Tipps für die Satzanalyse

Ein ungarischer Satz

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Nichts als Chaos?

(0) Hol volt, hol nem volt, messze földön, réges-régen volt egy vénséges vén anyóka.

Als allererstes sollte man sich also abgewöhnen, wichtige Satzteile an festen Stellen zu suchen. Man sollte lieber versuchen, für jedes gelesene (oder gehörte) Wort anhand seiner Affixe die Wortart festzustellen, um mit ihrer Hilfe auf die von diesem Wort erfüllte Funktion im Satz zu schließen.Wer könnte es tun?

Das Wort ist ein Artikel

(1) Kint élt a hegyek közt a kunyhóban, egy tisztásnak a szélén, egy falka libával.

Az anyóka minden áldott reggel fogta a botját, és kibicegett a vadonba.

Ein in seiner Form unveränderlicher bestimmter oder unbestimmter Artikel steht entweder direkt vor einem Nomen, oder vor einem Attribut desselben. Ein vor einem mit Vokal anfangenden Wort benutztes „az” lässt sich von dem gleich lautenden Demonstrativpronomen dadurch unterscheiden, daß hinter letzterem noch ein bestimmter Artikel zu erwarten ist: az a tisztás jene Lichtung.

Dies bildet den ersten der beiden Fälle, in denen der bestimmte Artikel auf einer ungewöhnlichen Art und Weise verwendet wird. Der zweite ist der Besitzfall, in dem sowohl ein einfacher Besitz wie a botját (ihre Krücke), als auch ein „Besitzer” wie im folgenden Satz einen Artikel benötigen:

Neked még egyenes a hátad, könnyen jár a lábad: meg sem érzed Du hast noch einen geraden Rücken (der dein Rücken) und junge Beine (die deine Beine): es wird dir ein leichtes sein.

Wenn das mit dem Artikel ausgezeichnete Nomen im Nominativ steht (es hat keine besondere Kasusendung), und es nicht als Besitzer in irgendeine Besitzkette integriert ist, könnte es ein Subjekt sein wie az anyóka das Mütterchen, das diese Funktion im zweiten Satz von (1) erfüllt.

Dies gilt insbesondere für sogenannte Nominalprädikate, in denen kein Verb vorkommt: A liba madár Die Gans [ist] ein Vogel. Letztendlich ist es immer das Substantiv das Subjekt eines solchen Prädikats: Az erdő a sötét Das ist der Wald, der dunkel ist (und nicht etwa die Lichtung).

Scheint ein Nomen mit einem Artikel jedoch im Akkusativ zu sein, muß man die Analyse mit dem nächsten Abschnitt fortsetzen.

Ansonsten leitet der Artikel eine partielle →Adverbialbestimmung ein: a hegyek közt zwischen den Bergen, a kunyhóban in der Hütte, egy tisztásnak a szélén am Rande der Lichtung, egy falka libával mit einer Herde Gänse, a vadonba in die Wildnis.

Siehe hierzu auch unbedingt die Seite „Der bestimmte Artikel”.

Was wird benötigt?

Das Objekt der Begierde

Yoda
    • Die wahrscheinlich größte Hürde beim Verständnis von ungarischen Texten ist die Kombination von variabler Wortstellung mit der flexiblen Morphologie der einzelnen Wörter. Schon für die einfachsten Sätze im Ungarischen muß man entweder ein Poet sein – oder Yoda (.eng):Mesekönyvet olvasok Märchenbuch ich lese.

(2) Azzal egy kis szelencét nyomott az ifjú kezébe. Während ein doppeltes -tt am Ende eines Wortes das Zeichen des Präteritums ist, bedeutet ein einfaches -(V)t* an der selben Stelle mit größter Wahrscheinlichkeit, daß man es mit einem Nomen im Akkusativ zu tun hat: egy kis szelencét ein Büchslein.

Das Suffix des Akkusativs ist trotzdem nicht immer eindeutig, weil das Affix -tt eigentlich -((O)t)t heißt, wobei die Klammern optionale Teile umschließen:

    • Az éveitől igazán nem várt volna ilyen élénkséget az ember (Verb) Man hätte es ihm bei seinen hohen Jahren (des Mütterchens) zugetraut.
    • Az anyóka 3 éve várat valakit: a hercegnő szüleit (Verb) Das Mütterchen lässt jemanden seit 3 Jahren warten: die Eltern der Prinzessin.
    • A hercegnő meglátta a kuckóból lett várat (Akkusativ) Die Prinzessin hat die Burg erblickt, zu der das Häuschen geworden ist.

Es kann sogar als -(Vt)tAdverbien beziehungsweise Postpositionen kennzeichnen:

Ott a falka mögött baktatott a libapásztorlány Dort, hinter der Herde ging die Gänsehirtin mit einer Rute in der Hand.

Man sollte außerdem nicht vergessen, daß das Akkusativsuffix nach den Pronominalsuffixen der 1. und 2. Person Singular gerne weggelassen wird, wie zum Beispiel in kipihenheted magad du darfst dich ausruhen.

Es gibt jedoch ein Kriterium, das die ganze Sache einfacher macht: Zum Objekt eines vollständigen Satzes muß es immer ein Verb als Prädikat (.hun) geben.

Den Akkusativ zu erkennen ist insofern wichtig, als er über die Bestimmtheitsregeln die am →Verb zu erwartenden Suffixe – ob objektiv oder subjektiv – vorgibt: a szelencét nyomta bzw. egy szelencét nyomott.

Wem wird es angetan?

Nomen im Dativ oder Verb in der 3. Person Plural

(3) Elmondta az ifjúnak a következő történetet: Három lánya volt a királynénak…

Das Suffix -nAk kann sowohl an einem →Verb als auch einem Nomen hängen. An einem Verb könnte es zum Beispiel so aussehen:

Az öregasszony közben úgy simogatta a libáit, mintha édesgyermekei volnának Indessen streichelte die Alte ihre Gänse wie Kinder (als wären sie ihre Kinder).

Wenn es dagegen nicht einem Verb angefügt ist, dann markiert es den Dativ. Dieser kann als Dativus Possessivus den Besitzfall angeben. Wenn hierbei das Verb „sein” in irgend einer seiner Formen als Prädikat benutzt wird, dann bedeutet das Ganze „haben” wie im zweiten Satz von (3): … volt a királynénak die Königin hatte …

Ohne ein solches Verb könnte das im Dativ stehende Nomen Teil einer Besitzkette sein; zumindest das vorletzte Glied einer solchen Kette muß im Dativ sein:

az öregasszony lányának a libái die Gänse der Tochter der Alte.

Im Ungarischen gibt es noch den Sonderfall des sogenannten Dativus Ergativus (.eng), der als solcher das Subjekt von konjugierten Infinitiven markiert:

Gazdag ember gyerekének nem kell cipekednie Reicher Leute Kinder brauchen es nicht zu tragen.

Wenn es sich hingegen um den normalen Dativ handelt, gilt das damit ausgezeichnete Wort als eine →Adverbialbestimmung wie im ersten Satz von (3): az ifjúnak dem Jüngling.

Wessen Sache ist es?

Pronominalsuffixe (.hun)

(4) Szedd a lábad szaporán, ezt a batyut ugyan le nem akasztják többé a hátadról!

Es gibt eine Reihe von Suffixen, die einen Besitz oder eine Tätigkeit einer bestimmten Person zuordnen:

    1. -Ok, -(V)m, -(U)nk;
    2. -(V)d, -Vl, -sz, -(V)tOk;
    3. -(j)A, -i(k), -nÁ, -nAk, -Ák.

Ein anderes Suffix des Plurals ist nicht eindeutig: -(j)Uk. Es bezeichnet bei Tätigkeiten die 1. Person, während es einen Besitz zur 3. Person gehörend macht.

In Satz (4) sehen wir gleich mehrere Beispiele für diese Suffixe: szedd hebe, lábad deine Beine, le nem akasztják sie nehmen es nicht ab (= niemand nimmt es ab).

Beim Auffinden von solchen Pronominalsuffixen muß man im nächsten Schritt überprüfen, ob es sich bei dem damit ausgezeichneten Wort nicht um ein Adverb handelt.

Wie kommt es?

Adverbialbestimmungen

(5) Örvendezve mentek gyorsan tovább, és csakhamar odaértek a házikóhoz.

Körülötte ott gubbasztottak a fehér libák, szárnyuk alá dugták a fejüket, és aludtak.

Adverbiale liefern zusätzliche Informationen zum Geschehen in einem Satz. Sie können dabei in verschiedenen Formen auftreten:

    • Als Adverbialpartizipien, die mit -vA enden, wie örvendezve jubelnd;
    • Als Adverbien, die mit -(A)n aus Adjektiven oder Substantiven abgeleitet sind, wie gyorsan schnell;
    • Als Nomina mit Kasusendungen (ohne →Akkusativ und →Dativ nur teilweise), wie a házikóhoz zum Häuschen;
    • Als Adverbien, die sich als Pronomina gebärden, das heißt die sich auf etwas anderes außerhalb des betrachteten Satzes beziehen. Sie sind dann mit einem →Pronominalsuffix versehen, wie körülötte um [das Häuschen] herum;
    • Als Postpositionen, die nichts anderes sind als Adverbien, die sich auf das Substantiv unmittelbar vor ihnen beziehen, wie szárnyuk alá unter ihre Flügel;
    • Als nicht abgeleitete Adverbien, wie csakhamar (bald), die man entweder schon kennt, oder nach dem Ausschlußverfahren in den nachfolgenden Abschnitten identifiziert.

Adverbien können natürlich wie Adjektive gesteigert werden: tovább weiter. Oder umgekehrt, Adjektive werden zuerst gesteigert, und dann in Adverbien umgewandelt: gyorsabban schneller.

Bei Postpositionen ist darauf zu achten, daß diejenigen von ihnen, die mit gebildet werden, keine Adverbien, sondern →Adjektive sind:

A legkisebbik királylány hófehér bőrű, rózsaszín arcú, gyöngy hajú volt Die kleinste Tochter des Königs hatte eine schneeweiße Haut, ein rosa Gesicht [und] glänzend blonde Haare.

Was geschieht?

Das Verb als Bedeutungsträger

(6) Só nélkül a legjobb étel sem jó.

Én úgy szeretem édesapámat, mint a sót.

Es ist nun an der Zeit, den Stamm des gelesenen oder gehörten Wortes zu untersuchen. Verben lassen sich an drei Gruppen von Affixen erkennen:

    1. Einige kennzeichnen nur Tätigkeitswörter, wie -hAt, -kOd, -Og, -Ong, -ít, -VlVg, -(V)ll, -dOs oder -tAt;
    2. Einige anderen wie -Ad, -int, -Ul, -An oder -(Á)sz sind nicht eindeutig, das heißt die damit gebildeten Wörter müssen nicht zwangsläufig Verben sein;
    3. Die Suffixgruppen -l, -t und -z sind zwar gute Kandidaten für Verben, aber auch zu komplex, um an dieser Stelle aufgelistet zu werden. Sie werden jedoch als Teile der „Agglutinierende Bausteine der ungarischen Sprache” ausführlich behandelt.

Die so gebildeten Verben haben einen so hohen Stellenwert im Ungarischen, daß alle aus fremden Sprachen übernommenen Verben eins dieser Suffixe aufweisen müssen (.hun).

Also, in diesem Sinne ist das Verb im zweiten Satz von (6) szeretem ich liebe [ihn]. Der erste Satz hat dagegen ein sogenanntes Nominalprädikat, das ganz ohne Verb auskommt: sem jó [ist] auch nicht gut.

Wer ist wie?

Zu guter letzt: Substantive und Adjektive

(7) Ha sírva fakadt, nem könny hullott a szeméből, hanem csupa igazgyöngy.

Az ajtó kinyílt, s kilépett a királylány selyem ruhájában, az arany hajával, az almavirág orcájával, és olyan volt, mintha egy angyal szállt volna le az égből.

Wenn wir jetzt davon ausgehen, das unser Wort in keine der bisherigen Kategorien passt, muß es wohl entweder ein Substantiv oder ein Adjektiv sein. Substantive bilden – wie Pronomina auch – meistens das Subjekt: könny Träne, igazgyöngy (echte) Perlen, az ajtó die Tür, a királylány die Tochter des Königs, egy angyal ein Engel.

Ist ein Substantiv jedoch kein Subjekt, dann ist es entweder Teil einer Besitzkette, oder es handelt sich wieder um ein Nominalprädikat ohne Verb (siehe oben):

Az öreganyó nem is boszorka, hanem jóságos tündér Die Alte [ist] keine Hexe, sondern eine gute Fee.

Auch Adjektive können als Prädikative dieser Art auftreten: A gyönyörű lány nagyon szomorú Das wunderschöne Mädchen [ist] traurig. Im Plural sind sowohl das Subjekt als auch das Nominalprädikat mit einem Suffix -(V)k versehen: A libák fehérek Die Gänse [sind] weiß.

Ansonsten ist das Adjektiv ein undekliniertes Attribut: csupa lauter, selyem aus Seide, arany golden, almavirág apfelblütenfarbig.

Auch die mit -((O)t)t oder gebildete Partizipien gelten als Adjektive, die meistens als Attribute benutzt werden: minden áldott reggel jeden gesegneten Morgen, az ő síró szeméből aus ihren weinenden Augen.

Spätestens jetzt sollte man auch jedes unbekannte Wort nachschlagen.

Die Moral der Geschichte

Am Anfang war das Verb

(8) Manapság már nem fordul elő ilyesmi, mert hiszen ha a könny gyönggyé válnék, a világ tenger sok szegénye mind meggazdagodnék.

Auch wenn die Komponenten eines Satzes festgelegt worden sind, und damit seine Aussage in groben Linien feststeht, muß man trotzdem zu den Verben zurückkehren. Hierbei ist es hilfreich, eventuell fehlende [ist] bzw. [sind] in die entsprechenden Nominalprädikate hineinzudenken.

Wir müssen nämlich die Regel zur Wortstellung zur Anwendung bringen, die uns die Hauptaussage des Satzes verrät: már nem nicht mehr, gyönggyé zu Perlen, mind alle.

Satz (8) bietet aber noch eine Besonderheit, in dem er die alte Form des Konditionals von ik-Verben benutzt: válnék [es] würde zu …, meggazdagodnék [er] würde sich bereichern.

Die Übersetzung aller Beispielsätze wird hier zu Ende geführt.

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* Anmerkung:

Für die abkürzende Schreibweise der Suffixe siehe die Kasustabelle.

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