Verbalpräfixe und die Wortstellung

Das Märchen von der freien Wortstellung

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Die Wortstellung im Ungarischen könnte einem wirklich frei und bar jeder Regel vorkommen. Tatsächlich gibt es jedoch eine – und eine einzige – Regel hierfür, die die Flexibilität der Sprache in keinster Weise einzuschränken scheint:

Der Fokus eines Satzes ist immer die Position vor dem Verb, unabhängig davon, wo das Verb im Satz steht, oder, wenn diese Position leer ist, das Verb selber.

Rotkäppchen

Diese Regel führt dann zu verschiedenen Deutungen* des selben einfachen Satzes „Es gibt Bäume im Wald”, der auf Ungarisch 6 Permutationen haben kann: In den Fällen 2 und 6 könnte man sogar einen bestimmten Artikel vor dem Subjekt einfügen, was jedoch diesen Sätzen einen anderen Sinn verleihen würde:

2a)

6a)

Az erdőben vannak a fák.

A fák az erdőben vannak.

Die Bäume sind im Wald.

Die Bäume sind im Wald.

Sollte das Verb entfallen, wird man die richtige Aussage des Satzes erst durch Umformen verstehen:Lasst uns das Märchen ergänzen

Betrachten wir nun die folgenden Sätze, deren Verben von solchen Ergänzungen begleitet werden, die auch den Typ des Satzes verändern:

Man beachte hierbei die Position der Ergänzungen, die hervorgehoben sind.

Die bösen Verbalpräfixe

Wenn Rotkäppchen bei Omas Haus angekommen ist, ändert sich unser Satz A, das natürlich Auswirkungen auf die anderen Satzformen hat:

Von diesen Beispielen kann man ablesen, daß das Verbalpräfix eigentlich eine Ergänzung des Verbes ist, und als solche bei einer Änderung des Satztyps seinen Platz an jede wichtigere Ergänzung abgeben muß. In solchen Fällen wird es abgetrennt und, mit Ausnahme des zukünftigen Satzes, hinter das Verb gestellt. Bei Antworten auf Fragesätzen wird es sogar als bejahende Antwort wiederholt (f).

Beispiel (d) gilt nicht nur für das Hilfsverb der Zukunft, sondern für alle solche Verben, die das Prädikat modifizieren. In diesen Fällen leiht sich das Hilfsverb das Verbalpräfix quasi aus:

    • A farkas meg akarja enni Piroskát (d) Der Wolf will Rotkäppchen (auf)fressen.
    • De nem tudja megenni (b), mert elhagyta a fogsorát (a) Aber er kann sie nicht fressen, weil er sein Gebiß verlegt hat.

Resümee

Hoffentlich hat damit der böse Wolf (die unbeherrschbare Wortstellung im Ungarischen) seine Zähne endgültig verloren… Wie dem auch sei, man sollte noch unbedingt hier genauer nachlesen.

Dieses Märchen ist eine Weiterentwicklung einer Idee zur Wortstellung mit Verbalpräfixen in „Hungarologische Beiträge 12. Elsa” (hun).

Übrigens, Verbalpräfixe zählen als „Agglutinierende Bausteine der ungarischen Sprache”. Über ihren Ursprung erfährt man Näheres in „Lingua Hungarorum – Die Sprache der Ungarn”.

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* Anmerkung:

Während man den fokussierten Satzteil im Deutschen eventuell extra betonen würde, wird die normale, fallende Satzmelodie des Ungarischen von der Änderung der Wortstellung kaum beeinflusst.

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