Grundeinkommen finanzieren?

Wie ist das nun, mit dem Grundeinkommen.

Kürzlich sagte der Politiker, »Ist ja alles gut und schön. Aber wie wollt ihr das Grundeinkommen finanzieren. Wo wollt ihr die Milliarden Euro hernehmen?« Und grinste dabei die Vertreter der Grundeinkommens-Initiativen an.

Da war das Problem. Woher das Geld nehmen?

Oder ist es ganz anders und der Politiker hatte sich geirrt, indem er für die Idee des BGE eine ungenaue Perspektive wählte?

Das Bedingungslose Grundeinkommen (bGE) muss nicht finanziert, sondern neu »gedacht« werden.

Der Begriff »Grundeinkommen« ist nur ein anderes Wort für Existenzsicherung. - Die Existenzsicherung brauchen wir aber immer. Also nicht erst, wenn das bGE eingeführt wird. Das Grundeinkommen, die Existenzsicherung haben wir jetzt im Moment, der Kühlschrank muss jetzt voll sein, die Miete bezahlt, die Stromrechnung auch und im Winter die Heizkosten. - Wenn das nicht der Fall ist, sind wir »existentiell bedroht«.

Heute ist die Existenzsicherung meistens Teil anderer Einkommen und daher mit anderen Namen ausgestattet: Grundsicherung, Lohn, Gewinn, Rente, Grundrente, Grundfreibetrag, und so weiter. Aber immer ist das gemeint, was wir beständig brauchen, um leben zu können. Zum Beispiel die Kerngruppe der »existenzsichernden Güter«: Nahrung, Kleidung, Wohnen und Energie.

Diese Dinge brauchen wir immer. Auch schon, bevor das bGE eingeführt ist. Wir haben also das Grundeinkommen bereits schon. Was uns jetzt noch fehlt, ist die »Bedingungslosigkeit«.

Die Grundeinkommens-Befürworter setzen sich also genau genommen nicht für das »Grundeinkommen« ein, sondern für seine Bedingungslosigkeit. Denn das Grundeinkommen ist bereits da, sonst würden die Menschen die Woche nicht lebend überstehen.

Das Grundeinkommen ist somit sowohl von den Gütern, als auch vom Geld her, »nichts Neues«. Es geht nur darum, dieses Grundeinkommen, diese Existenzsicherung jetzt bedingungslos allen Mitbürgern zu geben, statt es wie bisher, an Bedingungen zu knüpfen.

Wie sieht das nun konkret aus:

Nehmen wir einen Arbeitnehmer an, der bisher seinen Lohn vom Arbeitgeber erhalten hat. Der Arbeitgeber ist Unternehmer und produziert Waren. Die Ware hat einen »Preis«. Im Preis müssen alle Ansprüche enthalten sein, die jemand an das fertige Produkt stellt. Nehmen wir an, der Unternehmer stellt »Kuchen« her. - Alle, die an der Produktion des Kuchens mitgewirkt haben, stellen einen Anspruch an den fertigen Kuchen, wollen vom fertigen Kuchen ein Stück abhaben, wollen für ihr Mitwirken, für ihre Arbeit entlohnt werden, wollen aber auch, bei Bedarf, einen Teil der Produkte haben, die hergestellt wurden.

Derjenige, der die Vorprodukte lieferte, der Müller, der das Mehl lieferte. Der Unternehmer will seinen Anteil als »Gewinn«, oder als Lohn haben, der normale Mitarbeiter will ebenfalls seinen Anteil, die Logistiker, die den Kuchen in alle Welt transportieren und die Mitarbeiter im Handel, die an der Kasse sitzen und den Kuchen letztlich »gegen Geld« anderen Menschen aushändigen.

Aber noch jemand will seinen Anteil am Kuchen haben, nämlich »wir alle«, in Form von Steuern, damit die gemeinschaftlichen Aufgaben erledigt werden können, zum Beispiel »Straßenbau«, Schulsanierung, etc. - Und das Grundeinkommen soll auch »Teil der gemeinschaftlichen Aufgaben« werden.

Im Preis des Kuchens sind also alle Ansprüche enthalten, die wir Menschen an den fertigen Kuchen stellen. – Wir wollen alle ein Stück vom Kuchen haben, von der gemeinschaftlichen Wertschöpfung, entweder weil wir bei der Produktion und Dienstleistungserbringung mitgewirkt haben, oder weil wir als Gemeinschaft Ansprüche an das fertige Produkt stellen.

Wo steckt im Preis die »Existenzsicherung«?

Der Mitarbeiter in der Kuchenproduktion hat sein Grundeinkommen, seine Existenzsicherung im »Lohn« enthalten. Ist sein Bruttolohn 2250 Euro und sein Nettolohn 1500 Euro und nehmen wir einen Grundeinkommens-Betrag von 1000 Euro an, dann sind die 1000 Euro »Teil seines Nettolohnes«.

Auch der Unternehmer hat heute schon sein »Grundeinkommen«. Bei ihm wäre es »Teil seines Gewinns«. Bloß ist es heute so, dass wir Menschen unser Grundeinkommen nicht »bedingungslos« erhalten. Wir haben heute unsere Existenzsicherung nur, wenn wir Bedingungen erfüllen. Der Unternehmer muss die Bedingung erfüllen, unternehmerisch tätig zu sein, der Mitarbeiter muss für den Unternehmer arbeiten und dies in einem Arbeitsvertrag bekunden und zusichern. Der Rentner muss in die Rentenversicherung eingezahlt haben und wer nichts eingezahlt hat, bekommt eben nur die »Grundsicherung im Alter«, wenn ein Antrag gestellt wird.

Bei Einführung des bGE ändert sich also für viele am »Grundeinkommen« selbst kaum etwas. Nur diejenigen, die heute zu wenig haben, würden endlich »menschenwürdig« leben können, weil sie mehr bekommen. – In unserer Überflussgesellschaft ist für alle Menschen genug da. Und das, was die Leute zum Leben brauchen, sollten sie in vollem Umfang erhalten.

Bei Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens geschieht also nur eine »Umetikettierung« der Existenzsicherung. Heute hat sie verschiedene Namen, sie ist Teil von unterschiedlichen Einkommen und in einer Grundeinkommens-Gesellschaft würde die Existenzsicherung einen konkreten Namen bekommen: »Grundeinkommen«, und von allen Bedingungen befreit, allen Bürgerinnen und Bürgern zustehen. - Die Existenzsicherung ist der »bedingungslose Zugriff auf die existenzsichernden Güter«.

Natürlich müssen diese Güter auch produziert werden!

Dies ist für uns alle von Bedeutung und darum müssen wir uns kümmern. - Auch müssen wir uns darum kümmern, dass der Preis für diese Produkte möglichst niedrig ist und die Qualität der Produkte möglichst hoch. Dass heißt, in einer Grundeinkommens-Gesellschaft bleibt »der Markt« bestehen, es wird keine Planwirtschaft eingeführt. Aber die Produzenten sollten zusammenarbeiten können, in Assoziationen. Das heißt, die heutigen Kartellgesetze müssten abgeschafft werden, damit die Produzenten in kluger Weise zum Wohle der Gemeinschaften zusammenarbeiten können, und ressourcen-schonend mit unserem Planeten umgehen.

Die Existenzsicherung, die heute in den Preisen der Produkte enthalten ist, und immer eine »Bedingung« voraussetzt, würde also in Absprache der Bürgerinnen und Bürger »unbedingt« allen Mitmenschen gewährt.

Der Preis ändert sich nicht.

Aber der existenzsichernde Geldbetrag taucht nicht mehr unter dem Begriff »Lohn« auf, sondern als Steueranteil. – Wenn wir alle bisherigen Steuern abschaffen: Gewerbesteuer, Unternehmenssteuer, Einkommenssteuer, etc.; und nur noch eine Steuer haben, die »Mehrwertsteuer«, dann wäre die Existenzsicherung nicht mehr Teil des »Lohnes«, sondern Teil der Mehrwertsteuer.

Der Preis bleibt gleich, aber er setzt sich jetzt anders zusammen. Der Lohnanteil sinkt, dafür ist die Existenzsicherung jetzt »Teil der Mehrwertsteuer«.

Was hat nun der eingangs erwähnte Politiker »falsch gedacht«?

Er stellte sich das Grundeinkommen vor, wie eine »Neu-Investition«. Er fragt, wie wollt ihr das finanzieren, und hat dabei vor Augen einen Neuwagen oder ein neues Haus. – Dann fragt er grinsend den Mitmenschen, »Wie willst du denn ein Haus finanzieren. Die ganzen neu zu besorgenden Baustoffe. Woher willst du denn so viel Geld nehmen, um das bezahlen zu können?« So fragt er den Grundeinkommens-Befürworter nach der Finanzierung des bGE. – Und hat dabei eine völlig falsche Vorstellung vom Bedingungslosen Grundeinkommen.

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist keine »Neu-Anschaffung«. Das Grundeinkommen haben wir heute schon längst. Es hat heute nur einen anderen Namen und es ist heute nicht »bedingungslos«. Die Grundeinkommens-Befürworter wollen also nicht etwas »völlig Neues«. Sie wollen, dass etwas bereits Vorhandenes den Menschen bedingungslos gegeben wird, und sie wollen, dass die Existenzsicherung in »menschenwürdiger Höhe« den Leuten zusteht.

Das heutige Hartz4-Geld, ca. 750 Euro, ist zu niedrig. – Für 1000 Euro sich »Güter des Lebens« nehmen zu können, sollte schon möglich sein, pro erwachsener Person, in einer so reichen Gesellschaft, wie der hiesigen.

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist nicht eine Finanzierungfrage im Sinne von »Mangel an Geld« oder »Mangel an Gütern«, sondern eine Aufgabe des Nachdenkens und Durchdenkens der Zusammenhänge. - Wir brauchen neue Begriffe und eine neue Sichtweise auf unsere Lebenswelt.

Die Idee der alten »Arbeitsgesellschaft« taugt nicht mehr für die Anforderungen der heutigen Zeit. - Das Bedingungslose Grundeinkommen sorgt für eine dringend notwendige Neu-Gestaltung und neue Betrachtungsweise unserer Lebenszusammenhänge.