Was bedeutet eigentlich der Begriff „Maximale Leistung“ gemäß der Amateurfunkverordnung?
Dieser Fragestellung möchte ich auf dieser Seite einmal nachgehen und mein Verständnis dazu offen legen. Nun kann ich weder ein abgeschlossenes Jura-Studium noch ein Studium der Hochfrequenztechnik vorweisen, dennoch muss ich als Funkamateur wissen, welche rechtlichen Auflagen und Bestimmungen ich bei der Ausübung meines Hobbies unterliege. Texte von Juristen sind i. d. Regel rechtlich substantiiert formuliert, werden jedoch von der Allgemeinheit nur schwerlich verstanden. Ich gebe mit diesem Kapitel nicht vor, die mir wichtigen Textpassagen zur "Maximalen Leistung" wirklich zu verstehen. Versuche ich vielmehr, den bestimmenden Text meinem Verständnis nach aufzuschlüsseln und auf rhetorische Weise zu Durchleuchten und zu Hinterfragen. So ist auch dieses Kapitel dem Leitspruch folgend "Reduce to the Max" gewidmet.
Ich bitte in diesem Zusammenhang zu beachten, dass das hier zu dieser Thematik geschriebene nur meiner persönlichen Annahme unterliegt und der tatsächliche Sachverhalt von mir falsch verstanden darstellt wird. Mir ist bewusst, dass ich mich als Laie damit auf recht dünnem Eis bewege. Gleichbedeutend zeigt es jedoch auf wie schwierig es ist, die gesetzlich bestimmenden Regelungen richtig zu verstehen und in Folge dessen zu entsprechen. Unser reales Handeln ist bestimmt durch die Annahme, dass etwas so ist wie es ist, weil von der Allgemeinheit akzeptiert bzw. toleriert - gültige Rechtsvorschriften dazu sind oftmals anders lautend.
Auszug Anlage 1 zur AFuV
Power-Peaks durch TX-Tastung erzeugt
Power-Peaks durch VOX-Betrieb (Impuls-Tastung) erzeugt
Durchschnittliche Leistung betrachtet über einen Zeitraum
Durchschnittliche Spitzenleistung betrachtet über einen Zeitraum
Durchschnittliche maximale Leistung betrachtet über einen Zeitraum
Spitzenleistung währed einer Periode einer Modulationshüllkurve
Durchschnittliche Spitzenleistung während 1+N Perioden
Wie ist der Begriff „Maximale Leistung“ gemäß der aktuellen Amateurfunkverordnung (AFuV) vom 15.02.2005 eigentlich zu verstehen? Scheinbar eindeutig, oder?
Wenn man sich nun die Anlage 1 (zu §1 Nr. 6) der Amateurfunkverordnung ansieht, dann trifft man unweigerlich auf den Begriff der „Maximalen Leistung“. Unter §2 Punkt 7 der AFuV wird dann wie folgt dazu spezifiziert:
"Spitzenleistung (PEP)" die Leistung, die der Sender unter normalen Betriebsbedingungen während einer Periode der Hochfrequenzschwingung bei der höchsten Spitze der Modulationshüllkurve durchschnittlich an einem reellen Abschlusswiderstand abgeben kann."
Der Begriff der „Spitzenleistung (PEP)“ ist gemäß Amateurfunkverordnung definiert, wogegen der Begriff „Maximale Leistung“ nur in einem assoziierten (*1) Zusammenhang mit der Anlage 1 benannt wird.
(*1) Unter Assoziation versteht man weitläufig eine ursächliche Verknüpfung von Vorstellung, gleichbedeutend einer Annahme unterliegend.
Was kann man nun der Definition zur Spitzenleistung (PEP) entnehmen:
A) Die abgegebene Spitzenleistung eines Senders ist die Leistung, die an einem reellen Abschlusswiderstand abgegeben werden kann.
B) Die Spitzenleistung definiert sich über den Scheitelpunkt (Spitze) der Modulationshüllkurve während einer Periode der Hochfrequenzschwingung.
C) Die Spitzenleistung während einer Periode der Hochfrequenzschwingung bei der höchsten Spitze der Modulationshüllkurve kann durchschnittlich abgegeben werden.
D) Die Spitzenleistung eines Senders kann unter normalen Betriebsbedingungen abgegeben werden.
Die inhaltlichen Aussagen zu den ersten beiden Punkten scheinen mir allgemein verständlich formuliert.
Zu A) Die abgegebene Leistung ist also zwingend in einem direkten Zusammenhang mit einem Abschlusswiderstand zu betrachten. Ist der Widerstand nicht reell, dann kann die vom Sender abgegebene Leistung abweichend (i. d. R. geringer ausfallen) von der maximal erlaubten Spitzenleistung sein. Folglich ist die Spitzenleistung im Übergang an einem reellen Widerstand, also einer reellen 50 Ohm Antenne und somit nicht zwangsläufig am Ausgang eines Senders anzunehmen.
Zu B) PEP steht für Peak Envelope Power und bezeichnet die Modulationshüllkurve, an deren Spitze sich die maximale Leistung abbildet. Die Periode ergibt sich aus dem zeitlichen Verlauf einer Sinuswelle, also von 0 bis -180 Grad und von -180 bis 0 Grad. Die Sinuswelle bildet dabei im Scheitelpunkt der Hüllkurve (-90 bzw. +90 Grad) die maximale Leistung eines Signals ab (sh. Graph 4).
So schön, so gut! Wie verhält es sich jedoch mit den beiden anderen Punkten und welche Fragestellungen ergeben sich dazu zwangsläufig?
Zu C) Welcher Betriebszustand muss zwingend erfüllt sein, dass die Spitzenleistung während einer Periode der Hochfrequenzschwingung bei der höchsten Spitze der Modulationshüllkurve an einem reellen Widerstand durchschnittlich abgeben werden kann (sh. Graph 4 und 5). Zweifelsfrei dagegen ist, dass die Leistung einer Hochfrequenzschwingung über ihren zeitlichen Verlauf betrachtet durchschnittlich abgegeben werden kann.
Der Gesetzgeber bezieht sich in seiner Formulierung explizit auf einen reellen Abschlusswiderstand, lässt sich aber nicht dazu ein, wodurch er die "Spitzenleistung" an einem reellen Abschluss-widerstand "durchschnittlich" abgegeben begründet sieht.
So ist auch nicht nachvollziehbar, wie eine Spitzenleistung während einer Periode und durch die Spitze der Modulationshüllkurve bestimmt, durchschnittlich sein kann. Nachvollziehbar ist dagegen die Überlegung, dass durch den zeitlichen Ablauf, die Anzahl der Perioden bestimmt sind und durch die Anzahl der Perioden , die abgegebene Leistung durchschnittlich bestimmt ist.
Zu D) Der Gesetzgeber nimmt normale Betriebsbedingungen an. Wodurch sind diese bestimmt? Ist damit ggf. das Funkwetter, die Bodenleitfähigkeit oder gar das Befinden des Operators gemeint? Mit Sicherheit nicht! Im Argumentum e contrario (Umkehrschluss) muss der Gesetzgeber auch nicht normale Betriebsbedingungen zwingend annehmen.
Der Gesetzgeber lässt sich mit der AFuV zu den Punkten C) und D) nicht weiter ein, sodass man zu der Annahme kommen muss, dass der Gesetzgeber abweichende Betriebsbedingungen und infolgedessen eine höhere als die Maximale Leistung wissentlich in Kauf nimmt.
Meiner Auffassung nach geht der Gesetzgeber scheinbar richtig der Annahme, dass die reell (tatsächlich) abgegebene Leistung nicht normalen Betriebsbedingungen geschuldet ist und durch nicht weiter spezifizierte elektro-physikalischer Zusammenhänge bestimmt wird.
Die maximale Leistung ist zweifelsfrei durch normale Betriebsbedingungen bestimmt und folglich ist die tatsächliche (reelle) Leistung den nicht normalen Betriebsbedingungen geschuldet. Nunmehr stellt sich die Frage, welcher betriebsbedingte Umstand kann dazu führen, dass der Gesetzgeber sich auf die Formulierung "normale Betriebsbedingungen" einlässt?
In diesem Zusammenhang könnte vielleicht eine sich schnell variierende Netzspannung, oder sogenannte Power-Peaks (bzw. Power-Spikes) durch die "allgemeine" TX-Tastung erzeugt, benannt werden. Insbesondere eine TX-Tastung unter VOX-Betriebsbedingungen (TX-Impuls-Tastung) kann mit jeder einzelnen Sprech- bzw. Wortpause "modulationsbedingte" im Bereich von wenigen Millisekunden TX-Power-Peaks erzeugen. Aber auch POP-Laute (Popping Noise) können Power-Peaks erzeugen.
Wenn nun der Gesetzgeber die Leistung der TX-Power-Peaks, durch eine "allgemeine" bzw. durch die "modulationsbedingte" TX-Tastung erzeugt, ausdrücklich einem normalen Betriebszustand zuordnet, dann müsste ggf. während einer jeden TX-Tastung, die Leistung auf rund die Hälfte der maximal erlaubten Leistung zurückgenommen werden und erst im Anschluss daran kann die durch die Modulationshüllkurve bestimmte maximale Leistung durchschnittlich abgeben werden. Man stelle sich nur mal den daraus resultierten Funkbetrieb in der Praxis vor!
Nach dem Stand der Technik reduziert die ALC-Funktion (Automatic Level Control) TX-Power-Peaks sehr effektiv,. Wie effektiv dies jedoch geschieht, das hängt von der eigentlichen Leistungsfähigkeit einer ALC-Schaltung ab.
Der Transceiver TS-590 von Kenwood z. B. weist werksseitig TX-Power-Peaks (Power-Spikes) auf, die durchaus das doppelte der maximal eingestellten Leistung erreichen können. Anstelle der sonst gerätetypischen 100 Watt, können während der ersten ca. fünf Millisekunden bis zu 200 Watt HF-Leistung mit einem geeigneten Oszilloskop gemessen werden.
In ähnlicher Weise trifft dieses mehr oder weniger auch für andere Geräte der anderen bekannten Hersteller zu. Bei dem TS-590 Transceiver sind die durch TX-Tastung erzeugten Power-Peaks jedoch besonders augenscheinlich, weil eine nachgeschaltete HF-Endstufe, mit entsprechender Power-Peaks-Schutzvorrichtung ausgerüstet, sofort und wiederholt in den Stand-by-Modus schaltet.
Sehr detaillierte Informationen zur spezifischen TX-Tastung des TS-590 befinden sich auf der sehr guten und englischsprachigen Homepage von DK5TX.
Warum benutzt der Gesetzgeber in der AFuV überhaupt zwei anders lautende Begriffe (Maximale Leistung und Spitzenleistung), wenn dem Sinne des Gesetzes nach vermeintlich ein und die selbe Leistung gemeint ist?
Typischerweise sagen die beiden betitelten Leistungen Unterschiedliches aus. So wird unter der maximalen Leistung jene Leistung verstanden, die maximal über einen Zeitraum durchschnittlich abgegeben werden kann (sh. Graph 3). Die Spitzenleistung bildet dagegen jene Leistung ab, die während einer Periode durch die Spitze der Hüllkurven gekennzeichnet abgegeben werden kann (Graph 4); und die durchschnittliche Spitzenleistung wiederum bildet jene Leistung ab, die während 1+N Perioden durch die Spitze der Hüllkurven gekennzeichnet abgegeben werden kann (sh. Graph 5).
Hätte sich der Gesetzgeber z. B. auf eine nachfolgende Formulierung eingelassen, dann wäre die Sach- bzw. Gesetzeslage bestimmt um einiges verständlicher bzw. eindeutiger.
Die "Maximale Leistung (PEP)" gibt die Leistung an, die der Sender während einer Periode der Hochfrequenzschwingung bei der höchsten Spitze der Modulationshüllkurve an einem reellen Abschlusswiderstand abgibt."
Eine solche Formulierung nimmt nur einen spezifischen Betriebszustand und auch nur einen spezifischen Leistungszustand an. In der Realität ist ein solcher Betriebs- bzw. Leistungszustand jedoch nicht darstellbar und augenscheinlich genau aus diesem Grunde lässt sich der Gesetzgeber auch auf die von ihm gewählte und spezielle Formulierung zur AFuV ein.
Die gemäß AFuV benannte Spitzenleistung kann folglich nur so verstanden werden, als dass sie das Resultat einer maximal zulässigen Leistung und infolge nicht normaler Betriebszustände somit einer nicht näher definierten reellen (tatsächlichen) Leistung entspricht. Unter der reellen Leistung kann jene Leistung verstanden werden, die durch den Stand der Technik, also der eingesetzten Funkanlage bestimmt ist.
Anders lautend bzw. praxisgerechter formuliert könnte die gemäß AFuV benannte Spitzenleistung wie folgt verstanden werden: "Die reell (tatsächlich) abgegebene Leistung entspricht dem Grundsatz nach der maximalen (erlaubten) Leistung; eine davon abweichende und höhere Leistung ist auf ein Minimum zu begrenzen."
Meiner Meinung nach versteht eine solche Formulierung ein Jeder und ist entsprechend den zur Verfügung stehenden Betriebsmittel in der Praxis auch umsetzbar!
Bezogen z. B. auf die Klasse E würde das letztendlich bedeuten, dass dem Grundsatz nach maximal 100 Watt abgegeben werden dürfen und aufgrund nicht normaler Betriebsbedingungen die reelle Leistung ggf. auch höher als die maximal erlaubten 100 Watt, z. B. infolge einer notwendigen TX-Tastung (Impulsleistung), ausfallen kann (siehe die ersten beiden Grafiken "Power-Peaks").
§16 (4) der AFuV - Technische und betriebliche Rahmenbedingungen für Amateurfunkstellen - besagt ausdrücklich: Unerwünschte Aussendungen sind auf das geringst mögliche Maß zu beschränken. Auch diese Formulierung scheint missverständlich, weil der Gesetzgeber unerwünschte Aussendungen annehmen muss, die eben nicht normalen Betriebsbedingungen entsprechen.
Erst mit der Verfügung Nr.33/2007 werden eindeutige Richtwerte für unerwünschte Aussendungen benannt. Unmissverständlich ist, dass zwischen den beiden Formulierungen "... auf das geringst mögliche Maß..." und "zulässiger Richtwerte" ein eklatanter Unterschied besteht. Die erstgenannte Formulierung schließt anderslautende Zustände per se nicht aus, wobei die zweite Formulierung den Zustand eindeutig benennt (begrenzt).
Scheinbar eindeutig oder? So lautete meine Anmerkung ganz am Anfang.
Nunmehr zeigt meine kleine Abhandlung auf, dass ein von Juristen scheinbar eindeutig formulierter Text, von einem mit rudimentären Kenntnissen behaftetem Leser*in, eindeutig auch zweideutig verstanden werden kann. Ganz offensichtlich möchte der Gesetzgeber das HF-Leistung durchschnittlich an einem reellen Abschlusswiderstand abgegeben werden kann, wobei die maximal zulässige HF-Leistung nicht überschritten werden darf.
Sagt bzw. schreibt er dies denn auch und was darf nun als richtig angenommen werden? Das, was der Gesetzgeber beabsichtigt zu sagen oder das, was der Leser*in darunter versteht. Es gilt zwar das allgemeine Sprichwort "Dummheit schützt vor Strafe nicht und somit dem die Schuld, der nicht Wissend ist". Dennoch steht der Gesetzgeber in der Pflicht eine Formulierung zu wählen, die eindeutig und allgemein verständlich geschrieben ist. Ob das mit der hier zitierten AFuV gegeben ist, scheint mir einer kontroversen Betrachtungsweise zu unterliegen.
Auch in diesem Zusammenhang sieht man wie unglücklich die Angaben (Definition) zur Leistung- bzw. Leistungsbeschränkung vom Gesetzgeber gewählt wurden. Eine bestimmende Leistungsangabe bzw. -beschränkung nach RMS (Root Mean Square), dass die Leistung für einen spezifischen Frequenzbereich mittels Rosa-Rauschens (Pink Noise) angibt (z. B. „Pout @ 2.4 KHz @ Pink Noise“), ist dagegen recht eindeutig in der Interpretation und in der Praxis mit einfachen Mitteln darstellbar.
Als Funkamateur bin ich natürlich willens meine Funkstation gesetzeskonform und gleichermaßen mit der maximalen bzw. technisch zulässigen Leistung zu betreiben (sh. AFuV §16 Punkt 1 "Allgemein anerkannten Regeln der Technik"). Insofern würde ich mich freuen, wenn sich ein Jurist mit spezifischen Kenntnissen auf dem Gebiet der Hochfrequenztechnik ehrenhalber auf diese Thematik einmal in verständlicher Form einlässt.
Die Grafiken auf der linken Seite bilden eine spezifische Leistung bei einer gegebenen Modulations-hüllkurve ab. Der Bereich zwischen den beiden grünen Linien zeigt die Leistung eines normalen Betriebszustands, während die rot gezeichneten Modulationshüllkurven einen nicht normalen Betriebszustand abbilden.