Was ist eigentlich "Gutes Audio"? Wenn die Information der gesprochenen Sprache beim Empfänger gut zu verstehen ist, dann ist das Audio-Signal auch als ausreichend gut zu bezeichnen. Nunmehr liegt es nicht alleine beim Sender, auch der Empfänger trägt maßgeblich zur Verständlichkeit des Audio-Signals bei. Sender und Empfänger müssen dabei ein ähnliches Audioprofil nutzen, um ein hohes Maß an Verständlichkeit erzielen zu können. Insbesondere spielt beim Sender, die Sendebandbreite und beim Empfänger, die Empfangsbandbreite eine tragende Rolle. Dabei ist nicht so entscheidend, wie groß die reale Sende- und Empfangsbandbreite ist, sondern vielmehr das gewählte Frequensspektrum innerhalb der Bandbreite.
Gutes Audio ist nicht nur von technischen Parametern bestimmt, sondern vielfach auch eine Frage des persönlichen Geschmacks und Zeitgeists. Zum Beispiel Ende der 1980er Jahre kam in den USA das sogenannte ESSB auf (Enhance Single Side Band) oder auch spaßeshalber Voodoo-Audio genannt. Bei einer Sende- und Empfangsbandbreite von mindestens 0-4000 Hz galt ein besonders linearer Frequenzgang als erstrebenswert. Ein solch linearer Frequenzverlauf brachte besonders die tiefen Frequenzen in noch nie zuvor gehörter Weise ins Audiospektrums des Amateurfunks. Mit Anfang der 2000er Jahre fand die Vorliebe für tiefe Audio-Frequenzen auch Anklang in Europa, jedoch mit dem entscheidenden Unterschied, dass das erlaubte Sendespektrum in Europa kleiner als 3000 Hz war, genauer gesagt 2700 Hz ist. Man kann sich nur zu gut vorstellen, dass es sehr schwierig ist, ein Audiospektrum von 4000 Hz Umfang in ein Audiospektrum von kleiner 3000 Hz zu verpacken. In einem 3 L Eimer passen auch keine 4 L Wasser. Was ursprünglich aus den USA kommend als warmes und volumiges Audio empfunden wurde, klang in Europa unter Einhaltung des maximal erlaubten Sendespektrums von nur 2700 Hz dumpf bis muffelig, bisweilen für einige OMs sogar unverständlich. Seit dieser Zeit scheint das Thema Audio bei den Funkamateuren eine unendliche Geschichte mit Streitpotenzial zu sein.
Die Verständlichkeit liegt im Sendespektrum verborgen. Darunter ist nicht nur die eigentliche Sprachverständlichkeit zu verstehen. Schon bei der Besprechnung des Mikrofons ist auf ein möglichst gutes bzw. gleichmäßiges Signal-/Rausch-Abstandsverhältnis zu achten. Lärmquellen innerhalb des Shacks sind zu reduzieren, aber auch Pop- und Klackgeräusche gilt es zu vermeiden.
Im Wesentlichen trägt das Audiospektrum mit seiner Dynamik zur Aussteuerung der Endstufe bei. Im Rahmen einer guten Verständlichkeit ist natürlich auch eine hohe Energiedichte des Sendesignals wünschenswert. Die drei Screenshots (Summensignal eines 10 sec. CQ-Rufs) zeigen weitestgehend ein recht ähnliches Audiospektrum verschiedener Transceiver von mir. Der hauptsächliche Unterschied begründet sich in der Steilheit der 2.9 kHz TX-Filter. Bei dem Flex-3K (mittlerer Screeshot) sieht man deutlich, dass der Flex-3K mit Intermodulation im gegenüberliegenden Seitenband zu kämpfen hat. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, warum ich den Flex-3K nicht mehr besitze. Selbst der schon in die Jahre gekommene FT-2K macht das wesentlich besser, wenngleich das Audio-Spektrum zum Ende hin nicht so steilflankig ausfällt. Der Zeus ZS-1 hängt dagegen die Messlatte sehr hoch.
Die drei Messungen zeigen jeweils Signale von 1 KW Output, in einen 50 Ohm Lastwiderstand. Die Messsignale wurden über einen Richtkoppler zum Spektrumanalyser hin ausgekoppelt.
Aller Anfang macht der Sprecher, gefolgt vom Mikrofon. Der Markt ist voll von Mikrofonen für die verschiedensten Anwendungen. Nicht zu jedem Sprecher*in passt ein Mikrofon, welches allgemein für gut befunden wird. Es braucht seine Zeit, bis man das für sich passende Mikrofon gefunden hat. Nicht nur in Anbetracht eines guten Audios, sondern auch bzgl. der Kosten, Handhabung und zusätzlich notwendiger Technik z. B. Phantom-Speisung. In diesem Zusammenhang möchte ich somit auch keine Empfehlung ausprechen. Ich habe mich nach einigem experimentieren für ein Heil PR-781 Mikrofon - mit einem dynamischen Element - entschieden. Insbesondere da keine Phantom-Speisung notwendig ist und weil das Heil Mikrofon schon für Amateurfunkanwendungen optimiert wurde.
Ein einfacher Pop-Schutz vor dem Mikrofon verhindert Pop-Geräuache sehr effektiv. Pop-Geräusche sind verantwortlich für NF-Spitzenpegel, die wiederum für Verzerrungen des Audiosignals verantwortlich sind. So erzeugen diese NF-Spitzenpegel auch Intermodulationsprodukte im jeweils anderen Seitenband. Oberes Bild ohne und unteres Bild mit Pop-Schutz.
Ein jeder Funkamateur hat sich schon einmal dazu Gedanken gemacht, wie sein HF-Signal möglichst laut und kräftig im Äther gehört werden kann. Zumindest scheint dieses vielfach der Wunsch zu sein, sonst würde nicht zwangsläufig nach einem Signal-Rapport gefragt werden.
Oftmals geht die Optimierung in der Praxis wie folgt einher:
1. Neuer TRX, 2. Mehr HF-Leistung durch den Einsatz eines HF-Verstärkers, 3. Eine größere (bessere) Antenne für eine effektivere Strahlungsleistung, 4. Verringerung der Gesamtverluste im HF-System (Stecker, Kabel, Koppler, Antenne etc.) und ganz zum Schluss steht die Optimierung des Audiosignals.
Gerade der letzte Punkt, die „Optimierung des Audiosignals“ ermöglicht eine Leistungseffizienz, die um bis zu 1/3 höher gegenüber der nominalen Leistung ausfallen kann. Das bedeutet, dass unter technisch maßvoller Ausnutzung der „NF-Aussteuerungsreserve“, die sogenannte „TalkPower“ sich um bis zu 1/3 erhöhen kann.
Der Begriff der Aussteuerungsreserve kommt übrigens aus der Rundfunk- und Fernsehtechnik. Dabei erfährt die Dynamik eines analogen NF-Signals seine Begrenzung nach unten durch den Fremdspannungspegel (z. B. Phantom-Speisung des Mikrofons) und nach oben hin durch den Klirrfaktor.
Die beiden oberen Screenshots meiner 50 Watt Selbstbau Transistor Endstufe zeigen, welchen Einfluss die Aussteuerungsreserve auf die Energiedichte des HF-Signals hat. Man spricht in diesem Zusammenhang vielfach auch von der "mittleren Sendeausgangsleistung". Die Messung in der Mitte zeigt eine deutlich höhere Energiedichte. Die "mittlere Sendausgangsleistung" ist um ca. 1/3 höher, als in der oberen Messung ohne Aussteuerungsreserve. Die grüne Linie zeigt die nominale 50 Watt HF-Leistung der Transistor Endstufe.
Der Screenshot unten zeigt in einer höheren Auflösung, dass das HF-Signal trotz maßvoller Ausnutzung der Aussteuerungsreserve keine Verzerrung erfahren hat. Unter anderem trägt Pre-Distortion dazu bei, dass der nominale 50 Watt HF-Spitzenpegel nicht überschritten wird. Trotz mehr an TalkPower ist ein sauberes und intermodulationsarmes HF-Signal gegeben :-)
Das Clipping & Compressing von analogen NF-Signalen mittels z. B. eines HF-Clippers sind zwei gängige Verfahren, um sich der Aussteuerungsreserve zu bedienen. Ich will hier in diesem Zusammenhang nicht weiter darauf eingehen, was dafür benötigt wird und was in technischer Hinsicht mit einem NF-Signal passiert. Vielmehr möchte ich anhand der drei linken Screenshots zeigen, welche Auswirkungen Clipping & Compressing auf eine HF-Aussendung haben können.
Alle drei Screenshots zeigen einen CQ-Ruf von 10 sec. Dauer und wurden mit einem Oszilloskop im Speichermodus aufgezeichnet. Das erzeugte HF-Signal (Summensignal) betrug bei allen drei Messungen jeweils 100 Watt und wurde hinter dem Sender mittels geeignetem Richtkoppler (Spannungsteiler) zum Oszilloskop hin ausgekoppelt.
Der obere Screenshot zeigt eine HF-Aussendung ohne Clipping und ohne Compressing.
Der mittlere Screenshot zeigt eine HF-Aussendung mit eingeschalteter Clipping-Funktion.
Der untere Screenshot zeigt ein HF-Signal mit eingeschalteter Compressing-Funktion.
Diese Screenshots zeigen sehr eindrucksvoll, wie sich die mittlerer Sendeausgangsleistung (TalkPower) mittels Clipping & Crompressing deutlich erhöhen lässt. Aber Vorsicht, denn nur der maßvolle Einsatz von Clipping & Compressing träg auch wirklich zu einer besseren Verständigung bei. Zu viel NF-Clipping und vor allem zu viel NF-Compressing erzeugen zwar eine hohe mittlere Ausgangsleistung (Energiedichte), sind jedoch zwangläufig auch für ein schlechteres Intermodulationsverhalten (IMD) des Senders konventioneller Bauart verantwortlich. Sender, die über eine Pre-Distortion oder Hüllkurven Funktion verfügen, können dieser IMD-Verschlechterung in Grenzen wirkungsvoll begegnen. Dennoch sollte der Grad des Clippings und des Compressings auch bei Sendern mit einer Pre-Distortion bzw. Hüllkurven Funktion nicht zu hoch gewählt werden, weil sonst signifikant die Verständlichkeit bzw. im Allgemeinen die Qualität des HF-Signals darunter leidet.
Achtung! Mit zunehmendem Wirkungsgrad durch Clipping & Compressing steigt nicht nur die Energiedichte des HF-Signals, sondern es steigt auch deutlich die Gefahr von HF-Einstrahlung in sensibler Elektronik.
Ich nutzte zwei Varianten in Kombination für das Audio Processing, bestehend aus Hardware-Komponenten und aus Software-Modulen. Gerade der Einsatz von zusätzlicher Hardware birgt Gefahren von 50 Hz Brummschleifen und HF-Einstrahlung. Insofern sollte die vorherrschende HF-Situation bekannt und die HF-Belastung fürs Equipment gering sein. Trennübertrager bzw. galvanischer Trennung und HF-Drosseln in den kabelgebundenen Zuleitungen sind Pflicht.
Ich benutze folgendes Audio Hardware-Equipment: PR-781 (Mic), Xenyx 1002FX (Mixer, Mic Preamp, British EQ), MDX2600 (Dynamics Processor), FX2000 (Effects Processor).
Das Angebot an Software-Modulen ist riesig. Für jeden Geschmack und Effekt ist etwas dabei. Man bedenke jedoch, nicht alles was sich auf der NF-Seite gut anhört und aussieht, ist gleichenmaßen gut auf der HF-Seite.
Ich benutze folgende Audio Software: AVoxformer (Software Processor für Vocal Multi-Effect) und ThrillSeeker XTC (Software Processor für weight, vibe & attitude)
Achtung! Kritische NF-Frequenzen für Intermodulationen der 3. Ordnung sind im NF-Spektrum die Frequenzbereiche um 500 Hz, 1200 Hz, 2600 Hz, 3100 Hz und 3300 Hz. Die Anhebung dieser Frequenzbereiche sollte mit Bedacht durchgeführt werden. Generell sollten einzelne Frequenzen nicht zu stark angehoben werden. Wenn die Modulation z. B. zu dunkel (basslastig) ist, dann sollte der spezifische Frequenzbereich abgesenkt und nicht pauschal der Höhenanteil angehoben werden Das starke Anheben von spezifischen Frequenzen reduziert drastisch die Möglichkeit, den wichtigen Audio-Headroom für die Dynamik und für die Lautstärke nutzen zu können.
Mit der Einführung des FT-2K durch die Firma Yaesu, mit seinem sehr guten parametrischen Equalizer, bringen heute die guten Transceiver fast alles mit, was für ein "Gutes Audio" benötigt wird. Aber eben nur fast alles. Will man nun diesen Schmeichel-Effekt eines Outstanding Audio-Reports, dann mag sich der zusätzliche Aufwand lohnen. Der Aufwand lohnt sich jedoch insbesondere dann, wenn es um die TalkPower geht. 1/3 mehr an TalkPower machen immerhin 1 Stufe am S-Meter aus, also gute 6 dB mehr. Der Screenshot links zeigt einen OM mit einem wahrhaftig schlechten Signal. Trotz der scheinbar geringen Dynamik seines SSB-Signals, sind seine Intermodulationsprodukte über mehrere Kiloherz Bandbreite sichtbar und natürlich auch hörbar. Das würde nicht passieren, wenn der Sender z. B. über eine Pre-Distortion-Funktion verfügt. Ein bisschen weniger Mic-Gain oder Compression hätten wahrscheinlich auch schon zu einer besseren Signalqualität geführt.
Was ist eigentlich "Gutes Audio" - so begann diese Seite.
Wenn man nun als Leser*in alles durchgelesen hat, dann mag man zu dem Ergebnis kommen, dass ich es mit dem "Gutem Audio" sehr genau nehme. Es scheint dann auch nicht weiter verwunderlich, dass ich mir "Gutes Audio" gerne anhöre und dieses Betätigungsfeld für mich auch ein interessantes Hobby im Hobby ist. Dennoch ist das nicht das Maß aller Dinge. "Gutes Audio" ist nach meinem Verständnis auch eine Frage des "Guten Tons". Gerade diese Form der Kommunikation scheint bei einer zunehmenden Zahl von Funkamateuren leider nicht mehr ganz so im Focus zu stehen.
Das Erscheinungsbild meines Audiosignals im Äther wird durch praxisbezogene und gar menschliche Parameter bestimmt. Obgleich ich durchaus Spaß an moderner Technik habe, erfreue ich mich auch meiner älteren Gerätschaften und nutze diese entsprechend. Diese Funkgeräte werden i. d. R. nicht mehr den heutigen Ansprüchen gerecht, z. B. bei der Frequenzgenauigkeit und Frequenzstabilität, bei einer Sendebandbreite von nur 2.1 kHz bis 2.4 kHz und auch dem verhältnismäßig schlechtem Intermodulationsverhalten von Werten um 30 dB pep.
So schleichen sich gelegentlich auch mal unbemerkt Fehler ein, durch einfaches Verstellen der Bedienungsknöpfe beim Abstauben der Gerätschaften. Oder auch bei schlechten Ausbreitungsbedingungen und Störsituationen, wo oftmals zwecks einfacherer (besserer) Verständigung der NF-Compressor deutlich mehr bemüht wird als sonst üblich und im Anschluss an das QSO vergessen wird, diesen wieder auf einen geringen Wert zurückzuführen.
Nun, ich weiß ja nicht wie andere OMs und XYLs ihr Amateurfunk-Hobby ausführen. Ich jedoch möchte behaupten, dass mein Shack voller Leben ist, also Veränderungen unterliegt. Geräte werden abgebaut und hinzugefügt, Kabel werden dabei gezogen und wieder neu verlegt. Und es wird gebastelt, probiert & studiert, mal mit mehr und mal mit weniger Wissen um die Materie. Auch wenn schon fast alles irgendwo geschrieben steht, ist doch für jeden Einzelnen von uns die Materie mit der er sich gerade beschäftigt mehr oder weniger neu. Und genau dieses macht unser Hobby doch immer wieder aufs Neue so spannend. Der Prozess, dass Gelernte auch wirklich zu verstehen und anwenden zu können, das wird sich immer wieder aufs Neue wiederholen und selbstverständlich damit auch die Fehler.
Dass die Lernkurve dennoch nicht einer dauerhaften Feedback-Schleife unterliegt, dass verdanken wir der menschlichen Neugierde, die uns ganz pragmatisch vom "Altem" abschweifen lässt und zum "Neuen" hinführt. Begegnet man dem "Alten" nach längst vergangener Zeit wieder auf ein "Neues", dann steht man vermutlich wieder am Anfang der Erkenntnis, alles erst einmal wieder erlernen zu müssen. So ist es mir jedenfalls bei der Wiederherstellung defekter Röhrentechnik ergangen.
In diesem Sinne mein Appell - sich dem Thema "Gutes Audio" gelassen zu nähern und die Frage nach dem "Guten Ton" erst gar nicht in Frage zu stellen!