Tierschutz-1

Herbert Becker zur Forderung
nach Tierrechten und
Abschaffung der Tierversuche

Tierversuche an Affen

Grußworte

zum Kongress der

Internationalen Liga "Ärzte für die Abschaffung der Tierversuche"

in Berlin am 29. Mai 1999

von

Herbert Becker

Berliner Landesvorsitzender und stellv. Bundesvorsitzender
der Partei Mensch Umwelt Tierschutz
- Die Tierschutzpartei


Sehr geehrte Damen und Herren, als Mitglied des Bundesvorstandes der Partei Mensch Umwelt Tierschutz - Die Tierschutzpartei - darf ich Sie hier auch im Namen unseres Vorstandes herzlich begrüßen.

Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs. So steht es in der Bibel.

Der Philosoph Arthur Schopenhauer hatte schon vor mehr als 150 Jahren dieses Bibelzitat mit den Worten kommentiert:

Erbarmen! - welch´ ein Ausdruck! Man erbarmt sich eines Sünders, eines Missetäters, nicht aber eines unschuldigen treuen Tieres ... Nicht Erbarmen, sondern Gerechtigkeit ist man dem Tiere schuldig - und bleibt sie meistens schuldig ...

Recht und Gerechtigkeit sind unsere Gesellschaft den Tieren bis heute schuldig geblieben. Rechte für Tiere, die den Menschenrechten auch nur annähend vergleichbar sind, gibt es nicht. Die Mauer, die der Mensch zwischen sich und dem Tier errichtet hat, ist gewaltig.

Diese Mauer konnte auch Charles Darwin mit seiner bahnbrechenden Lehre, wonach der Mensch vom Tier abstamme, nicht einreißen. Dennoch ist seitdem das anthropozentrische Weltbild ernsthaft erschüttert.

Die Mauer in den Köpfen steht zwar noch, aber sie bröckelt. Gerade aus jüngster Zeit gibt es dafür Belege: So wird in den Medien ziemlich oft davon berichtet, dass Verhaltensforscher - vor allem bei Menschenaffen - immer wieder überrascht seien, wie sehr das Verhalten der von ihnen beobachteten Tiere menschlichem Verhalten ähneln würde.

Solche Beobachtungen werden durch die Tatsache unterstrichen, dass z. B. Schimpansen in ihren Erbanlagen zu mehr als 98 % mit dem Menschen übereinstimmen. Diese Übereinstimmung geht so weit, dass Schimpansen mit uns näher verwandt sind als mit irgend einem anderen Tier. Aber dennoch werden sie in Labors, Zoos, Zirkussen und anderswo erbärmlich wie Sklaven gehalten. So beträgt die in den USA empfohlene Käfigfläche für Laborschimpansen 1,5 mal 1,5 Meter!

Natürlich gibt es trotz aller Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Tier Unterschiede. Lebewesen lassen sich nach Rasse, Geschlecht oder ihrer Zugehörigkeit zu einer biologischen Gattung, einer Spezies, klassifizieren. Ist diese Zuordnung zu einer Rasse, einem Geschlecht oder einer biologischen Spezies mit einer Bewertung verbunden, so führt das zum Rassismus, Sexismus oder - ein Begriff, den der in Australien und England lehrende Philosoph Peter Singer verwendet - Speziesismus.

Zwischen Rassismus, Sexismus und Speziesismus besteht ein enger Zusammenhang. Stets werden Lebewesen aufgrund bestimmter, zumeist äußerlicher Merkmale als höher- oder minderwertiger eingestuft und dem entsprechend auch behandelt. Für Singer ist die Verwendung von Tieren zu Experimenten das beste Beispiel für Speziesismus.

Singer stellt die Frage, ob Tierexperimentatoren bereit wären, für ihre Versuche auch Menschen zu verwenden, die an schweren, unheilbaren Hirnschäden leiden. Viele dieser Menschen, die in Krankenhäusern und anderen Institutionen lediglich dahinvegetieren, seien, so meint er, weniger schmerzempfindlich und hätten ein geringeres Bewusstsein, von dem, was mit ihnen geschieht, als z. B. Menschenaffen. Es ist deshalb verständlich, wenn Singer Menschenrechte zumindest für Menschenaffen fordert.

Singer steht mit dieser Forderung nicht allein. So hat in Neuseeland bereits eine Gruppe von 38 Naturwissenschaftlern, Juristen und Philosophen einen entsprechenden Gesetzesvorschlag in das dortige Parlament eingebracht. Aber auch in Deutschland sind Ansätze für eine artenübergreifende Ethik deutlich erkennbar: In einem Leitfaden, der von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz auf dem Deutschen Tierärztetag im letzten Jahr vorgestellt wurde, wird darauf hingewiesen, dass das Tier eine Würde besitze, die es zu achten gelte. Auch das Tier habe ein Recht auf Leben.

Wenn wir uns jedoch das geltende Recht genauer ansehen, so kommen wir leider zu dem Ergebnis, dass unsere Gesellschaft noch weit davon entfernt ist, die Würde des Tieres und sein Recht auf Leben zu achten.

Wir alle wissen nicht, wann der Tag kommen wird, an welchem Tierversuche als das geahndet werden, was sie sind: Verbrechen an Wehrlosen! Ich bin mir aber sicher, dass Ihr Kongress, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dazu beiträgt, diesem, unserem Ziel näherzukommen. Ihr Kongress ist eine Ermutigung für alle, die sich für Tierrechte und damit für die Abschaffung der Tierversuche einsetzen. Ich wünsche Ihrem Kongress viel Erfolg und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


S. dazu auch: Arthur Schopenhauer - ein früher Tierversuchsgegner > hier.

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Grenzenloses Mitleid mit allen lebenden Wesen ist der festeste und sicherste Bürge für das sittliche Wohlverhalten.

Arthur Schopenhauer