5.7.2 Das historische Foto des Monats im Jahre 2020

präsentiert vom Stadtarchiv Bocholt

Aktualisierung 02.12.2020

01. Dezember 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Das Bocholter Arbeitsamt im neuen Haus

Stadtarchiv präsentiert das Historische Foto des Monats Dezember 2020

Bocholt (PID). Nach 15-monatiger Bauzeit konnte an der Hindenburgstraße das neue Verwaltungsgebäude des Arbeitsamtes am 12. Dezember 1950 seiner Bestimmung übergeben werden. Direktor Carl Rinsche begrüßte zu diesem Anlass u. a. den Vizepräsidenten des Landesarbeitsamtes Münster, Wiesmann, Oberbürgermeister Otto Kemper, Oberstadtdirektor Ludwig Kayser und Oberkreisdirektor Alfons Lengert, die im Anschluss an den Empfang die zweckmäßig hergerichteten Räume besichtigten.

Ursprünglich waren die Büros der Arbeitsvermittlung in einem Verwaltungsgebäude an der Kaiser-Wilhelm-Straße untergebracht. 1939 konnte das daneben liegende frühere Wohnhaus der Fabrikantenfamilie Friede hinzuerworben werden. Diese Bauten wurden 1945 beim Bombenangriff auf die Stadt zerstört, so dass das Arbeitsamt im Bürohaus der Firma Flender provisorisch unterkam. 1949 drängte der Getriebehersteller jedoch wegen des Eigenbedarfs auf die Räumung. Nachdem eine Prüfung ergeben hatte, dass der frühere Standort zu klein war, erwarb das Landesarbeitsamt im gleichen Jahr ein Grundstück direkt gegenüber dem Bahnhof, wo sich bislang Gemüsegärten befanden. Anfangs wurde noch Kritik an der Notwendigkeit eines Neubaus geübt, weil die Wohnungsbauprogramme seinerzeit Vorrang hatten. Man argumentierte jedoch, dass das neue Haus für die wirtschaftlich Schwachen und durch Arbeitslosigkeit in große Bedrängnis geratene Bürger errichtet werde. Außerdem könne das Arbeitsamt auf Grund seiner vielseitigen speziellen Gliederung und durch seine Verbindung zu Industrie, Handel und Handwerk als ein bedeutsames Wirtschaftsbarometer bezeichnet werden.

Träger der Baumaßnahme war das Landesarbeitsamt, wobei die notwendigen Mittel das Arbeitsministerium stellte. Die Ausschachtungsarbeiten begannen im September 1949, im Frühjahr des Folgejahres konnte der Dachstuhl aufgebracht und am 20. März 1950 der Richtkranz aufgezogen werden. Das neue, dreigeschossige Gebäude des Arbeitsamtes, das übrigens zeitgleich mit demjenigen der Allgemeinen Ortskrankenkasse an der Hohenstaufenstraße gebaut wurde, passte sich in seiner zeitgemäß schlichten Architektur und dem vorgelagerten Platz gut dem gegenüber liegenden Postamt und der Straßenflucht im Allgemeinen an. 70 Jahre nach seiner Fertigstellung zeigt sich das Haus – bis auf den Eingangsbereich – in seiner Grundform fast unverändert.

Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

30. Oktober 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Zur Wahl von Dr. Schmitz zum Bürgermeister

Stadtarchiv präsentiert das Historische Foto des Monats November 2020

Bocholt (PID). Das Jahr 1920 brachte für die Bocholter Stadtverwaltung einen Wechsel im Amt des Ersten Bürgermeisters. Der bisherige Amtsinhaber, Clemens Wesemann, dessen Mandat am 4. Juli ausgelaufen wäre, schied schon vorzeitig aus. Er war bereits Ende März vom Rat der Stadt beurlaubt worden, um eine Stelle beim Landesfinanzamt in Münster antreten zu können. Sein Nachfolger wurde Dr. Otto Schmitz.

Als Stellvertreter übernahm Dr. Johannes Alff am 1. April kommissarisch die Geschäfte des Ersten Bürgermeisters. Die Neuwahl des Nachfolgers erfolgte in der Stadtverordnetensitzung im kleinen Saal des Schützenhauses am 16. November 1920. Zunächst gab Stadtrat Gustav Becker einen Überblick über die Tätigkeit der Kommission, die vier Wochen zuvor zur Vorbereitung der Bürgermeisterwahl gebildet worden war und berief die Ratsvertreter Dr. Farwick und Ludwig zu Wahlkommissaren. Von 34 abgegebenen Stimmen entfielen 33 auf den Ersten Kreissyndikus des Landkreises Recklinghausen, Dr. Otto Schmitz. Ein Stimmzettel war unbeschrieben. Somit war der 37-jährige Verwaltungsbeamte auf zwölf Jahre zum Ersten Bürgermeister der Stadt Bocholt gewählt. Er trat sein Amt am 12. Januar 1921 an.

Dr. Otto Schmitz wurde am 5. März 1883 in Steele bei Essen als Sohn Gymnasialprofessors Dr. Karl Schmitz geboren. 1903 verließ er das Gymnasium seiner Heimatstadt mit dem Abiturzeugnis und legte 1906 das Referendar- und im Juni 1911 das Gerichtsassessor-Examen ab. Anschließend ging er in die Kommunalverwaltung und arbeitete zunächst auf dem Amt in Königssteele und danach beim Kreisausschuss in Hattingen. Am 1. April 1912 wählte man ihn zum Syndikus des Landkreises Recklinghausen, wo er im Laufe der Jahre als Dezernent mit sämtlichen Angelegenheiten der kommunalen Verwaltung betraut war. U. a. oblag ihm während des Ersten Weltkrieges die Lebensmittelbewirtschaftung. Zu seinen Aufgaben gehörten fernerhin die Ordnung der Finanzen, Ansiedelungs- und Fluchtlinienfragen, Unfall- und Armensachen. Die Wahl von Dr. Schmitz zum Bocholter Bürgermeister fiel in die schwierige Nachkriegszeit mit den anschließenden Jahren des wirtschaftlichen Niedergangs. Anlässlich der 700-Jahr-Feier der Stadt wurde ihm am 10. Juni 1922 das Recht verliehen, den Titel „Oberbürgermeister“ zu führen. Im Jahr darauf erreichte er die Separierung der Stadt Bocholt vom Kreis Borken mit der Bildung des eigenen Stadtkreises Bocholt. Auf dem Gebiet des Bauwesens entstanden während seiner Amtszeit neue Wohnsiedlungen, Straßen und öffentliche Gebäude, darunter das der Post (1927) und das neue städtische Gymnasium (1931). Die Renovierungsarbeiten am Rathaus konnten 1928 in Angriff genommen werden. Zwar wurde Dr. Schmitz 1932 zum Bürgermeister auf zwölf Jahre wiedergewählt, jedoch nach der NS-Machtübernahme auf Grund eines Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zum 23. September 1933 beurlaubt und einen Monat später in den Ruhestand versetzt. Er nannte sich ab 1935 „Schmitz-Busz“ und verstarb am 18. Juli 1942 in Gadderbaum.

Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

29. September 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Kirmes in Bocholt - vor 65 Jahren

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats Oktober

Bocholt (PID). Oktoberzeit ist Kirmeszeit – zumindest in der Bocholter Tradition. "Weil das Volksfest 2020 angesichts der Gesundheitskrise ausfallen muss, soll zumindest Rückschau auf eine Kirmes aus früherer Zeit gehalten werden", so Bocholts Stadtarchivar Wolfgang Tembrink. Er hat deshalb ein Kirmesmotiv aus dem Jahre 1955 herausgesucht.

Jedes Jahr aufs Neue verwandelt sich die Innenstadt vier Tage lang zu einem großen Rummelplatz mit allerlei Karussells und Fahrgeschäften, Losbuden und Glücksspielwagen, Partyzelten sowie Bier- und Imbissständen. Wochenlang erarbeiten die verantwortlichen Planer ein Konzept, bis dann zu Beginn des Herbstmonats die ersten Kirmeswagen anrollen, die Aufbauten beginnen und die Spannung und Vorfreude bei Jung und Alt allmählich steigt. Nicht so in diesem Jahr. Wegen der weltweiten Pandemie muss das Volksfest in diesem Jahr ausfallen.

20 Pfennige für die Fahrt mit dem Riesenrad

In den letzten Jahren zeigte sich die Kirmes durchaus von einer gewissen Beständigkeit und Kontinuität, was vor 65 Jahren – unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse - nur wenig anders war. Die Schausteller bauten ihre Geschäfte vor allem zwischen Gasthausplatz, Markt, Ravardi- und Meckenemstraße sowie auf dem großen Sportplatz an der Aa (heute Berliner Platz) auf.

1955 erlebte die Kirmes ihre bis dahin größte Ausdehnung, als man auch die Nobelstraße in das Geschehen mit einbezog. Das Gelände an der Meckenemstraße bot Platz für die größeren Fahrgeschäfte wie den wendigen „Skootern“, dem beschaulichen Salon-Karussell, den auf- und absteigenden Hubschraubern, dem traditionellen Kettenkarussell und der rasenden Achterbahn. Inmitten des Trubels erhob sich „Bruch’s Riesenrad“ mit zwölf Gondeln, in denen jeweils vier Personen Platz fanden. 20 Pfennige kostete damals eine Vergnügungstour im Riesenrad.

Das Foto, das am frühen Abend des 16. Oktober 1955 entstand, zeigt die großen und kleinen Kirmesbesucher, die angetan vor den Karussells stehen, an den Fahrgeschäften vorbeiziehen, Interessantes entdecken und mitunter gar nicht wissen, wohin sie zuerst und zuletzt sehen sollen. Der Wettergott schien ein Einsehen gehabt zu haben. Es herrschte eine herbstlich-kühle Witterung, und der Regen blieb den vielen Besuchern aus Nah und Fern offenbar erspart.

Gaukler, Bänkelsänger, Moppenverkäufer

Die Kirmestage der Wirtschaftswunderjahre veranlassten die Presseberichterstattung damals auch zur Rückschau auf vergangene Zeiten, in welcher der Unterschied zwischen dem Früher und den gegenwärtigen Verhältnissen schon recht deutlich wurde. So sind der Nachwelt viele Berichte von der „Bokeltsen Karmis Anno dazumal“ überliefert, etwa aus der Zeit um 1900, als die Gaukler, Bänkelsänger, Moppenverkäufer und Phonographenspieler recht zahlreich, die Photographen in Bocholt aber leider rar waren.

01. September 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Das Kriegerehrenmal in Stenern

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats September 2020

Bocholt (PID). Als sich nach dem Ersten Weltkrieg das öffentliche Leben in Stadt und Land wieder formte und die Bürger sich von neuem in Vereinen und Verbänden zusammenfanden, wurde ihnen besonders bewusst, welche menschlichen Verluste ihnen die Kriegsjahre beigebracht hatten. Daher erachtete man es bald als angebracht, die Gefallenen und Vermissten des Krieges zu ehren und ihnen durch besondere Feiern, in Form von Erinnerungstafeln, Gedenkschriften oder Ehrenmalen ein angemessenes Andenken zu geben.

Daran erinnert jetzt das Stadtarchiv in seiner monatlichen Reihe.

Die Errichtung eines Kriegerdenkmals ließ in Bocholt noch lange auf sich warten, während schon Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre in den angrenzenden Bauerschaften die ersten Ehrenmale entstanden.

So enthüllte die Gemeinde Stenern am 29. September 1929 an der Landstraße nach Barlo (heute Winterswijker Straße) ihr Gefallen-Ehrenmal. Es bestand im Wesentlichen aus einer Pietà, die man auf einen Steinsockel platzierte und mit der Widmung „Ihren teuren Gefallenen – die Gemeinde Stenern“ versah. In der Mitte meißelte der Steinbildhauer Alois Meinem das Eiserne Kreuz, die Jahreszahlen des Weltkrieges 1914-1918 und auf den beiden Seitenausbauten dies- und jenseits des Sockels die Namen der 21 aus Stenern gefallenen Soldaten ein.

Bei der Pietá, der Darstellung der Gottesmutter Maria mit dem Leichnam Jesu, handelte es sich aber keineswegs um eine Neuschöpfung aus Anlass der Denkmalübergabe. Dieses Standbild der Schmerzensmutter war vielmehr eine Nachbildung derjenigen aus dem Dom zu Münster und diente an gleicher Stelle schon viele Jahre vorher als freistehender Bildstock und Andachtsstätte. Den Entwurf der gesamten Anlage gestaltete der Architekt Wiese, der später als Amtsbaumeister des Amtes Liedern-Werth fungierte.

1929 entfüllt, 1952 renoviert

1952, sieben Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, beschloss der Gemeinderat Stenern, das Ehrenmal neu aufzuarbeiten. Es bedurfte infolge von Kriegseinwirkung und Witterungsschäden einer gründlichen Renovierung. Außerdem sollten zusätzlich die Namen der Gefallenen des jüngsten Weltkrieges vermerkt werden. Die hierfür vorgesehenen Gussstahlplatten konnte die Isselburger Hütte nicht in der gewünschten Größe anfertigen. Daher wurde der Steinmetzmeister Walter Weiss beauftragt, die aus rund 1.200 Buchstaben bestehenden Namen der Stenerner Kriegstoten einzugravieren.

Zusätzlicher Gedenkstein für WK II-Vermisste

Darüber hinaus bestellte die Gemeindeverwaltung einen zusätzlichen Gedenkstein für die Vermissten des letzten Krieges. Schließlich entfernte man den bisherigen Ölanstrich der Pietà und arbeitete die Skulptur nach. Als auch die Grünanlage ausgebessert worden war, konnte das restaurierte Ehrenmal der Gemeinde Stenern am 17. Mai 1953 feierlich eingeweiht werden.

Text: Wolfgang Tembrink, Stadtarchiv Bocholt

01. August 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Aus der Frühgeschichte des Kreuzbergs

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats

Bocholt (PID). Auf dem Grundstück zwischen Münsterstraße, Königsmühlenweg und der Abzweigung in Richtung Hochfeld befindet sich am Rande eines kleinen Wäldchens eine künstlich angelegte Anhöhe, auf der sich eine Kreuzigungsgruppe erhebt. Sie besteht aus der Darstellung des gekreuzigten Christus mit den beiden Schächern, jenen Verbrechern, die mit ihm ge-meinsam den Kreuzestod starben.

Diese Andachtsstätte wurde bereits vor 447 Jahren urkundlich erwähnt. Das Bocholter Stadtarchiv überliefert ein Schöffenprotokoll vom 4. August 1573 (am Dienstag nach Vincula Petri), in dem der Verkauf eines Ackerbaulandes protokolliert ist. Seinerzeit verkaufte die Witwe Mechtild Meyerdinck den Erben Böyhinck ein Stück Bauland auf dem Bergsken vor dem Neutor. Zum Unterpfand setzten die Schuldner u. a. einen Garten ein, der vor dem Ostertor „up duißer siedt den Cruitzen nae der Umbsteghen“ lag, demnach auf dieser Seite zu den Kreuzen in Richtung Umstiege (heute Blücherstraße). Drei Jahre später, am Montag nach Nicolai (10. Dezember), wird der Kreuzberg in den Protokollen erneut erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit dem Verkauf einer jährlichen Erbrente von zwei Talern, die sich wiederum aus den Erträgen eines Gartens „liggende buiten der Oisterporten tegen die Kruitzen“ erschöpften.

Der Kreuzberg diente seit alters her als Ort der Frömmigkeit. Pfarrer Heinrich Wichertz von St. Georg führte 1691 die Karfreitagsprozession zum Kalvarienberg ein, wobei er in den beiden ersten Jahren die Predigt an der Kreuzigungsgruppe selbst hielt. Später übernahmen Missionspriester diese Aufgabe. Das Kreuz trug stets ein maskierter Christusdarsteller, bis es zu Unannehmlichkeiten kam und der Bischof Ende des 18. Jahrhunderts das Maskentragen und die Predigt am Kreuzberg untersagte. Der alljährliche Prozessionsbrauch setzte sich aber bis in das 20. Jahrhundert hinein fort.

Das Foto zeigt den Kreuzberg in seinem Zustand um 1935. Der Bereich um den drei Meter hohen Hügel ist durch einen um 1900 angelegten Zaun eingegrenzt, den man später durch eine Bruchsteinmauer ersetzte. Hohe Eichen umgeben die Figurengruppe. Die Anlage, die man heute an der Heilig-Kreuz-Kirche erblickt, entstand nach einer Umgestaltung im Jahre 1978.

Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

30. Juni 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Aus der Geschichte des Gutes Hünting

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats

Bocholt (PID). Wenn man heutzutage nach den Sportstätten „Am Hünting“ fragt, so wird in der erklärenden Antwort nicht nur auf den ebenso lautenden Straßennamen hingewiesen. Die allermeisten Ortskundigen verbinden mit dieser Benennung an erster Stelle wohl den populären Fußballsport, die bewegten Zeiten der Vereine 1. FC Bocholt und Olympia Bocholt und die Open-Air-Konzerte auf ihren weiten Platzanlagen im Bocholter Norden – Am Hünting.

Außer einigen wenigen aus der älteren Generation wird wohl kaum jemand die eigentliche Bedeutung dieses Namens kennen.

Er geht zurück auf ein altes Gehöft, das seit Jahrhunderten auf halber Strecke zwischen dem Herrenhaus Efing und dem Haus Hambrock existierte. Dieses Bauerngut wurde von alters her mit „Hünting“ bezeichnet. Im Register der Landsteuerschatzung vom 7. August 1537 wird mit „Herman Huntijnck“ erstmals ein Bewohner überliefert. 125 Jahre später wohnte ein „Wilm upt Huntingh“ auf der Hofstelle, wobei das Schatzungsregister bei ihm den Vermerk „daß hauß abgebrandt“ nachweist. Grundherr war bis 1677 der Junker Peter Willm Schrieck, der das Gut für 1.600 Taler an die Herren von Hambrock verkaufte.

Als 1751 Haus Büling (= Hambrock) mit sämtlichen Hofstellen und Ländereien an Dr. Cornelius Hagemann veräußert wurde, kam folglich auch Gut Hünting in dessen Besitz. Nachfolger als Lehnsherr wurde sein Sohn Stephanus Hagemann. Danach gehörte es den beiden Schwestern Elisabeth und Aleida Henriette Hagemann. Eigentümerin des Gutes Hünting war gegen Ende des 19. Jahrhunderts Elisabeth Stach von Goltzheim in Rinteln. Von ihr erwarb es um die Jahrhundertwende der Kaufmann Wilhelm Geuting aus Spork. Der Bocholter Fußball-Club 1900, der im ersten Jahr seines Bestehens eine Wiese auf dem Gut Hünting zu Übungszwecken und Austragung von Fußballspielen angemietet hatte, bemühte sich im Oktober 1901 bei der Stadtverwaltung um die Erteilung der Schankkonzession auf dem Gut, welche Wilhelm Geuting am 2. Juli 1902 schließlich gewährt wurde. Seither wechselten mehrfach die Pächter und Eigentümer.

Das weiß verputzte Gutshaus mit der Gastwirtschaft, das man vom Hemdener Weg aus durch eine heute noch vorhandene „Allee“ erreichen konnte, war beim Bombenangriff am 22. März 1945 zwar nicht zerstört worden, befand sich bei Kriegsende aber in einem desolaten Zustand. Im Zuge der Erneuerung der Sportanlagen wurde es schließlich im Sommer 1952 abgerissen. Mit der endgültigen Beseitigung des Gutes Hünting verlor der Bocholter Norden einen Teil seiner jahrhundertealten Identität. Aber doch wirklich nur einen Teil! Die schrittweisen Wandlungen vom Historischen hin zum Modernen, vom Ökonomischen zum Sportlichen und vom Beschaulichen zum Lebendigen waren stets mit dem Namen dieses fast vergessenen Bauernguts verbunden. Und der Name ist geblieben. Er überdauerte die bewegten Zeiten mit all ihren Herausforderungen, ihren Ansprüchen und Maßstäben bis auf den heutigen Tag. Ein Name mit wahrer und unverfälschter Tradition, der weit über die Grenzen der Stadt Bocholt hinaus bekannt geworden und verankert ist: Am Hünting.

Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

Das im Rathauses aufgenommene Foto zeigt (von links nach rechts) Staatssekretär Dr. Josef Oermann, Ministerpräsident Dr. Franz Meyers, den stellvertretenden Oberbürgermeister Gustav Krüger sowie Oberstudiendirektor Josef Sonnenschein, MdL, als Vorsitzender des Grenzausschusses des Landtags.

31. Mai 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Ministerpräsident Dr. Meyers in Bocholt

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats

Bocholt (PID). Am 14. Juni 1960 kam der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Dr. Franz Meyers (1908-2002) gemeinsam mit dem Grenzausschuss des Landtages zu einem Informationsbesuch nach Bocholt. Sie wollten sich über den Stand der Landesförderungsmaßnahmen und über Probleme in der Grenzlandregion in Kenntnis setzen und mit Rat und Verwaltung über zukünftige Aufgaben und Notwendigkeiten sprechen. Daran erinnert nun das Bocholter Stadtarchiv in seiner Reihe "Historisches Foto des Monats".

Zunächst besuchte die Delegation aus Düsseldorf den Kreis Borken, wo ihr im Sitzungssaal des Kreishauses im Beisein verschiedener Stadt- und Gemeindedirektoren ein herzlicher Empfang durch Landrat Wilhelm Böggering bereitet wurde. Dort sprach man über den Wiederaufbau und die Entwicklung des Kreises seit Kriegsende, wobei der Regierungschef der Region weitere Hilfen aus dem Grenzlandfonds zusagte.

Bei einer anschließenden Besichtigungsfahrt durch Rhede, Barlo, Hemden und das geteilte Suderwick überzeugten sich die Gäste von den bislang umgesetzten Verkehrsinfrastruktur- und Wohnungsbauprojekten. Nach dem Aufenthalt in dem zum Teil wiederaufgebauten Schloss Anholt setzten die Vertreter der Landesregierung ihre Fahrt nach Bocholt fort.

Empfang durch Stadt und Eintrag ins "Goldene Buch"

Im Saal des Rathauses begrüßte der stellvertretende Oberbürgermeister Gustav Krüger Ministerpräsident Dr. Meyers und seine Begleiter und erinnerte dabei an den Besuch seines Vorgängers Karl Arnold, der im Jahre 1948 in das noch vielfach kriegszerstörte Bocholt gekommen war. Krüger dankte der Landesregierung für die bisher gewährte Unterstützung im Zuge des Neuanfangs.

Sodann gab Oberstadtdirektor Ludwig Kayser den Gästen einen Überblick über die Geschichte der Stadt, machte Angaben zur Wirtschaftsstruktur und erläuterte anhand zahlreicher Beispiele die Wiederaufbauleistungen seit 1945. Insbesondere ging der Verwaltungschef auf die Besonderheit der Stadt Bocholt als Teil der Grenzregion ein. Das im Rathauses aufgenommene Foto zeigt (von links nach rechts) Staatssekretär Dr. Josef Oermann, Ministerpräsident Dr. Franz Meyers, den stellvertretenden Oberbürgermeister Gustav Krüger sowie Oberstudiendirektor Josef Sonnenschein MdL als Vorsitzender des Grenzausschusses des Landtags.

Zum Abschluss seines Besuches trug sich Dr. Meyers in das Goldene Buch der Stadt Bocholt ein und besichtigte nach einer Stadtrundfahrt noch die am gleichen Tag im städtischen Kunsthaus eröffnete Ausstellung „Die Baumwollstraße“.

Text: Wolfgang Tembrink, Stadtarchiv Bocholt

30. April 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Von der Restauration „Maienthal“ (1868-1920)

Stadtarchiv Bocholt präsentiert historische Lithographie für den Monat Mai

Bocholt (PID). Wer heute die Stadt Bocholt in Richtung Westen verlässt, erreicht auf der Werther Straße das vor einigen Jahren im Stil alter Baukunst neu entstandene Wohn- und Geschäftsviertel mit Residenz-Stadthäusern, Nostalgie-Wohnbauten und Turmhäusern. Dort, auf dem Eckgrundstück zur Hammersenstraße (früher Kettenstraße) befand sich in alter Zeit noch inmitten ländlicher Idylle die Restauration „Maienthal“.

Eine Fotografie ist bislang nicht überliefert, jedoch wird der Betrachter durch eine klassische Lithographie in Form einer Ansichtskarte entschädigt, wie sie in den letzten Jahren des ausgehenden 19. Jahrhunderts üblich waren. Erfahrungsgemäß werden die baulichen Verhältnisse darauf recht gut wiedergegeben.

Chausseegeld an der Wegschranke

Offenkundig handelte es sich bei der Restauration „Maienthal“ um eine sogenannte Barrierewirtschaft, wo an der Wegschranke das Chausseegeld erhoben wurde. Unmittelbar an der Werther Chaussee lag das Wohnhaus des Inhabers mit einem Anbau, welcher einem kleinen Festungsturm ähnelte. Dort schloss sich sogleich die Gartenwirtschaft an, während auf der anderen Seite des Hauses in der jeweiligen Frühjahrszeit Spargel angebaut und verkauft wurde.

Gründer Oehmen aus Winnekendonk

Gründer der Restauration „Maienthal“ war der Gastwirt Franz Oehmen aus Winnekendonk (1811-1887). Er hatte am 25. August 1868 die Erlaubnis erhalten, den Kleinhandel mit Likören zu betreiben, allerdings unter Ausschluss des gewöhnlichen Branntweines. Den Bau einer Anlage zur Herstellung von Getreidestärke wurde ihm 1879 allerdings verwehrt. Nach seinem Tod ging die Gaststätte an seinen Sohn Franz Oehmen (1854-1934) über, der noch 1887 den burgartigen Anbau errichtete und die Gesellschaftsräume dorthin verlegte. Dieser eröffnete Ende 1898 die schräg gegenüber liegende Wirtschaft „Kaisergarten“, und im Januar 1899 übernahm sein Nachfolger, der Wirt Ignatz Hötger (1851-1934) aus Harth (Kreis Büren), die Schenkwirtschaft.

Ende des 19. Jahrhunderts veränderte sich das Stadtbild an dieser Stelle, vor allem durch die Ansiedlung von Fabriken wie beispielsweise die Baumwollspinnerei Rothe Erde (später Hammersen). Möglicherweise verlor das Ausflugslokal im Laufe der Jahre an Attraktivität, so dass Ignatz Hötger sein Geschäft Mitte April 1920 aufgab und in die Bocholter Innenstadt zog. Anschließend wurde die Restauration „Maienthal“ offenbar aufgegeben.

Text: W. Tembrink/Stadtarchiv Bocholt

31. März 2020, Bocholt (PID)

Foto des Monats: Pfarrer Stephan Jürgens

Stadtarchiv präsentiert das Historische Foto des Monats April

Bocholt (PID). Im Alter von 78 Jahren verstarb am Morgen des 24. April 1935 Pfarrer Stephan Jürgens, der fast vier Jahrzehnte in der Pfarrgemeinde St. Josef und im Dekanat Bocholt seelsorgerisch wirkte. „Seine ganze priesterliche Liebe, Lebenskraft und Arbeit gehörte seiner Gemeinde, für die er noch am Tage vor seinem Tode das hl. Opfer darbrachte“, so die Worte auf dem zu seinem Begräbnis ausgegebenen Sterbezettel.

Johann Stephan Jürgens wurde am 21. Februar 1857 in Beckum als Sohn eines Schenkwirtes geboren und zwei Tage darauf in der dortigen Stephanus-Kirche getauft. Er besuchte die Volks- und Rektoratsschule seiner Heimatstadt und beendete seine Gymnasialstudien mit dem Erwerb des Reifezeugnisses am Paulinum in Münster und dem Wunsch, Priester zu werden. Auf Grund des Kulturkampfes war es ihm aber nicht möglich, in Münster zu studieren. Vielmehr nahm er sein Studium im Priesterseminar in Eichstätt (Bayern) auf, ehe er dort am 18. Juli 1880 zum Priester geweiht wurde. Als solcher durfte er aus politischen Gründen aber nicht angestellt werden, sondern betätigte sich zunächst als Französischlehrer im Kloster Hohenholte bei Havixbeck. 1890 erfolgte seine Versetzung als Kaplan an St. Aldegundis in Emmerich, wo er sieben Jahre verbrachte.

Als das Pfarrrektorat St. Josef in Bocholt gegründet und die neu erbaute Kirche am 24. November 1897 eingeweiht wurde, übernahm Stephan Jürgens zeitgleich das Amt des Rektors in der rund 4.400 Seelen umfassenden Gemeinde. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte es, die innere Einrichtung der Kirche zu beschaffen. 1901 erfolgte die Ernennung zum Pfarrer der nunmehr selbstständigen Gemeinde St. Josef, die sich unter der Leitung von Stephan Jürgens erkennbar entwickelte und bis 1935 auf rund 12.000 Mitglieder anwuchs. 1907 legte er den Grundstein zum Arbeitervereinshaus St. Josef und segnete 1908 die beiden neu erbauten Schulen auf dem Fildeken und in Biemenhorst ein. Seiner Gemeinde, die vielfach aus Arbeiterfamilien bestand, war der Geistliche vor allem in der Zeit des Ersten Weltkrieges und während der nachfolgenden Wirtschaftskrise ein treuer Helfer und Trost spendender Seelsorger. Im Mai 1930 wurde Stephan Jürgens das Amt des Dechanten im Dekanat Bocholt übertragen, zwei Monate später beging er sein Goldenes Priesterjubiläum. Er starb infolge einer Herzlähmung und wurde auf dem Bocholter Friedhof beigesetzt. Sein Grab ist bis auf den heutigen Tag erhalten.

Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

28. Februar 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Vor 75 Jahren – Bocholt sinkt in Schutt und Asche

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats März

Bocholt (PID). Vor 75 Jahren, am 22. März 1945, erlebte Bocholt den schwärzesten Tag seiner Geschichte. Die Stadt wurde in den letzten Wochen des II. Weltkrieges von alliierten Truppen bombardiert und zu 85 % zerstört. Schon Monate vorher hatte es immer wieder vereinzelte Fliegerangriffe mit Tod und Verwüstung gegeben, doch was an jenem Frühlingstag geschah, übertraf jegliches Vorstellungsvermögen.

Durch die Schlacht beim Klever Reichswald war die Westfront im Februar 1945 schon bedrohlich näher gerückt. Nachdem Wesel Mitte Februar förmlich pulverisiert worden war, fragten sich die Bocholter Bürger, ob und wann ihre Stadt wohl an der Reihe sei. Seit dem 14. März hatte es täglich Fliegeralarm in Verbindung mit Bombenabwürfen im Stadtgebiet gegeben.

Der Hauptangriff mit rund 300 Flugzeugen der Royal Air Force erfolgte schließlich am 22. März 1945 um 14:10 Uhr. Wer konnte, verließ die Stadt oder brachte sich in den Luftschutzkellern in Sicherheit. Die Bomber legten die Stadt innerhalb von 17 Minuten in Schutt und Asche. Riesige, immer dichter werdende Rauchwolken verhüllten stundenlang das Stadtgebiet und ließen das ganze Ausmaß der Zerstörung vorerst nur erahnen. An diesem und an den nächstfolgenden Tagen und Wochen verloren hier insgesamt 234 Menschen durch diesen schweren Luftangriff ihr Leben. 80 % der Wohnungen waren unbenutzbar, davon 50 % total vernichtet worden. Von zehn Kirchen konnten sechs nicht mehr benutzt werden. Straßen und Wege waren vor lauter Schutt und Bombenkratern kaum noch erkennbar oder zu passieren. Das wirtschaftliche Leben lag am Boden, an eine Energieversorgung der rund 8.000 verbliebenen Einwohner war nicht mehr zu denken.

Das Foto zeigt das zerstörte Rathaus am Markt, das im Stil der Weserrenaissance ehemals die Gerechtigkeit und die Einigkeit des Bürgertums symbolisierte. Jetzt verkörperte es den Untergang, den Zerfall und eine Art Endzeitstimmung. Brandbomben hatten den Dachstuhl völlig vernichtet, ebenso das zweite Stockwerk mit dem großen Ratssaal. Lediglich das mittlere Geschoss blieb bis auf eine zum Teil eingestürzte Trennmauer zwischen den Archivräumen unversehrt. Im Erdgeschoss waren die Flammen - vermutlich von der brennenden Georgskirche her – durch die Fenster eingeschlagen und verursachten hier großen Schaden. Die Spuren der Kriegszerstörung waren in Bocholt noch über viele Jahre hin sichtbar. Heute ist davon so gut wie nichts mehr zu erkennen. Die schrecklichen Stunden des 22. März 1945 sind jedoch in der Erwartung unvergessen, dass sich solch ein Tag niemals wiederholen möge.

Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

31. Januar 2020, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Zur Eröffnung der Familienbildungsstätte

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats Februar 2020

Bocholt (PID). Vor 50 Jahren, am 13. Februar 1970, wurde das neu erbaute Haus der Familienbildungsstätte am Ostwall in einer Feierstunde seiner Bestimmung übergeben. Gleichzeitig mit der Eröffnung des Domizils erhielt die in kirchlicher Trägerschaft stehende Einrichtung diese Bezeichnung. Zuvor war die Familienbildungsstätte unter dem Namen „Dekanatsmütterschule“ bekannt und in einem Gebäude an der Münsterstraße untergebracht gewesen.

Die Dekanatsmütterschule hatte dort am 11. Oktober 1961 ihre Arbeit aufgenommen. Propst Clemens Dülmer umschrieb deren Aufgaben seinerzeit wie folgt: „Sie will die jungen Mütter und auch die jungen Mädchen, die an eine Familiengründung denken, schulen, d. h. lehrend und weg­weisend ihnen helfen, ihre Aufgabe als Frau und Mutter, nicht zuletzt auch als christlich katholische Frau voll und ganz zu erfüllen.“ Es wurden Kurse angeboten, die den Teilnehmerinnen einerseits Fragen der Religion und Erziehung und andererseits praktische Aufgaben der Haushaltung nahebrachten.

Die bisherigen Räumlichkeiten reichten jedoch bald nicht mehr aus. Daher legte man am 31. Januar 1969 den Grundstein für einen Neubau auf einem Grundstück der Pfarrgemeinde Liebfrauen am Ostwall. Innerhalb eines Jahres war die nunmehrige Familienbildungsstätte nach den Planungen der Architektengemeinschaft Kevenhörster/Ruland fertiggestellt und wurde in einer Feierstunde von Pfarrer Josef van Gemmeren eingeweiht. An den Baukosten in Höhe von 690.000 DM beteiligten sich neben dem Bischöflichen Generalvikariat auch die Stadt Bocholt, der Kreis Borken, das Land Nordrhein-Westfalen und die Pfarrgemeinden des Dekanates.

Durch die Umbenennung erweiterte sich die Aufgabenstellung der Einrichtung, die der Kontaktförderung innerhalb der Familien und der Gesellschaft im Ganzen dient und künftig zur theoretischen und praktischen Wissensvermittlung in Lebens- und Erziehungsfragen beiträgt. Das Foto zeigt das neue Haus der Familienbildungsstätte vom Ostwall aus gesehen. Es umfasst eine Nutzfläche von 850 Quadratmetern und wurde seinerzeit mit Werks-, Handarbeits- und Wirtschaftsräumen, mit Kinderspielzimmern, einem Vortrags- und Gymnastiksaal, mit Wasch- und Umkleideräumen und einer Bibliothek ausgestattet. Am 15. Februar 1970 stellte das Dekanat die neue Familienbildungsstätte an einem Tag der offenen Tür der breiten Öffentlichkeit vor.

Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

27. Dezember 2019, Bocholt (PID)

Stadtgeschichte: Zum Wiederaufbau der St.-Josef-Kirche

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats Januar 2020

Bocholt (PID). Als beim Bombenangriff am 22. März 1945 die Stadt Bocholt in Schutt und Asche versank, wurde auch die Pfarrkirche St. Josef erheblich beschädigt. Erst Jahre später war die Kirche weitestgehend wiederhergestellt. Daran erinnert jetzt das historische Foto des Monats, herausgegeben vom Bocholter Stadtarchiv.

Der Bombenangriff 1945 richtete am Gotteshaus große Schäden an. Der Helm des 84 Meter hohen Turmes brannte völlig ab, ebenso das komplette Kirchendach, die Orgel mit Bühne und die Sakristei. An der Nordseite und über dem Chor waren die Gewölbe eingestürzt, die Kirchenfenster allesamt vernichtet, der Hauptaltar zerschlagen. Aufgrund der Zerstörungen feierte die Gemeinde ihre Gottesdienste zunächst im Getreidelager am Bahnhof Mussum, sodann im Wirtschaftssaal der Mussumer Mühle und ab Oktober 1945 in der Klosterkirche des Hauses vom Guten Hirten.

Kirche keine "vordringliche Baumaßnahme"

An einen schnellen Wiederaufbau der Kirche war jedoch noch nicht zu denken, weil die Militärregierung den Antrag der Gemeinde auf Herstellung des Dachstuhls im Januar 1946 als nicht vordringliche Baumaßnahme ablehnte. Erst im Frühsommer 1948 konnte die Dachkonstruktion gerichtet und die Kirche vor Witterungseinflüssen geschützt werden. Bis zum Frühjahr 1949 zog man die Gewölbe über dem nördlichen Querschiff und im Chorraum wieder ein und mauerte die notwendigen Giebel seitlich des Turms auf. Auch einige Fenster wurden bereits wieder instandgesetzt. Am Dreifaltigkeitssonntag (12. Juni 1949) war die Kirche soweit wiederhergestellt, dass sie für den Gottesdienst genutzt werden konnte.

Das Foto zeigt den Zustand der St.-Josef-Kirche im November 1949. Das Dach ist gerichtet, und auf dem Giebel des südlichen Querschiffs erhebt sich die Statue des Welterlösers. Die Schäden am Turm sind noch zu erkennen: zerschlagene Schalllöcher, die Turmuhr und der Helm fehlen. Auf der provisorischen Plattform ist oben ein großes Holzkreuz aufgerichtet. Zu dieser Zeit läuteten auch zwei gebrauchte Kirchenglocken wieder, und am 26. Mai 1950 segnete Weihbischof Heinrich Roleff den neuen Hauptaltar ein.

Schlichtes Turmdach erst 1963

Vor 70 Jahren war die Kirche weitestgehend wiederhergestellt, bis zur Beseitigung aller Schäden gingen aber noch einige Jahre ins Land. So verrichtete die neue Turmuhr ab Ende März 1951 ihren Dienst, ein Jahr darauf setzte die Firma Derix aus Kevelar neue Chorfenster ein. Nach der Ausmalung von Gewölben und Wänden 1953 ersetzte man im Jahr darauf das vorläufige Geläut durch vier neue Glocken. Der Turm erhielt erst in der ersten Jahreshälfte 1963 sein schlichtes Zeltdach und ist heute 56 Meter hoch.

Text: Wolfgang Tembrink, Stadtarchiv Bocholt