Pilotenstreik und Nahles' Arbeitskonto

Der Pilotenstreik ist insofern interessant, weil er aufzeigt, wie es weitergeht, wenn wir in den alten Vorstellungen von Arbeit und »Entlohnung« verhaftet bleiben.


Die Piloten wollen »mit Gewalt« erzwingen, dass sie das Geld bekommen, was sie wollen. Das geht nur, wenn sie die »Arbeit blockieren«. Die Idee dabei ist, wir verhindern Arbeit und diejenigen, die sie wollen, sollen mehr bezahlen.


Alle Piloten, die bei »Lufthansa« sind, legen die Arbeit nieder. Aber was ist mit den anderen Piloten, der anderen Fluglinien. Streiken die auch zur selben Zeit? Wenn nicht, dann kann der Kunde den Streik unterlaufen, und fliegt einfach mit einer anderen Fluglinie. - Und was ist mit Piloten, die nicht die Ansichten der Lufthansa-Flugkapitäne teilen? Die also bereit wären, zu anderen Vergütungsregeln und Vereinbarungen zu fliegen, als sie von der Piloten-Gewerkschaft verlangt werden? - Ist das nicht eigentlich Privatsache, zu welchen Konditionen jemand seine Arbeit verrichtet. Sollte das nicht jeder individuell mit seinen Vertragspartnern regeln können?


In der alten Welt wird die Arbeit als »Faustpfand« gegen die Gesellschaft verwendet.


Die Züge fahren nicht, wegen Streik. Deshalb soll der Arbeitgeber mehr zahlen. Die U-Bahn, Straßenbahn fährt nicht. Deshalb soll der öffentliche Arbeitgeber mehr Geld geben. Dass die Kunden irgendwann die Tickets nicht mehr zahlen können, ist egal, es werden dann einfach mehr Kontrolleure eingestellt, die das Bezahlen erzwingen sollen.

Bei den Lufthansa-Piloten werden wir sehen, ob dieses Verhalten auf die lange Sicht mit Erfolg gekrönt wird. Wird die Marke »Lufthansa« demnächst verschwinden und dafür haben wir mehr Billigfluglinien? Oder setzen sich die Piloten durch, bekommen 20% mehr Geld und die anderen Forderungen der Flieger-Gewerkschaft werden auch erfüllt? Und wie verhalten sich dann die Kunden, wenn sie wissen, dass es auch anderen Linien gibt, mit denen es günstiger ist, zu fliegen?


Das Verhalten der Piloten signalisiert, wir als »Arbeitnehmer« diktieren die Preise. Wir bestimmen, unter welchen Bedingungen wir arbeiten. Wenn es aber heute einen »Arbeitsmarkt« gibt, könnten die Fluggesellschaften auch Arbeitnehmer finden, Piloten, die bereit wären zu einem geringeren Preis zu arbeiten. - Das ist ja gerade der berühmt-berüchtigte Wettbewerb unter den Arbeitnehmern in einer globalisierten Welt.


http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.tarifverhandlungen-lufthansa-macht-piloten-neues-angebot.e0aff80a-b414-4e27-b07a-adc8f69d79f7.html


„Wir können immer entscheiden, in welche Richtung der Fortschritt läuft. Das Drehbuch für diesen Film schreiben wir selbst“, gibt sich die Ministerin ganz sozialdemokratisch überzeugt.


http://www.fr-online.de/arbeit---soziales/digitalisierung-das-ist-die-arbeitswelt-von-morgen,1473632,34974974.html


Mit »Wir« meint Frau Nahles natürlich sich und ihre »Experten«. - Aber tatsächlich sind es die Bürgerinnen und Bürger, die die Welt gestalten. - Wir müssen es bloß tun.


Aber die Spielregeln für die moderne Arbeit seien „nicht in erster Linie eine gesetzliche Herausforderung“, sondern müssten zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelt werden.


Das ist deshalb eine interessante Bemerkung der Politikerin, weil sie die Arbeitnehmer unerwähnt lässt. Die Arbeitnehmer, Arbeitslosen sind dann die Verschiebemasse, mit der andere Gruppen manipulativ umgehen. - Nicht die Arbeitnehmer bestimmen, wie sie selbst in ihrem Leben »Arbeit« einordnen und einen Stellenwert geben, sondern »andere«.


Nahles' »Persönliches Erwerbstätigenkonto« läuft wieder auf einen Kontrollstaat hinaus. Der Bürger soll weiterhin »nachweisen«, dass er berechtigt ist, zu existieren. Wer nichts oder wenig arbeitet, wird sich dies vorhalten lassen müssen, und ist dann selber schuld »arm«. Er hat ja nichts geleistet. - Außerdem nagelt sie die Bürger fest, auf ein »Arbeitsleben«. Nur Arbeit zählt. - Das ist die Ideologie dieser Politiker, Institute, Medien, Wirtschaftsleute, die ihre Mitbürger »zur Verfügung« haben wollen, zur neo-liberalen Ausbeutung, der sich der Bürger nicht entziehen kann.


Und auch bei dieser Präsentation der Politikerin kein Wort zur Agentur für Arbeit und Jobcenter und den Sanktionsregeln gegen die arbeitslose Bevölkerung? - Warum? Weil sie das natürlich alles beibehalten will.


Das »Erwerbstätigenkonto« ist die große eiserne Kette, an die sie jeden Bürger legen wollen.


Auch wenn die Politik nicht die Mehrheit der wahlberechtigten Bürger abbildet (die Nichtwähler werden einfach ignoriert), so wollen sie doch allen auf der Nase herumtanzen. - In einer Grundeinkommens-Gesellschaft würde die Ankettung der Bürger an die Arbeitswelt aufgegeben. Sie ist nicht nötig und widerspricht den Bürgerrechten. [1] Sowohl die notwendige Arbeit [2], als auch alle übrige Arbeit würde weiterhin über den »Arbeitsmarkt« abgewickelt. Nur hätten die Bürgerinnen und Bürger die Freiheit, selbst zu bestimmen, was sie arbeiten. - Ihre Existenz wäre vom Arbeitszwang entkoppelt. Es gäbe keine Zwangsarbeit, wie es heute der Fall ist.


Die Perversion der heutigen Gesellschaft ist an dem Bettler zu sehen, der vor einem Lebensmittel-Discounter sitzt, in dem die Regale brechend voll sind, mit allen Gütern, die wir zum täglichen Leben brauchen. - Warum hat dieser arme Mensch keinen Zugriff auf diese Güter, in Höhe seiner monatlichen Existenzsicherung? Weil er gemäß der Logik unserer Politiker »nachweisen« muss, dass er zur Entnahme aus den Regalen berechtigt ist. Ansonsten wäre es ja aus Sicht der Hartz4-Sanktions Anhänger »ungerecht«.


Dabei spielt in der heutigen Welt nicht die vermeintliche Gerechtigkeit des Arbeitsnachweises eine Rolle, sondern wir müssen sehen, dass die meisten Dinge, die wir zum Leben brauchen, »im Überfluss« produziert und vorhanden sind. Wir können sie gemäß des »Bedarfs« der Menschen verteilen.


Der technische Fortschritt produziert immer mehr und mehr das, was wir in der Grundversorgung brauchen. - Aber in unserem Denken leben wir immer noch in einer Knappheitsgesellschaft, in der jeder seinen Anteil an Arbeit nachweisen soll. - Von diesem Denken müssen wir uns befreien.


Wir sollten uns nicht gegenseitig bewerten auf der Ebene der Existenzsicherung. Wir sollten uns das Lebensrecht bedingungslos zugestehen. - Oberhalb dieser Versorgung gibt es noch genügend Wettbewerbsanhaltspunkte für diejenigen, die sich gegenseitig messen wollen. - Uns Menschen das Lebensrecht bedingungslos garantieren, das ist das »Grundeinkommen«. In einer sich ständig wandelnden Lebenswelt ist es das beste Konzept, um den Bürgern in Würde zu begegnen.


[1]

Bürgerrechte - Grundrechte, die durch die Hartz4-Sanktionen verletzt werden:


In der Klageschrift von Ralph Boes gegen das Jobcenter, sind einige Gesetze erwähnt, die die Bürgerrechte ausmachen. Diese Rechte werden durch die Gesetzgebung der Bundestagsabgeordneten und durch die Umsetzung dieser Regelungen durch die Regierungen (Merkel!) verletzt. Auch die Richter schützen die Bürgerinnen und Bürger nicht. Sie haben schon mehrfach zugunsten der Gesetzgebung argumentiert, statt Hartz4 sofort zu verbieten, was eigentlich ihre Aufgabe wäre, wenn sie sich dem Grundgesetz verpflichtet fühlen.


http://grundrechte-brandbrief.de/Prozesse/8-Klage-sechste-100%25-Sanktion/2015-04-28-RB-Klage-Hauptschrift.htm


Art. 1 GG

Art. 2 GG

Art. 12 GG

Art. 20 GG


https://dejure.org/gesetze/GG


Art. 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


Art. 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.


(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.


Art. 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.


(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.


(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.


Art. 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.


(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.


(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.


(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Was muss gearbeitet werden:

[2]

»Notwendig« ist erstmal nur die Arbeit, die uns die physische Existenz ermöglicht. Allein aus eigener Einsicht würden wir wollen, dass in diesem Bereich alles geschieht, was die Versorgung der Menschen garantiert. - Die »notwendige Arbeit« betrifft Nahrung, Kleidung, Wohnen und Energie.

Alle übrige Arbeit kann sowieso nur »freiwillig« sein. Oder wie soll jemand gezwungen werden, in der »Werbung« zu arbeiten? Diese Arbeit ist nicht notwendig. - Aber den Zwang »irgendwas« arbeiten zu müssen, haben wir heute mit den Hartz4-Sanktionen.