Playboy

(Germany)

January 1997

Kleiner Prince

Interview mit O(+> über Sein comeback “Emancipation”


Holger Erdmann

Der Händedruck ist kurz und fest und paßt so gar nicht zur elfenhaften Erscheinung dieses zierlichen Mannes, dem man nicht ansieht, daß er schon 38 ist. Im spartanisch eingerichteten Konferenzraum seines PaisleyPark- Imperiums sitzt mir der Künstler gegenüber, der seit 1993 nicht mehr “Prince” heißen mag. Seine irdische Existenz beschreibt er seitdem mit einem ominösen Zeichen, das wie eine Verschmelzung aus weiblichem und männlichem Geschlechtssymbol sowie einem Notenschlüssel erscheint.

Nach dem Ende seines Vertrages und nach jahrelangem Streit mit seiner alten Plattenfirma Warner Bros. fühlt sich “The Artist Formerly Known As Prince” – so die offizielle Umschreibung - erstmals wirklich frei: Die neue Firma EMI darf seine CDs lediglich pressen und vertreiben. Das Dreifach-Album Emancipation soll aller Welt beweisen, daß der kleine Mann aus Minneapolis noch immer den Pop-Olymp beherrscht.

Playboy Ihr neues Album heißt Emancipation. Worin drückt sich Ihre Emanzipation aus?

O(+> Ich bin emanzipiert – nicht nur in bezug auf Warner. Jetzt bin ich endlich frei. Nie wieder wird mir jemand in meine Musik hineinreden können.

Playboy Warum haben Sie gerade drei CDs mit einer jeweiligens pukeit von einer Stunde veröffentlicht?

O(+> Mayte (seine Frau) und ich haben uns sehr intensiv mit der ägyptischen Kultur beschäftigt – vor allem mit dem Bau der Pyramiden. Die Ägypter haben die Astrologie einbezogen, so daß spätere Generationen herausfinden konnten, in welchem Jahr eine Pyramide gebaut wurde. Soviel Perfektion ist faszinierend. Deshalb hatte ich mir zum Ziel gesetzt, drei CDs mit jeweils zwölf Songs aufzuneh- · men, wobei jede CD auf die Tausendstel Sekunde genau eine Stunde lang ist. Ich bin sehr stolz, daß ichh das geschafft habe.

Playboy Seit Ihrem Namenswechsel halten Sie viele Leute für verrückt.

O(+> Viele verstehen weder mein Erscheinungsbild noch die Performance und schon gar nicht die Dinge, über die ich rede. Ich entspreche einfach nicht dem Bild, das die Gesellschaft für „normal” hält. Aber für mich geht jetzt alles von vorn los. Die Musik ist frei, positiv und klar. Ich habe mich sehr angestrengt, daß selbst ein so wütender Song wie Slave eine positive Ausstrahlung hat.

Playboy Apropos Slave – warum haben Sie sich jahrelang mit Warner gestritten?

O(+> Ich konnte ~icht zulassen, daß diese Leute iiber meine Musik bestimmen. Ich durfte nicht zulassen, daß sie mir das Herz brechen. Und ich kann nicht erlauben, daß andere bestimmen, was ich auf meinen Platten mache.

Playboy Warum haben Sie den Namen “Prince” abgelegt?

O(+> “Prince” war eine notwendige Etappe. Aber was sollen Namen überhaupt? Wer ist auf den Gedanken gekommen, jemanden “Bro,vn” oder „White” oder „Blackman” zu nennen? Das dient doch nur dazu, die Leute voneinander zu trennen.

Playboy Und was hat es mit diesem “Symbol” auf sich?

O(+> Als ich das „Symbol” für mich entdeckte, wurde plötzlich vieles klar. Es steht ja nicht nur für die männliche und weibliche Seite in mir, es ist für mich ein Zeichen der Klarheit und der Liebe, und es ist Symbol des ewigen Kreislaufs, in dem wir Menschen uns alle befinden.

Playboy Glauben Sie an Reinkarnation?

O(+> Ja, natürlich. Woher sollten sonst zum Beispiel die vielen fürchterlichen Alpträume kommen, die man als Kind hat?

Playboy Welche Rolle spielt Mayte in Ihrem Leben?

O(+> Seit unserer Heirat hat sich alles verändert. Mayte hat meine Seele vervollständigt. Ich sehe viel klarer und bin konzentrierter. Komplette Songs entstehen in meinem Kopf und fließen einfach heraus.

Playboy Woher wußten Sie, daß gerade sie die Richtige ist?

O(+> Sie ist die einzige, die sich mir gegenüber niemals bösartig oder vorsätzlich verhalten hat. Mayte nenne ich das, was den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmacht. Seit ich sie kennengelernt habe, gab es keinen traurigen Tag in meinem Leben mehr.

O(+> Wie nennt Mayte Sie eigentlich?

O(+> Da gibt’s viele Namen ...

Playboy Stimmt die Beobachtung, daß Ihre Texte in Sachen Sex harmloser geworden sind?

O(+> Ich glaube nicht, daß Sex grundsätzlich schmutzig ist. Natürlich kann man so oder so darüber schreiben - auf schmutzige wie auf schöne Art. Ich glaube, unsere Gesellschaft legt viel zuviel Betonung darauf. Und jeder, der wie ich nicht der Norm entspricht, wird von der Gesellschaft attackiert. Sex war für mich immer etwas besonders Interessantes, weil es nichts gibt, was so eng mit dem menschlichen Leben verbunden ist. Schon allein das Phänomen, daß die Leute beim Sex ihre Coolness verlieren, ist es wert, beschrieben zu werden.

Playboy In den l.etzten Jahren waren Sie extrem pressescheu. Warum geben Sie wieder Interviews?

O(+> Das ist ganz einfach: Ich muß eine Platte verkaufen!

interview is based on press-conference, not one-on-one meeting.