bGE - Wirkung auf die Wirtschaft

Bedingungsloses Grundeinkommen: Wie wirkt es auf die gesamte Volkswirtschaft?


http://blog.zeit.de/herdentrieb/2017/09/11/bedingungsloses-grundeinkommen-wie-wirkt-es-auf-die-gesamte-volkswirtschaft_10524


Er kommt aber angesichts der Unsicherheiten und Gefahren zu dem Ergebnis, dass die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens ein großes ökonomisches Wagnis wäre.


Diese Aussage ist zynisch, weil sie auf demselben Niveau angesiedelt ist, wie „Wir sollten uns überlegen, ob wir wirklich die Sklaverei abschaffen. Das ist ein großes ökonomisches Wagnis.“


Das bestehende Arbeitsmarktkonzept ist ein Unrechts-System, bei dessen Etablierung (Agenda 2010) die Bertelsmann-Stiftung maßgeblich mitgewirkt hat. - Man kann also nicht sagen, die Beendigung von himmelschreiendem Unrecht sei ein „Wagnis“. - Es ist eine absolute Notwendigkeit.


Der Autor ... konzentriert sich bei seiner Analyse der gesamtwirtschaftlichen Effekte auf drei Aspekte dieses Einkommens, nämlich: seine Unbedingtheit, seine Höhe und seine Finanzierung. ... Neben den komplexen Wirkungszusammenhängen in einer Volkswirtschaft sind ein wesentlicher Grund für diese Unsicherheit die nicht eindeutig voraussehbaren Reaktionen von Bürgern und Unternehmen bezüglich ihres Arbeitsangebotes oder ihrer Arbeitsnachfrage:


Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage lassen sich ganz einfach berechnen. Es geht erst einmal nur um die „notwendige Produktion“ in einer Wirtschaft. - Diese wird immer nachgefragt. Sie stellt mit ihren Gütern und Dienstleistungen das eigentliche „Grundeinkommen“ her: Nahrung, Kleidung, Wohnen und Energie. Das sind die Güter, die wir herstellen müssen, denn sie sind für die Existenzsicherung eines jeden Menschen notwendig. Die notwendige Produktion ist die Grundlage jeden Wirtschaftens. Alles weitere kann aber nur „freiwillig“ produziert werden. Seien es Waffen, die achtzigste Zahnpasta-Sorte, ein Smartphone oder Gummibärchen.


Das Arbeitsangebot der Bürger: Das „BGE reduziert den Zwang, den Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu verdienen.“


Diese Darstellung ist sprachlich fragwürdig. - Die Güter, die unser Leben sichern, werden hergestellt, und dann verteilt. Sodass alle die notwendigen Produkte erhalten. Es geht weder um „Zwang“, noch darum, sich etwas zu „verdienen“.


Je geringer das Einkommen und je unbefriedigender die Tätigkeit ist, die ein Beschäftigter ausübt, desto eher wird damit zu rechnen sein, dass dieser Beschäftigte sein Arbeitsangebot einschränkt.


Diese Aussage trifft für eine Grundeinkommens-Gesellschaft nicht zu. Es ist nahezu unwichtig, wie „gering“ ein Erwerbseinkommen ist, weil als Ausgangsbasis ein Grundeinkommen existiert, das die Existenz vollständig sichert. - Wer will, kann darauf verzichten, bei einem Unternehmer einen Job anzunehmen. Wer dies aber doch tut, und zum Beispiel 5 Stunden täglich, oder 5 Stunden wöchentlich arbeitet, hat trotz dieses „geringen Einkommens“ mehr Geld in der Tasche, als nur mit einem Grundeinkommen. - Das heißt, die Entscheidung ist voll und ganz dem Bürger überlassen, wie viel er arbeiten will und zu welchem Lohn.


Bezieher hohen Einkommen werden ihr Arbeitsangebot dagegen kaum ändern. Anderseits hätten Personen, die bisher Transferleistungen bezogen haben, einen Anreiz ihr Arbeitsangebot auszudehnen, da die Anrechnung des Erwerbseinkommens auf die Transferleistung beim BGE entfällt. Geht man davon aus, dass das Arbeitsangebot insgesamt zurückgeht, so der Autor, würde das zu einem Anstieg des Lohns insbesondere für geringer qualifizierte Arbeitskräfte führen.


In einer Grundeinkommens-Gesellschaft wird nicht so sehr die Frage im Raum stehen, „Wie groß ist das Arbeitsangebot?“, sondern die Menschen werden sich selbst fragen, was will ich tun, was brauchen die Mitmenschen, welche Arbeit ist mir wichtig. - Darum wird es gehen.


Ein Anstieg der Löhne führt tendenziell zu einem Preisanstieg. Ebenso wie ein hinreichend hohes Grundeinkommen, das einkommensarmen Haushalten ein höheres verfügbares Einkommen und höhere Konsumausgaben ermöglicht. Anderseits kann ein verringertes Arbeitsangebot aber auch zu einem Rückgang der Konsumausgaben führen. Ebenfalls relevant für den Preisanstieg ist die Finanzierung des BGE. So würde eine Erhöhung der Umsatzsteuer oder der Produktionssteuern zu steigenden Preisen führen.


Erst einmal ist es „unwichtig“, ob die Löhne steigen, denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein Grundeinkommen und somit eine sichere Existenz.


Was will man mehr!


Deshalb ist es wenig glaubwürdig, dass die Preise steigen. Es scheint vielmehr so, dass der Autor mit seinem Denken noch im Hier-und-Jetzt sich befindet, statt dass er sich in eine Grundeinkommens-Gesellschaft hinein denkt.


Und geht man von einem Steuersystem aus, das nur aus einer Steuer besteht, der Konsumsteuer, dann gibt es keine „Produktionssteuern“, sondern nur die Umsatz=Mehrwert=Konsumsteuer. Und diese erhöht sich nicht durch die Finanzierung, sondern fasst nur alle bisherigen Steuern zusammen. - Alle Steuern und Abgaben zusammengefasst, machen cirka die Hälfte der Wertschöpfung aus. Also würde diese eine Steuer cirka 50% ausmachen. Genauso, wie auch heute schon cirka die Hälfte der eigenen Wertschöpfung, zum Beispiel der „Lohn“ zur Hälfte für Steuern und Abgaben Verwendung findet, bevor der Bürger über den Rest selbst verfügen kann.


Die Arbeitsproduktivität könnte steigen, wenn die Beschäftigten die Freiheit durch ein BGE für eine bessere Ausbildung nutzen würden, und mehr Kapital und Technologie eingesetzt würde. Allerdings könne dieser Effekt aufgrund einer möglicherweise höheren Besteuerung des Kapitals gedämpft werden.


Das ist ja gerade der Clou, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst bestimmen, wie sie die „Freiheit durch ein bGE“ nutzen. Die Idee, darüber im paternalistischen Sinne Vorgaben zu machen, entspricht den heutigen Verhältnissen.


Die internationale Wettbewerbsfähigkeit hängt nicht zuletzt von den Lohnstückkosten ab – dem Verhältnis zwischen Löhnen und Arbeitsproduktivität.


Eine Grundeinkommens-Gesellschaft orientiert sich nicht am „internationalen Wettbewerb“.


Die Wettbewerbsideologie ist eine Hauptursache für unser heutiges Elend und die Armutsverhältnisse in der Welt. Die Menschen werden an allen Orten der Erde gegeneinander ausgespielt, mit der Drohung, die Produktion ins Nachbarland zu verlagern, weil da die Arbeitskräfte billiger seien. - Mit dieser Argumentation hatten vor Jahren die GRÜNEN und die SPD Hartz4 eingeführt und den Niedriglohnsektor begründet.


Dieser Argumentation sollten wir auf das Heftigste widersprechen. Weil es eine Ideologie ist, und nichts mit unseren menschenwürdigen Interessen zu tun hat. Wir können „ohne Wettbewerb“ die notwendige Produktion bewerkstelligen, die gleich zu setzen ist, mit dem „Grundeinkommen“.


Unsere existentielle Sicherheit sollte nicht „im Wettbewerb“ erarbeitet werden.


Würde das BGE durch eine Besteuerung höherer Einkommen finanziert, verringere dies die Ungleichheit der verfügbaren Einkommen.


Höhere Einkommen „besteuern“, wäre eine Einkommenssteuer. - Genau das ist aber fatal in einer Gesellschaft, die darauf angewiesen ist, dass Menschen gerne arbeiten. Deshalb sollten wir nicht die Arbeit besteuern und damit Arbeit „bestrafen“. Sinnvoller ist es den Verbrauch, den Konsum zu besteuern. Wer sich viel nimmt, ein Schloss kauft, ein teures Auto, das beste Notebook und so weiter, der zahlt automatisch auch mehr Steuern wegen seiner höheren Ausgaben.


Wie sich die Einführung eines BGE letztendlich auf das Wirtschaftswachstum auswirkt, hängt primär von der Entwicklung des Arbeits- und Kapitaleinsatzes, des technischen Fortschritts und der Produktivität ab.


Eine Grundeinkommens-Gesellschaft orientiert sich nicht am „Wachstum“.


Wirtschaftswachstum ist „böse“, ist schlecht für die meisten Gesellschaften, weil es krankhaft ist. Nur in eng begrenzten Fällen ist Wachstum in einer Volkswirtschaft sinnvoll. Zum Beispiel wenn eine Volkswirtschaft enormen Nachholbedarf hat, an Verbrauchsgütern oder neuen, effizienteren Produkten, für die gesamte Bevölkerung, weil bisher ein Mangel an diesen Gütern herrschte. - Heute hat aber ein Großteil der Staaten in der Welt, diese Güter „im Überfluss“.- Wir können an der Natur erkennen, dass Wachstum-ohne-Ende nicht existiert. Alles ist einmal fertig „gewachsen“. Nur krankhafte Prozesse wachsen endlos. Wie bei den Krebserkrankungen.


Wie die Analyse zeigt, ist bei der Einschätzung der Effekte eine Menge Spekulation im Spiel. „Angesichts dieser großen Unsicherheit über die Reaktion des Arbeits- und Kapitalangebots sind keine eindeutigen Aussagen über die makroökonomischen Konsequenzen eines BGE möglich“, schreibt Petersen. Problematisch seien dabei insbesondere die Verhaltensänderungen der privaten Haushalte und Unternehmen.


Warum diese „Verhaltensänderungen“ problematisch sein sollen, ist kaum nachzuvollziehen. - Alle Produktion, die sich auf die Existenzsicherung, also auf Nahrung, Kleidung, Wohnen und Energie bezieht, wird unvermindert weitergehen müssen, weil wir sie brauchen. - Alles übrige steht „zur Disposition“ insofern, weil die Menschen „frei“ sind, selbst zu entscheiden, was sie durch ihre Mitarbeit unterstützen möchten.


Bemerkenswert ist, dass viele Autoren die heutigen Verhältnisse, das heutige krampfhafte Festhalten an ungesunden Lebensweisen und die Ideologie von „Wettbewerb und Wachstum“ einfach gedanklich auf eine Grundeinkommens-Gesellschaft übertragen. Aber das macht keinen Sinn.


Zu einer Grundeinkommens-Gesellschaft gehört auch, die Irrwege der heutigen Lebensgestaltung aufzugeben.


Es wird nicht nur ein „Grundeinkommen“ an alle Menschen fair verteilt, wir müssen uns insgesamt die Gesellschaft menschenwürdiger vorstellen. - Zu einer Grundeinkommens-Gesellschaft gehört mehr, als nur das „Grundeinkommen“. Zu ihr gehört Direkte Demokratie und ein Mix aus geplanter Wirtschaft und „Markt“. Aber existenzgefährdender Wettbewerb und Wachstum-ohne-Ende sind umwelt- und menschenfeindlich und keine Grundlage für einen fairen Weltmarkt und lebenswerte Gesellschaften, und gehören somit auch nicht in eine Grundeinkommens-Gesellschaft.


Was die Autoren übersehen, ist, dass nicht mehr die Unternehmer alleine bestimmen, wie die Wirtschaft inhaltlich aussieht, sondern dass sie gemeinsam, gleichberechtigt mit den „Projektbeteiligten“ (ehemals Arbeitnehmer) dies entscheiden. Sowohl die Inhalte, als auch die Menge der wirtschaftlichen Tätigkeit werden in einer Grundeinkommens-Zukunft maßgeblich von den Bürgerinnen und Bürgern selbst, direkt bestimmt.