Buddha-Lehre

Gedanken zu Buddha und seiner Lehre

Buddha

Grußworte von Herbert Becker ( Vorstandsmitglied der Buddhistischen Gesellschaft Berlin )

zum 2526. Vesakh-Fest am 8. Mai 1982 im Buddhistischen Haus Berlin-Frohnau


Ehrwürdige Bhikkhus, liebe Freunde!

Ich freue mich sehr, Sie hier zugleich auch im Namen der Buddhistischen Gesellschaft Berlin zum diesjährigen Vesakh-Fest herzlich begrüßen zu können.

Als der Buddha an einem Vollmondtag im Monat Mai vor etwa 2500 Jahren die Erleuchtung erlangte und damit zum Buddha, zum Erleuchteten, wurde, erkannte er die Ursache allen Leidens und den Weg, der zur Erlösung vom Leiden führt. Diese von ihm nicht aufgrund von theoretisch-philosophischen Erwägungen, sondern durch eigenes Erleben unmittelbar erkannte Wahrheit wurde der Inhalt seiner Lehre. Zunächst aber zögerte er, sie zu verkünden. Er sagte sich:

Wozu der Welt verkünden, was ich in schwerer Mühe errang? Denn wer von Hass und Gier erfüllt, kann die Wahrheit doch nicht verstehen. (1)

Dann jedoch hörte er in einer Vision den Gott Brahma Sahampati zu ihm sprechen:

Es möge der Erhabene die Wahrheit verkünden. Es gibt Wesen, deren Augen nur wenig getrübt sind, wenn die nichts von der Wahrheit hören, sind sie verloren; sie werden sie schon verstehen.

Daraufhin entschloss sich der Buddha, - wie es im Text heißt - aus Erbarmen zu den Wesen der Welt die Lehre zu verkünden.

Die zitierten Worte aus dem Pali-Kanon zeigen nicht nur die Beweggründe, sondern auch die Grenzen für die Verbreitung der Buddha-Lehre. Handelt es sich doch dabei um eine Lehre von welcher der Buddha sagte, dass sie sich eignet nur für den Bescheidenen, nur für den Einsamen, nur für den Willensstarken, nur für den geistig Wachen, nur für den, der sich in der Meditation zu vertiefen weiß, nur für den Weisen, nur für den, der die Welt überwinden will. (2)

Nach dieser Aufzählung wäre die Annahme naheliegend, dass die Buddha-Lehre sich lediglich an einen sehr kleinen Kreis von Menschen wendet. Das ist jedoch nicht der Fall, weil der Buddha auch darauf hinwies, dass es bei seiner Lehre eine stufenweise Belehrung, eine stufenweise praktische Anwendung, ein stufenweises Vorwärtsschreiten gibt. (3) Somit müssen die vorhin genannten Anforderungen nicht bereits voll erfüllt sein, sondern entscheidend ist das ernsthafte Bemühen.

Der Buddhismus ist eine Heilsreligion, die sich an alle in dieser Hinsicht strebenden Menschen richtet, und sie ist keine esoterische Geheimlehre, die nur wenigen Eingeweihten zugänglich ist. Der Buddha sagte das sehr deutlich:

Ich habe die Lehre dargelegt, ohne ein Innen und Außen [eine geheime und offene Lehre] zu unterscheiden; der Vollendete hat bei seinen Unterweisungen nicht eine geschlossene Hand wie andere Meister. (4) Geöffnet sind die Tore des Unvergänglichen für die, welche hören wollen. (5)

Dementsprechend hatte Paul Dahlke, der Gründer des Buddhistischen Hauses, seinerzeit die Arbeit dieses Hauses unter das Motto gestellt:

Was wir tun,
soll jeder sehen können.

Was wir reden,
soll jeder hören können.

Was wir denken,
soll jeder wissen können.

So ist das Buddhistische Haus seit seiner Gründung für alle Interessierten offen und zu einem Leuchtturm des Dhamma [Buddha-Lehre] geworden, dessen Licht weit über die Grenzen dieser Stadt hinaus erstrahlt.

Die Buddhistische Gesellschaft Berlin arbeitet bei der Verbreitung der Lehre seit vielen Jahren sehr eng und vertrauensvoll mit dem Buddhistischen Haus zusammen, wofür ich bei dieser Gelegenheit auch im Namen unserer Gesellschaft dem Buddhistischen Haus recht herzlich danken darf.

Jeder, der mithilft, die Buddha-Lehre in unserem Kulturbereich zu verbreiten, stößt auf große Schwierigkeiten, die sich schon daraus ergeben, dass wir hier nicht in Indien zur Zeit des Buddha leben, sondern in einem Land und einer Zeit mit einer ganz andersartigen geistig-kulturellen Entwicklung. Dennoch versucht der Buddhismus nicht, Menschen, die in einer anderen Religion, in ihrem traditionellen Glauben glücklich und zufrieden sind, für sich zu gewinnen. Ein solches Missionieren wäre der Buddha-Lehre fremd und würde ihr widersprechen.

Der Buddhismus wendet sich an die noch Suchenden. Denen hilft er, die Antwort auf die existentielle Frage nach dem Sinn ihres Lebens zu finden. Hierbei wird niemand überredet, Buddhist zu werden. Vielmehr lautet die Einladung:

Komm' und sieh'!

Das Sehen aber, das müssen wir selbst. Die Buddha-Lehre hilft uns, die Augen zu öffnen und unsere geistige Blindheit zu überwinden. So verglich der Buddha seine Lehre mit einer edlen Arznei, die alles Leid und alles Böse heraustreibt. (6) Eine Arznei hilft aber nicht bereits dadurch, dass der Arzt ihre Wirkungsweise erklärt oder dass wir die Beschreibung auf ihrer Verpackung lesen. Wir müssen sie anwenden. Ebenso kann die Buddha-Lehre uns nur heilen, uns zum Heil führen, wenn wir sie in die Praxis umsetzen, das heißt im Alltag nach ihr leben. Erst dann wird für uns der Dhamma [die Lehre des Buddha], die Botschaft höchsten Glücks, zu einer lebendigen religiösen Erfahrung.

Liebe Freunde, bei dem Bemühen, die Lehre des Erhabenen zu verbreiten, gelangen wir schließlich an eine Grenze, wo die Wahrheit, die dem Dhamma zugrunde liegt, nur unmittelbar durch eigenes Schauen erkannt werden kann, nicht aber durch Worte zu erklären ist. Die Antwort auf letzte Fragen liegt im Schweigen, denn - wie schon der weise Laotse erkannte - die größte Offenbarung ist die Stille.

Dort ist die Begegnung mit dem, das keinen Namen hat.

MÖGEN ALLE WESEN GLÜCKLICH SEIN !

H.B.

Anmerkungen

Die Quellenangaben sind mit den üblichen Abkürzungen aus den Lehrreden des Buddha:
(1) Majj.-Nik.26.
(2) Ang..-Nik.8,30,15.
(3) Ang.-Nik.8,19,44.
(4) Digha-Nik.46,2,25.
(5) Majj.-Nik. 26.
(6) Ang.-Nik.40,109

Weiteres

> Die Lehre des Buddha (Einführung)

> Die Vier Edlen Wahrheiten des Buddha