Pressespiegel Japan

Südkoreas Präsident Roh gibt Sondererklärung zum Takeshima-Problem ab

26. 04. 2006, Am 25. April gab Südkoreas Präsident Roh Moo-hyun in einer Fernsehansprache eine Sondererklärung zu den Beziehungen zu Japan ab. In der Erklärung äußerte sich der Präsident zum Streit um die Takeshima-Inseln (in Südkorea Tokdo oder Dokdo genannt), die sowohl von Japan als auch von Südkorea als jeweils eigenes Territorium beansprucht werden: "Die Regierung wird ihre gesamte Haltung im Hinblick auf die Angelegenheit von Dokdo überdenken." Indem er dem Problem dieselbe Bedeutung einräumte wie den Besuchen von Ministerpräsident Koizumi im Yasukuni-Schrein und dem Problem der japanischen Geschichtslehrbücher kündigte Präsident Roh in dieser Frage einen harten Kurs an. In Bezug auf das Takeshima-Problem unterstrich Präsident Roh, dass Japans Anspruch auf die Inseln gleichbedeutend sei mit der Inbesitznahme eines ehemals kolonialen Territoriums, und er unterstrich: "Dies ist ein Akt, der die vollständige Freiheit und Unabhängigkeit Koreas in Frage stellt." Weiterhin sagte Präsident Roh bezüglich des weiteren Vorgehens seiner Regierung, dass Südkorea Japan in den für Mai vorgesehenen Gesprächen zur Festlegung der Grenzen der ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) auffordern werde, seine Ansprüche auf Takeshima aufzugeben. Mit Blick auf die koreanischen Namensvorschläge für die Topographie des Meeresbodens der umliegenden Gewässer, die ursprünglich bei einer internationalen Konferenz im Juni eingebracht werden sollten und nun zunächst verschoben wurden, unterstrich er erneut: "Japan hat in unserem Meeresgebiet gelegene geologische Formationen am Meeresboden unrechtmäßig und vorsätzlich mit Namen versehen, und es ist nur unser gutes Recht diesen Umstand zu korrigieren."

In Bezug auf das Takeshima-Problem (siehe auch Japan Brief vom 24. 04. 2006) war man im Rahmen japanisch-koreanischer Gespräche auf Ebene der stellvertretenden Außenminister am 22. April übereingekommen, dass Südkorea dem Unterausschuss der im Juni stattfindenden internationalen Konferenz keine koreanischen Namensvorschlägen für Meeresbodenformationen unterbreitet, während Japan auf seine geplante Untersuchung des Meeresbodens vorläufig verzichtet. Beide Regierungen werden die Verhandlungen über die Grenzziehung zwischen ihren AWZ im Mai auf Abteilungsleiterebene wieder aufnehmen. Südkorea hat seit 1952 Sicherheitskräfte auf Takeshima stationiert und kontrolliert die Inseln de facto. Aus japanischer Sicht war dieses Vorgehen das Ergebnis der einseitigen Souveränitätserklärung von Präsident Rhee Syngman im Jahre 1952. Die japanische Regierung hat der südkoreanischen Seite wiederholt ihre Position erläutert, dass Takeshima sowohl auf der Grundlage historischer Tatsachen als auch nach internationalem Recht eindeutig ein Teil des japanischen Territoriums ist. In der Vergangenheit hat die japanische Regierung zweimal vorgeschlagen, das Problem dem Internationalen Gerichtshof vorzulegen, jedoch hat Südkorea dies beide Male zurückgewiesen.

Bezüglich der Ankündigung des südkoreanischen Präsidenten vom 25. April, bei der Territorialfrage um die Takeshima-Inseln einen harten Kurs zu verfolgen, meinte Ministerpräsident Koizumi: "Ich bitte alle Beteiligten um Besonnenheit und dass man den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Japan und Südkorea Priorität einräumt. Es ist besser, sich der Frage in einer systematischen, umfassenden und zukunftsorientierten Weise zu nähern." Mit Blick auf die Zusammenkünfte der Regierungschefs Japans und Südkoreas, die vorerst eingestellt wurden, rief der Ministerpräsident Seoul dazu auf, die bilateralen Beziehungen zu verbessern: "Es wäre besser, wenn wir solche Zusammenkünfte hätten. Ich bin dazu jederzeit bereit." Reaktionen der führenden japanischen Zeitungen: Wenn das so ist, legt das Problem dem Internationalen Gerichtshof vor

Am 26. April kommentierten die führenden japanischen Tageszeitungen in ihren Leitartikeln Präsident Rohs Ansprache.

    • Unter der Überschrift "Rohs harte Haltung - Südkoreas Führung sollte pragmatischer sein" meinte die Asahi Shimbun: "[Präsident Rohs] harte Worte lassen vermuten, dass es keine Annäherung zwischen Tokyo und Seoul geben wird, solange er im Amt ist. Doch Roh sollte kurz innehalten. Falls Südkorea die Territorialfrage in den Mittelpunkt seines Verhältnisses zu Japan stellen sollte, würden die bilateralen Beziehungen in einer Sackgasse enden... Es liegt uns angesichts des Leids, das die Menschen unter der japanischen Kolonialherrschaft erfuhren, fern, Südkoreas Befindlichkeiten im Zusammenhang mit den Takeshima-Inseln zu verharmlosen. Es ist uns jedoch wichtig hervorzuheben, dass auch Japan Gründe dafür hat, diese Inseln zu beanspruchen. Japans Argumentation ist keineswegs ein Versuch, die Geschichte seiner Kolonialherrschaft zu rechtfertigen. Es ist bedauerlich, dass unser Anliegen so missverstanden wird." Unter Verweis auf den früheren südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung, der einmal gesagt hat, dass Erfolg eine Kombination aus idealistischem Streben junger Studenten und dem Realitätssinn von Geschäftleuten erfordere, fuhr die Asahi fort: "Was er sagen wollte, ist, dass für eine gute Politik eine Balance zwischen Idealismus und Realismus erforderlich ist. Rohs jüngste Erklärung spricht Bände in Bezug auf den bedauerlichen Mangel an gegenseitigem Vertrauen zwischen den Regierungschefs Japans und Südkoreas. Rohs rhetorischer Hinweis auf die Grundlagen seiner Regierung wird kaum zu einer Verbesserung der Lage beitragen. Die Spannungen wegen Japans geplanter Untersuchungen in der Umgebung der Takeshima-Inseln wurden möglicherweise durch nachdrückliche diplomatische Bemühungen gemildert. Falls die Führung Südkoreas jedoch beabsichtigt, ihre kompromisslose Haltung bei allen strittigen Fragen zwischen beiden Ländern beizubehalten, werden der Diplomatie bei der nächsten Krise die Hände gebunden sein."

    • Unter der Überschrift "Beide Länder sollten in Ruhe miteinander reden" kommentierte die Mainichi Shimbun in ihrem Leitartikel Präsident Rohs harsche Kritik gegenüber Japan und seine Verknüpfung der Takeshima-Frage mit der Problematik des Geschichtsverständnisses. Sie betonte insbesondere: "Es ist bedauerlich, dass unmittelbar nachdem eine Krise wegen der Frage der Bezeichnungen von Formationen des Meeresbodens abgewendet werden konnte, der südkoreanische Präsident eine Erklärung verabschiedete, die den Konflikt nur weiter anheizt." Präsident Rohs Äußerung, dass, "solange Japan seine Vergangenheit glorifiziert und Rechte einfordert, die auf diesem Geschichtsverständnis beruhen, die Beziehungen zwischen Japan und Korea nicht angemessen gestaltet werden können", geht - wie die Mainichi kritisch anmerkte - "viel zu weit". Sie schrieb weiter: "Im Falle von Territorialfragen mit komplexen historischen Hintergründen ist es nahe liegend, dass kontroverse Meinungen bestehen. Aus diesem Grunde sind die führenden Politiker gefragt, besonnen zu handeln. In diesem Fall sollte die Frage der Bezeichnung von Formationen des Meeresbodens als rein theoretisches Problem behandelt werden; sie sollte keinesfalls mit der Problematik der Territorialrechte und AWZ verknüpft werden. Diesbezüglich ist es nachvollziehbar, dass der stellvertretende Außenminister Japans, Shotaro Yachi, eine gemeinsame Erkundung durch Japan und Südkorea und eine gemeinsame Namensgebung favorisiert. Südkorea vertritt offiziell die Position, dass zwischen Tokyo und Seoul kein Territorialproblem besteht. Allein die Tatsache, dass Präsident Roh hinsichtlich der Takeshima-Frage eine Sondererklärung abgab, zeigt, dass er die Existenz dieses Problems durchaus anerkennt. Hinsichtlich der Konfliktpunkte zwischen Japan und Südkorea beharrt der Präsident jedoch darauf, dass Japan grundsätzlich im Unrecht sei. Wenn er so weit geht, dies zu behaupten, warum lässt er sich dann nicht darauf ein, diese Frage dem Internationalen Gerichtshof vorzulegen? Wir können daraus nur schließen, dass es sich um eine politische Geste handelt, um der einheimischen Kritik an seiner unentschlossenen Haltung in der Frage der Bezeichnung von Formationen des Meeresbodens entgegenzutreten."

    • Unter der Überschrift "Überlasst die Inselfrage dem Internationalen Gerichtshof" kommentierte die Yomiuri Shimbun: "Einige Südkoreaner scheinen zu glauben, dass der Lärm um die Kontroverse gleichbedeutend damit sei, die Existenz eines Territorialproblems zwischen unseren beiden Ländern anzuerkennen und ihr Land damit in eine Falle Japans geraten sei. Wie dem auch sei, Präsident Roh nannte die Territorialfrage eine wichtige durch seine Regierung zu lösende Aufgabe und sagte, dies zeige die Notwendigkeit der Lösung der historischen Fragen zwischen beiden Ländern und eines ‚Symbols der Wiederherstellung der vollständigen Souveränität'. Roh wäre gut beraten, die Thematik dem Internationalen Gerichtshof zu überlassen, wenn er sich der Legitimität des Anspruches seines Landes in dieser Frage so sicher ist. Japan hat zweimal vorgeschlagen, die Angelegenheit dem Gerichtshof vorzulegen, beide Male wurde dies durch Südkorea zurück gewiesen... Die japanische Regierung sollte weiterhin darüber nachdenken, die Problematik jederzeit dem Gerichtshof vorzulegen."

    • In einem Leitartikel anlässlich des fünften Jahrestages des Amtsantritts von Ministerpräsident Koizumi stellte die Sankei Shimbun fest: "Am 25. April bezeichnete der südkoreanische Präsident Roh Moo-hyun Maßnahmen der japanischen Regierung, wie etwa die geplante ozeanographische Untersuchung in der Nähe von Takeshima (von Südkorea Tokdo oder Dokdo genannt), als ‚das Einfordern von Rechten auf ehemaliges Kolonialgebiet' und hob hervor, dass ‚die Frage von Dokdo nicht länger schweigend hingenommen werden kann.' Die von Japan geplante Untersuchung ist eine legitime Maßnahme, die vom Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gebilligt wird. Sie hat, wie Außenminister Taro Aso feststellte, nichts mit historischen Problemen zu tun. Insofern ist die Erklärung des Präsidenten sehr bedauerlich. Die Tatsache, dass ein benachbartes Land einen Führer hat, der offen derart unangemessene Erklärungen abgibt, ist allerdings eine Realität der internationalen Gemeinschaft."

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