Was ist Athenscope
Athenscope ist eine Rauminstallation bestehend aus drei unabhängig zueinander angeordneten Räumen mit je 16 qm Fläche.
Die architektonische Struktur ist stark an wissenschaftlichen Präsentationen angelehnt, suggeriert formelle Authentizität und schliesst damit eine kritische Distanz aus.
Sowohl die Präzision in der Ausführung der Arbeiten (Pläne und Projekte) als auch eine wissenschaftliche Formreduktion (alles in Schwarzweiss, eine objektivere Enthaltsamkeit im Ausdruck der Präsentation etc.) aber auch die Fotographie als Dokumentations- und Beweissmaterial dienen vornehmlich díesem Zweck.
Alle drei Ausstellungräume tragen den Titel Athen. Kern der Ausstellung bilden drei 108 x 191 cm grosse, handgezeichnete Stadtpläne (Tinte auf 120 gr Papier) die sich auf ähnlicher Weise in den drei Räumen darbieten: Alle haben dieselbe Größe, sind mit exakt derselben präzisen Methode gezeichet worden (an Gravour erinnernd) und zeigen denselben geographischen Ausschnitt: die Attische Ebene in der Athen liegt. Sie alle tragen denselben (Sub)Titel "Athen 2007".
Die drei Stadtpläne stehen zwar im Konflikt mit der tatsächlichen Stadtplanung Athens, nicht aber mit den geologischen Gegebenheiten in der diese sich befindet. Diese informationsreichen Planzeichnungen sind eingebettet in einer umfassenden und geordneten Informationspräsentation. Mit Hilfe von Texten, Fotos, graphischen Darstellungen und anderem Archivmaterial wird versucht den jeweiligen Stadtplan zu "narratieren" bzw. zu erläutern.
Jede dieser drei umfassenden Präsentationen dienen als Beweisvorlage, angenommener aber auch möglicher Entwicklungs-abläufe in Griechenland.
Mit Hilfe der überzeugendsten Sprache und Form der Informationsübertragung, die der wissenschftlichen Studie, werden hier drei Alternativen zur Geschichtslinearität Athens und ihre formellen und gesellschftlichen Gegebenheiten angeboten.
Sämtliche der drei Erläuterungen Athens tangieren nicht nur historische Momente, die eine Alternatve in der Geschichtsrezeption Athens und Griechenlands nicht nur zulassen könnte, sondern diese auch tatsächlich im Unterbewustsein der Menschen tut.
Es handelt sich also nicht um utopische Geschichtstsmodelle die eine gravierende historische Umwälzung voraussetzen. Gerade die Nähe an der vorgegebenen Geschichtsschreibung und ihren Realitätskonstruktionen sind es, die diese in Frage stellen. Damit ist der Angriff auf die Informationsfunktionen, die Geschichte konstruieren bewusst gesetzt. Geschichte als Alltag?
Die in Griechenland wohlbekannte Frage Was wäre passiert wenn jenes stattgefunden/nicht stattgefunden hätte? bildet durch, die stark fatalistische Neigung der Kollektividentität einerseits, und dem allgemeinen Wunsch nach Geschichtsrevidierung andererseits (beides Symptome postmoderner neugriechischer Lebensformen), das Feld, welches substantiell die Wirklichkeit der hier vorgeschlagenen Alternativen Athens bilden. Eine Stadt entsteht demnach aus all den nicht Verwirklichten, wenn auch erläuterten -oder zumindest angedeuteten- "Auswahlen" die nicht stattgefunden haben.
Diese Projekt basiert demnach auf eine "historische" Konstruktion die zwar nicht stattgefunden hat aber durchaus durch derer Zustände Wirklichkeit ist: Wunsch als Formgebung des urbanen Umfelds und des unterschiedlichen Lebensstils, verknüpft mit dessen Alltagsregeln.
Diese verschiedenen Ausgaben Athens bilden das kollektiv Phantastische sämtlicher Mitglieder einer Stadtgmeinschaft (die Unterprivilegierten und Minderheiten mit eingeschlossen). Man könnte auch sagen, diese verhielten sich in etwa wie die Strukturen der Online-Games, wo die Teilhaber ihre phantastischen Avatare entsprechend ihrer Funktionen konstruiert haben und darin ihre Wunsche projizieren können.
Eine der Hauptvisionen der Moderne des 20. Jahrhundertsder, der Wunsch der Städte sich in absoluten und logischen Strukturen zu entwickeln bleibt bekanntlich unrealisierbar. Die drei Alternativvorschläge Athens suggerieren also kollektive Identitäten so wie die tatsächliche Stadt ihre Bürger und ihre Neigungen repräsentiert (derer Überheblichkeiten genau so wie derer Minderwertigkeitskomplexe)
Die Nicht-existenz der drei Städte in diesem Projekt zeugt von ein "Rudiment in der Überfülle geschichticher Rezeptionsmöglichkeiten und erzeugt dadurch dieselbe Bewertung von Beschreibung und Historisierung wie es auch archäologische Funde tun. Athenscope ist - der foucaultschen Terminologie folgend- eine "archäologische" Interpretationsform, also eine Definition der Techniken und Ideologien des Discurses der sie herstellt. Gleichzeitig bilden, wie schon behauptet, die drei "Athens" Beweisgrundlagen der kollektiven Identitatsbildung die dauerhaft auf derer Transformation einwirken.
Es ist überflüssig zu behaupten, dass dieses Projekt seinen "natürlichen" Präsentationskontext in den Räumen des Stadmuseums Athens hätte, dem Museum der vierten Stadt.
Sotiris Bahtetzis
Ioannis Savvidis
Der Künstler zwischen den drei Raumwürfeln die gemeinsam Athenscope bilden (je ein Raum pro Stadt)