Das Internat - Leseprobe 3

Was du nicht willst, dass man dir tu

„Das war das letzte blaue Auge, das mir mein rabiater Mann geschlagen hat!“, schwört sich Birgit, „ob ich ihm nun einen Anlass gegeben habe oder nicht – egal, das lasse ich mir nicht mehr länger gefallen. Nie wieder! Na warte!“

Da hat sie doch von dieser Möglichkeit gelesen, seinen Partner so richtig altmodisch bestrafen zu lassen, nach guter alter Sitte mit tüchtigen Prügeln und vielleicht Stehen am Pranger oder Sitzen im Block. Diese Strafen müssten doch gut gegen aggressive Übergriffe helfen. Einen Versuch ist es allemal wert, denn sonst wird sie sich von Georg trennen. Doch die Drohung mit der Scheidung ist womöglich nicht genug – was er wohl noch mehr fürchtet, ist eine Anzeige, die seine Taten bekannt macht. Denn das betrifft dann auch seine Freunde und sein Geschäft.

Birgit fährt zum Institut und bespricht die Vorgangsweise.

Am Abend entschuldigt sich Georg bei ihr – wie schon so oft.

„Ha, ha“, denkt Birgit „deine halbherzigen Versöhnungen kenne ich schon – da werde ich jetzt eine radikale Veränderung einleiten!“

Und laut sagt sie: „Nun, dein Verhalten war ja nicht zum ersten Mal inakzeptabel – ich werde es dir deshalb sicher nicht einfach so durchgehen lassen! Es gibt da ein Institut, dort soll man dir einmal so richtig klarmachen, dass deine Zornausbrüche kein passendes Benehmen im Zusammenleben sind. Hier, nimm diesen Brief, fahre morgen Freitag zu dieser Adresse, übergib ihn an Herrn Dr. Storck und lass dir von ihm alles erklären. Ich habe für dich einen Termin um 15 Uhr ausgemacht. Sei pünktlich!“

„Hm, wenn du meinst. Dann höre ich mir halt an, was sie dort zu sagen haben. Wenn du nur wieder gut bist!“

Georg denkt, er erhält dort eine Standpauke – nun, sollen sie ihm doch erzählen, was sie wollen! Hauptsache, das ganze wird wieder unter den Teppich gekehrt und niemand erfährt davon. Er kennt seinen Jähzorn als eine schlimme Eigenschaft, die immer wieder er mit ihm durchgeht, und das Ergebnis ist stets, dass er seine Ausbrüche im Nachhinein regelmäßig wirklich bedauert.

Am nächsten Tag läutet Georg am Institut und wird zu Dr. Storck gebracht. Dieser öffnet den Brief und liest.

„Ah, ja, Ihre Frau war bei mir und hat mir die Situation geschildert. Ich kann verstehen, dass Ihre Zornausbrüche keine gute Basis für den Weiterbestand Ihrer Ehe darstellen. Doch Sie sollten wissen, dass das nicht das einzige Problem ist. Bitte lesen Sie selbst!“

Georg ist blass geworden. Er nimmt den Brief und erschrickt über die von seiner Frau formulierten Drohungen:

Falls er einer exemplarischen Bestrafung und regelmäßigen 'Auffrischungen' nicht zustimmt, wird sie Anzeige erstatten und die Scheidung einreichen. Dabei wird sie auch das Haus und die Hälfte seiner Firma fordern, und da man ihm sicher die alleinige Schuld zuweisen wird, stehen ihre Chancen gut, dass sie auch beides erhält.

„Das ist doch Nötigung!“, presst Georg heraus.

„Oh“, meint Wolfgang, „ich kann das nicht beurteilen, doch im Strafgesetzbuch heißt es über Nötigung ausdrücklich, die Tat ist nicht rechtswidrig, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet. Und ich bin nicht der Meinung, dass die Anzeige einer Körperverletzung oder eine Scheidung wegen dieser schuldhaften Handlung gegen die guten Sitten verstößt!“

Georg sitzt vor Wolfgang und blickt zu Boden.

– – –

„Was bedeutet 'exemplarische Bestrafung'?“

„Ihre Frau sagte mir, sie wurde von Ihnen geschlagen und trug danach tagelang sichtbare Prügelspuren – jetzt sollen auch Sie selbst fühlen, wie das ist!

Gemeint ist hier eine harte Züchtigung mit dem Stock, 25 Hiebe, ferner Stehen am Pranger für 3 Stunden. Und die Auffrischungen bedeuten kurze Bestrafungen – jeweils 3 Hiebe – vorerst vier Mal im Abstand von einer Woche, dann weitere 12 Mal im Abstand von einem Monat. Bis dahin haben Sie – so besteht die Hoffnung – ihren Jähzorn in den Griff bekommen. Doch jeder Rückfall führt wieder zu einer neuen, vollen Bestrafung – oder den angedrohten Konsequenzen!“

„Was meinen Sie mit 'am Pranger Stehen'?“

„Da stehen Sie leicht gebückt vor einem Holzgestell, in dem Ihr Hals und Ihre Handgelenke knapp unter Schulterhöhe fixiert sind. So stehen Sie im Strafraum und werden dabei ein Schild tragen: 'Ein bestrafter Gewalttäter!', während die anderen Delinquenten dort ebenfalls ihre Strafen erhalten. Wir hielten das Stehen am Pranger wegen der Befestigung am Hals vorerst für zu gefährlich und überlegten, es durch Sitzen im Block zu ersetzen. Doch nach der Prügelstrafe werden Sie nicht gut sitzen können. Also haben wir uns doch für den Pranger entschieden, werden aber Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, damit Ihnen dabei – selbst falls Sie ohnmächtig werden – nichts passieren kann!“

„Die anderen? Wer sieht mich denn da?“

„Ja, das kann ich nicht genau sagen, das kommt ganz darauf an, wann diese Strafe ausgeführt wird und wer zu dieser Zeit ebenfalls bestraft wird und deshalb im Strafraum anwesend ist. Da spielt der Zufall mit! Derzeit haben wir etwa ein Dutzend Zöglinge, die eventuell einer Strafmaßnahme bedürfen.“

[ ... Fortsetzung im Buch]