Ich bin im Namen des Herrn unterwegs
oder
Blasphemie
Israel
1. Tag – Mossad im Flughafen
Im Internet empfiehlt EL AL, die israelische Fluglinie auf die mich mein Reisebüro freundlicherweise gebucht hatte, wegen erweiterter Sicherheitskontrollen 4 Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein. Das hatte zur Folge, dass man für einen Flug um 11 Uhr um 5:30 Uhr aufstehen musste. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich „nur“ 3 ½ Stunden vor Abflug am Flughafen war. Aber der Schalter in Halle C war noch leer und verweist. Nur unzählige Polizisten standen herum und suchten mit Hunden die Schalter ab. Direkt nebenan waren die Condor Schalter und hier wurde nicht gesucht. Man traute der IS halt nicht zu, auf die Idee zu kommen bei Condor eine etwas stärkere Bombe zu deponieren, die dann auch die EL AL Schalter in Mitleidenschaft ziehen könnte. Oder das waren gar keine Sprengstoff-, sondern Drogenhunde. Die Israelis sind ja bekannt dafür, dass gekifft wird bis zum Abwinken.
Ich setzte mich erst einmal neben den Schalter und beobachtete das Treiben. Ein Mann kam von einem Bordkartenautomaten zu seiner Frau, die neben mir saß, und überreichte ihr eine Bordkarte. Das wollte ich auch probieren und tatsächlich, nach Einscannen des Passes und Hinterlegung einer Telefonnummer von einer Kontaktperson in Deutschland, wurde auch mir eine Bordkarte ausgedruckt. Ich konnte allerdings meinen Sitzplatz nicht beeinflussen, da kein freier Platz angezeigt wurde, aber wenigstens saß ich am Gang.
Um Punkt 8 Uhr wurde der Check-in Schalter aufgemacht. Allerdings in der Form, dass sich einige Mitarbeiter, von wessen Institution auch immer, sich an Pulten vor den eigentlichen Schaltern aufbauten und eine Befragung durchführten. Dank meiner Bordkarte konnte ich mich am Speed Check in anstellen und war einer der ersten, die an der Umfrage teilnehmen durfte. Wenn man schon eine Stunde später den Schalter aufmacht, wollte ich wenigstens so etwas Zeit aufholen. Wer weiß welche Hindernisse einem noch in den Weg gestellt werden.
Eine junge Frau empfing mich und stellte sich vor. Den Namen habe ich vergessen, aber es ist mir auch egal, welchen Tarnnamen der Mossad heute vergeben hatte. Ich wurde gefragt was ich in Israel will und ob ich selbst meine Tasche gepackt hätte und vor allem wo. Nach einem prüfenden Blick in meinen Pass wurde in selben ein Zettel eingeklebt, auf dem etwas in Hebräisch vermerkt war. Was auch immer es war. Zumindest durfte ich passieren und meine Tasche abgeben. Allerdings wurde ich von der Angestellten am Schalter zurückgepfiffen, da sie wohl mit einer ausführlicheren Befragung gerechnet hatte und jetzt erst ihren Arbeitsplatz in Ordnung brachte. Ich bat um Verzeihung, ich hätte das Stoppschild übersehen.
Die Passkontrolle ging dann wieder superschnell, allerdings fiel mir auf, dass die Automaten zur biometrischen, automatischen Passkontrolle wieder alle ausgeschaltet waren. Ich frage mich, warum man Millionen in solche Automaten investiert, wenn sie nicht benutzt werden. Im Terminal C hinter der Passkontrolle gibt es keinen Laden in dem man etwas zu Essen oder Trinken kaufen könnte. Hier fliegt halt kaum einer ab, außer ein paar Deppen nach Israel oder den Iran. Es stehen nur ein paar Automaten herum, Cola für 2,80 Euro, Wasser 2,50 Euro. Extreme Flughafenpreise aus Mangel an Konkurrenz.
Das Gate war noch zu und so setzte ich mich erst einmal. Plötzlich tauchte eine etwas ältere Amerikanerin auf und fragte ob sie am richtigen Gate sei. Sie kam per Transit aus Amerika und wollte eine Studienreise nach Israel unternehmen. Alle ihre Bekannten, die sie auf der Studienreise begleiteten, würden über London fliegen. Sie setzte sich nun endgültig zu mir und meinte sie müsste jetzt etwas Alkoholisches trinken. Eine Bloody Mary oder so. Ich meinte nur „Viel Glück“, denn hier gab es ja nichts zu erwerben. Da hatten es ihre Bekannten in London wahrscheinlich besser. Sie zog trotzdem los, der Durst war größer als der Verstand, und kam auch dann nach einiger Zeit zurück. Natürlich hatte sie keinen Laden gefunden, hatte aber in ihrer Not eine kleine Flasche Cognac im Duty-Free Shop erworben, die sie dann auch gleich öffnete.
Genau 2 Stunden vor Abflug wurde das Gate geöffnet. Ich meinte noch zu meiner neuen Freundin, dass sie jetzt den Cognac auf Ex trinken müsste, da nun die Sicherheitskontrolle erfolgen würde und diese bei Flüssigkeiten in größeren Mengen so ihre Probleme hätten. Auch wenn dies Alkohol wäre und man nachweisen könne, dass man Alkoholiker ist.
Wieder stand eine Frau hinter einem Pult im Weg und sah sich die Pässe und insbesondere die eingeklebten Zettel an. Wie im KZ wurde dann selektiert. Leute ohne Zettel im Pass, da Transit, nach rechts zum Nachsitzen mit Befragung. Von anderen wurden die Pässe einbehalten und die Besitzer vor einen kleinen Nebenraum gesetzt. Ich konnte beobachten wie ein weiterer Mitarbeiter die Pässe dann von Zeit zu Zeit abholte und die zugehörigen Inhaber in den Raum bat. Ich vermute zur Einzelbefragung oder zum Waterboarding. Ich gehörte zum Glück zu der dritten Gruppe von Personen, die einfach zur Sicherheitskontrolle durch gewunken wurden. So eine brave Seele wie ich hat halt nichts zu verbergen (außer einen vergnüglichen Urlaub im Iran).
Ich hatte noch viel Zeit bis zum Boarding (nicht Water-), da ich wieder einer der ersten war, der die Sicherheitskontrolle passiert hatte. Und als ich da so rum saß, wer gesellte sich zu mir? Meine Freundin aus Amerika. Diese war einfach nicht abzuschütteln. Auf Nachfrage meinte sie, dass man ihre Schnapsflasche bei der Sicherheitskontrolle nicht gefunden hatte. Jetzt fühlte ich mich richtig sicher.
Plötzlich trat ein Mann an den Schalter und hielte eine Rede auf Hebräisch. Ich dachte zuerst da hält jemand ein Gebet, weil er von der Panne mit der Schnapsflasche erfahren hatte. Aber als er das Ganze auf Englisch wiederholte, stellte sich heraus, dass dies der Pilot war und er schon mal die Informationen über den Flug und das Wetter vorab bekannt gab. Nur die Reiseflughöhe ließ er aus. Normal macht man ja sowas während des Flugs, aber wahrscheinlich konnte er es gar nicht abwarten, die Neuigkeiten zu verkünden. Vielleicht war er aber auch nur von der Bergpredigt inspiriert. Außerdem konnte man endlich einmal seinen Zuhörern ins Gesicht schauen.
Die Maschine landete erst um 10:15 Uhr und 30 Minuten später war dann Boarding. So wird das nie was mit der Pünktlichkeit. Es kam dann, wie es kommen musste. Es erfolgte ein typisches Touristen Boarding. Alle nahmen sich Zeit sich ihrer Sachen zu entledigen und für den 4 Stunden Flug wurde eine ganze Bibliothek an Büchern in der Sitztasche verstaut. Dann konnte der Koffer gemütlich in die Ablage verfrachtet werden, bevor man sich langsam setzte und den Gang frei machte. Übrigens, obwohl ich relativ früh im Flieger war, war der Stauraum komplett besetzt und ich musste meinen Rucksack unter dem Vordersitz platzieren. Ich saß ganz hinten und hier hatte die Crew sämtlichen Platz mit ihren Koffern belegt. Gutes Vorbild.
Zum Rollfeld wurden wir übrigens von einem Panzerwagen begleitet. Und am Gate war außen alles rund um das Flugzeug abgesperrt. Ob das für Air Iran auch gemacht wird? Als ich mit diesen geflogen war hatte ich nichts davon gemerkt.
Zum Essen gab es koscher Hähnchennuggets mit einer Art Barbecuesosse und trockenem Reis. Dazu Humus, der nicht wirklich genießbar war. Wenn man Brot rein tunkte und beides somit zusammen aß ging es einigermaßen. Ich trank dann auch meinen Tee koscher, also den Tee getrennt von der Milch. Nach dem Essen gab es die übliche Toilettenschlange und da ich, wie schon erwähnt, ganz hinten saß, saß ich mitten drin. Sehr angenehm!
Natürlich bedeutete meine hintere Sitzposition auch, dass es nach der Landung eine gefühlte Ewigkeit dauerte bis ich aussteigen konnte. Und dadurch hatte sich eine so lange Schlange an der Passkontrolle gebildet, dass ich erst einmal gemütlich auf die Toilette gehen konnte. Und wie der Zufall es so will, stand an der Kontrolle in der Schlange neben mir meine Amerikanerin. Aber diesmal hatte ich Glück. Ich hatte endlich einmal eine schnelle Schlange erwischt und so ließ ich meine Freundin hinter mir und sah sie bis heute nicht wieder.
Man stellte auch bei der Einreise keine Fragen. Man vertraute wohl dem Mossad am Frankfurter Flughafen. Noch vor dem Gepäckband wurde ich von einem Mann mit einem Schild empfangen und an einen anderen Mann übergeben, der mit mir an das Band ging. Und auch hier war meine Tasche recht schnell da. Man hatte wohl mehrere andere Taschen zur Kontrolle geöffnet und so rutschte meine Tasche in der Rangliste nach vorne.
Ich erbat bei meiner neuen Begleitung etwas Zeit, um zu einem Geldautomat zu gehen und dies wurde mir gewährt. Allerdings durfte ich nicht den Automat direkt am Gepäckband benutzen, sondern musste den außerhalb des Sicherheitsbereichs verwenden. Mein Begleiter hatte wohl einen Vertrag mit der Bank oder es war so leichter die Pin auszuspionieren. In meiner Hektik drückte ich auch gleich die falsche Taste und so wurde mir alles in Russisch angezeigt. Nachdem ich den Fehler korrigiert hatte, denn Russisch ist nicht wirklich mein Ding, und die Pin eingeben wollte, wurden 2 Tasten nicht angenommen und ich hatte somit den ersten Fehlversuch. Dann drückte ich noch einmal Enter ohne Pin, weil die Beschreibung unvollständig war. Jetzt wurde es langsam knapp mit den Fehlversuchen. Das ist aber auch jedes Mal so, wenn ich das erste Mal in einem Land einen Geldautomaten bediene. Im dritten Versuch klappte es und ich holte 500 Schekel (NIS). Mein Begleiter war schon etwas ungeduldig. Na hätten wir mal den Geldautomaten beim Gepäckband genommen, da wäre es garantiert schneller gegangen. Das hat er jetzt davon.
Wir gingen zu einem Cafe, wo schon ein junger Kerl aus Stuttgart, Johannes, und ein Pärchen aus Passau, Klaus und Ulrike, warteten. Ulrike war vor 2 Jahren schon einmal in Israel und man fragt sich, warum man sich dies nach so kurzer Zeit noch einmal antut. So viel kann sich ja nicht verändert haben. Klaus schien mir ganz in Ordnung, Ulrike hatte einen leichten Hang zur Besserwisserei. Aber alle drei waren nicht Witzresident. Anstatt mit einem Bus zu fahren, wurden wir an einen normalen Taxifahrer weitergereicht und wir quetschten uns in seinen Wagen.
Der Fahrer fuhr 120 km/h wo 70 km/h erlaubt waren und so erreichten wir nach 30 Minuten Jerusalem. In Israel ist alles möglich. Ich und Johannes wurden zuerst herausgeworfen. Es gab wohl zwei Hotelkategorien und ich hatte die Billigere bevorzugt. Aber das Hotel war nicht schlecht, ja sogar viel besser als die Klasse, die ich sonst buche. Nach dem Einchecken fragte ich, ob es hier einen Laden gäbe, wo man etwas zu trinken kaufen könne. Die Gegend war ziemlich trostlos und weit vom Schuss. Der Rezeptionist meinte es gäbe direkt hinter dem Hotel einen Minimarkt und den versuchte ich gleich anzusteuern. Allerdings fand ich den beschriebenen Weg nicht und ging deshalb in die andere Richtung um das komplette Hotel und noch das Sheraton Hotel herum. Schlussendlich hinter dem Hotel angekommen musste ich feststellen, dass dies weniger ein Minimarkt war, sondern mehr eine Imbissbude mit Kühlschrank. Ich holte 5 Halbliter Tuborg Biere, ein Wasser und eine Cola und bezahlte stolze 18 Euro. Der Urlaub wird kein billiger sein…
Zurück fand ich dann auch den kurzen Weg. Im Zimmer gab es sogar einen deutschen Fernsehsender, SAT1. Gerade SAT1, den ich nicht mal zu Hause schauen würde. Aber wenigstens war die Geschwindigkeit des Internets in Ordnung. Zum Abschluss des Tages ging ich noch für ein Bier in die Bar. Als ich an der Theke ein Bier bestellte, wurde ich tatsächlich gefragt welches. Ich deutete auf den Zapfhahn, der nicht nach Heinecken oder Tuborg aussah und die Bedienung meinte das wäre das beste Bier. So einen Instinkt muss man haben. Mit Kreditkarte konnte man nicht zahlen, also musste ich das bar erledigen. Aber das war ja auch die Hotel-Bar.
Es regnete schon die ganze Zeit in Strömen. Man hatte uns per Brief mitgeteilt, dass wir morgen Badesachen mitnehmen sollen, da wir im Toten Meer schwimmen werden. Das war eigentlich für den letzten Tag vorgesehen und hätte ohne Regen wohl viel mehr Spaß gemacht. Aber es wurde ja schon angekündigt, dass sich aus Sicherheitsgründen das Programm ändern könne. Na lieber im Toten Meer schwimmen, als Tod im Meer schwimmen.
2. Tag Regentag reloaded
Ich wachte mit einem furchtbaren Kater auf. Ob das wirklich das beste Bier gestern Abend gewesen war? Es war auf jeden Fall das Beste für einen Kater. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass ich kein Abendessen gehabt hatte. Um 8 Uhr sollte es los gehen und so quälte ich mich um 5:30 Uhr aus dem Bett um mehr schlecht als recht pünktlich um 6:30 Uhr zum Frühstück zu kriechen.
Der Showkoch war noch damit beschäftigt die Rühreier für die Allgemeinheit zu braten und da er damit bei weitem noch nicht fertig war und auch nicht in der Lage individuell Eier zuzubereiten, was seine eigentliche Aufgabe war, musste ich mich erst einmal anderweitig umsehen. Es gab allerdings nur Humus, Käse und Fisch. Ich versuchte ein paar Kartoffeln und irgendwas anderes Undefinierbares zu essen, allerdings war dies für meinen Zustand zu würzig. Also versuchte ich mich an dem Rührei, das zwischenzeitig verfügbar war, doch auch das wollte nicht an mich. Zum Schluss trank ich in Ruhe einen Tee.
Ich ging noch einmal auf das Zimmer und um 7:50 Uhr klingelte das Telefon und der Reiseführer war dran. Muss man hier in Israel mit dem Wort Führer eigentlich vorsichtig sein? Ist da Reiseerklärer besser geeignet? Auf jeden Fall scheint er übervorsichtig zu sein, da er sich noch einmal versichern wollte, dass ich auch wirklich um 8 Uhr in der Lobby sein würde. Hätte er meinen Zustand gekannt, wäre dies sogar berechtigt gewesen.
In der Lobby erwartete mich ein kleiner alter Mann, Eli Ballin, fast 74 Jahre alt, wie sich später herausstellte. Ich hatte ihn schon beim Frühstück gesehen, als er sich mit einem Pärchen unterhielt, das auch in unserer Gruppe war. Christine und Song, sie Pfarrerin aus Ostberlin, er Vietnamese, auch aus Ostberlin (da verheiratet). Dazu gesellte sich der junge Kerl von gestern, Johannes und ein etwas älterer Alt-70er mit Ohrring, Erwin. Alle kannten sich schon, da sie gestern zusammen Abendessen waren. Wie sich herausstellte war das Abendessen im Hotel inbegriffen, also Halbpansion sozusagen. Ich hätte gestern also auch einfach Essen gehen können. Aber woher sollte ich das wissen, wenn einem das keiner sagt. Im Brief stand es zumindest nicht. Und ich war es gewohnt, dass einen der Reiseführer in die besten Restaurants der Stadt ausführt.
Eli fuhr selbst den keinen Bus und während der Fahrt sprach er in ein Mikrofon und gab Erklärungen. Gut, dass sparte das Trinkgeld für den Fahrer. Allerdings hatte ich schon etwas Bedenken hinsichtlich seines fortgeschrittenen Alters. Was, wenn er auf der Autobahn in voller Fahrt gesundheitliche Probleme bekommen würde?
Zumindest reichte es mit der Gesundheit bis zum anderen Hotel, in dem die besseren Leute abgestiegen waren. Dort hatte allerdings die Post versagt und keiner wusste, dass heute Badetag war. Somit mussten alle noch einmal auf ihr Zimmer, um Badesachen zu holen. Es regnete weiter in Strömen und während wir warteten bekam Eli einen Anruf. Die Straße nach Masada, dem Besichtigungsort vor dem Toten Meer, war gesperrt und somit ein Besuch unmöglich. Also war alles Warten umsonst, denn wir mussten den Plan ändern und machten somit heute Jerusalem. Zum Glück hatte ich meine Badehose nicht direkt angezogen, wie so manch andere.
Somit war heute unser erster Besichtigungspunkt der Ölberg und insbesondere hier eine Kirche, wo Jesus auf einem Stein geschlafen hat (oder so). Innen sangen irgendwelche Pilger, wie sie es künftig noch öfter tun sollten (also immer andere). Viel zu sehen gab es nicht, außer im Garten einen uralten Ölbaum. Wie gesagt, es regnete Katzen und Hunde und man wurde ständig von Schirmverkäufern belästigt. Selbst mir boten sie einen Schirm an, dabei hatte ich meinen Knirps aufgespannt in der Hand. Gegenüber der Kirche war der Friedhof und ich hoffte, dass dies kein schlechtes Zeichen war, gerade im Hinblick auf Eli.
Wir fuhren noch etwas höher zu einer Aussichtsplattform, von wo aus man ganz Jerusalem sehen konnte. Dort wartete wieder ein Schirmverkäufer auf uns. Allerdings war sein Musterexemplar durch den Wind total zerstört, was wirklich kein Anreiz war 5 Dollar dafür auszugeben. Es schien, als hielte der Schirm gerade mal einen Regen und dafür waren 5 Dollar schon relativ viel. Na gut es regnete in Israel nur 3 Monate im Jahr. Da muss man die restlichen 9 Monate ohne Geschäft kompensieren.
Plötzlich brach der Himmel auf, es hörte auf zu Regnen und die Sonne kam heraus. Diesmal wurde nicht das Meer geteilt, sondern die Wolkendecke. Blitzschnell packte der Regenschirmverkäufer seine Schirme ein und belästigte einen jetzt mit Mützen. Gut es war kühl, aber so kühl auch wieder nicht. Der Preis von 2 Dollar lies allerdings erahnen, dass auch die Mützen dem Wind nicht standhalten konnten.
Wir fuhren in das Holocaust Museum Yad Vashem. Hier setzten wir uns erst einmal in das Cafe und tranken heißen Kaffee zum Aufwärmen, da keiner eine Mütze gekauft hatte. Ich trank lieber Tee. Was heißt Tee. Ich bekam eine Tasse heißes Wasser und konnte mir einen Teebeutel nehmen. Heißes Wasser für 9 NIS! Ich denke der Cafebesitzer war früher Schirmverkäufer. Oder es gab auch nur 3 Monate lang Tee?
Das Holocaust Museum war jetzt nicht gerade etwas Besonders. Es war im Prinzip wie jedes andere jüdische Museum auch, nur dass man hier die jüdische Geschichte vor und nach dem Holocaust einfach weggelassen hat. Es war auch ziemlich einseitig erzählt, die Rolle der anderen Staaten im Holocaust wurde extrem verschwiegen.
Es schüttete wieder wie aus Eimern und so gab man uns 1 ½ Stunden um das Museum alleine zu erkunden. Das war gerade so zu schaffen, wenn man zügig durchging und sich nicht allzu umfangreich damit beschäftigte. Aber ich kannte die Geschichte ja schon.
Zwischenzeitlich hatte es aufgehört zu regnen, aber pünktlich als wir mit dem Museum fertig waren, fing es wieder an. Das war etwas unangenehm, da ja jetzt die Außenbesichtigung anstand. Deshalb warteten wir den Regen in einer Halle ab, in der alle KZ Namen auf den Boden geschrieben waren. Es gibt schönere Orte zum Warten, aber keine trockeneren. Als der Regen nachließ, sahen wir uns die Bäume an, die für die guten Menschen gepflanzt wurden, die Juden im Holocaust geholfen hatten. Dann ging es in die Kinder Gedenkstätte und zum Abschluss trafen wir noch auf ein ARD Kamerateam. Ich musste natürlich gleich wieder im Hintergrund durchs Bild laufen. Hoffentlich wird das rausgeschnitten. Sonst muss ich die ARD verklagen. So kann man dann auch seine Rundfunkgebühren zurückbekommen.
Mittagessen ließen wir ganz ausfallen, denn es sollte zügig nach Bethlehem und damit Palästina gehen. Fast alle hatten etwas zum Ausweisen dabei (also ich meine damit einen Pass oder Personalausweis), nur zwei nicht. Das Risiko wollten ich und der Reiseleiter gerne eingehen. Und wenn es schief gehen sollte, würde einfach die Gruppe nur kleiner, was auch nicht unangenehm gewesen wäre.
Wir fuhren nicht zu dem Hauptübergang nach Palästina, sondern zu einem Nebeneingang, wo man laut Eli nicht untersucht würde. Die Scheibe des Busses war während der Fahrt beschlagen, denn die Heizung ging mal wieder nicht. So fuhren wir halbblind in einen Seitenweg, wo zwei schwarze Wagen mit getönten Scheiben auf uns warteten. Das sah mehr nach Entführung als nach Besichtigung aus. Wie im schlechten Film. Wir sollten mit den 2 jungen Kerlen mitfahren, denn israelische Fahrzeuge dürften nicht durch Palästina fahren. Nach der Besichtigung der Geburtskirche würden wir dann in einen Souvenirshop gefahren, sozusagen als Bezahlung für die Dienste. Also doch eine Entführung, wenn auch der anderen Art. Und um das Ganze noch zu unterstreichen, heizte der Fahrer wie ein Irrer durch die engen Straßen, als ob die Polizei hinter ihm her wäre.
An der Kirche angekommen wartete ein neuer Führer auf uns. Allerdings war die Krypta mit dem Geburtsort Jesu im Moment nicht zugänglich, da abwechselnd die Christen, die Griechisch Orthodoxen und die Kopten Gottesdienste abhielten. Wir besuchten also zuerst die Christliche Kirche mit dem Grab des Hieronymus (für die, die ihn nicht kennen: Bibelübersetzer) im Keller. Also irgendwie fand früher alles im Keller statt. Danach wieder hoch und wieder nicht in das Geburtskellerloch gekommen, da eine andere Sekte nun mit ihren Beweihräucherung dran war. Also wieder raus vor die Kirche, kurze Erklärung, wieder rein, andere Sekte war dran, wieder raus, wieder rein. Das erinnerte mehr an eine Flucht als an eine Besichtigung. Schließlich redete unser Führer auf den Mann vom Sicherheitsdienst minutenlang ein und so durften wir wie in einem schlechten Thriller auf Handzeichen von der Mauer, an der wir warteten, durch die gesamte Kirche zum Ausgang der Krypta sprinten und durch diesen diese betreten. Diese Aktion hatte den Vorteil, dass wir ganz allein in der Krypta waren, da die ganzen anderen Touristen blöd vor dem Eingang warteten, bis die Kopten, Christen, Orthodoxen oder wer auch immer ihre Prozession endgültig beendet hatten.
Der Geburtsort war ein kleines Kellerloch mit einem silbernen Stern im Kamin an der Stelle, an der Christus geboren worden war. Gegenüber stand die Krippe, wobei diese nicht als solche zu erkennen war. Außerdem war dies sowieso nur eine Kopie, denn das Original wurde schon vor längerer Zeit nach Italien verfrachtet. Wahrscheinlich wurde diese in 1 Millon Stücke zerhauen, um in jeder noch so kleinen Dorfkirche als Reliquie zu dienen. Und pünktlich, als wir alles gesehen hatten, strömten auch die anderen Touristen herein und blockierten die Sicht. Gut wenn man einen Führer mit Beziehungen hat.
Anschließend wurden wir von unseren 2 schwarzen Wagen abgeholt und zu dem angekündigten Souvenirladen gebracht und nicht in einen Kerker. Also doch keine echte Entführung. Als wir zum Fahrer meinten, wir hätten Hunger, drohte er uns ein Sandwich an, das er allerdings nie geliefert hat. Aber vielleicht war das besser so.
Der Souvenirshop war jetzt nichts außergewöhnliches, außer dass er außergewöhnlich viel Ramsch hatte. Fast alle kauften etwas und ich erwarb ein Käppi mit Leuchter obendrauf, also aufgestickt. Keinen echten Leuchter. Das konnte man hier sicherlich noch einmal gebrauchen. Mit dem Auto ging es dann zurück zum Treffpunkt in der Seitenstraße, ohne Essen, aber wieder sicher in israelischer Hand.
Eli erwartete uns und wir fuhren zurück zum Hotel. Angekommen meinte unsere Pfarrerin Christine, dass wohl ihr Fenster im Hotelzimmer undicht sei, denn sie hatte während des Regens unter diesem Wasser entdeckt. Ich meinte es wäre hier wohl nicht so ungewöhnlich, wenn Wasser aus einem Stein kommt, vor allem wenn man mit einem Stock dagegen schlägt. Ich warte nur darauf, dass das auch noch verfilmt wird. Moses Vol. 2.
Wir verabredeten uns zum Essen um 18:30 Uhr. Spätestens jetzt hatte ich mitbekommen, dass es das Abendessen im Hotel gab. Das gab mir dann noch etwas Zeit Bier zu holen. Jetzt kannte ich auch den kurzen Weg und ersparte mir den Halbmarathon um das Sheraton Hotel herum. Zumindest erfuhr ich heute auch den Preis für das Bier in der Trinkhalle. Es waren 13 Schekel angeschrieben (pro Bier).
Als ich mich pünktlich wie ein Deutscher am Restaurant einfand, wartete schon ein riesen Pulk vor der Tür. Ich wurde dann an einen Tisch gesetzt mit einem Schild „The Germans“ und die anderen meiner Truppe trudelten langsam ein. Es war eine riesige Schlange vor dem Buffet mit dem Hauptgericht und so nahm ich erst einmal Suppe und Salat zu mir, gerade weil wir ja mittags nichts gegessen hatten. Trotzdessen war ich schon fast satt und die Schlange vor der Hauptspeise wurde einfach nicht kürzer. Also musste ich mich trotzdem anstellen.
Ich diskutierte mit Christine und Song bis wir um 21 Uhr rausgeworfen wurden. Unter anderem musste ich heute feststellen, dass Jesus nicht im Stall, sondern im Keller einer Kirche geboren worden war.
3.Tag – Bloß nicht nachfragen
Um 6:40 Uhr fand ich mich wieder im Restaurant ein, aber diesmal zum Frühstück. Jetzt wurde ich aber nicht an einen größeren Gruppentisch geführt, sondern musste wieder an einen Einzeltisch. Ich fand heute wieder nichts zum Essen und das Rührei war auch noch nicht fertig. Also aß ich Fisch im Makrelen Stil, also eingelegt mit Zwiebeln. Ich hatte wirklich Angst davor was passiert, wenn ich aufstoßen musste. Erwin kam recht schnell und setzte sich zu mir. Aber er war morgens nicht der Gesprächigste, was sich übrigens auch gegen Mittag nicht änderte. Ich fand dann noch Marmelade als Alternative zum Fisch und so konnte ich genug zu mir nehmen, dass ich heute einen weiteren Ausfall des Mittagessens überstehen konnte. Eli kam auch bald. Er wohnte in einem günstigeren Hotel in der Nähe und genoss in unserem Hotel den Vorzug des kostenlosen Frühstücks für Reiseleiter.
Wir fuhren zum anderen Hotel und hier sollten zwei weitere Mitreisende zu uns stoßen. Diese waren einen Tag später angereist und wegen diesen wurde auch das Programm umgeworfen. Sie wollten wohl nicht nach Masada und ans Tote Meer. Deshalb hatte man das auf den Tag verlegt, an dem diese noch auf der Anreise waren. Jetzt hat ihnen der Regen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kein Bethlehem gesehen und dafür ab ins Tote Meer. Allerdings tat es mir nicht sonderlich leid, denn die Frau, Doris, war nicht besonders sympathisch. Es stellte sich heraus, dass sie schon sechsmal hintereinander in Israel war, jedes Mal mit einer Gruppentour und jedes Mal schleppte sie ihren Mann Michael mit. Während der Rundreise wollte sie ständig in andere Sehenswürdigkeiten, die nicht auf dem Programm standen, weil sie das Standardprogramm ja schon (sechsmal) gesehen hatte. Da frage ich mich, warum sie noch eine Gruppentour bucht. Nach sechsmal Israel kenne ich mich doch so gut aus, dass ich alles alleine machen kann. Auch beschwerte sie sich gleich, dass der Busfahrer kein Wasser verkauft. Die soll mal mit dem Stock an die Hotelwand schlagen. Da kommt dann sicherlich Wasser raus.
Heute stand Alt-Jerusalem auf dem Plan. Es fing wieder an zu Regnen und ich war froh, dass ich meinen Schirm dabei hatte. Auf der Fahrt zur Altstadt griff Song, der vor mir saß, noch einmal das Thema von gestern Abend auf, nämlich dass Jesus im Keller geboren war. Er meinte es wäre doch ziemlich eng gewesen mit all den Königen und Hirten in dem kleinen Raum. Ich fügte noch an, dass ja auch noch die Kühe, Esel und Engel alle da drin gewesen waren und es kamen Zweifel bei uns auf, dass alle da rein gepasst hatten. Also wenn, dann standen sie Mann an Mann, wie in Beijing in der U-Bahn zur Hauptverkehrszeit. Anbeten nicht möglich, da man die Hände nicht anheben konnte.
Wir mussten zum Betreten der Altstadt durch eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen, erst dann ging es über einen Steg zum Felsendom und der El Aksa Moschee. Rein durfte man nicht, was sehr schade war, denn es regnete inzwischen wieder wie aus Kübeln. Sonniges Israel…
Also weiter zur Klagemauer, um sich über das Wetter zu beklagen. Hier gab es eine weitere Sicherheitskontrolle und obwohl ich so Sicherheitskontrollen erfahren bin, ging mir das alles viel zu schnell und ich hielt den ganzen Verkehr auf. Allerdings hatte ich auch am Flughafen nie einen nassen Schirm in der Hand.
Die Klagemauer war dann höher, aber auch schmaler, als gedacht. In der Mitte wurde diese noch einmal durch eine Wand getrennt und Männer und Frauen mussten jeweils auf Ihrer Seite getrennt klagen. Wahrscheinlich damit die Frauen nicht mitbekommen, wie die Männer über sie klagen. In einem Nebenraum, der direkt an die Mauer gebaut worden war, klagten die Einheimischen, denn hier war es warm und trocken. Das erhöhte die Klagebereitwilligkeit um ein Vielfaches.
An der Klagemauer gab es auch eine 5-Sterne Deluxe Toilette. Also hier hatte man wirklich nichts zu beklagen. Genug jetzt davon…
Auf dem Weg zur Via Dolorosa kehrten wir im Arabischen Viertel erst mal in einer Dönerbude ein. Hier trank ich einen Tee, der mit 15 NIS teurer war als ein Bier in der Trinkhalle. Wahrscheinlich waren die Preise noch von der Zeit, als die Leute gemütlich vor dem Cafe gesessen hatten und den Verurteilten beim Kreuztragen zugesehen hatten. Wie in Venedig auf dem Markusplatz, Sightseeing Aufschlag.
Doris beschwerte sich, dass wir hier rum sitzen und nicht in der Zwischenzeit etwas besichtigen würden. Also die ist ja schlimmer wie ich.
Wir begaben uns also jetzt auf die Via Dolorosa, den Leidensweg Christi, aufgeteilt in 14 Stationen. Wir begannen mit Station 2, einer kleinen Kirche. Station eins war vielleicht der Busparkplatz an dem Jesus ankam. Highlight war hier ein in den Boden geritztes Brettspiel, also eigentlich ein Steinspiel? Auf jeden Fall mussten die Rillen früher 3 Zentimeter tiefer gewesen sein, denn so viele Leute und Reiseführer, die darauf herum traten, sorgten sicherlich für gewaltigen Abrieb.
Schon an der ersten Ecke, Station 3, ist Jesus das erste Mal zusammengebrochen. Was ein Weichei. Wahrscheinlich musste er sich erst einmal mit einer Pizza stärken, die an dieser Ecke angeboten wurde. Bevor ich nichts zu essen bekomm lauf ich hier nicht weiter.
Sehr viel weiter ist er dann aber auch nicht gekommen, nämlich nur bis zur nächsten Ecke. Da ist er wieder zusammengebrochen. Also entweder hatte er an der letzten Station nicht genug Geld für die Pizza dabei gehabt oder er hatte nicht gefrühstückt, so wie ich es hatte. Wir folgten dem Weg bis zur Grabeskirche, wobei wir treppauf über ein Dach den Weg weiter verfolgten mussten. Also ich kann mich nicht daran erinnern, dass Jesus Häuser erklommen hat und das auch noch mit so einem schweren Kreuz.
In der Grabeskirche setzten sich dann Doris und ihr Mann von uns ab, da sie das ja schon gesehen hatten. Also eigentlich hatten sie ja schon alles bereits gesehen und das sechsmal. Mal sehen, wie oft wir sie in Zukunft bei uns haben werden. Wir gingen in den ersten Stock über eine Treppe zur Stelle wo Jesus gekreuzigt wurde. Im ersten Stock? Bloß nicht nachfragen. Im Erdgeschoss war dann der Stein auf dem Jesus gesalbt wurde. Weiter ging es zum Grab, wo er es nicht lange ausgehalten hatte. Kein Wunder so klein wie das Loch war. Da hätte ich mich auf Dauer auch nicht wohl gefühlt. Da hilft nur Auf(er)stehen.
Vor dem Grab mussten wir erst einmal eine lange Schlange überstehen. Lauter Russen hatten sich vor uns hier breit gemacht. Wie gesagt, das Grab war so klein, das nur immer Gruppen von ungefähr 10 Leuten rein gelassen wurden. Eli meinte es würde erfahrungsgemäß etwa 30 Minuten dauern bis wir dran kämen und wenn wir diese Geduld nicht aufbringen wollten, könnten wir auch weiter gehen. Aber ich bestand ohne zu Zögern darauf, das Grab zu sehen. Sollen mich doch alle anderen in der Gruppe hassen. Ich verlasse dieses Land nicht eher, bevor ich alle Stationen des neuen Testamentes gesehen habe.
Es wurden wie gesagt immer nur ungefähr 10 Leute rein gelassen und dazwischen wurden noch Pilgergruppen vorgezogen, die dann eine gefühlte Ewigkeit mit Beten in dem Grab verbrachten. Und als ich endlich Licht am Ende des Tunnels sah, wurde direkt vor mir die Zehner Gruppe beendet. Ich war also der Erste der nächsten Gruppe, was ein ziemliches Glück war, denn so hatte ich freie Sicht, auch für ein paar verbotene Fotos. Aber so was kann man doch nicht nur schriftlich in Form eines total veralteten Buches für die Nachwelt festhalten. Außerdem haben die Pilger auch fotografiert wie die Wilden. Zur Strafe hatte ich mir allerdings beim Rausgehen an der niedrigen Tür den Kopf angeschlagen. Das kommt davon wenn man keine Demut zeigt. Aber das nahm ich in Kauf.
Wir gingen dann in den Keller, wo man das Kreuz gefunden hatte. 1. Stock, jetzt Keller? Bloß nicht nachfragen.
Im Zwischengeschoss war ein Armenischer Tempel. Plötzlich kam ein orthodoxer Priester und wedelte ordentlich mit Weihrauch. Kurz darauf ein Armenier und dann ein Kopke. Jeder schwenkte ein Weihrauchgefäß und bei jedem duftete es anders. Hier wurde wohl das Revier markiert und der letzte Duft blieb bestehen. Morgens wird wahrscheinlich ausgelost wer zuerst gehen muss.
Anschießend besuchten wir den Platz, wo das Blut Jesu von der Kreuzigung, (wir erinnern uns, erster Stock) durch eine Rille auf den Schädel von Adam tropfte (Erdgeschoß). Ja genau, der, der was mit Eva hatte. Allerdings war hier kein Schädel zu sehen. Der war wahrscheinlich wieder einmal als Reliquie in Italien unterwegs.
Wir versammelten uns anschließend alle und gingen in die evangelische Kirche nebenan. Diese war von unserem Kaiser Wilhelm II gespendet worden, wohl um den Israelis einmal zu zeigen wie spartanisch eine Kirche ausgestattet werden kann. Statt Hostie gab es hier wohl Brotsuppe. Unserer evangelischen Pfarrerin Christine hat es gefallen.
Wir beschlossen es heute einmal mit Mittagessen zu versuchen. Hierzu gingen wir im Christlichen Viertel zum besten Lokal am Platz. Und es gab, wie es der Name „Christliches Viertel“ schon vermuten ließ, Dönerbrot mit Cola für 45 NIS.
Doris wollte sich unbedingt reinsetzen, denn ihr war im Gegensatz zu allen anderen kalt. Wir einigten uns dann darauf, dass sie unter einem Heizpilz mit uns draußen sitzen durfte. Selbst nach 6 Gruppenreisen sind manche nicht gruppentauglich.
Wir machten anschließend einen Verdauungsspaziergang durch die kleinen Gassen des Viertels, vorbei an den alten Römerstraßen und der alten Stadtmauer. Es ging weiter zum Jaffator und dann zum Ziontor mit zugehörigem Berg. Hier lag König Davids Grab. Um dies zu untermauern hatte man eine Statue von ihm aufgestellt. Die Nase war allerdings gebrochen und man konnte annehmen, dass er Boxer und nicht König gewesen war. Aber nein, die Orthodoxen waren das, denn diese nahmen die Gebote viel zu genau. Und in diesen stand das ja auch mit dem „kein Abbild von Göttern machen“ oder so. Also das mit dem Ehebruch muss man ja auch nicht so genau nehmen.
Das Grab selbst mussten Männer und Frauen wieder getrennt besuchen. Jeder durfte eine Hälfte des Sarkophags betrachten. Dazwischen war eine Mauer, nicht Klage-. Also die Israelis machen was für die Emanzipation. Weiter ging es zum Saal, wo das letzte Abendmahl stattgefunden haben soll. Praktischerweise im selben Komplex. Lauter amerikanische Touristen blockierten den Weg dorthin. Zum Glück hatten wir schon gegessen. Der Raum war zwischenzeitlich einmal eine Moschee und so war die Minbar übriggeblieben. Hier erinnerte nichts mehr an Essen. Nur ein Plastik Ölbaum entfachte die Fotografierlust der Touristen. Meine nicht.
Es ging weiter zur Abtei Dormitio. Hier lag im Keller eine Maria Statue. Allerdings war Maria hier nicht begraben oder so. Nur ihr Geist war hier. Bloß nicht nachfragen. Und wer hat‘s bezahlt? Natürlich, Kaiser Wilhelm II. Hätte er das ganze Geld mal lieber für Moscheen gespendet und damit die Türken glücklich und kampfbereit gemacht. Dann wär das auch was mit dem ersten Weltkrieg geworden.
Letzte Station heute sollte das Israel Museum sein. Stundenlang erklärte uns Eli hier das Model des zweiten Tempels. Tja, mit dem Zweiten sieht man besser. Die Grabeskirche, und damit das Kreuz von Jesu, stand damals ganz nah an der Stadtmauer. Da hätte man doch besser Jesu direkt an die Mauer genagelt. Das hätte Holz gespart, Bäume gerettet und hier wäre heute nicht alles Wüste.
Es ging zu den ausgestellten Schriftrollen, die ein Schäfer damals in genau dieser Wüste in Tonkrügen gefunden hatte. Fotografieren war zwar verboten, aber ich machte trotzdem 2 Fotos. Eli meinte Fotografieren sei erlaubt, man dürfe sich nur nicht dabei erwischen lassen. Daran habe ich mich künftig gehalten. Er muss es ja wissen mit seiner Lebens- und Reiseführererfahrung.
Zum Abschluss gab es noch eine Sonderausstellung mit der kleinsten Bibel der Welt. Ohne Mikroskop sah man nur einen winzigen Punkt (und auch mit). Aber wo ist da der Sinn, wenn man zwar auf Reisen unglaublich viel Platz spart im Gegensatz zum gedruckten Buch, man aber immer ein Elektronenmikroskop mitschleppen muss.
Auf dem Rückweg fragte ich Eli nach einem Geldautomaten, da mir langsam das Bargeld knapp erschien. Aber er hatte darauf keine Antwort. Als wir am Sheraton Hotel vorbeifuhren meinte Doris sie hätte dort auch schon mal übernachtet und ich nutzte die Gelegenheit um nachzufragen, ob es denn da einen Geldautomat gäbe, wie bei 3+ Sterne Hotels üblich. Das wusste Sie aber nicht. Aha. Ertappt. Angeberin. Ich habe dann an der Rezeption nachgefragt und diese meinten es gäbe einen Geldautomaten im Sheraton. Doppelt ertappt. Ich drehte mich gleich um und ging zum Sheraton Hotel ohne über mein Zimmer zu gehen. Hier musste ich erst einmal den Concierge fragen um den Automat zu finden. Aber er stand eigentlich offensichtlich im Gang. Dreimal kam meine Karte wieder raus, bis der Automat sie endlich akzeptierte. Aber ich bekam mein Geld, wovon ich einen Teil auch gleich wieder in Bier eintauschte. Deswegen kam ich auch etwas später zum Essen und diesmal gab es keine lange Schlangen vor dem Hauptgericht. Man hatte aus dem gestrigen Desaster gelernt und 2 Stationen aufgebaut. Eine davon war mit asiatischen Gerichten ausgestattet und selbst Song fand diese schmackhaft. Und er als Vietnamese muss das ja wissen. Wer Schlangen und Hunde isst, der ist über jeden Zweifel erhaben. Aber vielleicht war er auch nur schon viel zu lange in Deutschland.
Diesmal hatte man uns an einen Tisch ganz weit rechts außen gesetzt. Na wenn das mal kein Wink mit dem Zaunpfahl war. The Germans. Ich holte mir Suppe und zweimal Hauptspeise, schließlich gab es ja auch 2 Stationen, die bedient werden mussten. Ich wollte bei der Restaurantleitung nicht das Gefühl aufkommen lassen, dass eine Station auch reicht, so dass morgen wieder mit Schlangen zu rechnen sei.
Diskussionsstoff am Tisch war diesmal meine Behauptung, die Bibel wäre nur eine Art Roman und die Bibelschreiber nur Schriftsteller so wie Homer oder Shakespeare. Und das Alte Testament wäre eine schlecht von Generation zu Generation überlieferte Geschichtssammlung, so wie bei den Gebrüdern Grimm. Diskutier das mal mit einer Pfarrerin. Als wir irgendwann zu dem Punkt kamen, dass Leute schwarz U-Bahn fahren dürften, da die Preise zu teuer sind und Fahrradfahrer den Gehsteig benutzen, na da ging es richtig los.
4.Tag Ab in den Kibbuz
Ich war wieder früh beim Frühstück. Langsam gewöhnte ich mich an das 5:30 Uhr Aufstehen. Aber wieder war kein Rührei fertig. Dafür gab es gekochte Eier. Wenigstens war das Frühstück abwechslungsreich. Immer fehlte etwas anderes. Dann kam doch noch das Rührei und ich war froh, dass ich anschließend keinen Eiweißschock hatte, da ich mich schon an den gekochten Eiern bedient hatte. Was soll man denn machen, wenn man keinen Käse isst und eingelegter Fisch mit Zwiebeln am Morgen nicht sein Ding ist.
Wir luden nach dem Frühstück die Koffer ein und holten die anderen Mitreisenden ab. Es ging zuerst Richtung Osten bis fast an die Grenze zu Jordanien und dann nach Norden. Nach kurzer Zeit erreichten wir die Stelle am Jordan, an der Jesus getauft worden war. Also eine der 25 Stellen, an der Jesus getauft wurde. Deswegen hieß es vielleicht auch Massentaufe und für eine Solche war hier auch alles bestens präpariert. Der Jordan war nur noch ein Rinnsal. Israel bediente sich mit Hilfe eines Staudamms an diesem und deckte damit 80% seines Trinkwasserbedarfs. Den Jordaniern blieb dann entsprechend weniger. Die konnten froh sein, dass man ihnen 80% des Wortes „Jordan“ in ihrem Staatsnamen lies. Sonst würden der Staat „Danien“ heißen. Es war heute einmal warm und sonnig und so lauschten wir den (sehr geschönten) politischen Ausführungen von Eli im Schatten, direkt neben dem Minenfeld.
Auf der Weiterfahrt hielten wir an einer Tankstelle, da das Benzin in der Westbank, in der wir jetzt waren, deutlich billiger wäre. Mir war das ganz recht, nicht weil mir die Benzinpreise so wichtig wären, es ergab sich aber die Gelegenheit eine Toilette aufzusuchen. Hätte ich mich vorhin Taufen lassen, hätte ich heimlich in den Jordan pinkeln können. Als Atheist muss man aber auf reguläre Toiletten. Nach getaner Arbeit meinte ich, dies wäre wohl die nächste Sehenswürdigkeit, die Tankstelle an der Jesus getankt hatte. Im Museumsshop, Entschuldigung, Tankstellenshop erwarb ich als zweites Frühstück eine Blätterteigtasche. Die Westbank macht einfach hungrig. Hier war sicherlich auch die Stelle an der Jesus sein zweites Frühstück zu sich genommen hatte. Eli bestätigte noch einmal, dass er nächste Woche seinen 74. Geburtstag feiern wollte und ich beschloss, dass ich ab jetzt fahre.
Wir fuhren ohne anzuhalten durch Tiberia durch (fahren sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen) und erreichten Magdala, wo Maria Magdalena geboren worden war. Hier besuchten wir die Brotvermehrungskirche, wo Jesus aus Wasser Wein gemacht und Fisch und Brot geteilt haben soll. Ich fragte, ob wir hier Mittag machen. Hätte irgendwie gepasst und wäre nicht so teuer gewesen, wenn Eli das Brot vermehrt und vor allem für Wein gesorgt hätte. Das lag aber wohl nicht in seinem Zuständigkeitsbereich als Jude. Und da die Toilette Geld kostete, beschränkte ich mich auf das Ansehen und Fotografieren der Mosaike.
Nächster Halt war Kopernaum. Hier standen die Trümmer der Synagoge in der Jesus gelehrt hatte. Aber selbst die Trümmer waren nur ein Replik. Drum herum waren die knöchelhohen Reste des Dorfes. Unter anderem stand hier auch das Haus der Schwiegermutter von Petrus. Natürlich hatte man einfach wieder irgendein Haus rausgesucht und eine Kirche drüber gebaut. Und wohl genau dieses Haus, weil es das einzige achteckige war. Und da die Kirche auch Achteckig war, passte das. Schließlich war zur Identifizierung des richtigen Hauses kein Schild an der Tür angebracht gewesen „Hier wohnt Petra Fischer, Schwiegermutter von Petrus“.
Zum Mittagessen ging es zu Ali’s Fischrestaurant, direkt am See Genezareth, wo wir den berühmten Touristenfisch St. Peter zu uns nahmen. Da dieser nicht geteilt wurde, mussten wir auch die vollen 80 NIS bezahlen. Als der Kellner auch noch frech Trinkgeld haben wollte und dies offen kund tat, habe ich das ignoriert. Soll er doch das Geld teilen. Schließlich ist das das Land der Wunder und ich habe gehört am See Genezareth ist alles möglich, selbst über das Wasser gehen.
Nazareth sollte unser nächstes Ziel sein. Allerdings standen wir im Berufsverkehrs Stau und die Verkündigungskirche machte um 17 Uhr zu. Zum Glück waren wir um 16:30 Uhr da. Unterwegs gingen wir noch an einer kleinen Moschee mit dem Grab vom Bruder von Irgendjemandem vorbei. Diese hatte aber zu und von außen war mal wieder nichts zu sehen. So wusste man wenigstens nicht, was man verpasste.
Vor der Kirche hielt Eli erst einmal stundenlange Reden, bevor wir hineingingen. Das nervte schon etwas. Nächstes Mal hole ich mir wieder einen Audioguide. In der Kirche war dann eine halbe Grotte in der das Ereignis, also die Verkündigung, stattgefunden haben soll. Ich bezweifele das ja, denn auf den Bildern von all den großen Künstlern wie Leonardo da Vinci, Boticelli oder Joseph Beuys war immer Florenz oder irgendeine andere italienische Stadt im Hintergrund zu sehen.
Die Kirche war furchtbar neu und hässlich. Es bedarf wohl 500 weiterer Jahre bis ein Tourist diese als schön empfinden wird. An den Wänden waren die Löcher zu sehen, die für die Anbringung des Marmors vorgesehen waren. Allerdings wurde der Marmor nie angebracht, offiziell weil der Architekt dies so schöner fand mit all den Löchern. Ich vermute aber eher es fehlte wohl an den Spenden für den Marmor, nachdem die Spender nach dem Besuch diverser Museen und Bildbeschauen dahinter gekommen waren, dass hier etwas nicht stimmen konnte.
Eli meinte, die Kuppel wäre genau über die Stelle gebaut worden, wo der Engel damals stand. Ich erlaubte mir nachzufragen woher man denn wüsste, wo der Engel gestanden hätte. Eli meinte nur „Wer fragt denn so was?“ und ich antwortete „Ein Atheist“. Darauf wusste er dann keine Antwort mehr. Im ersten Stock hingen dann einige Madonna Bilder an den Wänden, alle neuerer Machart. Darunter eine japanische Madonna. In 500 Jahren…
Nebenan war gleich die Joseph Kirche. Im Keller befand sich die Grotte mit den 2 Zimmern in denen Maria und Joseph gewohnt und klein Jesus aufgezogen hatten. Also das kann mir keiner erzählen. Das war viel zu klein für 3 Personen. Das war mehr eine Sozialwohnung als eine Grotte, eine Sozialgrotte.
Ulrike und Klaus wollten noch ein paar Fotos machen. Ich weiß nicht von was, aber in 500 Jahren sind diese vielleicht wertvoll. Wir gingen in der Zwischenzeit zu einem Cafe um dort auf sie zu warten und ich nahm einen solchen auch zu mir. Doris fing wieder an sich zu beschweren. Sie wolle jeden Tag um 17 Uhr im Hotel sein. Ich meinte das wäre doch langweilig und sie erwiderte, dass es im Hotel gemütlich sei. Ich meinte nur, ich würde hier auch ganz gemütlich stehen und schlürfte genüsslich an meinem Kaffee. Sie meinte nur, dass bei anderen Touren es immer so geplant sei, dass man um 17 Uhr zuhause sei. Na, dann soll sie doch zuhause bleiben.
Als wir zurück zum Bus gingen, benutzte Song nicht den Zebrastreifen zum Überqueren der Straße. Das gefiel Eli gar nicht, denn er meinte, wenn etwas passieren würde, bekäme Song keine Entschädigung. Ich meinte, dass sollte ich einmal probieren, also eine Entschädigung zu bekommen, wenn ich überfahren werde. Beim nächsten Überqueren eines Zebrastreifens werde ich unachtsamer sein.
Als wir im Kibbuz ankamen, in dem unser Hotel lag, war es bereits Dunkel. Das Hotel war wie jedes andere auch. Ich hatte mehr so etwas wie eine Jugendherberge erwartet. Na ganz so falsch war es dann doch nicht. Denn als ich mein Zimmer betrat, fand ich es so vor, wie mein Vorbesitzer es hinterlassen hat, ungeputzt und unaufgeräumt. Sogar das Trinkgeld lag noch auf dem Kühlschrank.
Also wieder zurück zur Rezeption und ein neues Zimmer bekommen. Ich meinte, dafür würde ich das Trinkgeld des Vorgastes behalten. Das neue Zimmer lag in einem anderen Flügel und war eine richtige Suite. Dafür, dass ich die billige Hotelkategorie gebucht hatte, hat sich das doch wirklich gelohnt. Glück gehabt. Ich brauchte jetzt erst einmal ein Bier und da es hier keinen Supermarkt gab ging ich zur Bar. Allerdings war dort niemand und ich musste geschlagene 15 Minuten warten bis ein junges Mädchen kam. Ein 0,33 Liter Bier kostete 20 NIS. Also betrunken werde ich hier nicht, zumindest nicht ohne noch einmal zum Geldautomaten zu gehen. Das Mädchen wollte Konversation machen und fragte mich wo ich heute gewesen war. Und ob man es glaubt oder nicht, ich habe es nicht mehr zusammen gebracht. Alzheimer im Endstatus. Aus diesem Grund trank ich dann lieber kein zweites Bier, sondern ging zum Abendessen. Es gab wieder Buffet. Doris hatte mittags am Tisch noch so groß getönt, dass Sie, wenn sie mittags etwas essen würde, abends nichts mehr essen könne. Und nachdem sie dann doch einen Salat gegessen hatte, betonte sie mehrmals, dass abends nichts mehr ginge. Dieses Nichts erwies sich dann als Salat, Hauptspeise und viel Nachtisch. Auch wollte sie nach dem Essen noch gemütlich etwas trinken, war aber an der Bar nicht anzutreffen.
Nach dem Essen sollte es ein Treffen mit der Mitbegründerin des Kibbuz geben. Es kamen aber nur 6 Leute zusammen, was schade war, denn die alte Dame hatte einiges zu erzählen. Schon aus Respekt hätte man sich wenigstens einmal die eine Stunde hinsetzen können. So erzählte sie von ihrem Kindertransfer nach England, um den Nazis zu entgehen und wie sie auf die Idee kam einen Kibbuz in Israel zu gründen.
Nach der Veranstaltung ging ich mit Ulrike, Klaus und Johannes noch an die Bar. Allerdings wollte Ulrike sich unbedingt raus setzen und es war doch schon ziemlich kühl. Klaus mochte meine Beamtenwitze nicht, die ich mir nicht verkneifen konnte, nachdem ich erfahren hatte, dass er ein solcher gewesen war. Aber auch sonst fand ich irgendwie keinen Draht zu den Gesprächsthemen der anderen. Johannes war halt ziemlich unerfahren und sagte immer nur ja zu allem. Vor allem Ulrike hing er dauernd am Mund. Somit verabschiedete ich mich recht schnell und ging auf mein Zimmer.
5. Tag – Selig sind die Alkoholiker
Das Frühstück musste diesmal schnell gehen, da dieses erst um 7 Uhr bereitgestellt wurde. Und als wir um 8 Uhr den Bus bestiegen ging es erst richtig los. Margarete und Peter wollten sich auch mal nach vorne setzen und so rutschte ich einen Platz nach hinten. Nicht schlimm, wenn dort nicht die ganze Zeit Doris gesessen hätte. Und als ob sie an dieser Stelle die letzten 6 Jahre ihr Handtuch hinterlassen hätte, wollte sie auf jeden Fall auf ihrem alten Platz sitzen. Chaos und Anarchie brachen aus. Ich beschloss in den Sitzstreik zu treten. Schließlich war der Bus nur halb voll. Und so musste sie sich einen anderen Platz suchen. Revolution!
Erster Besichtigungspunkt heute war Safed. Hier besuchten wir 2 kleine Synagogen. Danach war freie Zeit zum Shoppen im Künstlerviertel. Ich ging allerdings mit Eli zum Bus und setzte mich in die Sonne bei einem Espresso. Shoppen ist nicht wirklich mein Ding. Als Doris dazu kam und Eli mit ihr ausdiskutieren wollte, wie ihr weiterer Reiseplan aussehen sollte, da sie ja Bethlehem verpasst hatte, gab es eine riesen Diskussion. Sie kapierte einfach nicht was Eli wollte und er verstand nicht, dass es ihr eigentlich egal war, da sie ja schon alles sechsmal gesehen hatte.
Im Bus setzten wir uns dann alle wieder auf die alten Plätze. Damit war der Aufstand auch schnell niedergeschlagen. Alles hatte wieder seine deutsche Ordnung. Ich schlug vor, dass wir morgen eine Nummer ziehen. Der mit der kleinsten Nummer darf sich dann zuerst seinen Platz aussuchen.
So fuhren wir friedlich zu den Banan Quellen. Hier stand in alter Zeit ein Tempel des Gottes Pan, heute waren nur noch die Trümmer übrig. Und da man in alter Zeit mit der Aussprache von Pan Probleme hatte, Karies sei Dank, wurde dann Banan draus. Eine Höhle und 3 tanzende Ziegen fesselten meine Aufmerksamkeit, bis ich mich auf die gefühlten Kilometer zur Toilette aufmachte. Das dauerte ewig, aber deswegen hatte uns Eli wahrscheinlich so viel Zeit gegeben um ein paar Steine anzusehen.
Und wie die Zeit vergeht, schon war es Zeit fürs Mittagessen. Wir fuhren in ein Dorf wo es eine libanesische, vegetarische Tapasplatte für 50 NIS gab. Das war dann auch wieder Grund für Doris sich aufzuregen. Sie hätte so wenig gegessen und müsste wie alle anderen auch 50 NIS bezahlen. Und heute Abend würde sie wieder nichts essen. Ich meinte nur, sie könnte doch so viel nehmen wie sie will und wenn sie für 50 NIS Fladenbrot isst. Und dann lies ich es mir auch nicht nehmen sie an ihr Versprechen von gestern zu erinnern. Dass sie abends nichts mehr essen wollte und dann das halbe Buffet leergeräumt hatte. Wenn schon unbeliebt dann richtig.
Zum Abschluss gab es einen besonderen Tee. Als ich ihn probierte definierte ich die Geheimzutat als Weihrauch. Es war aber einfacher Zimt. Da wäre ich nie darauf gekommen. Gewürzkunde sechs, setzen.
Auf dem Weg zum Mount Bental mussten wir wieder die Propaganda von Eli über uns ergehen lassen. Wie sehr denn die Israelis den Syrischen Flüchtlingen helfen würden, indem sie sie nicht ins Land lassen, sondern ihnen Strom und Lebensmittel geben, damit sie satt und im Hellen sterben können. Das hätte mal jemand vor 70 Jahren zu einem Juden sagen sollen.
Mount Bental hatte auf dem Gipfel einen Aussichtspunkt nach Syrien. Hier gab es auch noch Gräben und Bunker, die im Notfall genutzt werden konnten. Jetzt dienten sie den Touristen als Fotomotiv, genauso wie die 2 UNO-Soldaten, die es sich, wenn sie mal nicht fotografiert wurden, in der Sonne gut gehen ließen. Urlaub in Israel kann so schön sein.
Den unterirdischen Bunker konnte man auch besichtigen und als alter Bundeswehrsoldat ließ ich mir das nicht nehmen. Es ging eine steile Treppe hinunter, die durch das Licht vom Eingang beleuchtet wurde. Da aber aus Splitterschutzgründen die Gänge im Zickzack gingen, konnten nicht nur die Splitter den Gängen nicht folgen, sondern auch das Licht. Ich hatte keine Ahnung wo der Lichtschalter war (wenn es überhaupt einen gab) und so war es stockdunkel. Nach kurzer Zeit bekam ich etwas Panik, aber ich kämpfte mich tapfer weiter, indem ich den Blitz meiner Kamera als ganz kurze Lichtquelle benutzte. Ich hoffte nur, dass die Batterie durchhielt, denn einen Batteriewechsel im Dunkeln hielt ich für ausgeschlossen. Nach gefühlten Stunden sah ich einen leichten Lichtschein. Die Rettung nahte. Ich erreichte den letzten Raum und dieser war durch den Regen der letzten Tage mit ungefähr 15 Zentimeter Wasser geflutet. Jemand war so intelligent und hatte den Raum mit Steinen in größerem Abstand versehen, denn ich denke so eine Überschwemmung kam hier häufiger vor, zumindest zur Regenzeit. Allerdings gab es das Problem, dass der Raum so Dunkel war, dass man die Steine nicht sehen konnte. Und wenn man durch den Blitz sich die Position der Steine gemerkt hätte und man diese dann durch einen beherzten Sprung auch noch getroffen hätte, wäre durch die Nässe auf den Selben die Gefahr gewesen, dass man abgerutscht und komplett im Wasser gelandet wäre. Es gab also nur einen Ausweg: Zurück durch die Dunkelheit. Ich landete in diversen Sackgassen und musste mich richtig durchkämpfen. Als ich endlich wieder raus kam wäre ich fast religiös geworden.
Das wäre auch nicht schwer gewesen, denn der nächste Punkt war der Ort der Bergpredigt. Hier hatte man diverse offene Plätze errichtet, die gemietet werden konnten um dort eine DoItYourSelf Bergpredigt abzuhalten. Sehr beliebt bei Pilgergruppen. Ich gab mich aber lieber meiner Religion hin und erwarb ein Bier für 15 NIS. Selig sind die Alkoholiker.
Jetzt ging es zur Bootsfahrt über den See Genezareth und das zum Sonderpreis von 50 Schekeln. Also ich hatte jetzt fast alles gemacht, was Jesus auch gemacht hatte. Nur übers Wasser musste ich noch gehen. Gut dass Jesus Israel nie verlassen hatte. Da kann man alles in einem Aufwasch machen. Obwohl Erwin meinte, da wäre eine Lücke in seinem Lebenslauf zwischen dem 13. und 30. Lebensjahr. Da müsste er sich doch weitergebildet haben, meinte Erwin, so gebildet wie Jesus gewesen sei. Ich meinte, da wäre er wohl in Italien bei Leonardo da Vinci gewesen. Deshalb gäbe es so viele Leonardo Hotels hier. Erwin meinte er wäre wohl eher in Griechenland gewesen. Ich stellte mir vor wie er ein halbes Jahr bekifft bei Diogenes in der Tonne gelegen und von einer neuen Religion geträumt hatte.
Die anderen entzogen sich unseren philosophischen Betrachtungen und zogen es vor lächerliche Gruppenfotos zu machen. Das nächste wäre dann der Austausch von Adressen für Brieffreundschaften. Die Crew war total gelangweilt und bot noch nicht einmal überteuerte Getränke an. Das will schon etwas heißen. Vor uns war eine größere polnische Gruppe mit unserem Boot gefahren und als sie das Boot verließen bekam ich noch mit, wie eine polnische Flagge eingeholt wurde. Als wir das Boot betraten, wurde keine deutsche Fahne aufgezogen. Der Kapitän hatte wohl Angst, dass wir versenkt werden würden.
Beim Abendessen wurde ich diesmal von Christine niedergeredet. Es ging um die Geschichte von König David (ja der Boxer ohne Nase). Sie wollte gar nicht mehr aufhören mir die Geschichte aller Vor- und Nachfahren zu erzählen. Dabei wollte ich doch warten bis es verfilmt wird und an Ostern als Eventfilm auf RTL kommt. Jetzt muss ich das auch nicht mehr schauen, denn das Ende wurde mir ja schon verraten.
6. Tag – Satt gesehen
Nach dem Frühstück beglich ich erst mal an der Rezeption meine Bierrechnung. Sie betrug nur 103 NIS statt der 120 NIS, die ich errechnet hatte. Hätte ich gewusst, dass es Massenrabatt gibt, hätte ich viel mehr getrunken. Dann hätte ich noch weniger bezahlt.
Erste Station heute war die Hafenstadt Akko in der sich eine Kreuzfahrerfestung mit riesigen Hallen befand. Nach Besichtigung dieser Hallen ging es durch einen Fluchttunnel, wie in Vietnam, nur nicht ganz so eng. Die Kreuzfahrer waren halt alles groß gewachsene Europäer und nicht so Bonsai-Asiaten. Also eigentlich war es kein Fluchttunnel, denn er führte direkt zum Souveniershop. Ohne Tunnel musste ich dann aus diesem Shop fliehen, um mir dann einen Kaffee in der Sonne auf einem Platz zu gönnen. Gestört wurde dies nur durch eine Frau, die Schals an unsere weiblichen Mitreisenden verhökern wollte. Selig sind die Taubstummen.
Ich beschloss heute etwas zurückhaltender mit meinen dummen Sprüchen zu sein und so ging es gesittet zum Hafen mit anschließendem kleinem Stadtrundgang. Eli holte den Bus und an einem Fruchtsaftstand verkaufte eine Frau echte Marmorstatuen. Das wollte mir zumindest Doris weiß machen, die wohl einen Pakt mit der Verkäuferin geschlossen hatte.
Es ging nun zu einem Heiligtum der Bahai-Sekte in Haifa. Dieses und die zugehörigen Gärten konnte man nur mit Führung betreten. Ein kleiner Teil war für die Öffentlichkeit freigegeben. Er war aber nur nach Sicherheitskontrolle und Ermahnung keine Blumen zu pflücken zugänglich. Eli meinte wir würden hier bleiben, bis wir satt wären und ich konnte es mir nicht verkneifen zu fragen, ob denn schon wieder Zeit für Mittag wäre. Und ich wollte doch ruhig und bescheiden sein. Ich glaube den Platz in der Hölle kann ich schon einmal reservieren. Ich fotografierte als einziger noch die Kanone von Kaiser Wilhelm. Eine Schönheit war es nicht, aber irgendjemand musste es ja tun.
In Caesarium, der alten Römerstadt, gab es erst einmal einen Film zu sehen. Der war sogar auf Deutsch, da wir die einzigen Besucher im Kino waren oder weil Eli so gute Beziehungen hatte. 74 Jahre und immer noch mit der Filmvorführerin flirten. Allerdings war der Film traurig und hatte kein Happy End. Am Schluss ging die Stadt unter.
Dies zeigte uns dann auch Eli am lebenden Beispiel. Allerdings war das Amphitheater frisch renoviert, da man dort heute Abend eine Vorstellung geben wollte. Es ging dann weiter die Pferderennbahn entlang, bis zu den nächsten Trümmern. Hier bog ich neugierig nach rechts ab und siehe da, ich landete direkt bei der Taverne. Na wenn das kein Instinkt ist. Nun hatte diese leider schon seit 1000 Jahren zu und so musste ich doch weiter, etwas Neueres suchen. Gelandet sind wir dann am Hafen. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Wir ließen Mittag mal wieder ausfallen (wir hatten uns ja schon in Haifa sattgesehen) und erledigten die Stadtrundfahrt durch Tel Aviv und Jaffa. Das mit der Stadtrundfahrt war wörtlich gemeint, denn wir stiegen nur einmal kurz auf einer Anhöhe in Jaffa aus, um einen Blick auf den Strand von Tel Aviv zu erhaschen. Ansonsten fuhren wir stundenlang mit dem Bus durch den Stau.
Johannes konnte es gar nicht schnell genug gehen um in das ins Hotel und wohl danach an den Strand zu kommen. Es kam mir fast so vor als hätte er noch nie ein Meer gesehen. Aber vielleicht war das auch sein anschließender Badeurlaub. Ja, wenn man nicht so viel Urlaub hat als Maschinenbauer.
Ich ließ es etwas gemütlicher angehen und bezog erst einmal mein Zimmer bevor ich auch Richtung Strand aufbrach. Allerdings nicht ohne mir einmal die nähere Umgebung anzusehen. Wenn man direkt bei unserem Hotel an den Strand wollte, traf man auf eine riesen Baustelle. Hier wurde wohl ein neuer Strand gebaut. Also folgte ich dem Sandverlauf Richtung Hafen. Als dann endlich ein schon fertiggestellter Strandabschnitt folgte, hielt ich Ausschau nach einer Bar, damit der Ausflug auch Sinn machte. Die wenigen Bars direkt am Strand waren voll, doch man konnte sich dort auch mit Bier in Plastikbechern eindecken und das tat ich dann auch. Sich mit Bier an den Strand zu setzen ist sowieso viel gemütlicher, als an einem Tisch auf den Kellner zu warten.
Das große Bier kostete hier 35 NIS, also echte Strand(auf)preise. Ich setzte mich an den Strand und beobachtete die gestählten Körper, die auf der Promenade wie dressierte Affen Kunststücke vollführten. Auch war Volleyball hier sehr populär. Ich zog Biertrinken als Sportart vor. Gemütlich schlenderte ich weiter zum Yachthafen. Hier gab es einen eingezäunten Outdoor Swimmingpool, den man nach Begleichung eines Eintrittsentgeldes benutzen konnte, anstatt kostenlos im Meer zu baden.
Der Rückweg war lang und so erwarb ich noch ein kleines Bier für 28 NIS um die trockenen Eindrücke herunterzuspülen. Ich ging wieder zurück zum Hotel, nicht ohne an dem kleinen Laden an der Ecke vorbeizusehen. Doch dieser hatte keinen Alkohol anzubieten und so zog ich ohne Einkauf weiter. Und, oh Glückskind, an der nächsten Ecke war ein Supermarkt und dieser hatte auch noch am heiligen Freitag auf. Hier zahlte ich 38 NIS für ein Sixpack Bier. Also wenn ich da die Preise in den Hotels und Bars sehe, sind das doch alles Betrüger. An der Kasse musste ich ewig warten, aber das war es mir wert.
Das Abendessen sollte es im Hotel gegenüber geben. Das war wohl dem Sabbat geschuldet. Je nachdem wie gläubig ein Koch war, war ein Restaurant wohl offen oder auch nicht. Also verteilte man die Gäste auf die umliegenden Hotels. An der Rezeption waren alle beschäftigt und so versuchte ich alleine herauszufinden, wo das Restaurant war. Am Aufzug hing ein Zettel auf dem die Tage vermerkt waren, an denen man andere Hotels aufsuchen musste, aber auch dass heute das Essen in der Ebene -1 stattfinden sollte. Und da der Aufzug direkt neben dem Zettel hing (oder umgekehrt), fuhr ich auch gleich hinunter. Hier empfingen mich grün gekleidete Menschen und nein, das war nicht der Dresscode hier und es war auch keine Invasion von Außerirdischen, hier fand eine Mottoparty statt. Trinken bis man grün wird. Auf Nachfrage empfahl man mir es mit dem Roof Restaurant im 6. Stock zu versuchen, da ich für die Mottoparty nicht entsprechend angezogen war.
Oben fand ich dann einen kleinen Raum vor, der beschützt wurde durch ein Pult mit aufliegendem Zettel. Allerdings war das Pult nicht besetzt und keiner wollte wissen, wo ich herkam oder was ich hier wollte. Ein Mann, der wohl augenscheinlich zum Hotel gehörte, saß essend am Nebentisch und nickte mir mehrmals zu. Das sah ich als Aufforderung an und nahm mir einfach etwas vom Buffet. Es gab Lachs, Gulasch und Hähnchen. Alles hat super geschmeckt, obwohl es keine meterlange Salatbar und Suppe gab. Aber manchmal ist weniger einfach mehr.
Nach dem Essen beschloss ich nach Old Jaffa zu laufen, also wie heute Mittag am Strand entlang, nur in die andere Richtung. Es war ein längerer Weg wie zum Yachthafen und es war dunkel und fast schon etwas unheimlich. Dem Strand folgte eine Grünfläche und dort versammelten sich unzählige Araber und grillten. Jugendliche parkten direkt auf dem Grünstreifen, rissen die Türen auf, so dass die laute Musik besser die Luft verschmutzen konnte und rauchten Wasserpfeife vor dem Fahrzeug. Andere Jugendliche parkten am Straßenrand und grillten direkt auf dem Gehsteig obwohl 3 Meter weiter die Grünfläche war. Aber dann hätte man die Musik nur noch mit 80 Dezibel statt mit 100 Dezibel gehört.
In den Bars, an denen ich vorbeikam, war nichts los und auch in Old Jaffa sollte sich daran nichts ändern. Nur ein paar Araber saßen dort in den Restaurants und Bars. Ich lief zur St. Peter Kirche und hatte Glück, denn obwohl diese schon um 17 Uhr zu machte, war gerade ein Gottesdienst mit einer indischen Pilgergruppe zu Ende gegangen. Und so konnte ich gegen den Strom die Kirche betreten und noch einen Blick hineinwerfen. Allerdings hätte der Pfarrer auch um 17 Uhr Feierabend machen können, denn es war nichts Besonderes zu sehen. Also ging ich langsam zurück zum Hotel und als ich ankam war es schon 22 Uhr.
7. Tag – Totes Fleisch im Toten Meer
Frühstück gab es im Keller, also im Keller meines Hotels und ohne grüne Männchen. Kaffee gab es nur löslich, aber zum Glück trank ich Tee und den gab es wie gewohnt aus Beuteln. Meine Mitreisenden versammelten sich alle um mich (nein das war nicht das letzte Abendmahl, sondern das vorletzte Frühstück). Johannes erzählte stolz, dass er gestern Abend nach Old Jaffa gelaufen sei, also im Prinzip dieselbe Tour wie ich (nur ohne Kirche). Ich erwähnte nicht, dass ich auch da war, denn ich bin ja bescheiden.
Wir fuhren fast 2 Stunden nach Masada, obwohl wegen des Sabbats wenig Verkehr war. Es ging mit der Seilbahn zur ehemaligen Bergfestung hinauf. Ein Fußweg wäre auch möglich gewesen, allerdings sah mir dieser noch weniger Höhenangst geeignet aus, da er an der Steilwand entlang führte. Unter dem Geschmunzel meiner Mitreisenden stellte ich mich in die Mitte des Wagens und schaute die ganze Zeit auf den Boden. Das ging dann. Oben war weniger von der Festung übrig als erwartet. Wer auch immer hier die Mauern geschliffen hat, er hatte ganze Arbeit geleistet.
Eli nutzte den patriotischen Selbstmord hier oben als Vorwand für eine ebenso patriotische Rede. Von wegen die Juden wollten hier nur friedlich Leben und in Ruhe gelassen werden. Schlimmer als… Ich sage besser nichts. Anschließend durften wir noch einen Film über die Geschichte Masadas sehen, der interessanter war als der gesamte Berg.
Wir liefen also 2 Stunden durch die Trümmer und folgten immer unserem Führer. Wie üblich halt. Anschließend ging es auf selben Weg wieder mit der Seilbahn herunter. Auch bei mir. Immer den Kopf nach unten.
Um an kostenlose Eintrittskarten für den Beachclub am Toten Meer zu kommen, mussten wir eine Kosmetikfabrik besuchen, die nur Produkte mit Toten Meer Salz herstellte. Ich fragte mich, ob das auch für den angebotenen Rasierschaum in der Männerkollektion galt, verkniff mir aber die Nachfrage. Ulrike erwarb Kosmetik für über 400 Dollar, wodurch sie die Steuer zurück bekam. Sie meinte das wäre für Freunde und die Produkte wären so gut. Gut, die Perserteppiche sind auch alle echt, genau wie das Gold aus dem die Ketten gemacht sind. Ich erwarb stattdessen lieber ein Schokocroissant und eine Cola Light für 29 NIS. Immer noch überteuert, aber wenigstens nützlich und wirksam.
Unsere Pfarrerfamilie Christine und Song packten inzwischen 3 Dosen Fisch in Tomatensoße aus ihrer Tasche aus, die sie aus Deutschland mitgebracht hatten und aßen diese. Es war mir schon vorher aufgefallen dass diese während der Busfahrt ständig Käse- und Salamibrote aßen. Auf mein Nachfragen meinten sie, dass sie diese aus Deutschland mitgebracht hätten. Da hat wohl jemand zu viel Bibel gelesen und gemeint auf der Wanderung durch die Wüste gäbe es nichts zu Essen. Der halbe Koffer muss voll gewesen sein mit Konserven. Warum nimmt man nicht bei der Befragung am Flughafen die Frage auf „Haben Sie den Koffer selbst gepackt und wie viel ist davon Essen? Und ist das auch Koscher?“
Wir fuhren dann zum Beach Club und da ich, Klaus und Johannes Weltmeister im Umziehen waren, waren wir die ersten am Strand und teilten uns die Liegen. Später kam dann auch noch Ulrike hinzu. Ich ging als Erstes ins Wasser, wobei sich das schwieriger als gedacht herausstellte. Nicht wegen dem Salzgehalt und dem Auftrieb, sondern wegen dem Schlamm in dem ich mit meinen mitgebrachten Badeschuhen versank. Dieser war wie Treibsand und so musste man Angst haben, dass die Schuhe für immer in Israel bleiben würden und zum jüdischen Glauben konvertierten müssten. Und war da kein Schlamm, waren da Steine, die einem die Füße aufschlitzten.
War man dann im Wasser kam dann endlich das Problem mit dem Salzwasser. Durch den Auftrieb konnte man nicht auf dem Bauch schwimmen, nur auf dem Rücken. War man einmal auf dem Bauch konnte man durch den Schwerpunkt (und vor allem meinem Schwerpunkt im Bauchbereich) nicht aufstehen. Es wurde also ziemlich schnell langweilig, wenn man die ganze Zeit nur auf dem Rücken liegen konnte. Dann bekam ich auch noch einen winzigen Spritzer Salzwasser ins Auge und durch die Kontaktlinsen brannte es wie verrückt. Zum Glück konnte ich mir das Reiben verkneifen und so weinte ich wie bei Schindlers Liste.
Ulrike nutzte die Gelegenheit um Werbefotos für ihr Reisebüro zu machen. Hierzu platzierte sie Klaus mit vorbereiteten Schildern im Wasser. Werbefotos sind ja schön und gut, aber gerade mit Klaus? Und so laienhaft. Das schreckt doch mehr ab, als dass es Kunden bringt. Warum hat sie da nicht Johannes genommen. Wollte sie etwa zeigen, dass das Tote Meer auch mehr als 100 Kilo tragen kann?
Bei meinem zweiten Wasserbesuch ließ ich diesmal die Schuhe am Ufer stehen. Jetzt versank ich so tief im Schlamm, dass ich Angst hatte so tief stecken zu bleiben, dass ich nicht mehr raus kommen würde. Dann müsste ich auch konvertieren, wie meine Schuhe.
Nach 2 Tauchgängen hatte ich genug und so ging ich zurück zur Bar. Hier saßen einige andere von unserer Gruppe und so trank ich erst einmal 2 Bier. 25 Grad, Sonne, Strand und Bier. Was will man mehr. So kann ein Urlaub enden.
Auf dem Weg zurück zum Hotel fragte Eli, ob wir noch die Knesset ansehen möchten. Darauf musste ich unbedingt bestehen, denn das Bier wollte dringend meinen Körper wieder verlassen und das möglichst vor dem Hotel, das noch eine Stunde Fahrt entfernt war. Peter, der auch ein Bier getrunken hatte, ging es genauso. Das Bier hier hatte bestimmt ein besonders gutes Treibmittel. Wir erledigten also unser Geschäft an einem Busch hinter der Knesset. Hätte jemand gefragt, hätte ich gesagt, wir löschen einen brennenden Busch, damit wir nicht noch 10 weitere blöde Gebote bekommen, solche wie „Du sollst keinen Alkohol trinken“.
Die Knesset selbst kann man nur von weitem betrachten. Beliebtes Fotomotiv war ein riesiger siebenarmiger Leuchter, vor dem wir auch ein Gruppenfoto machen mussten. Zum Glück erledigte dies ein Passant, damit alle auf dem Foto waren. Zum Glück, da sich später im Bus herausstellte, dass das Foto total verwackelt war. Keine Beweise, dass ich in Israel war!
Wir verabschiedeten uns von Eli mit einem kräftigen Trinkgeld. Bis auf seine politischen Meinungen war er ein toller Typ und die Führerrolle hat er auch perfekt übernommen.
Ich ging noch schnell zum Supermarkt Bier holen. Essen gab es ja erst um 19 Uhr und wir hatten es heute nicht so weit, denn es sollte im Keller stattfinden. Song nahm nach dem Essen noch Brot mit aufs Zimmer. Wahrscheinlich hatte er noch 10 Fischdosen dort gebunkert. Das war jetzt wirklich das letzte Abendmahl. Ob Jesus eigentlich auch Buffet hatte?
8. Tag – Nicht mein Tag
Ich wachte nachts auf und konnte nicht mehr schlafen. Also föhnte ich um 3 Uhr meine Badesachen trocken. Um 4 Uhr, ich lag wieder im Bett, hörte ich ein Geräusch. Ich hatte das Gefühl, dass die Tür geöffnet wurde, dachte aber das Geräusch sei im Nebenzimmer gewesen. Als ich dann am nächsten Morgen meine Klimaanlage anmachen wollte ging diese nicht mehr. Und siehe da, meine Zimmerkarte, die eigentlich in der Halterung neben der Tür stecken sollte, um für Strom zu sorgen, war weg. Da hatte tatsächlich jemand des Nachts meine Tür geöffnet und die Karte gestohlen. Ich überprüfte gleich meine Brieftasche, aber es war noch alles da. Zum Glück war ich wach gewesen, was der Dieb wohl gemerkt haben muss. Vielleicht hat ihn aber auch nur der Krach vom Fön in der Nacht gestört und um weiteren zu vermeiden hat er die Karte geklaut. Ich rief an der Rezeption an, denn ich konnte ja nicht runter, schließlich hatte der Dieb meine Karte und konnte jederzeit in mein Zimmer, den Rest raus räumen. Von der Rezeption wollte mir aber keiner glauben und so packte ich jetzt schon komplett meinen Koffer und nahm diesen mit zur Rezeption und zum Frühstück. Ich hatte jetzt schon das Gefühl, dass dies nicht mein Tag war.
Man gab mir zwar an der Rezeption eine neue Karte und meinte die Alte wäre damit ungültig, aber ich traute dem Braten nicht. Man sagte mir, dass niemand vom Personal um 4 Uhr im Hotel gewesen war, aber irgendjemand musste ja eine Generalkarte gehabt haben, um meine Tür zu öffnen und dann meine Karte zu stehlen. Alles sehr seltsam. Das war wirklich nicht mein Tag.
Nach dem Frühstück entschloss ich mich, meinen geplanten letzten Spaziergang abzusagen und lieber mit meinem Koffer auf dem Zimmer zu warten. Ich sollte um 11 Uhr abgeholt werden, das war dann nicht mehr so lang hin mit Internet.
Kurz vor 11 Uhr setzte ich mich dann in die Lobby und um Punkt 11 Uhr kam auch ein Taxifahrer. Allerdings meinte er, er müsste noch eine zweite Person mitnehmen, Jetzt war hier keine zweite Person und ich hatte auch nicht mitbekommen, dass eine zweite Person um 11 Uhr abgeholt werden sollte. Der Portier versuchte die Person anzurufen, doch keiner ging ans Telefon. Jetzt hatte ich es etwas eilig, von wegen 3 Stunden vor Abflug da sein, doch der Taxifahrer setzte sich erst mal und wartete. Mein Bemühen ihn dazu zu bewegen auch für eine Person zu fahren scheiterte kläglich. Er meinte wir hätten noch genug Zeit. Das war irgendwie nicht mein Tag.
Plötzlich kam Johannes herein und als der Portier ihn fragte, ob er Johannes sei, wurde mir einiges klar. Johannes hatte die ganze Zeit gesagt er würde um 11:45 Uhr abgeholt. Jetzt, um 11:10 Uhr, war er gerade vom Strand gekommen (manche können einfach nicht genug bekommen) und er wolle noch duschen. Das konnte ich ihm zum Glück noch ausreden, denn er hatte noch nicht mal seinen Koffer gepackt. Um 11:30 Uhr ging es endlich los. Dafür fuhr der Taxifahrer extrem langsam und Johannes fragte immer wieder sinnloses Zeug, damit der Fahrer auch bloß abgelenkt war und nicht schneller fuhr. Das war nicht wirklich mein Tag.
Die Kofferbefragung vor dem Check-In ging wenigstens recht schnell, da keine große Schlange vorhanden war. Die Leute warteten garantiert noch im Hotel auf die Abholung. Nur eine Frau hielt mal wieder alles durch unzählige Rückfragen auf. Ich weiß nicht warum einige Personen immer das Talent haben, alles zu blockieren. Ich hatte einen Sitzplatz in der Mitte der Reihe und beim Einchecken fragte ich, ob ich etwas am Gang haben könnte. Das wurde mir auch bewilligt, allerdings musste ich dadurch am Notausgang sitzen. Was andere für toll halten, mag ich gar nicht, denn zusätzlich zur Verantwortung darf man dort kein Handgepäck unter dem Vordersitz verstauen. Das war nicht mein Tag.
Doch vorher ging es noch durch die Security und da ich noch so viel Schekel hatte, entschloss ich mich diese in Nahrungsmittel umzutauschen. Da die Kontrollen so schnell gegangen waren, hatte ich dafür auch noch genug Zeit. Also holte ich mir einen koscher Hamburger. Das hatte allerdings mit Fast Food nichts zu tun. Während die Bestellung recht schnell ging, war die Packstation total überfordert. Koscher Zubereitung kostet halt Zeit, dafür war es mit 58 NIS auch noch überteuert. Koscher scheint auch noch mehr Geld zu kosten. Da muss mein Bier aber auch Koscher gewesen sein, denn es kostete unverschämte 23 NIS. Das war nicht mein Tag.
Apropos Koscher. Bei Lufthansa ist koscher Essen ein Sondermenü. Ist dann bei EL AL nicht-koscher Essen entsprechend ein Sondermenü? Kann man dort so etwas bestellen?
Ich hatte weiterhin kein Glück. Schon seit dem Abflug musste ich die 23 NIS, also das koscher Bier, wieder los werden. Doch als die Toilette endlich nach 2 Stunden frei war und ich direkt davor stand, kam eine Stewardess und wollte die Toilette sauber machen. Das war nicht mein Tag.
Und das aller Tollste sollte noch kommen. Auf dem Hinflug las ich schon im Bordmagazin, dass es auf dem Rückflug den neusten James Bond als Film zu sehen geben sollte. Man hatte hier nicht die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Filmen. Hier wurde gezeigt, was angekündigt war. Oder auch nicht. Denn plötzlich erschien der neue Star Wars Film, den ich einerseits schon gesehen hatte und andererseits ziemlich schlecht fand. Jetzt war erst der 28. des Monats und man hatte wohl beschlossen den Monat früher zu wechseln (schließlich war Schaltjahr) und damit auch das Filmprogramm. Das war wirklich nicht mein Tag.
Und zu guter Schluss ließ ich mich vom Flughafen abholen, um in der Kneipe ein grottenschlechtes 0:0 der Eintracht gegen Schalke anzusehen. Das war... Ich gebe auf…