Eine weitere Rubrik unter dem Titel "Reduce to the Max". Welches ist eigentlich das richtige Mikrofon für mich als Funkamateur*in? Diese Frage hat mich vor einigen Jahren selbst stark beschäftigt. So gibt es sehr viele und auch sehr unterschiedliche Mikrofone in allen Preisklassen zu kaufen. Den Mikrofonen der verschiedenen namhaften Herstellern wie zum Beispiel von AKE, Beyerdynamik, Electrovice, Heil, Neumann, Rode, Schoeps, Sennheiser, Shure u. a. m. ist scheinbar eines gleichlautend, dem Zuhörer eine gute Klangqualität zu liefern. Nunmehr bin ich weder Tontechniker noch Musiker und möchte in diesem Zusammenhang nur von meinen Erfahrungen berichten. Ungeachtet der vielen Anbieter und Mikrofon-Typen beschränke ich mich bei diesem Thema ausschließlich auf die dynamischen Mikrofone, sind diese doch unter vielfältigen Bedingungen nahezu mit jedem Amateurfunk-Transceiver einsetzbar.
Links im Bild ist gut ersichtlich wie klein eigentlich das Spektrum für die Sprachübertragung im Amateurfunk ist. Gem. AFuV (Amateurfunkverordnung) ist eine zulässige SSB-Sendebandbreite von max. 2.700 Hz vorgegeben. Das ist nicht wirklich viel, reicht jedoch völlig aus, um den wichtigen Frequenzbereich der menschlichen Sprache (ca. 200 Hz - 5.000 Hz) ausreichend gut bzw. verständlich übertragen zu können.
Wenn wir uns dagegen die weitläufigen und technischen Daten eines dynamischen Mikrofons ansehen (mittlere Grafik), dann ist unschwer erkennbar, dass der Aufzeichnungsbereich von ca. 50 Hz bis 18.000 Hz reicht. Also weitaus mehr ist, als wir durch das limitierende Nadelöhr - dem Sendefilter - bekommen.
In diesem Zusammenhang könnte man sich nun die Frage stellen, wie soll denn ein ca. 18.000 Hz breites NF-Signal durch einen knapp 3.000 Hz schmalen Sendefilter passen. In der Tat verhält es sich so, dass sich alle mit dem Mikrofon aufnehmbaren Töne auch durch ein rund 3.000 Hz schmalen Filter übertragen lassen, jedoch nicht zeitgleich und nicht in einem Stück. Wenn wir Sprechen, dann erzeugen wir ein sequenzielles Sprachspektrum mit einer durchschnittlichen Bandbreite von zirka 5.000 Hz, dass sich mal im unteren Bereich, im mittleren Bereich bzw. im oberen Übertragungs-bereich eines Mikrofons befinden kann. Wenn wir Sprechen, dann bilden wir damit also nicht zeitgleich ein Gesamtspektrum von 18.000 Hz, sondern nur einen Teilbereich dessen ab. Dieser für die Sprachverständlichkeit wichtige Teilbereich von zirka 5.000 Hz (Grafik unten) kann dabei sogar noch um knappe 2.000 Hz beschnitten werden, ohne dabei merklich an Verständlichkeit zu verlieren.
Der Tonumfang der menschlichen Sprache ist relativ gering und bedarf somit auch nur eines Mikrofons mit einem Frequenzgang von zirka 50 Hz bis 18.000 Hz. Da wir ja keine Arie übertragen wollen und nur als einfacher Sprecher*in tätig sind, würden selbst zirka 12.000 Hz noch völlig ausreichend sein.
Aller Anfang macht das Mikrofon! Das ist eigentlich so nicht ganz richtig, denn aller Anfang ist der Sprecher*in selbst. Diesem Phänomen wird ggf. mit einem anderen Kapitel Rechnung getragen ;-)
Ein dynamisches Mikrofon besteht aus einem elektroakustischen Wandler, der in der Lage ist akustische Schallwellen in mechanische Wellen und im Folgeschritt in elektrische Signale umzusetzen. Hierbei findet das Induktionsprinzip Anwendung. Wobei ein elektrischer Leiter, der sich relativ frei in einem Magnetfeld bewegt, eine unterschiedlich hohe Spannung induziert. Ein solcher Leiter kann ein dünnes Bändchen, so wie bei einem Bändchen-Mikrofon üblich oder eine Schwingspule sein, die an der eigentlichen Membran befestigt ist. Letzteres entspricht dem Wirkprinzip eines klassischen Tauchspulen-Mikrofons.
Bändchen-Mikrofone sind bekannt für ihren sehr linearen Frequenzgang bei der Tonabnahme. Bei einem solchen Mikrofon sitzt ein sehr dünner Aluminiumstreifen von wenigen Millimetern Breite und einigen Zentimeter Länge zwischen den Polen eines Magnetens, dabei kann das Bändchen um einige wenige Mikrometer frei vor- und zurückschwingen. Der Widerstand des Bändchens ist mit ca. 1 Ohm i. d. R. recht klein, sodass für die Nutzung des vom Bändchen ausgehenden Signals ein Übertrager eingesetzt werden muss, der auf einen Ausgangswiderstand von zirka 200 Ohm transformiert. Gerade der sehr empfindliche Aufbau eines Bändchen-Mikrofons sorgt dafür, dass das Bändchen-Mikrofon ein sehr gutes Impulsverhalten hat und dabei geringste Geräuschpegel abbildet. Somit reagiert es naturgemäß relativ empfindlich auf Wind, Körperschall und allgemeine Erschütterungen.
Bei einem Tauchspulen-Mikrofon ist die Mikrofon-Membran direkt mit der Schwingspule verbunden und schiebt sich je nach Intensität der Schallwellen über einen zylinderförmigen Magneten und dabei wird eine Spannung induziert, die mit rund 200 Ohm direkt abgenommen werden kann. Tauchspulen-Mikrofone weisen über ihren gesamten Frequenzverlauf systembedingt keine lineare Übertragung auf. Auch ist das Impulsverhalten aufgrund der hohen Masseträgheit der Tauchspule im Vergleich zu einem Bändchen-Mikrofon schlechter. Ungeachtet dessen bieten auch hochwertige Tauchspulen-Mikrofone eine gute Klangqualität und sind sehr unempfindlich gegenüber hohen Schalldruckpegeln und neigen nur selten zu Verzerrungen. Im gewissen Umfange gelingt es den Herstellern den nicht-linearen Frequenzgang dahingehen zu beeinflussen, dass spezifische Anwendungsfälle gegeben sind. Ein in der Musiker-Szene sehr bekanntes Beispiel dafür ist das Shure SM58 Mikrofon. Kaum ein anderes Vocal-Mikrofon ist für die Tonabnahme Life on Stage so beliebt wie das SM58. So kann dann auch das Electrovoice RE-20 zu den sehr bekannten dynamischen Mikrofonen gezählt werden, insbesondere weil sich durch eine Nahfeld-Besprechung (Close-Miking) keine nennenswerte Bassanhebung ergibt und auch das bei Sprechern befürchtete Noise-Popping nicht gegeben ist. Es ist das klassische Studio-Mikrofon bei Radio-Sprechern weltweit.
Generell sind dynamische Mikrofone vielseitig einsetzbar, relativ kostengünstig, benötigen keine Fremdspannung, kommen mit sehr hohen Schalldruckpegeln zurecht, verzerrungsfrei, deutlich unempfindlicher gegenüber Rückkopplungen und sind zudem recht unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit. Gerade der letzte Punkt ist nicht zu unterschätzen. Bei dem einen oder anderen Sprecher*in fällt die Aussprache feuchter aus als im Allgemeinen angenommen.
Es sind die Kenndaten, die den Unterschied und den spezifischen Anwendungsfall eines Mikrofons bestimmen. Zum einen der Grenzschalldruck, der Frequenzgang, die Richtcharakteristik, das Impulsverhalten und letztendlich die Nennimpedanz.
Generell wird unterscheiden zwischen nieder- und hochohmigen Mikrofonen. Beide Mikrofon-Typen haben auch heute noch im Amateurfunk Bedeutung, sind doch viele Röhren-Transceiver immer noch im Einsatz, welche hochohmige Mikrofon-Typen benötigen. Üblicherweise weisen die meisten niederohmigen Mikrofone eine Impedanz von zirka 200 Ohm auf. Auch in diesem Zusammenhang sei kurz bemerkt, dass die Impedanz i. d. R. frequenzabhängig ist und dass die Eingangsimpedanz des Mikrofoneingangs eines Transceivers rund 3 bis 5 mal höher als die Impedanz des Mikrofons liegen sollte. Bei dem Einsatz eines Mischpults mit eingebautem Vorverstärker spielt die Impedanz nur noch eine untergeordnete Rolle und hat somit keinen direkten Einfluss auf das Klangbild, da die heutigen Mischpulte so geartet sind, dass sie einen breiten Impedanzbereich abdecken können. Mit dem Gain-Regler des Mischpults werden unterschiedliche Signalstärken einfach ausbalanciert.
Die drei Diagramme zur Richtcharakteristik sind entnommen von www.wikipedia.org.
Ein wichtiges Zubehörteil ist der sogenannte Pop-Filter. Auch wenn so ein Schutz-Filter bei vielen Mikrofonen durchaus integraler Bestandteil ist, wird eine externe Pop-Schutzscheibe - zwischen dem Sprecher*in und dem Mikrofon angeordnet - sehr hilfreich sein, um die Mikrofonkapsel vor ungewolltem Explosiv-Schall sogenannten Popping-Noise zu schützen und um einen gleichbleibenden Abstand bzw. Mindestabstand zum Mikrofon einfach einhalten zu können. Dabei geht man während der Tonabnahme mit dem Gesicht so dicht an die Pop-Schutzscheibe heran, bis die Nasenspitze diese leicht berührt. Diese praktische Vorgehensweise sichert dem Mikrofon-Sprecher*in einen gleichbleibenden Abstand, eine gleichbleibende Ausrichtung, einen relativ gleichmäßigen Schalldruck und zudem einen deutlich lineareren Frequenzgang. Gerade beim Besprechen eines Mikrofons mit einem zu geringem Abstand kommt es bei vielen Mikrofonen zu einer deutlichen Bassanhebung.
Ganz nebenbei wird durch den zusätzlichen Einsatz eines Pop-Filters die empfindliche Mikrofonkapsel sehr effektiv vor Aerosolen (feuchter Aussprache) geschützt und lässt eine lange bzw. fehlerfreie Betriebszeit des Mikrofons erwarten.
Ungeachtet der Vielzahl der Mikrofon-Hersteller und -Typen möchte ich behaupten, dass man als Funkamateur*in mit einem dynamischen Mikrofon mit vorteilhafter Nieren-Charakteristik am schnellsten Freundschaft schließen wird. Eine hohe Wiedergabequalität - auch leiser Töne - mag zwar im Tonstudio wünschenswert sein, ist aber im Shack aufgrund vielfältiger Geräuschquellen nicht immer vorteilhaft. Gerade die Lüftergeräusche von HF-Endstufen und brummende Netzteile können bei Mikrofonen mit einem guten Impulsverhalten (z. B. Kondensator- oder Bändchen-Mikrofonen) große Schwierigkeiten bereiten, sodass die Mikrofonverstärkung beim Transceiver deutlich zurückgenommen werden muss und im SSB-Betrieb die Sendausgangsleistung analog dazu deutlich abfällt. Auch will das Besprechen - solcher mit hohem Impulsverhalten ausgestatteter Mikrofone - gekonnt sein. Oftmals sind wir als Funkamateure durch andere Maßnahmen vom Sprechen abgelenkt und neigen dabei die Besprechungsrichtung, die Besprechungsintensität und den Besprechungsabstand zum Mikrofon deutlich hörbar zu verändern. Insofern ist man gut beraten, ein Mikrofon zu wählen, dass diesen unvorteilhaften Betriebsumständen weitestgehend gerecht wird.
Vielfach falsch wahrgenommen - entscheidet nicht die Höhe des Kaufpreises über die technischen bzw. grundsätzlichen Eigenschaften eines Mikrofons. Vielmehr orientiert sich der zu zahlende Kaufpreis an den verbindlichen bzw. technisch guten Daten, der allgemeinen Qualität sowie Haptik und generell am Image des Herstellers bzw. seiner Mikrofone. Ein erfahrender Tontechniker wird schnell die Unterschiede heraushören und wird daraufhin einfach beurteilen können, welches Mikrofon passend für eine spezifische Anwendung ist. Für den allgemeinen Funkamateur*in und den in seinem Shack vorherrschenden Noise-Pegeln kann ggf. ein Gesangs-Mikrofon wie z. B. das relativ günstige Shure SM58 eine durchaus gute Wahl sein, besser als z. B. ein teures Studio-Mikrofon, welches für (optimale) Studio-Bedingungen konzipiert wurde.
Auch unter den Mikrofonen gibt es leider nicht den Alleskönner, insofern sollte man sich darüber im klaren sein, unter welchen Betriebsbedingungen und Akustik-Umfeld das Mikrofon eingesetzt werden soll. Ein im Vorfeld mit verschiedenen Mikrofonen durchzuführender Praxis-Test lässt sich eigentlich nicht vermeiden. Übrigens, namhafte Musikhäuser ermöglichen einen Praxis-Test oftmals mit sogenannter B-Ware. Einfach mal nachfragen.
Ein Mikrofon-Headset, wie z. B. das auf dem Foto gezeigte, reduziert zum Teil die weiter oben genannten bzw. typischen Handlingsprobleme und vereint zudem die Vorteile eines Kopfhöhrers. Auch wenn das Heil Pro 7 Headset mit ca. 350,- Euro (Jahr 2022) nicht gerade günstig erscheint, spiegelt dieser offentsichtlich hohe Kaufpreis dennoch ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis in dieser Gerätekombination wieder.
Viel Erfolg!
Übrigens, ein klassischer 100 Watt Transceiver mit einem passenden Mikrofon ausgestattet und mit einem optimalen Audioprofil eingestellt, schafft den notwenigen Platz (* Headroom) für Dynamik und sorgt auf diese Weise für eine kräftige Aussteuerung der verbauten HF-Endstufe. Ein solcher 100 Watt Transceiver wird eine relativ hohe durchschnittliche HF-Leistung in den Äther abgeben. Dagegen ein 100 Watt Transceiver mit zusätzlicher 6 dB- HF-Verstärkung (typischerweise 400 Watt) und nur mit einem unvorteilhaften Mikrofon bestückt, bzw. mit einem schlecht eingestellten Audioprofil wird temporär zwar eine relativ hohe Peak-Leistung, aber nur eine verhältnismäßig geringe durchschnittliche Leistung erzeugen. Die Gegenstation wird die HF-Signale (das Audio) der beiden Station also ähnlich laut beurteilen jedoch mit dem Unterschied, dass die 400 Watt Station temporär einen höheren S-Meterausschlag beim Empfänger verursachen wird. Dennoch wird das Audio der nur 100 Watt Station bei den leiseren Tonpassagen - aufgrund der zusätzlichen Headroom-Aussteuerung - i. d. R. als kräftiger vom Zuhörer*in empfunden werden.
(*) Der Headroom in der analogen Audio-Welt gibt das Verhältnis zwischen zwei analogen Signalpegeln an. Zum einen den maximalen Signalpegel, der noch verzerrungsfrei verarbeitet werden kann und zum anderen den durchschnittlichen Signalpegel, der durch die Systemeinstellung (-leistung) bestimmt ist. So schafft z. B. der Einsatz eines simplen Hochpassfilters Platz für den notwenigen Headroom, also zusätzlicher verzerrungsfreier Lautstärke. Dabei werden die ultratiefen Frequenzen kleiner 100 kHz einfach zugunsten des 2-4 kHz Spektrums abgeschnitten bzw. kräftig abgesenkt. Diese Vorgehensweise ist auch sehr gut bei der Grafik zum Frequenzverlauf der Heil HC-7 Mikrofon-Kapsel zu sehen.