Religiös-institutionelle Fragen

Frage

Ich bin eine äusserst freiheitsliebende und freidenkerische Person. Alle Formen von institutionalisierter Religion sind mir ein Gräuel. Ist nicht die Sati-Zen-Sangha bereits der Beginn davon?

Antwort

Du bist mit deiner Frage hier genau richtig! Bereits dem Buddha ging es um echte Freiheit und uns ganz klar auch! Es gibt genügend buddhistische Schulen, bei denen solche Fragen eher unerwünscht sind. Nur sollte das Bestreben nach Freiheit nicht ad absurdum geführt werden. Also muss stets die Frage folgen: "Frei wovon?" Das Gesetz der gegenseitig bedingten Entstehung zeigt auf, dass wir in umfassenden, wechselseitigen Abhängigkeiten und in einer immensen Verwobenheit leben.

Also schauen wir bei der Frage nach Abhängigkeit besser auf die gedanklichen und emotionalen Abhängigkeiten. Dann entdecken wir, dass wir eigentlich ein Leben lang auf einem Weg des Erwachsenwerdens sind - dahin, wahrhaft freie Menschen zu werden. Dabei sollten wir das Kind jedoch nicht mit dem Bad ausschütten - das wäre schade. Um etwas in Raum und Zeit zu transportieren, brauchen wir in jedem Fall ein Gefäss. Das Gefäss ist dabei ein Hilfsmittel und nicht die Hauptsache, um die sich alles drehen soll. Religionen und Institutionen verhalten sich jedoch oft so: Es geht ihnen allzu häufig um Selbsterhaltung um jeden Preis.

In den vorhergehenden Kapiteln haben wir viel über das Verhältnis von der "relativen Sicht" und der "absoluten Sicht" gesprochen. Die Antwort bezüglich echter Freiheit liegt in diesem Verständnis.

Wir haben einen Grundsatz im Haus Tao: "Die Türen sind immer offen. Du kannst hereinkommen und genauso wieder hinausgehen." Doch wenn niemand da ist, der ein Haus baut und sich für dessen Erhalt tatkräftig engagiert, dann gibt es auch die Türen nicht, durch die wir ein- und ausgehen können.

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Frage

Ich habe eine Frage zur Traditionslinie: Im Internet fand ich Webseiten, worin die rechtmässige Autorisation von Thich Nhat Hanh angezweifelt wurde.

Antwort

Wenn man in Zenkreisen jemanden untergraben will, so zweifelt man am einfachsten seine Autorisation an. Ich habe Thich Nhat Hanh 1990 selbst nach der Autorisation bzw. der Traditionslinie gefragt und es war in der Tat nicht einfach, eine klare Antwort zu bekommen. Eine, beispielsweise in Japan oft übliche, Urkunde gibt es vermutlich nicht. Dies ist zum einen in Vietnam nicht üblich, zum anderen darf man die Kriegswirren nicht unterschätzen, die zu der Zeit, als Thich Nhat Hanh Vietnam verliess, ganz Vietnam heimsuchten. Doch im Heimatkloster "Tu Hieu" ist die Linie klar aufgezeichnet! Ich habe dieses Kloster 1992 besucht und habe die Aufzeichnung der Linie dort gesehen.

Was meine eigene Autorisation zum Dharmacharya angeht, so habe ich sie von Thich Nhat Hanh im August 1994 erhalten. Damals war die Autorisation noch vollumfänglich. Das bedeutet, dass ein/e Dharmacharya nach 3 Jahren die Zuflucht und Richtlinien weitergeben kann und nach 10 Jahren Lehrtätigkeit automatisch den Status eines/einer "Upadhyaya" (preceptor, Älteste/r) erhält. Es beinhaltet auch die Autorisation dazu, dass der/die Dharmacharya seinerseits/ihrerseits Dharmalehrende (Dharmacharyas) und Ordensmitglieder ernennen kann.

In all den Jahrhunderten war es oft so, dass nur ein oder sehr wenige Schüler eigentliche "Linienhalter" eines Meisters/einer Meisterin waren. Andere Schüler haben oft eine neue Linie gegründet. Die meisten Linien starben jedoch nach 2-3 Generationen wieder aus. So betrachtet, war dies alles immer sehr organisch und ist es bis heute.

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Frage

Wie ist der Name Haus Tao entstanden? Hat das Haus Tao mit dem Taoismus zu tun und wenn ja, was?

Antwort

Der Begriff "Tao" in "Haus Tao" hat mit dem Taoismus nicht viel zu tun, jedenfalls nicht mit dem heutigen Taoismus in China. Die Ch'an-Meister haben für die Pali- und Sanskrit-Begriffe stets nach Schriftzeichen gesucht, die in der chinesischen Sprache möglichst deckungsgleich waren. So bedeutet "Tao" oder "Dao" unter anderem "der Weg", "der Pfad", "das Gesetz (des Universums)". Dafür steht der buddhistische Begriff "Dharma", was einerseits die Lehre des Buddha bedeutet, aber genauso auch "die Grundgesetze des Lebens".

Vgl. dazu auch die Erläuterungen zum Begriff "Zen" bei den Fragen zum "Buddhismus allgemein".

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