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Dr. Jürgen Keltsch
Organisations- und Managementtechniken in unserer Gesellschaft
Entwicklungen und Aussichten
Aufsätze und Vorträge, 1985 - 2011
Die Aufsätze und Vorträge aus über dreißig Jahren eines staatsanwaltschaftlichen und richterlichen Berufslebens weisen zwei Schwerpunkte auf: Es geht einerseits um die rechtspolitische Forderung eines Verbraucherschutzes auf dem seit dreißig Jahren neu entstandenen Markt für alternative Lebensbewältigungshilfe und Persönlichkeitsentwicklung, andrerseits um die Unterbindung einer Instrumentalisierung und Dehumanisierung von Nutzern computerbasierter Organisations- und Managementsystemen durch Kybernetik und/oder künstliche Intelligenz.
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Der Verfasser trat nach dem Studium der Rechtswissenschaft 1971 in den bayerischen Justizdienst. Bei der Staatsanwaltschaft München I begann er 1980 das soziale Konfliktfeld »Jugendsekten« kriminologisch und sozialwissenschaftlich zu erforschen. Unter Zurückweisung des Sektenbegriffes führte er die Konflikte auf das Fehlen ethischer und rechtlicher Regeln bei der Gewährung von Dienstleistungen gewerblicher Lebensbewältigungshilfe bzw. Persönlichkeitsentwicklung zurück.
Der Deutsche Bundestag berief ihn 1996 als Sachverständigen in die Enquete-Kommission »Sogenannte Sekten und Psychogruppen«. Dort konnte er sich mit der Zurückweisung des Sektenbegriffs zur Erklärung des neuen gesellschaftlichen Konfliktfeldes durchsetzen. Die Kommission folgte ihm auch in der Bewertung der Risiken in Strukturvertrieben und bei sog. Pyramidenspielen. Er wurde Mitarbeiter im interdisziplinären Arbeitskreis des Berufsverbandes Deutscher Psychologen »Psychomarkt, Sekten, Destruktive Kulte«. Die Schweizerische Arbeitsgruppe für Kriminologie lud ihn zu ihrer 25. Tagung »Sekten und Okkultismus. Kriminologische Aspekte« ein.
Nach seiner Versetzung in das Bayerische Staatsministerium des Innern im Jahr 1996 analysierte er dort die umstrittenen Organisations-, Vertriebs- und Trainingsmethoden des verfassungsfeindlichen Wirtschaftskonzerns Scientology, dem Prototyp eines gewerblichen Dienstleisters auf dem Markt der Persönlichkeitsformung, unter dem Paradigma »Das System Scientology«. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit war die Entwicklung eines präventiven Verbraucherschutzkonzeptes zur Unterbindung von Missbräuchen bei riskanten Trainingsmethoden auf dem neuen Markt. Ein Gesetzentwurf, der die Anbieter von gewerblicher Persönlichkeitsentwicklung verpflichten sollte, vor Vertragsschluss ihre Methoden offenzulegen, fand im Bundesrat keine Mehrheit. Wenig später wurde er Berater des »Forums Werteorientierung in der Weiterbildung« bei der Entwicklung eines Berufskodexes, mit dem heute deutsche Trainerverbände selbstverantwortlich ihre Mitglieder zertifizieren.
Im Jahr 2000 kehrte er in den Justizdienst zurück. Bis zu seiner Pensionierung war er als Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht und am Bayerischen Anwaltsgerichtshof tätig.