Allgäubahn

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Bahn- und Lok-Sounds in MP3-Format, wenn auch aus Österreich:
https://www.unsereoebb.at/de/downloads

Letztes Update 29.06.2022

Rechts und links der Eisenbahn - die Allgäubahn. Eine Voralpenstrasse auf der Schiene.
(München - Kempten; ehemals DB-Kursbuchstrecke 970, jetzt RE 70/76)

“Ein Mensch, der sonst zwar das Vergnügen
recht gern genießt in vollen Zügen,
legt grad beim Reisen, umgekehrt,
auf volle Züge wenig wert.”
(Eugen Roth)

"Ich bin nicht nur ein "Zugereister", ich reise auch mit dem Zug." (CV)

Mit dem Zug fahren: Das kann mehr sein, als nur die Fortbewegung von Ort A nach Ort B.

"Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen", bekannte Goethe, der noch beschwerlich mit Kutschen durch die Lande fuhr. Dass die Eisenbahn eine ganz neue Mobilität versprach, hat er leider nicht mehr erlebt.

Reizvoll ist die fast genau 130 km lange Tour mit der Eisenbahn von München nach Kempten. Bei klarem Wetter haben Sie, während Sie durch die sanften, grünen Hügel dahinfahren, z. B. häufig eine tolle Sicht auf die Allgäuer Alpen, die Zugspitze und auf den Auerberg, der Oberbayern vom Allgäu aus bewacht. In der Ferne auch der Hohe Peißenberg.

Der Herausgeber fuhr lange Jahre beinahe täglich die Strecke Kempten-München und zurück.  (Merke: "Ich pendle, also bin ich.")
Früher gab es einen schriftlichen Zugbegleiter für diese Strecke, „Der Fenstergucker“. Dieses Heftchen inspirierte mich zu dieser Zusammenstellung. Schauen Sie doch während Ihrer Reise nicht nur in die Zeitung oder das Buch, lassen Sie auch Ihre Augen schweifen. Lassen Sie sich ab-lenken durch die Landschaft, den "Film", der wie ein Kinobesuch ist. Lassen Sie sich spannende Geschichten erzählen - oder erfinden Sie gedanklich welche.

Vielleicht beantwortet Ihnen der vorliegende Text manche Ihrer Fragen und gibt Ihnen Wissenswertes über die Bahnstrecke München - Kempten, die Städte und Ortschaften und die Region mit. Ich wünsche Ihnen eine gute und störungsfreie Fahrt!

Ihr
Carsten Vogt
www.BuchVogt.de

Anmerkung: Skm = Streckenkilometer

München-Hauptbahnhof
Alle Wege führen nach München! Die bayerische Hauptstadt, das „Isar-Athen“, hat einen Charakter, den andere Großstädte vergeblich suchen. Stachus, Marienplatz, Dom (Liebfrauenkirche), Englischer Garten, Schwabing, Theatinerkirche und Maximilianeum, hier als Beispiele, lassen Lebensgefühle wach werden. Die Stadt leitet ihren Namen von einem alten Kloster ab (München = lat. „monasterium“ = Kloster), bei dem im Jahr 1158 Heinrich der Löwe eine Brücke über die Isar schlagen ließ. Um diese Brücke und das Kloster wuchs die Stadt, die zuerst Kurfürstensitz, dann Hauptstadt des Königreichs Bayern wurde.

Wir starten am sogenannten Starnberger Flügelbahnhof. 2015 strandeten hier Tausende bedauerliche Asylanten aus Syrien, Schwarzafrika und anderswoher.

Bis Geltendorf wird uns die elektrifizierte S-Bahn begleiten, bis Buchloe ist die Strecke jetzt auch elektrifiziert. Bei einem durchgehenden Zug fahren ist Diesel aber immer noch der Kraftstoff.

Skm 7.2:
Pasing
Bereits hier halten die Züge (auch die ICEs). Der Bahnhof ist einer der meistfrequentiertesten in Deutschland (und eigentlich auf das heutige Fahrgastaufkommen nicht ausgerichtet). Abzweig u. a. auf die langsame "Schnellbahn" zum Flughafen Erdinger Moos. (Es ist günstiger, gegebenenfalls hier den Zug auf die S-Bahn-Stammstrecke zu wechseln, da die Fuß-Entfernungen kürzer als am Hauptbahnhof sind.)
Der folgende Abschnitt - 1873 eröffnet - ist die jüngste von München ausgehende Fernbahn. Die Eisenbahn beschleunigte nicht nur das Verkehrswesen, sondern auch den gesellschaftlichen Wandel. Sie beflügelte die gewerbliche Entwicklung und steigerte den Handel. Sie förderte den Tourismus.

bei Skm 24:
Fürstenfeldbruck;  Kloster Fürstenfeld www.kloster-fuerstenfeld.de

Skm 24.8:
Überquerung "der geschickten, gewandten" Ammer, die hier nunmehr Amper heißt

Skm 32.8:
Grafrath: Schlösschen und Villen
Südlich der Bahnlinie der Forstliche Versuchsgarten https://www.lwf.bayern.de/wissenstransfer/versuchsgarten-grafrath/index.php

Skm 36.8:
3 große Steintafeln mit hebräischen Inschriften. Hier spielte sich wenige Tage vor Ende des 2. Weltkrieges eine Tragödie ab. Ein langer Zug, der jüdische Gefangene in das Konzentrationslager Dachau bringen sollte, wurde hier von alliierten Flugzeugen bombardiert. Mehrere hundert Menschen starben, viele flüchteten in den Wald und in die umliegenden Dörfer, wo sie von der kriegsmüden Bevölkerung vor den Verfolgern, den NS-Schergen, versteckt wurden. Auf Befehl der bald einrückenden Amerikaner mussten Schwabhauser Bürger die Toten begraben.

Skm 34.0:
Nicht nur bei gutem Wetter: Herrlicher Ausblick über das Ampermoos auf den Ammersee und bis hin nach Kloster Andechs und auf die Alpen. Der Blick auf "Klein-Jesusalem", so die Wortwahl von Einheimischen. Bei Sonne spiegeln in der Ferne die Parabolantennen der Erdfunkstelle Raisting.

Skm 42.0:
Geltendorf; hier endet bis heute die S-Bahn - die Elektrifizierung der Bahn geht inzwischen weiter; Blick nach Süden auf das (besuchenswerte) Kloster Ottilien

Skm 53.0:
Markant die Wälle rechts und links der Schienen. Im Sommer 2002 gab es hier Erdrutsche, die durch heftige Regenfälle ausgelöst wurden.

bei Skm 54.6:
Hier überquert der Zug den "den steinigen“ Lech; dies hört man auch am Fahrgeräusch. (Lech kommt von "likos", abgeleitet vom Stamm der Likatier (keltisch), bedeutet: "Der Steinige". Der Lech vereint sich bei Augsburg mit der Wertach. Später mündet er in die Donau.) Kurz vorher auf der Lechhöhe eine Kapelle. Der Lech ist die geographische Grenze zwischen Oberbayern und dem bayerisch-schwäbischen (!) Allgäu.

Skm 56.0:
Kaufering
Von hier führt eine Bahnstrecke nach Landsberg. Aufgrund der topographischen Gegebenheiten war es nicht möglich, die Bahnstrecke München-Kempten über Landsberg zu führen.

Skm 65.8:
In der Ferne sahen wir früher die (beleuchteten) Funkmasten der Deutschen Welle.

Skm 67.8:
Buchloe
Bahnknotenpunkt; der Bahnhof besteht seit 1848. Gut abgestimmte Bahnstrecken führen im Allgäu-Schwaben-Takt (stündlich) nach Augsburg, Memmingen/Lindau, nach München (seit 1873) und natürlich Kempten/Lindau bzw. Kempten/Oberstdorf. Auch die Autobahnanbindung nach München und nach Memmingen/Lindau/Ulm sind gut. 2015 wurde der neue Bahnhofsbau eröffnet.

(Von hier neue Skm-Zählung.)

Skm 10.4:
Auf der Höhe von Untergermaringen eine Kapelle ("Rid-Monument", „Marienmonument“) bei Rieden. Das eigenartige, weiße Gebäude steht auf einem langgezogenen Hügel. Die drei mal drei Meter im Grundriss große und dreizehn Meter hohe Kapelle zeigt im offenen Obergeschoss eine weithin sichtbare steinerne Madonna. Johann Martin Rid hat die Kapelle 1848 errichten lassen. Der Großbauer und Wirt dankte damit: Jahrelang hatte er dagegen gekämpft, dass die geplante Bahnstrecke Kaufbeuren-Buchloe seine Felder zerschnitt. Als die Strecke 1847 gebaut wurde, machte sie einen Bogen um seine Felder. - Der Blick vom Monument auf das nördliche Allgäu ist sehr schön, bei Föhnwetter ist der Alpenblick nach Süden überwältigend.

Auf der anderen Seite winkt über Untergermaringen die älteste Kirche romanischen Ursprungs im südbayerischen Raum vom Georgiberg herab. Am Georgiberg siedelte sich auf dem endeiszeitlichen Möränengelände unter ihrem Oberhaupt Germar eine alemannische Sippe an. Wie es aber in Sippen häufiger vorkommt: Es gab Streit. Ein Teil der Sippe zog ein Stück weiter und begründete Obergermaringen. (Wo der Verfasser länger und gerne lebte.) Wir sehen aus der Ferne die Wallfahrtskirche St. Wendelin. (Bis heute ist die wachsende und sehr wohnliche Gemeinde Germaringen nicht nur baulich z. T. geteilt.)

Es sind wohl Hügelgräber bei Pforzen, die markanten, baumbesetzten runden Hügel. Spektakulär: "Udo" (Danuvius Guggenmosi) wurde nur wenig entfernt davon gefunden.  Dabei handelt es sich um eine ausgestorbene Art von Menschenaffen, die vor 11,62 Millionen Jahren (im späten Miozän) hier in Süddeutschland gelebt hat. https://udo.pforzen.de 

Skm 14.2:
Neugablonz, zu Kaufbeuren gehörig, liegt nicht direkt an der Bahnlinie, ist aber einen kurzen Exkurs wert. Nach dem 2. Weltkrieg fanden Sudetendeutsche aus Gablonz auf dem Gelände der nach dem Krieg von den Amerikanern fast völlig gesprengten Munitionsfabrik (zu der von Pforzen eine eigene Stichbahn führte) eine neue Heimat. In Manufakturarbeit wurde die Technik der Schmuckherstellung aus Metall und Glas, für die Gablonz berühmt war, weitergeführt. Und Kaufbeuren profitierte von dem schwunghaften Handel. Seit den 80er Jahren war der Verkauf, bedingt durch die billigere Konkurrenz aus Fernost, rückläufig, so dass heute nur noch wenig Schmuck aus Neugablonz gehandelt wird.

Skm 19.8:
Überquerung der "schnellen, kräftigen, grünen" Wertach, Wertach stammt ab von lateinisch "virdo", der Kräftige, Schnelle. (Die Wertach vereint sich bei Augsburg mit dem Lech. Der Lech fließt dann später in die Donau.)

Skm 20.2:
Kaufbeuren
Kaufbeuren ist ein Städtchen, das durchaus seinen Charme hat. Es hat für den nördlichen Teil des Ostallgäus eine Zentrumsfunktion. Allerdings ist es doch ein wenig verschlafen. Die Infrastruktur ist recht gut. (Ab Kaufbeuren (aber natürlich auch von Zwischenstationen) gibt es eine tolle Radtour, z.T. alten Bahndämmen folgend: Die sogenannte “Dampflockrunde”. Eigener Prospekt.)

Skm 25.6:
Biessenhofen
Abzweig der Bahnstrecke nach Marktoberdorf/Füssen. (Diese ist m.E. eine der schönsten Bahnstrecken in Deutschland. Sanfte Hügel rechts und lauschige Weiher links, Schumpen und Kühe dazwischen, der Blick auf die Berge.)
Noch heute befinden sich in dem seit dem Jahr 2000 denkmalgeschützten Bahnhof Reste eines separaten Warteraums, des "Blauen Salons", für König Ludwig II.
In der Chronik von Biessenhofen wird berichtet, daß der Märchenkönig an dieser Station in eine Kutsche umstieg oder von dort mit dem Zug in die Schweiz zum Komponisten Richard Wagner reiste. Obwohl in den 1960er Jahren ein Teil des Raumes abgerissen und umgebaut wurde, zeugen heute noch Reste der Decke von der prachtvollen Ausstattung des "Königsraums". Die Gemeinde ließ das Gebäude 2005/06 (längst überfällig) außen recht orginialgetreu restaurieren.

Zug von König Ludwig II.

© DB Museum Nürnberg Die üppige Ausstattung brachte dem Salonwagen des Bayernkönigs Ludwig II. die Bezeichnung "Versailles auf Rädern" ein. Heute steht er im DB Museum in Nürnberg. www.dbmuseum.de

Terassenwagen von König Ludwig II.

© DB Museum Nürnberg Für die königliche Sommerfrische: Der Terrassenwagen Ludwigs II. im DB Museum Nürnberg. www.dbmuseum.de (Ein königlich-bayerischer Hofzug wurde bereits ab 1850 für Maximilian II. zusammengestellt, um 1860 kamen weitere Wagen dazu. Als Ludwig II. 1864 den Thron und damit auch den Zug übernahm, gab er zunächst einen Terrassenwagen in Auftrag. Der junge König wollte im Sommer "offen" in die geliebte Natur fahren. Die übrigen Wagen ließ er später völlig neu gestalten: in königsblau mit üppigem Golddekor. Auf dem Dach des Salonwagens prangte die bayerische Königskrone als exakte Nachbildung. Die pompöse Innenausstattung war ganz dem "Genre Louis XIV." verpflichtet und verschlang Unsummen. Wie oft Ludwig II. sich tatsächlich in seine rollende Traumwelt flüchtete, ist nicht belegt. Er reiste bevorzugt inkognito, und dabei dürfte der auffällige Zug hinderlich gewesen sein.)

Skm 30.6:
Ruderatshofen.

Skm 34.0:
Aitrang
Hier verlangsamt der Zug seine Fahrt (was meist auch zu hören ist). Denn hier war ein schlimmes Zugunglück am 9. Februar 1971, 18.44 Uhr: Nahe des Bahnhofs von Aitrang, in der langgezogenen S-Kurve (Skm 34,344), entgleiste der Trans-Europa-Express (TEE) 56 „Bavaria" auf der Fahrt von München nach Zürich, vermutlich infolge eines Bremsendefekts; dies ist aber unklar. Der Zug war mit 128 km/h unterwegs, statt mit den erlaubten 80 km/h. Steuer- und Personenwagen stürzten über die Böschung, der Motorwagen stellte sich quer zur zweigleisigen Strecke. Nur 3 Minuten später prallte an diesem nebeligen und winterlichen Abend ein Schienenbus aus Richtung Kempten gegen die Zugtrümmer und den Dieseltriebkopf.Insgesamt 28 Menschen (2 im Schienenbus) kamen ums Leben, dazu gab es 19 Schwer- und 23 Leichtverletzte. An der Turnhalle wurden die Leichen aufgebahrt. Erst 2012 wurde ein Gedenkstein aufgestellt. (Friesenrieder Str., Aitrang, Ortsausgang.)Bilder vom Zugunglück: http://youtu.be/DHJ0TPDfjHY

Weiterfahrt durch einen (im weitesten Sinne) Ausläufer des Kemptener Walds, ein riesengroßes, zusammenhängendes Waldgebiet.

Skm 43:
Günzach
Angeblich höchstgelegener zweigleisiger Bahnhof Deutschlands (801 m). (Gemeint ist wohl:  der höchstgelegene Bahnhof an einer zweigleisigen nicht-elektrifizierten Strecke).
Denn: "Der Bahnhof St. Georgen  an  der  Schwarzwaldbahn liegt nach meinen Informationen auf  806 m ü. NN  (andere Quellen nennen 805 m ü. NN als Höhe). Die Schwarzwaldbahn ist elektrifiziert, die Allgäustrecke nicht. Bliebe also für den Bahnhof Günzach vielleicht der Superlativ: "Höchst gelegener Bahnhof Deutschlands an einer zweigleisigen, nicht elektrifizierten Hauptbahn..." :-)

Kurz vorher die Günzquelle, mit nahegelegener Kneippanlage. (Der Name Günz ist keltischen Ursprungs und bedeutet „Wasser“.)

Gegenüber vom Bahnhof eine Papierfabrik (seit 1923).

Der Bahnhof wurde 1853 übrigens nur deswegen in Günzach gebaut, weil die Obergünzburger ihn nicht wollten. Die Bürger hatten Bedenken, dass die Bahn allerlei „herumreisendes Gesindel“ in ihren Marktflecken locken könnte. Tatsächlich brachte die Bahn aber die Ansiedlung von Betrieben und neuen Einwohnern. 1945 war sie die Ursache für ein Unglück, als ein mit Flüchtlingen und Munition beladener Zug von Tieffliegern angegriffen wurde und explodierte. 39 Tote gab es damals.

Bei den Erdarbeiten für den Bahnhofsbau wurden 1851 die Reste eines römischen Gutshofs gefunden, der vermutlich im Rahmen eines Alamannen-/Alemanneneinfalls im dritten Jahrhundert nach Christus zerstört und aufgegeben wurde. Von der Villa Rustica ist heute nichts mehr zu sehen, aber ein Gedenkstein erinnert an sie.

Skm 62.0:
Illerbrücke(n)

Auf der Lithographie von Eberhard Emminger (1808 – 1885) ist die 1851 gebaute Holzträgerbrücke der König-Ludwig-Nord-Süd-Eisenbahn über die Iller zu sehen.

Gleich 3 Brücken sind es über die "eilige" Iller an dieser Stelle. (Iller: Ihr lateinischer Name war "Hilaria" oder auch "Hilara". Die Bezeichnung ist keltischen Ursprungs und stammt von dem Wort "ilara" für "eilig". Die Iller mündet bei Ulm in die Donau.)

König-Ludwig-Brücke in Kempten: Erbaut: 1847 bis 1851, eingeweiht 1852:
Die König-Ludwig-Brücke in Kempten ist weltweit eine der ältesten erhaltenen hölzernen Eisenbahnbrücken. Sie wird heute als Fuß- und Radwegbrücke genutzt. (Und wurde 2018 ff. grundsaniert.) Der 5 m hohe hölzerne Träger aus Gitterwerk, der nach dem sog. Howschen System konstruiert wurde, ruht auf zwei ca. 25 m hohen Natursteinpfeilern. Die Lichtweiten der drei Brückenabschnitte über die Iller betragen (von West nach Ost) rund 35 m, 52 m und 26 m.

Die Brücke war eines der ersten Bauwerke in Deutschland, dessen Tragelemente nicht empirisch, sondern auf Grundlage theoretischer Überlegungen bemessen wurden. Die nahezu im Originalzustand erhaltene Brücke markiert damit auch den Übergang von der empirischen zur theoretisch begründeten Konstruktion. Ohne Übertreibung ist sie als weltweit einzigartiges Monument der Bautechnik anzusehen. - An einem Ende der Brücke steht eine Gedenkstätte für König Ludwig II., deshalb wohl der Name; amtlich heißt sie Illerbrücke I. (S.a. http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nig-Ludwig-Br%C3%BCcke und  http://www.wahrzeichen.ingenieurbaukunst.de/html/495.htm)

Am 20. April 2012 wurde die König-Ludwig-Brücke in Kempten mit einem Festakt als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet. (Ehrentafel am Bauwerk.) In Bayern ist die König-Ludwig-Brücke das zweite und bundesweit das elfte Bauwerk, welches mit dem von der Bundesingenieurkammer verliehenen Titel geehrt wird. Damit steht sie in einer Reihe mit so bedeutenden Ingenieurbauwerken wie dem Schiffshebewerk Niederfinow, dem Stuttgarter Fernsehturm und der Fleischbrücke Nürnberg.

Fotos der Brücke, einer Broschüre und den Historischen Wahrzeichen insgesamt können auf der folgenden Internetseiten abgerufen werden: http://www.wahrzeichen.ingenieurbaukunst.de/html/495.htm.   

Wir fahren allerdings über eine Stampfbetonbrücke. Auch ein für damalige Verhältnisse technisches Wunderwerk - und wie wir sehen, sehr haltbar. S.a. http://de.wikipedia.org/wiki/Obere_Illerbr%C3%BCcken

Skm 62.4:
Kempten
Die "Metropole" und das Oberzentrum des Allgäus, die vermutlich älteste Stadt Deutschlands.
Von hier fahren Eisenbahnen nach Oberstdorf, Immenstadt/Lindau, Memmingen/Ulm und Nesselwang/Pfronten/Reutte (Österreich)/Garmisch-Partenkirchen (sog. Außerfernbahn).

Tipps: Eine grandiose Rundtour durch das Allgäu können Sie mit der Bahn machen. Wir wählen Kempten als Startpunkt, es geht aber natürlich von jedem anderen Punkt der Runde auch. Mit der Bahn über Nesselwang nach Pfronten. Umstieg auf den Bahnbus nach Füssen. Von dort über Marktoberdorf nach Kaufbeuren, weiter nach Kempten.

Variation 1: Kempten, Pfronten, bis vor Reutte in Tirol (Österreich), an der Station Ulrichsbrücke aussteigen. Zu Fuß nach Füssen. Von dort weiter mit dem Bähnle.

Variation 2: Von Kempten über Pfronten, durchs Außerfern (Österreich) nach Garmisch-Partenkirchen. Über Murnau, Weilheim nach Geltendorf oder Pasing. Weiter zurück nach Kempten.

Radtouren: Derer gibt es im Allgäu unzählige.

"Eisenbahngerecht" ist die Dampflokrunde, ab z. B. Kaufbeuren, ca. 80 km
www.tourismus-ostallgaeu.de/radwanderwege.html

Und hier jetzt auch noch ein Youtube-Video-Mitschnitt der Strecke: http://youtu.be/3DzHvZ7_TGw

Historisch über die Eisenbahn allgemein:
Kritische Stimmen: Ärzte warnten im 19. Jhdt. vor Krankheiten, wie beispielsweise einer Lungenentzündung durch den Fahrtwind bei dieser ungeheuerlichen Bahngeschwindigkeit. Die Bürger wurden eingeschworen nicht mit der Eisenbahn zu fahren, da man bei dem Tempo durch die vorbeirauschende Landschaft bewusstlos oder wahnsinnig werden kann. Außerdem würde der giftige Qualm Mensch und Vieh vergiften.

Königlich-Bayrisches Expertengutachten aus dem Jahr 1835:
"Ortsveränderungen mittels irgend einer Art von Dampfmaschine sollten im Interesse der öffentlichen Gesundheit verboten sein. Die raschen Bewegungen können nicht verfehlen, bei den Passagieren die geistige Unruhe, 'delirium furiosum' genannt, hervorzurufen. Selbst zugegeben, daß Reisende sich freiwillig der Gefahr aussetzen, muß der Staat wenigstens die Zuschauer beschützen, denn der Anblick einer Lokomotive, die in voller Schnelligkeit [a.d.V. 20 - 30 km in der Stunde] dahinrast, genügt, um diese schreckliche Krankheit zu erzeugen..." (Vielfach zitiert, Herkunft umstritten, vielleicht aus dem Französischem?)
Daneben gab es auch noch "Krankheiten" wie "Eisenbahnrücken", "Eisenbahngehirn", "Paralyse des nervus facialis", und vieles mehr.
Quelle: Bernward Joerges: Ein früher Fall von Technology Assessment oder die verlorene Expertise. https://www.wzb.eu/www2000/alt/met/pdf/verlorene_expertise.pdf

"Auch wurde behauptet, daß durch die vergiftete Luft, aus der die Vögel tot herabfallen würden, Kühe ihre Milch verlieren würde, die Pferdezucht verkommen würde, das Getreide und Viehfutter schädliche Beimischungen erhalten und Hasen, Rehe, Hühner, Fasanen und Füchse durch Verscheuen und Aussterben und Verscheuchen unheilbar geschädigt werden ..."
Quelle: Esther Fischer-Homberger: Die Büchse der Pandora: Der mythische Hintergrund der Eisenbahnkrankheiten des 19. Jahrhunderts. http://fischer-homberger.ch/fileadmin/pdf/zwerchfellverletzung_und_psychische_stoerung_gzfh_final.pdf

Ein Pfarrer aus Schwabach predigte vor der ersten Eisenbahnfahrt (Adler): "Die Eisenbahn ist ein Teufelsding, sie kommt aus der Hölle, und jeder, der mit ihr fährt, kommt geradezu in die Hölle hinein."

Der Dramatiker und Lyriker Friedrich Hebbel (1813-1863) schilderte seine Adler-Fahrt folgendermaßen: "(...) Die Bewegung ist von steigender Geschwindigkeit; wie schnell es geht, bemerkt man am besten, wenn man gerade an einem Gegenstand vorüberkommt, Meilensteine, Bäume, Häuser verschwinden, wie sie auftauchen...."

http://www.allgaeu.info