf, ob diese hier auch Eintritt zahlen müssen. Oder haben die etwa einen Märtyrerausweis für freien Eintritt?
Der Hauptpalast war wegen Filmarbeiten geschlossen und auch sonst gingen wir nur in einen Palast hinein. Da jeder Palast extra Eintritt kostet, wurde hier wohl wieder von der Reiseagentur gespart. In unseren freien 15 Minuten ging ich, Lara und Christian einfach in einen weiteren Palast und behaupteten unser Führer hätte die Karten. Wir wurden in der Vergangenheit schon genug mit erhöhten Touristen Eintrittspreisen abgezockt. Da hat man auch mal das Recht zurückzuschlagen.
Wir fuhren dann zum Teppichmuseum. Das war wohl nur im Programm, weil es freitags geöffnet hatte. Einen anderen Grund konnte ich sonst nicht für einen Besuch erkennen. In einem Einraummuseum wurden einige mittelprächtige Teppiche ausgestellt. Aber da ich schon mal da war, schaute ich mir diese ausführlich an. Schließlich gehörten Teppiche zur Kultur der Perser, wie Eiscreme zu Italien.
Im Niyavaran Palast Museum besuchten wir nur den Niyavaran Palast, den Wohnsitz des letzten Schahs. Auch hier gab es viel mehr Paläste zu sehen, die einzeln bezahlt werden wollten. Zeit hatten wir genug, aber scheinbar kein Budget. Ich war mir sicher, wenn gefragt worden wäre, hätten alle den einen oder anderen Palast aus eigener Tasche besucht.
Der Niyavaran Palast, im 60er Jahre Stil, war vorrangig ein Wohnpalast, was man auch an der Einrichtung merkte. So stand am Eingang zum privaten Kino eine Heimorgel. Man stelle sich vor, wie der Schah, wenn Staatsbesuch kam, sich an die Heimorgel setzte und den Flohwalzer spielte. Wahnsinn!
Ich ging zweimal durch den Palast, da ich mir diesmal nicht den Eintritt in einen weiteren Palast erschleichen konnte. Also eigentlich bin ich bis zum Ausgang gegangen und dann wieder zurück. Irgendwie muss man ja das Geld wieder reinholen, auch wenn die anderen dadurch gezwungen waren auf mich zu warten. Aber ich war noch in der vereinbarten Zeit am Treffpunkt.
Wir fuhren dann zum Mellat Park, um dort spazieren zu gehen. Meine Frage, warum wir gerade zu diesem Park gehen, wurde beantwortet mit "Weil es im Programm steht". Schlagfertig können auch andere sein.
Also wanderten wir zum See zu einer Burgerbude und ich bestellte mir einen Cheeseburger mit Pommes für 130000 Rial. Ich bekam natürlich meine Bestellung als letztes. Beim Bestreuen der Pommes mit Salz flog dieses Christian beinahe ins Auge, da wir draußen saßen und ein heftiger Wind blies. Da wäre beinahe ein weiteres Opfer zu beklagen gewesen. Ein gefährliches Land ist das hier.
Wir machten noch einen Abstecher zum im Park liegenden Zoo, der aus ein Paar Ziegen, einem Hirsch und einer Vogelvoliere bestand. Ich meinte, jeder könne sich einen Vogel für das abendliche Abschiedsessen aussuchen. Heute gebe es Hausschlachtung. Das fanden nicht alle witzig. Die waren halt noch nie in China.
Damit war das offizielle Besuchsprogramm für den Iran beendet.
Wir waren sehr früh im Hotel und so verabredete ich mich mit Lara und Christian zum Metrofahren. Wir liefen also zur nächsten Station und erwarben an einem Ticketschalter je eine Fahrkarte für 5000 Rial. Es standen zwar überall Ticketautomaten herum, doch keiner war in Betrieb. Das war wohl erst die nächste Ausbaustufe der Metro Erweiterung. Wir fuhren eine Station bis zum Enqelab Platz, wo die Revolution begann, und liefen zurück zum Hotel. Selbst in der Metro und dann noch mal auf dem Platz wurden wir je von einem "Where do you come from" angesprochen. Langsam ging einem das schon auf den Geist. Wenn die unbedingt Englisch üben wollen, dann sollen sie doch die Amerikaner wieder ins Land holen.
Unterwegs waren fast nur Buchhändler in jeglicher Form an der Straße angesiedelt. Einer hatte sogar Automaten aufgestellt, aus denen man Bücher ziehen und mit Geldkarte bezahlen konnte. Wenn man also nachts einmal nicht mehr schlafen kann und feststellt, dass man kein Buch mehr im Haus hat, kann man hier ein Buch ziehen und die Nachtruhe ist gesichert. Sehr praktisch.
Im Hotel fand gerade eine Hochzeit statt und ein Mullah kam und hatte ungefähr 10 Leibwächter dabei. Aber mir wurde klar, warum diese weiße und schwarze Turbane trugen. Nicht um zu erkennen, welcher von denen mit Mohamed verwandt ist, sondern weil die Türen in den Moscheen so niedrig sind. Die Stahlkappe ist garantiert eingewebt.
Zum Abendessen kam Hamid im Anzug und Boris sogar mit Krawatte. Fast alle anderen hatten zumindest ein Sakko an. Ich kam mir etwas deplatziert vor, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, sowas mitzunehmen. Wozu auch? Um damit durch die Wüste zu marschieren?
Wir erfuhren, dass wir morgen um 6 Uhr losfahren und um 5 Uhr geweckt werden. Um 5:15 Uhr soll es noch Tee und Kuchen als Frühstücksersatz geben. Das ließ fast eine neue Revolution im Iran ausbrechen. Sturz des Führers, also diesmal des Reiseführers. Einige wollten erst um 5:30 Uhr aufstehen, einige dann lieber auf Tee und Kuchen verzichten und Uwe meinte sogar, er wäre zu dieser Zeit in der Tiefschlafphase und wenn er da geweckt würde, wäre der ganze Tag versaut. Was für Reise-Weicheier. Lassen sich die ganze Zeit mit dem Bus von Tür zu Tür fahren und wenn sie dann einmal etwas früher aufstehen müssen, führt das zu einem Aufstand. Wenn ich überlege, wie oft ich schon kurz nach Mitternacht auf meinen Reisen aufstehen musste, um irgendein frühes Fortbewegungsmittel zu erreichen.
Das Abschiedsessen fand dann in einem typischen persischen Restaurant statt, wie Hamid es betitelt hatte. Im Endeffekt war es doch nur eine Touristenklause mit Livemusik. Und schon nach einer Stunde war alles vorbei. Wahrscheinlich wollte jeder um 21 Uhr ins Bett, um keine Minute Schönheitsschlaf zu verpassen. Dabei hatten die meisten zwischen Park und Abendessen noch einen Mittagsschlaf gehalten. Hatte ich schon Weicheier gesagt?
Ich trank hier mein erstes und sicherlich auch letztes alkoholfreies iranisches Bier. Ich frage mich, wie manche 2 Wochen lang diese furchtbare Blörre haben trinken können.
Inzwischen macht sich jeder Gedanken über die Trinkgelder für Hamid und die Fahrer. Anja kam zu uns und meinte Klaus, ihr Mann, wollte eigentlich eine offizielle Ansage bezüglich der Fahrer machen. Aber jetzt soll doch jeder geben, was er will. Ja was denn sonst? Den gesetzlichen Mindestlohn oder besser gesagt das gesetzliche Mindesttrinkgeld? Also manche machen sich im Urlaub zu viele Gedanken. Vielleicht sollten diese mal lieber mit dem Kopf gegen einen Türbalken rennen. Hamid meint seit meinem Unfall würde ich nicht mehr so viel Blödsinn reden. Es scheint also zu helfen.
15. Tag – Nix wie raus
Mitten in der Nacht dachte die Hochzeitsgesellschaft es wäre eine gute Idee, direkt vor meinem Fenster ein Feuerwerk abzubrennen. Meine ersten Gedanken gingen aber weniger in Richtung Freude, wenn man bei einer Hochzeit überhaupt davon sprechen kann, sondern in Richtung terroristischer Anschlag. Selbst nach 14 Tagen ist da noch ein gewisses Misstrauen im Hinterkopf.
Der Kuchen wurde morgens pünktlich serviert und Kaffee und Tee gab es auch. Am Flughafen angekommen, sammelten die Fahrer und Hamid ihr Trinkgeld ein und zwar so viel wie jeder geben wollte. So ging es in die erste Schlange. Wie oft in Asien üblich gab es eine Vorkontrolle des Gepäcks. Meine Mitreisenden wollten brav warten, bis alle an uns vorbei gezogen waren. Ich musste erst einmal mit meiner Asienerfahrung eingreifen und zum Drängeln animieren. Es ist schon schlimm, wenn man nicht der erste in der Schlange ist. Am Check-In Schalter wurde es noch schlimmer. Eine geschlagene Stunde stand ich an, um meinen Koffer aufzugeben. Siggi, der direkt hinter mir stand, half mir mich hochzuschaukeln. Wie immer hatte ich die langsamste Schlange erwischt. Alle anderen von der Gruppe waren schon längst abgefertigt. Der Angestellte musste jeden Pass sorgfältig kontrollieren und zwischendurch noch ein Schwätzchen halten.
Trotzdem bekam ich noch einen Gangplatz und dies war zufällig der Gleiche wie beim Hinflug, direkt am Notausgang. Nach der Passkontrolle wartete ich nicht lange, sondern ging recht schnell durch die Sicherheitskontrolle zum Gate. Hier bekam man, wenn man bei der Kontrolle die Schuhe ausziehen musste, Badeschlappen. Ich weiß nicht, ob das wirklich hygienischer ist.
Der Flieger war wieder nicht komplett voll. Doch diesmal flogen wir ohne Zwischenlandung durch und so verging die Zeit auch ohne Bordunterhaltung recht schnell bis zum ersten Bier auf Ex.