Ein toller Tag in Kempten (Stadtrundgang)

24.07.24; Version 1.3.4
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Ein toller Tag in Kempten im Allgäu, einer Schwabenstadt in Bayern.
Oder: Kempten für Neugierige und Beginner
Oder:  Neuester Führer durch die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten.
Nach den neuesten Quellen und eigener Anschauung bearbeitet, mit Zusätzen u. Verbesserungen

Begrüßung:
Grüß Gott und herzlich willkommen!
Ach ja, ich stelle mich erst einmal kurz vor:
Ich bin Carsten Vogt, Buchhändler, und zugereister "Preuße" aus Westfalen.
Mit einer waschechten Alllgäuerin aus Kempten bin ich verheiratet, und so quasi bayerisch eingebürgert. Welch ein Glück!
Und heute bin ich Ihr StadtVerFührer!

Fragen Sie sich kurz: Was verbinden Sie bisher mit Kempten und dem Allgäu?

2000 Jahre alt und quietschlebendig: Das ist Kempten heute.
(Die Metropole im Allgäu – oder eher eine Provinzhauptstadt?
Die älteste Stadt in Deutschland?
Warum gehört Kempten zu Schwaben?)

Jedenfalls: Lassen Sie sich überraschen!
Plaudern wir doch ein wenig über Kempten und das Allgäu.

Ihr Tour Guide hat allerdings ein Problem: Wo ist der beste Einstieg in einen historischen Stadtrundgang?
Der Fremdenführer sagt: Geschichtlich gesehen sicherlich im Gallo-römischen (antiken) Bezirk. 
Der Stadtführer meint: Andererseits: Vom historischen Rathaus aus, da dort die Tourist-Info ist.
Ich habe mich aber dazu entschlossen, den Rundgang vom Zumsteinhaus, dem neu-konzipierten "Wohnzimmer der Stadt" (unbedingt besuchen!), zu starten.

(Laufnah sind genügend Parkplätze, wie z. B. Parkplatz/Tiefgarage am Königsplatz (kostenpflichtig).
Auch die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist gut möglich.)
Aber natürlich ist der Einstieg, an welcher Stelle auch immer, Ihnen selbst überlassen.
Und: Sie müssen keine der Stationen machen, Sie dürfen aber.
Was interessiert Sie?

Einführung:
Kempten blickt auf eine wenigstens 2000-jährige Geschichte zurück.
Als einstige antike Römerstadt Cambodunum, vormals keltisch "Kambodounon" (übersetzt etwa: "Burg an der Krümmung oder auf einer Halbinsel“), hat Kempten heute ca. 70.000 Einwohner und ist die größte Stadt im Allgäu.
Die Stadt  wuchert an  den Rändern zunehmend aus; zur Reduzierung  hilft die Nachverdichtung  im Baubestand.
Der Migrationsanteil der Stadt beträgt ca. 38 Prozent.
Konfessionen: ca. 40 Prozent katholisch, 15 Prozent evangelisch.
Neben Einzelhandel, Tourismus und dem Dienstleistungsbereich sind vor allem Milchverarbeitung, Maschinenbau und Verpackungsindustrie von großer Bedeutung.
Dazu kommt eine stetig wachsende Hochschule.
So ist die Stadt das wirtschaftliche Zentrum der Region.
Die Arbeitslosigkeit ist stabil gering.
Jedenfalls: Kempten liegt mitten im wunderbaren Allgäu, in einer Höhe von 646 m bis 915 m ü. dem Meeresspiegel.
Von Kempten hat man bei schönem Wetter an vielen Stellen einen herrlichen Blick auf die Allgäuer Alpen und man kann sogar die Zugspitze sehen, den höchsten Berg Deutschlands.
Der Hausberg des Allgäus ist der Grünten, der "Wächter des Allgäus".
Und natürlich hat Kempten auch einen Hausberg: Den Mariaberg.

Neben Trier, Worms, Xanten und anderen Städten beansprucht Kempten den Zusatz "älteste Stadt Deutschlands" für sich.
Da die Römer von Süden kamen, erscheint dies sehr wahrscheinlich. (Dies ist ein Witz!)
Eine amtlich bestätigte „älteste Stadt Deutschlands“ gibt es nicht!
Die älteste Stadt Deutschlands ist Kempten vielleicht nicht.
Das Attribut kommt vielmehr durch die Erwähnung in dem 18 n. Chr. erschienenen 4. Buch des Geografen Strabon als keltische(!) Polis Kambodounon (griechischer Name). Über einer Furt durch die unberechenbare Iller auf dem rechten Hochufer entwickelte sich daraus die römische Stadt Cambodunum, "Burg an der Flußkrümmung", das heutige Kempten.
Somit ist Kempten die älteste schriftlich-erwähnte Stadt in Deutschland.

Erst 1818 wurde die in katholische Stiftsstadt und evangelische Reichsstadt geteilte Doppelstadt Kempten unter Napoleon vereinigt und gleichzeitig bayerisch.
Heute, etwa 200 Jahre später, fällt es schwer zu glauben, dass das jetzt vereinte Kempten früher getrennt war.

Die folgenden Stationen führen Sie zu vielen (nicht allen) Sehenswürdigkeiten der ehemaligen Römerstadt und ehemaligen Stifts- und Reichsstadt.

Zumsteinhaus:
Das schönste klassizistische Bürgerhaus der Stiftsstadt, das Zumsteinhaus, bekam seinen Namen durch die französische Kaufmannsfamilie namens de la Pierre, d. h. Zumstein, und wurde 1802 errichtet.
Im Laufe der Zeit fungierte das Zumsteinhaus zeitweise als römisches Museum, später als zunehmend angestaubtes Naturkundemuseum mit Mineraliensammlung.
Seit 2019 werden die Räumlichkeiten des Gebäudes nach langer Pause wieder als Museum genutzt.
Das Kempten-Museum, „Das Wohnzimmer der Stadt“, vermittelt auf vielfältige Art und Weise mit seinen elf Themenräumen das kulturelle Erbe der Stadt und macht die Stadtgeschichte Kemptens auch multimedial erlebbar.

Daneben das sehenswerte Gittertor von 1830 mit seltener perspektivischer Darstellung.
Dahinter liegt der Stadtpark, entstanden in den 1890er Jahren anstelle einer Wiese, 2018/19 umgestaltet, auf dessen Gelände auch jährlich im August die Allgäuer Festwoche stattfindet.
Die Allgäuer Festwoche ist mit ca. 200000 Besuchern eine der bedeutendsten regionalen Wirtschaftsmessen in Deutschland und zugleich das größte Sommerfest im Allgäu.
Ein Ärgernis im Stadtpark sind die zahlreichen nistenden und unter Naturschutz stehenden Saatkrähen.
Direkt neben dem Stadtpark die ZUM, die Zentrale UMsteigestelle für Busse, etwas sehr unübersichtlich gestaltet.

Für jedermann soll Geschichte ohne Hemmschwelle begreifbar sein, so ist der Eintritt in das Kempten-Museum immer frei!
Hier können Sie gleich mehrere Tage verbringen. :-)
Weitere Informationen zum Museum und den Öffnungszeiten finden Sie unter:www.kempten-tourismus.de/kempten-museum-im-zumsteinhaus.html

Hildegardplatz:
Der Hildegardplatz im Bereich der ehemaligen Stiftsstadt beherbergt neben der St. Lorenz-Basilika, dem Hildegardbrunnen und dem Landhaus (einst der Sitz der fürstäbtlichen Regierung; hier tagten die Landstände, die als Ständevertretung mit an der Regierung des Stiftgebietes beteiligt waren) noch eine weitere Attraktion in Kempten: den Wochenmarkt.
In der Sommersaison, von April bis November, verwandelt sich der ganze Platz mittwochs und samstags in einen lebendigen Marktplatz, auf dem Händler ihre regionalen Produkte verkaufen. (In Kempten trifft man sich auf dem Wochenmarkt auch insbesondere zum "Würschtle-Essen" (z. B. "Scharfe" (Bergsteiger), Weißwurst oder Wienerle mit frischer Brezen, ideal von Wipper) oder auf einen Kaffee.)
Warum gibt es zwei Wochenmarktttage? Dies liegt an der ehemals geteilten Stadt: Stiftsstadt und Reichsstadt hatten unterschiedliche Markttage.

Benannt wurde der Platz nach der dritten Frau Karl des Großen, dem späteren römisch-deutschen Kaiser, die außer jener Namensgebung nur in Bezug auf ihre Hochzeit (14-jährig), ihr Ableben (26-jährig) und als Mutter von 9 Kindern Erwähnung fand, jedoch als Stifterin des Klosters gilt.
Die heutige Platzgestaltung ist aus 2013/14.

St. Lorenz-Basilika: 
Früher thronte auf dem Hügel des Hildegardplatzes anstelle der heutigen Basilika die Pfarrkirche „St. Lorenz uff’m Berg“, welche allerdings während des Dreißigjährigen Krieges weitestgehend zerstört wurde.
1632 besetzten und plünderten die Schweden das Fürststift Kempten. Die Bewohner der reformierten Reichsstadt zerstörten anschließend die Gebäude systematisch und gründlich.

Gleichzeitig mit dem Neuaufbau der fürstäbtlichen Residenz durch den Fürstabt begann auch die Neuerrichtung einer Benediktinerstifts-Kirche, die durch einen Sakristeianbau mit dem Residenzgebäude verbunden wurde.
Es ist dies der erste große Kirchenbau in Süddeutschland nach dem Dreißigjährigen Krieg (Baubeginn 1652, Baumeister Michael Beer und Johann Serro, 1670/1672 fertiggestellt).
Nach Fertigstellung von Kirche und Residenz entstand schließlich die ländlich geprägte Stiftsstadt, welche im Jahre 1728 ihr eigenes Stadtprivileg erhielt.
So gab es zwei Städte mit dem Namen Kempten.

St. Lorenz wurde 1969 von Papst Paul VI. zur Basilica minor erhoben. Diese Auszeichnung bekommt eine Kirche nur dann, wenn sie eine überregionale Bedeutung oder eine herausragende künstlerische Ausstattung hat. Hier ist es beides.
Schauen wir zu den beiden Türmen. Was man nicht vermutet: Die oberen Hauben wurden erst kurz nach 1900 aufgesetzt,
Im Inneren der Kirche sind u. a. ein Altar von Jörg Lederer und das Chorgestühl mit seltenen Scagliolaplatten sehenswert.
Die Glocken auf Youtube https://youtu.be/-FT5MbWPCzg

Empfehlung:
Abstecher über den Stiftsplatz zum Kornhaus mit Kornhausplatz und in das dahinter liegenden ehemaligen Wohn- und Handwerkerviertel der ehemaligen Stiftsstadt. Kleine, verwinkelte Gassen und viele alte Häuser entzücken. Seelenkapelle, bis 1804 Friedhofskapelle der Stiftsstadt, heute russisch-orthodox.
Auch weiter zum Marstall (Pferde und Kutschen waren hier untergebracht), um 1730 erbaut. Das Alpin-Museum (und Skimuseum) im Marstall, auch mit alpenländischer Galerie, schloss Ende 2021 seine Türen. Ab 2023 könnte der Marstall in Vorbereitung auf eine potentielle Landesausstellung und eine Umwandlung in ein Allgäu-Museum baulich ertüchtigt werden.

Residenz:
Der große, monumentale Klosterkomplex, der den Residenzplatz so herrschaftlich ziert, wurde 1651 am Standort des ehemaligen Benediktinerstifts (ca. 750 bis 1803) unter dem jungen Fürstabt Roman Giel von Gielsberg neu errichtet.
Die Residenz war zugleich Fürstensitz und Kloster und umschließt zwei Innenhöfe: den Konventhof, dessen Zutritt nur den Geistlichen gestattet war, und den Residenzhof, der für alle offen stand.
Nach der Säkularisation 1803 kam es zu einer Umfunktionierung der Residenz zur Schlosskaserne bis 1945.
Zwar durfte der letzte Fürstabt samt seinen Stiftsherren weiterhin dort residieren, wurde aber nach und nach vom bayerischen Militär eingeengt, das sich in den leer gewordenen Bereichen des Gebäudes breitmachte.
Einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg siedelte sich die Justiz in den Räumlichkeiten des ehemaligen Klosterkomplexes an und ist dort bis heute sesshaft, in Form des Amts- und Landgerichts Kempten.
Es werden regelmäßig Führungen durch die sehenswerten Prunkräume mit hervorragender Rokoko-Ausstattung, die einmalig im süddeutschen Raum sind, und den stuckierten Fürstensaal angeboten.
Weitere Informationen zu den Eintrittspreisen und Öffnungszeiten finden Sie auf www.kempten-tourismus.de/prunkraeume-der-residenz.html

Hofgarten und Orangerie:
Mit dem Neubau der Fürstäbtlichen Residenz wurde 1651 eine barocke Schlossgartenanlage angelegt, welche zur Nahrungsbeschaffung für das Kloster diente. Um die täglich über hundert Menschen des Benediktinerklosters, die von der Hofküche versorgt werden mussten, ernähren zu können, verfügte der Hofgarten ursprünglich über drei Ebenen. Auf diesen drei Ebenen befanden sich schließlich vier künstlich angelegte Fischweiher zur Zucht von Karpfen, sowie Anbauflächen für Obst und Gemüse.
Dort wo damals die Fischteiche lagen, thront heute ein rechteckige Brunnenanlage mit Fontänen.
Oberhalb davon steht eine Robinie mit ihrem kräftigen und außergewöhnlich geformten Stamm. Der Baum stammt aus Zeiten der Fürstäbte und wurde vermutlich Mitte des 18. Jahrhunderts dort gepflanzt. Den oberen Teil des Hofgartens ziert nicht nur die Robinie und die liebevoll gepflegten Blumenbeete, sondern vor allem das Mosaik-Wasserbecken, in dem die bedeutendsten Gebäude der Reichs- und Stiftsstadt gegenübergestellt sind. 

Als nördlicher Abschluss des Hofgartens wurde 1780 die Orangerie unter Fürstabt Honorius Roth von Schreckenstein erbaut.
Das Gebäude diente ursprünglich lediglich der Überwinterung von mediterranen Pflanzen.
Im Laufe der Zeit allerdings durchlebte es verschiedenste Verwendungszwecke, wie beispielsweise die Nutzung als Wohnhaus, Obdachlosenasyl, Offizierskasino oder Jugendherberge. Seit 1963 befindet sich darin die Stadtbibliothek.

Schwegelin-Brunnen: Die letzte Hexe
Der steinerne Brunnen auf dem Residenzplatz erinnert an den letzten Hexenprozess auf deutschem Gebiet.
Dieser fand 1775 in Kempten statt, als Maria Anna Schwegelin gestand, ein Bündnis mit dem Teufel eingegangen zu sein, und sie wurde zum Tod durch das Schwert verurteilt. Die Dienstmagd hatte jedoch Glück im Unglück: Da bereits das Zeitalter der Aufklärung angebrochen war, kam es nie zur Hinrichtung der vermeintlichen „Hexe“.
Dennoch musste Maria Anna Schwegelin ihre restlichen Lebensjahre im Gefängnis der Stiftsstadt absitzen, wo sie sechs Jahre später eines natürlichen Todes starb.

Bausünde 1?
Galeria-Kaufhof (ehemals Horten), 1971 eröffnet, ist nicht weit entfernt. Früher stand hier der Schlachthof. Über Stil mag man streiten! Von außen waren und sind die Horten-Kaufhäuser an den charakteristischen "Horten-Kacheln" zu erkennen. Der Bau genießt heute wohl Bestandsschutz.
https://www.allgaeuer-zeitung.de/allgaeu/kempten/als-statt-der-galeria-noch-ein-schlachthof-neben-der-residenz-stand_arid-21713

Gegenüber vom Schwegelin-Brunnen, im Zugang zur Fußgängerzone, stand früher das Klostertor, welches Reichsstadt und Stiftstadt einen gemeinsamen Verkehr ermöglichte.
Es war das am stärksten befestigte Stadttor Kemptens, was neben der militärischen Bedeutung auch repräsentativen Charakter hatte, weil es direkt neben dem Kloster des ehemaligen Stadtherrn stand.
Eine Steinstele in der Fußgängerzone erinnert an die ehemalige Stadtbefestigung.

Wir gehen über die Gerberstraße, Teil der Fußgängerzone, leider durch Besucher wenig frequentiert, trotzdem es kostspielige Bemühungen (Wasserrad ("Filmspule“), Wasserlauf (von der Bevölkerung auch als „Pissrinne“ bezeichnet) gab, in der früher die Gerber arbeiteten und wohnten.
Im Mittelalter war der heutige Straßenzug mit Zunfthäusern besiedelt:
Neben der mitgliederstärksten Weberzunft hatten auch die Bäcker, Schuhmacher und Schneider dort ihren Zunftsitz.
Moderne Bauwerke des 20. Jahrhunderts entstanden während der sogenannten Altstadtsanierung, eines bundesweiten städtebaulichen Pilotprojekts, das 1959 begann. Kempten diente hierbei als Muster. Denkmalgeschützte Bauwerke wurden oft ungeprüft abgerissen, teilweise in moderner Baumethode wieder errichtet.
Die 2010 eingeführte Marke „Mühlbachquartier“ für die Gerberstraße gibt einen Mühlbach an, der aber eigentlich Schlangenbach oder Stadtbach hieß.
Eine Mühle ist an der Gerberstraße nicht belegbar.
In der Gerberstraße 24 steht das sehenswerte Weberzunfthaus, um 1460 erbaut.

Wir laufen Richtung Kronenstraße, wo wir dann entlang teilweise prächtiger Barockhäuser und an der Traditionsbäckerei Wipper (mit den berühmten, vielleicht weltbesten, Brezen) vorbei zum Rathaus abbiegen.

Rund um das Kemptener Rathaus:
Wo heute das Kemptener Rathaus steht, befand sich früher ein altes Fachwerkhaus, stammend aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, das der Reichsstadt als großer Kornspeicher (Kornschranne) diente 
Ab 1382 wurde das Bauwerk nicht mehr nur als Kornspeicher, sondern auch für den Stadtrat als Rathaus und obendrein als Gerichtsgebäude und Finanzhaus genutzt. Mit der Zeit wurde der Platz für die Instanzen und deren Tätigkeiten zu spärlich, weswegen das ursprüngliche Fachwerkhaus 1474 in einen größeren, soliden und schlichten Steinbau umgewandelt wurde. Im Gegensatz zu der nebenan gelegenen gleichnamigen Siedlung der Fürstabtei Kempten hatte nur die Reichsstadt ihr eigenes Rathaus.
Im Gebäude selbst befinden sich heute die Büros des Oberbürgermeisters, mehrere Sitzungssäle (Stadtrat) sowie das Trauzimmer und die ehemalige Schrannenhalle, die den Zweck eines Empfangssaals erfüllt.

Bis heute sind an der Ostfassade des dreistöckigen Rathauses die Göttin Justitia als Hinweis auf das ehemalige Gericht, ein goldenes Tierkreiszeichen und die acht Patrizierwappen links und rechts vom doppelköpfigen Adler, dem damaligen Reichsstadtwappen, zu entdecken.

Heinrich der Kempter: Eine nackte Tatsache am Rathaus Kempten
Erst auf den zweiten Blick fällt an der Wand an der Südseite des Rathauses ein ungewöhnliches Bild ins Auge:
Es zeigt einen nackten Mann, der gerade aus einem Badezuber steigt und sein Schwert vor seine edelsten Teile hält. Das ist: Heinrich der Kempter.
Wer war dieser Heinrich der Kempter?
Ob es ihn wirklich gab, ist keineswegs sicher. Er ist aber der Held einer Erzählung aus dem Mittelalter, die über die Jahrhunderte überliefert und dabei wahrscheinlich ziemlich ausgeschmückt wurde. Laut Überlieferung war er ein Ritter namens Heinrich Ritzner von Campimont, der zur Zeit Ottos des Großen im 10. Jahrhundert lebte.
Heinrich war an Ostern 953 mit vielen anderen Adeligen in Bamberg, als dort ein Streit eskalierte, in dessen Verlauf er den Truchsess des Kaisers erschlug. Otto verurteilte den hitzköpfigen Allgäuer daraufhin zum Tode, der aber setzte dem Kaiser seinen Dolch an den Hals und erzwang so seine Freilassung. Danach hielt er es für klüger, sich ins Allgäu zurückzuziehen.
961 dann zog Otto der Große in den Krieg nach Italien und forderte unter anderem im Stift Kempten Soldaten an, darunter auch Heinrich von Campimont. Der zog es verständlicherweise vor, Otto nicht direkt unter die Augen zu treten, sondern am Rand der vom Kaiser belagerten Stadt Monte San Leone zu kampieren. Dort nahm er an einem heißen Tag ein Bad in einem Zuber.

Heinrichs Heldentat:
Während der Ritter badete, traf sich ganz in der Nähe Kaiser Otto mit einigen italienischen Bürgern, die angekündigt hatten, mit ihm über die Übergabe der Stadt verhandeln zu wollen. Stattdessen zückten sie aber plötzlich ihre Schwerter und versuchten, den Kaiser gefangen zu nehmen. Das gab natürlich einigen Lärm, den Heinrich der Kempter hörte.
Als er begriff, was passierte, sprang er schnurstracks aus seinem Badezuber, griff sich Schwert und Schild und eilte seinem Kaiser splitterfasernackt zu Hilfe. Er war wohl ein großer und kräftiger Mann und ziemlich fit, jedenfalls streckte er angeblich etliche Angreifer nieder und gewann damit so viel Zeit, dass derweil andere Ritter dazustoßen und Otto beschützen konnten. Als sie kamen, stieg der reinliche Allgäuer wieder genüsslich in seinen Zuber!

Otto war ihm der Überlieferung nach so dankbar für seinen nackten Einsatz, dass er Heinrich dem Kempter nicht nur die Sache mit dem Truchsess verzieh, sondern ihn auch noch mit dem Lehen Thingau (heute: Unterthingau) beschenkte, so dass der aufmüpfige Ritter danach ein gemachter Mann war.
Eine tolle Geschichte, oder?
www.tief-im-allgaeu.de/heinrich-der-kempter

Rathausplatz mit Rathausbrunnen:
Zu Zeiten der damaligen Reichsstadt erfüllte der heutige Rathausplatz noch den Zweck des Marktplatzes.
Heutzutage wird der Platz nicht mehr als Marktplatz genutzt;, hier findet aber im Dezember der alljährliche Kemptener Weihnachtsmarkt statt und mit den umliegenden Wirtschaften und Restaurants ist er sehr beliebt.
1576 wurde vor dem Kemptener Rathaus ein Marktbrunnen errichtet, der sich aus einem achteckigen Brunnenkasten und einer geschnitzten Säule aus Eichenholz zusammensetzte. Als 1601 die Ansprüche der Reichsstadt stiegen, ersetzte man jene Holzkonstruktion durch ein Steinbecken und eine 20 Zentner schwere Bronzesäule. Dies ermöglichte die Einbindung von Wasserspeiern in Form von Delphinen und Putten in die Säule des Laufwasserbrunnen.
Auf der Säule thront die Figur eines römischen Feldherrn, der in seinen Händen die zwei Wappen der beiden patrizischen Bürgermeister Raimund Dorn und Josef König präsentiert. Diese Figur lässt die frühneuzeitliche Rückbesinnung und den Stolz auf die römischen Wurzeln der Stadt deutlich werden. Wie der Augustusbrunnen in Augsburg könnte so der Kemptener Rathausbrunnen als Denkmal für einen (fiktiven) römischen Stadtgründer gesehen werden.
Bei den Restaurationsarbeiten 1991 bis 1993 wurde der Standort des Brunnens auf ein näher am Rathaus gelegenes Betonfundament verlegt und die ursprüngliche Säule aus konservatorischen Gründen durch eine Nachbildung ausgetauscht.

Sehenswert: das (blau-graue) Ponickauhaus, ein stattliches Patrizierpalais, das den Westen des Rathausplatzes abschließt. Es gilt als reichsstädtisches Gegenstück zum Thronsaal der Fürstäbtlichen Residenz des Fürststifts Kempten.
Auch prächtig: der (gelbe) Londoner Hof; auf der anderen Platzseite das Neubronnerhaus, daneben links das Alte Zollamt. 

St. Mang-Kirche:
Seit bald 700 Jahren ist die heute evangelische St. Mang-Kirche ein Wahrzeichen der Stadt und trägt den Namen des Heiligen Magnus, eines Missionars aus St. Gallen und des (!) Apostels des Allgäus.
Zu Beginn war die St. Mang-Kirche eine dreischiffige romanische Basilika, bereits im 10 Jhdt. war hier eine Pfarrkirche zu finden.
1426 bis 1428 wurde diese anschließend nach Westen verlängert und in gotischem Stil modernisiert
1527 trat die Reichsstadt zum evangelischen Glauben über.
1533 kam es zum Bildersturm.
1767/68 wurden die Haupt- und Seitenschiffe des 34 Meter langen und 17 Meter breiten Bauwerks barockisiert, bevor hundert Jahre später wieder eine „Regotisierung“ durchgeführt wurde. Die noch erkennbaren barocken Überbleibsel sind beispielsweise die acht Putten, oberhalb der Seitenschiffe.
Der Kirchturm (66 m hoch) bis zur Höhe der Turmuhr ist noch aus romanischer Zeit.
Eine Besonderheit im Inneren der Kirche: Die Bürgermeisterloge, genau gegenüber der Kanzel.
Der Hauptaltar im Chor stammt übrigens nicht aus dem Spätmittelalter, sondern wurde erst Ende des 19. Jhdts. nach Motiven von Tilman Riemenschneider geschnitzt und 1894 auf der Weltausstellung in Chicago gezeigt. Zurück in Deutschland hat man ihn dann für die St. Mang-Kirche gekauft.
Eine weitere Eigenheit stellen die umklappbaren Sitzbänke dar.
Je nachdem, ob die Predigt auf der Kanzel oder vom Altar abgehalten wird, können die Zuhörer mithilfe der Klappbänke ihre Sitzrichtung anpassen und müssen nie mit dem Rücken zum Redner sitzen.
Die Glocken auf Youtube https://youtu.be/Zf6EKRA-jqA

St. Mang-Platz:
Der St. Mang-Platz, so wie wir ihn heute sehen, entstand erst aufgrund der Stilllegung des reichsstädtischen Friedhofs und dessen Verlegung unter die Burghalde 1535/37. Dadurch wurde die Fläche um die damalige Friedhofskapelle „frei“ und konnte anderweitig genutzt werden.
Geschmückt wird dieser Platz durch den Jugendstilbrunnen, den modernen Eingang der Erasmuskapelle, die Pax-Glocke, das Rote Haus, das Jenisch-Haus sowie das Mühlberg-Ensemble, einer mittelalterlichen Häusergruppe, die besondere Bekanntheit durch umfangreiche Funde in den Fehlböden und Wandverkleidungen erlangte, die während Ausgrabungsarbeiten im Vorfeld und parallel zu den Sanierungsarbeiten im Winter 1996/97 geborgen wurden.

Jugendstilbrunnen:
Den optischen Höhepunkt des St. Mang-Platzes stellt der im Jahr 1905 von Prof. Georg Wrba erschaffene Jugendstilbrunnen dar.
Er zeigt den Heiligen Magnus, den Apostel des Allgäus, inmitten eines großen Baldachins. Um ihn und das zentrale Becken herum befinden sich vier wilde Tiere samt Reitern, die die ungezähmte Wildnis verbildlichen sollen, Sinnbild für das wilde Allgäu, in das der Heilige Magnus das Licht der Zivilisation brachte. Unter die gewöhnlichen Tiere, wie Hirsch, Hirschkuh und Steinbock mischt sich hier zudem ein Einhorn. (An dem Kinder, besonders am Horn, gerne herumturnten und sicherlich herumturnen.)
Die Knaben auf den Tieren verkörpern die vier Elemente: Feuer (Hufe), Erde (Menschenfüße), Wasser (Flossen), Luft (Vogelkrallen).

Unterirdische Erasmuskapelle:
Errichtet wurde die Erasmuskapelle gegen Ende des 13. Jahrhunderts und fungierte zu dieser Zeit zunächst als zweigeschossige Karnerkapelle.
Im Erdgeschoss befand sich die Friedhofskapelle (Michaelskapelle), wohingegen das Untergeschoss als Beinhaus genutzt wurde (Erasmuskapelle).
Als im 14. Jahrhundert beide Geschosse durch einen heftigen Brand beschädigt wurden, fanden daraufhin mehrere Renovierungsarbeiten und Umbauten statt. Mit der Profanierung 1557 wurde aus der Michaelskapelle, dem Erdgeschoss, ein Leinwandschauhaus und aus der Erasmuskapelle, dem Untergeschoss, ein Weinkeller mit Trinkstube.
Im Laufe der Zeit wurde das Gemäuer baufällig und die Mauern der Michaelskirche Stein für Stein abgetragen. Die Gemäuer der Erasmuskapelle hingegen blieben unberührt, allerdings füllte man das Untergeschoss vollständig mit Bauschutt auf. Als im Zuge des Zweiten Weltkrieges quer über den Platz ein Splittergraben angelegt und die Westmauer der unterirdischen Ruine in Folge dessen durchbrochen wurde, erfuhren die Räumlichkeiten eine erneute Umfunktionierung.
Erst bei Grabungen zur Umgestaltung des St. Mang-Platzes in 2003 stießen Archäologen per Zufall auf die etwa 500 Grabstellen des ehemaligen Friedhofgeländes und die Überreste der unterirdischen Erasmuskapelle.
Aufgrund der zahlreichen Funde konnten die Archäologen Zusammenhänge der Stadtbesiedlung knüpfen und erklären.
2010 wurden schließlich die erhaltenen Ausgrabungsstücke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seither ist die Erasmuskapelle eine beliebte Sehenswürdigkeit und begeistert mit ihrer kompakten und dennoch äußerst informativen Multivisionsshow. In nur 15 Minuten wird hier Geschichte lebendig gemacht und lockt täglich zahlreiche Besucher an.
Weitere Informationen zu Eintrittspreisen und Öffnungszeiten finden Sie www.erasmuskapelle-kempten.de
Anmerkung: Im Kemptener Untergrund gibt es viele spannende Geschichten.

Bäckerstraße:
Die Bäckerstraße (dort auch Durchgang über einen Innenhof zur Arkadenwand mit Wandmalereien aus dem späten 15. Jhdt.) zählt zu einem der mittelalterlichen Straßenzüge der damaligen Reichsstadt und somit zu einem der ältesten Siedlungskernen. Die aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammenden Gebäude, wie das Rote Haus oder das Jenisch-Haus, mit teils mittelalterlichem Ursprung prägen das Straßenbild mit altstädtischen Akzenten.

Ein Abstecher über Mehlstraße, Vogtstraße und Müßiggengelzunfthaus (Sigmund-Ullmann-Platz) ist empfehlenswert. 

Ankergässele:
Das Ankergässele mit dem Ankertörle, dem einzigen erhalten Stadtmauerdurchgang aus dem Mittelalter, allerdings in der Bauform des 18. Jahrhunderts, ist in Richtung Iller ein weiterer romantischer Winkel.
Das Ankertörle wurde wegen des ursprünglich kleinen Einlasses auch Lochtörle genannt.
Oberhalb des Törchens ist der Wehrgang erhalten.
Unter der alten Stadtmauer wurde privat initiiert in mühsamer Arbeit ein zugeschütterter Gang freigelegt.
„Das war ein Versorgungsgang, der sich unter der ganzen Ringmauer um die Reichsstadt hinzog“, sagt der Architekt Dietmar Prokop.
Bei ihm kann man den Gang aus romanischer Zeit noch begehen.
„Wir sind hier drei Meter unter der Straße“, erklärt seine Frau Margarete. Die Mauern sind mindestens einen Meter dick.
„Die Stadtmauer beim Ankertor wurde aus Steinen der Römerstadt Cambodunum und Kemptener Steinbrüchen gebaut.“
Der benachbarte Anker gehört heute den Architekten Diepolder, Seger und Himmel.
Diese sind stolz auf ihre offenen Bruchsteinmauern und den alten Ofen im Keller, in dem früher Metall verarbeitet wurde, dem man durch einen Glasfußboden bestaunen kann.

Kein Abstecher, sondern so etwas wie "Pflicht":
Es geht über den Illersteg in ca. 400 Metern (erreichbar z. B. über die Heinrichgasse)  (m. E. ist dieser Weg empfehlenswerter als über die näherliegende Illerbrücke, eine der (sanierungsbedürftigen) Hauptadern der Stadt) gegenüber vom Stadttheater (die "Wolke" (Künstler: Christian Huber) dort erfrischt vielleicht) zum gallo-römischen Bezirk "Archäologischer Park Cambodunum".

Zur Iller:
Der Gebirgsfluss (Iller: von  keltisch "ilara", "eiilig"), als 147 Kilometer langer rechter Nebenfluss der Donau, zerschnitt und zerschneidet die Stadt, ist aber auch zur z. B. Energiegewinnung für die Textilerzeugung lebenswichtig gewesen und mit Hochwasser auch gefährlich. Bis heute aber wird in Kempten die Iller leider zu wenig "erlebt".

Erstmalig taucht der Begriff „Kambodounon“ in Schriften des antiken griechischen Geograf Strabon ( geboren 63 v. Chr.; gestorben 23 n. Chr.) auf.
Strabon berichtete von „Kambodounon“ als eine Polis (Stadt) des Keltenstammes der Estionen in Bezug auf die Eroberung des Voralpenraums durch die Römer. Damit besitzt Kempten das älteste schriftliche Zeugnis einer urbanen Siedlung zu Zeiten der Römer in Deutschland.
Jedoch fehlt bis heute jeglicher Beweis für die Existenz einer keltischen Siedlung. Die seit 1885 durchgeführten archäologischen Forschungen bezeugen ausschließlich den Bestand einer römischen Stadt Cambodunum auf dem östlichen Hochufer der Iller, welche unter Kaiser Augustus begründet wurde.
Die Polis war das Verwaltungszentrum der Provinz Rätien, erlebte im 1. Jahrhundert nach Christus ihre größte Blütezeit, bevor im 2. Jahrhundert n. Chr. Augusta Vindelicum, das heutige Augsburg, Provinzhauptstadt wurde.
Heute sind die Ausgrabungen für die Öffentlichkeit im Freiluftmuseum des „Archäologischen Parks Cambodunum“ zugänglich. Mit dem gallo-römischen Tempelbezirk, dem Forum und den kleinen Thermen des Statthalterpalastes gibt der Archäologische Park seinen Besuchern einen Einblick in das antike Leben der Römer, sowie deren Glauben, Körperpflege und vieles mehr.

Weitere Informationen zu Eintrittspreisen und Öffnungszeiten finden Sie unter www.kempten-tourismus.de/archaeologischer-park-cambodunum
Neu seit Oktober 2020: Erkunden Sie das antike Kempten – digital und barrierefrei!
Reise in die Römerzeit: Erlebnis-Rundweg mit App im Archäologischen Park Cambodunum (APC)
https://www.apc-kempten.de/de/apc-gelaende/erlebnis-rundweg-mit-app (Wirklich toll gemachte App, funktioniert leider aber nur standortbasiert.)
Hörfeature, ca. 23 Minuten: Kelten und Römer  in Kempten https://www.br.de/mediathek/podcast/alles-geschichte-history-von-radiowissen/weltmacht-rom-cambodunum-aka-kempten/1859180

Wegen des zunehmenden Drucks durch Alemannen (auch Schwaben genannt)  war Kempten ab dem 3. Jahrhundert Grenzstadt am römischen Limes und erhielt mit Cambidanum ein spätrömisches Kastell unter bzw. auf der heutigen Burghalde.
Mit etwas Glück erhalten Sie in der Taberna (eher ein Kiosk, nebenan der Verkauf der Eintrittskarten für den Tempelbezirk) vinum conditum (römischen Würzwein), lucanicae (Lukanerwurst), crustulum (Honigplätzchen).
Die Lukanerwurst (ein eigenes Rezept, mit einer örtlichen Metzgerei erschmeckt) kann man, wenn man/frau nett bittet, auch (ungebraten) frisch für den späteren  Gebrauch kaufen.

Auch hier ist noch ein kurzer Abstecher möglich:
Die  Lindenberg-Siedlung rund um St. Ulrich ist neuzeitlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viele Flüchtlinge und Abgeschobene nach Kempten. Um für sie schnell Wohnraum zu schaffen, wurden von den Kemptener Wohnungsbaugesellschaften auf dem Lindenberg Wohnbauten (auch Reihenhäuser) auf dem Gelände errichtet. Empfehlenswert ist das Eis im Eiscafé Cordella. 

Von antiken Kempten zurück ins Illertal:
Ein Abstecher über die denkmalgeschützte Rosenau, einer ursprünglich mechanischen Baumwollspinnerei und -weberei. In den Fabriken waren zeitweise bis zu 2000 Menschen gleichzeitig beschäftigt, heute sind dort Wohnungen (Lofts) und teilweise Neubauten. Wir gehen über die Rosenaubrücke, dann entlang der Iller zur Illerbrücke, dort noch ein ganz kurzer Abstecher zurück zur rechten Illerseite, zur Aussichtsplattform mit Café.

Zurück zu linken Illerseite:
Entlang  vom Waisentor zum Illertor:
Das Waisentor wurde im Jahr 1865 abgebrochen. In den Jahren 1986 bis 1988 wurde das Tor aus Stahlbeton nach Osten versetzt wieder errichtet.

Das Illertor:
Nach der Verlegung der Iller begann Ende des 13. Jahrhunderts die Errichtung der Stadtmauer, ein mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Mauerring um die damalige Reichsstadt. 
Die ehemalige Stadtmauer Kemptens besaß insgesamt neun Tortürme, dazu sonstige Türme ohne Maueröffnung und insgesamt nur zwei vorgesehene Durchlässe (Tor ohne Turm). Zu einem dieser Durchlässe zählte das Illertor, auch Metzgertor genannt, aufgrund seiner Nähe zur Stadtmetzge. Das östliche Stadttor stellte mithilfe der Illerbrücke eine Verbindung zur Illervorstadt dar.
Zwar wurde das Tor 1876 aufgrund der Verbreitung des Zugangs über die Brücke in die Stadt abgerissen, durch eine Bürgerinitiative 1990 jedoch mit einem leicht abgeänderten Standort wiedererrichtet.

Hinauf zur Burghalde:
Die Burghalde ist einer der ältesten besiedelten Bereiche der Stadt; der Hügel mit einst spätrömischen Kastell (bis ins 5. Jhdt.) nach Aufgabe der "Römerstadt Cambodunum", war vormals von der Iller umflossen.
Im Mittelalter war es die Burg die Klostervögte.
Im 14. Jhdt. rang die Rechtstadt immer mehr um Unabhängigkeit vom Fürstabt. 1363 kamen die Bürger bewaffnet zum Martinsessen und stürmten die Burg. Der Fürstabt musste fliehen, die Burg wurde teilweise zerstört. Einige Jahre später verkaufte der Fürstabt die Burghalde an die Reichsstadt. Das Verhältnis blieb aber weiterhin zerrüttet.
Dann kam der Bauernkrieg, und der Fürstabt suchte Schutz in den Mauern der neutralen Reichsstadt. Die Bürger nutzten seine Notlage und erwarben alle seine Besitzungen innerhalb der Stadt.
Erst durch diesen sogenannten "Großen Kauf "1525  wurde die Reichsstadt wirklich frei.

Seit 1950 wird auf der Burghalde die Freilichtbühne für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Das Allgäuer Burgenmuseum (wenn (eher selten) geöffnet) und der kleine Kräutergarten laden ein.
Der Bergblick ist dort teilweise jedenfalls super!
Schafe beweiden übrigens seit einigen Jahren den steilen Hang schonend.
Leider ist auch die Burghalde wenig frequentiert, was auch an den ausbesserungswürdigen Zugängen liegt.

Bausünde 2?
Dies ist eigentlich keine Bausünde, sondern eine Sünde an Vernachlässigung.
Das Beginenhaus, das "schlafende Denkmal", aus mehreren Häusern (mit Nonnenturm an der Stadtmauer), bestehend, aus dem 14. Jahrhundert.
Der letzte Mieter zog 1984 aus; seitdem stehen die Häuser leer.
Und es passiert nichts, trotz Zusagen der Stadt, die zurückgezogen wurden
https://www.beginenhaus-kempten.de
https://de.wikipedia.org/wiki/Beginenhaus_(Kempten)

Bausünde 3?
Wir gehen den Freudenberg hinauf.
Rechts sehen wir das "Quelle-Haus" (heute die bekannte Drogerie Müller), links Illerkauf und vor uns das Zentralhaus, heute  Allgäu Tower. Die 70er-Jahre lassen grüßen. Immerhin:  Es gibt im Allgäu Tower einen Aufzug (Geheimtipp!) zum Restaurant Skylounge, mit Mega-Aussicht auf Kempten und die Berge.

Fischerstraße/Fußgängerzone:
Die Fußgängerzone erstreckt sich vom nördlichen Residenzplatz, über die Klostersteige, Fischerstraße bis hoch zur Bahnhofstraße und dem Forum Allgäu im Süden.
So ist dies insgesamt über ein Kilometer pures Shoppingvergnügen!
Schon in der früheren Reichsstadt war die Fischerstraße eine der Hauptverkehrsadern. Auch nach der Säkularisation ermöglichte die Fischerstraße weiterhin wichtige Verkehrsflüsse, wie beispielsweise zwischen dem alten Bahnhof, dem Standort des heutigen Forums, und der fürstäbtlichen Residenz, die zur damaligen Zeit als Schlosskaserne des bayerischen Militärs genutzt wurde. Um jedoch dem militärischen Verkehrsfluss gerecht zu werden, wurde 1866 das Fischertor abgerissen.
Im September des Jahres 1970 fand die Eröffnung der Fischerstraße als erste ausgebaute Fußgängerzone in Bayerisch-Schwaben statt.
Der dem früheren Oberbürgermeister August Fischer gewidmete Brunnen in der oberen Fischerstraße wurde damals von Theodor Feneberg gestiftet, anlässlich der dortigen Eröffnung seines ersten Selbstbedienungslebensmittelgeschäfts.

Bausünde 4?
Gegenüber vom Forum: Das große Loch.
Eine Dauerbaustelle seit 2010.

Abstecher zur BigBox, als größter Veranstaltungshalle zwischen München und Zürich, und zur Allgäuhalle/Tierzuchthalle (auch ehemaliges Außenlager des KZ Dachau) möglich.

Freitreppe:
Die zur Fußgängerzone hochragende Kemptener Freitreppe zählt nicht nur als eine der wichtigsten baulichen Veränderungen Anfang des 20. Jahrhunderts, sondern ist insbesondere ein Symbol für die Vereinigung von Stifts- und Reichsstadt geworden.
Kloster und Stadt waren bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts durch die Iller getrennt, die erst kurz vor 1300 in ihr heutiges Bett verlegt wurde.

Die Vereinigung der beiden ehemals verfeindeten Städte war ein nicht enden wollender Prozess, dessen Beginn der Abriss der Klostertors 1810 einleitete. 1818 folgte schließlich die Zwangsvereinigung durch das bayerische Gemeindeedikt.
Um die Altstadt und die Stiftsstadt bzw. Neustadt endgültig zu einer Stadt zu „fusionieren“, wurde 1903/04 die Freitreppe als symbolische Verbindung geschaffen.
Gegenüber der Freitreppe das sogenannte "Schlößle".

Wir sind am Ende unserer Stadteindrücke angelangt.
Bitte empfehlen Sie diese Stadtführung weiter.
Auf ein Wiedersehen in Kempten!

Postscriptum:

Eine Auswahl bekannterer Persönlichkeiten in lockerer Reihenfolge:

Eine Auswahl bekannterer Firmen in lockerer Reihenfolge:

Weitere, recht stadtnahe, Höhepunkte in lockerer Reihenfolge:

Öffentlche Toiletten:
Dank der Aktion „Nette Toilette“ verfügt die Stadt Kempten über ein flächendeckendes Netz an öffentlich zugänglichen, kostenfreien Toiletten.
Die Aktion "Nette Toilette" wird von folgenden Gastronomen angeboten (hier sind nur die für den Stadtrundgang in Frage kommenden aufgeführt):

Weitere öffentliche und barrierefreie Toiletten:

S. a. https://www.kempten.de/offentliche-toiletten-nette-toilette-535.html

Quellenangaben, sehr unwissenschaftlich:


PPS:
Eine bebilderte Version wie auch eine Audiotour sind grundsätzlich geplant, eine eigene App jedoch nicht.
Über Komoot und/oder GoogleMaps wird es einen aufgezeichneten Gang geben sollen.


Intern: Anmerkungen zur ggf. Bearbeitung

Prokop https://www.allgaeuer-zeitung.de/allgaeu/kempten/gewoelbe-tief-unter-der-stadtmauer_arid-156089?fbclid=IwAR1oq0CIINtJh6M0BZQaAEGsb4AEowThuQSlDowlDaS9qGebtMxtV1ksPak
Faltblatt mit Hauptdaten
"Rund um" als Schwerpunkt
Was Steine uns erzählen
Kinder entdecken Kempten ("drei Kirchen, ein Eis")