Kognitive Verhaltenstherapie des Stotterns

Kognitive Verhaltenstherapie des Stotterns

Ein Manual für die psychotherapeutische und sprachtherapeutische Praxis

ISBN / Artikel-Nr: 978-3-17-024263-0

Erschienen: 2014

Aus dem Inhalt

Inhaltsverzeichnis Vorwort Leseprobe

Produktbeschreibung

In der Therapie des Stotterns wurden lange Zeit vor allem sprachtherapeutische Übungsverfahren eingesetzt. Erst seit einigen Jahren setzt sich die Erkenntnis durch, dass die psychischen Folgesymptome wie Angst, Scham und Vermeidung nicht nur Begleiterscheinungen des Stotterns sind, sondern den Schweregrad der Störung aktiv beeinflussen und somit stärker in den Fokus der Therapie gerückt werden sollten. Das Buch greift diese Entwicklung auf und bezieht sich auf neue Forschungserkenntnisse aus den USA und Australien. Es liefert ein empirisch gestütztes, detailliertes Manual für eine verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie des Stotterns.

Autorenporträt

Dr. Johannes von Tiling ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Darmstadt. Stephen Crawcour, Ph.D., koordiniert das Projekt "SophoPrax" zur Therapie der sozialen Phobie an der TU Dresden. Prof. Dr. Jürgen Hoyer ist Professor für Behaviorale Psychotherapie an der TU Dresden.

Jürg Kollbrunner

Psychodynamik des Stotterns

Psychosoziale Ursachen, Stottertheorien, tiefenpsychologisch orientierte Therapie, Zukunftsperspektiven der Sprachtherapieausbildung

ISBN / Artikel-Nr: 978-3-17-018050-5

Erschienen: 2003

Produktbeschreibung

Mit alten Bausteinen wird in diesem Buch ein neues ''Gebäude'' zur Diagnostik und Therapie von stotternden Menschen beschrieben, ein Haus, auf welches viele Betroffene und Experten schon lange warten, das aber nicht nur Behaglichkeit vermittelt, sondern auch zu Auseinandersetzung drängt und deshalb für viele unbequem, für einige sogar unzumutbar erscheint. Zu Beginn des Buches wird gezeigt, warum sich die meisten Stotterexperten seit Jahrzehnten gescheut haben, aus dem Baustoff des riesigen Wissens zum Stottern einen logischen Bauplan für Ursachentheorien und kausale Therapieansätze zu entwickeln. Danach wird ein psycho- und familiendynamisches Ursachenmodell präsentiert und dargestellt, wie Diagnostik und Therapie daraus abgeleitet werden können. Grundhaltungen solcher therapeutischer Arbeit werden ausführlich diskutiert und an klinischen Beispielen illustriert.

Dr. phil. Jürg Kollbrunner arbeitet als Klinischer Psychologe und Psychotherapeut an der Stimm- und Sprachabteilung der Universitäts-HNO-Klinik des Inselspitals in Bern. Diesen Ratgeber hat er zusammen mit den Mitgliedern der Projektgruppe ''Stottern'', PD Dr. med. Eberhard Seifert (HNO-Arzt und Phoniater, Abteilungsleiter), Sandra Fritschi (Diplomlogopädin) und Alexander Zimmermann (Diplomlogopäde), erarbeitet.

Inhalt

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis. IX

Vorwort und Dank. X

Erster Teil: Das Problem

1 Mysteriöse Aspekte der Stotterforschung. 1

1.1 Die Vielfalt der Benennungen und Definitionen des Phänomens. 4

1.2 Die Hemmung, Stottern als psychosomatisches Problem zu verstehen 6

1.3 Verblüffend viele Stotterexperten sind selbst Stotternde. 11

1.4 Ein internationales Eingeständnis des Nichtwissens. 14

1.5 Therapeutische Anarchie und die Leidensfähigkeit Stotternder. 16

1.6 Eine merkwürdige "Selbstsicherheit" der Funktionäre von Selbsthilfegruppen. 19

2 Zur Geschichte der Erforschung des Stotterns. 23

2.1 Die Suche nach organischen Ursachen. 32

3 Die Suche nach psychosozialen Ursachen. 40

3.1 Psychoanalyse und Stottern. 41

3.2 Kulturanthropologie und Stottern. 46

3.3 Erziehung und Stottern in unserer Kultur. 50

3.4 Zur Validität der Erziehungsstudien zum Stottern. 65

4 Resignation in der Theoriebildung. 80

4.1 Der Abschied vom kausalen Denken. 85

5 Wissenschaftstheoretische Schwächen. 97

5.1 Das Verdrängen von Erkenntnisinteressen. 101

5.2 Das Verkennen des Wesens von Theorien. 103

5.3 Die Zauberformel "1 + 0 = 0", Begriffsverwirrungen und Leerphrasen. 107

6 Auswirkungen auf die therapeutische Praxis. 112

6.1 Das scheinbare Ideal: multidimensionale Therapien. 113

6.2 Die Realität: Redeflusskontrolle. 114

6.3 Die Hilflosigkeit gegenüber den Eltern. 123

Zweiter Teil: Die Ursachen

7 Das Unbehagen gegenüber der Psychologie und die Vertreibung der Tiefenpsychologie. 139

7.1 Abwehr der Psychologie durch die Stotternden. 141

7.2 Die Vertreibung der Tiefenpsychologie. 142

7.3 Die Gegner: Tiefenpsychologie ist schädlich oder nutzlos

(Bloodstein, Schulze, Natke, Craig, Benecken). 146

7.4 Die Mechaniker: enge naturwissenschaftliche Orientierung

(Johannsen, Fiedler, Guitar, Sandrieser/Schneider, Hansen/Iven). 156

7.5 Die Zögerer: Es spricht vieles dafür, aber ...

(Motsch, Bindel, Baumgartner, Wendlandt, Westrich, Sheehan, Katz-Bernstein). 166

7.6 Biographische Hintergründe der Abwehrmechanismen von Stotterexperten

(Sigmund Freud, Carl Dell, Andreas Starke, Ehud Yairi). 175

8 Wurzeln der Verdrängung. 188

8.1 Die besondere Konstellation der amerikanischen Pionierzeit. 188

8.2 Charles Van Riper als Widerstandskämpfer. 191

8.3 Wendell Johnson als Zögerer. 205

8.4 Die beiden Giganten: ein ungleiches Paar mit einer tiefen Gemeinsamkeit. 213

8.5 Die Bedeutung des Stotterns der stotternden Experten. 215

9 Der unglückliche Einfluss der stotternden Experten auf die Selbsthilfe-Bewegung. 227

9.1 Vom Wesen der Stotterer-Selbsthilfe. 227

9.2 Widersprüche zwischen bewussten und unbewussten Motiven. 229

9.3 Die scheinbare Popularität der selbstquälerischen "Naturmethode". 234

9.4 "Kinderfischen". 246

9.5 Nichtstotternde Experten im Loyalitätskonflikt. 248

Dritter Teil: Lösungsansätze

10 Wissenschaftstheoretische Grundlagen. 253

10.1 Erklären und Verstehen: Nomothetisches und idiographisches Wissen 253

10.2 Die Entscheidung für eine Ursachentheorie. 261

10.3 Tiefenpsychologische Grundlagen. 265

11 Familiendynamische Entwicklungslinien des Stotterns. 281

11.1 Zur Verdrängung der Häufigkeit dramatischer Familiendynamik. 281

11.2 Generationenübergreifende Logik. 283

11.3 Die Großeltern des stotternden Kindes. 284

11.4 Die Eltern des stotternden Kindes. 288

11.5 Auswirkungen der Familiendynamik auf das (später) stotternde Kind 298

11.6 Einwände und ein weiterer Versuch, zum psychosomatischen Denken anzuregen. 304

11.7 Bestätigung: Zeugnisse von Stotternden. 305

12 Die Quelle des Stotterns in der frühen Kommunikation. 310

12.1 Linguistische Pragmatik und das Stottern. 312

12.2 Sprachliches Verstehen: denotative und konnotative Bedeutungen.. 315

12.3 Familiäre Regeln zur "Behandlung" von Emotionen. 319

13 Eine dynamische Ursachentheorie zum Stottern. 323

13.1 Eine sechsstufige ätiologische Prozesshypothese. 323

13.2 Die Bedeutung hirnorganischer Prozesse im Rahmen eines dynamischen Verursachungsmodells. 328

13.3 Eine dynamische Definition des Stotterns. 333

13.4 Schlussfolgerungen zur primären Prävention. 333

14 Grundlagen einer "Dynamischen Stottertherapie" (DST). 335

14.1 Der Respekt gegenüber dem Symptom. 335

14.2 Das Mehr-Generationen-Verständnis. 336

14.3 Emotionale Bedürfhisse und Verletzungen im Zentrum der Aufmerksamkeit. 337

14.4 Das konstruktive Verständnis von Schuldgefühlen. 338

15 Diagnostische und therapeutische Strategien. 341

15.1 Der Erstkontakt. 341

15.2 Diagnostik in mehreren Schritten. 342

15.3 Die Struktur der Abklärungsschlussbesprechung (ASB). 344

15.4 Therapeutische Schwerpunkte und Varianten. 349

16 Die Diagnostik mit dem stotternden Kind und dessen Eltern. 355

16.1 Die Abklärungsphase. 356

16.2 Die Abklärungsschlussbesprechung (ASB). 359

17 Die Therapie mit Kind und Eltern. 367

17.1 Die therapeutische Arbeit mit dem Kind. 367

17.2 Die therapeutische Arbeit mit den Eltern. 377

17.3 Gedanken zur Erfolgskontrolle und zur Beendigung einer Therapie. 385

18 Therapeutische Gedanken zu stotternden Jugendlichen und Erwachsenen. 392

18.1 Die psychische Problematik chronisch Stotternder. 392

18.2 Hinweise zur Therapie mit Jugendlichen. 394

18.3 Hinweise zur Therapie mit Erwachsenen. 395

19 Zur Einführung einer "Dynamischen Stottertherapie". 403

19.1 Der Ausgangspunkt: "Was ich weiß und kann." 404

19.2 Anforderungen an Therapeutinnen und Therapeuten. 405

19.3 Der kritische Punkt: Fließende Grenzen zur Psychotherapie. 408

20 Eine Vision: die Ausbildung zum Kommunikationstherapeuten im Jahr 2020. 418

20.1 Ein neuer Studiengang führt zu einem neuen Beruf. 421

20.2 Kurrikulum "Humankommunikation 2020". 424

Literaturverzeichnis. 428

Sachregister. 445

Personenregister. 453

Vorwort und Dank

Niemand hat geplant, dieses Buch zu schreiben. Die Idee dazu entstand erst allmählich in einer kleinen Arbeitsgruppe der Phoniatrischen Abteilung an der Universitäts-HNO-Klinik Bern (Inselspital). Wir waren damit beschäftigt, neue, bessere Kriterien zur Evaluation unserer Therapien mit stotternden Vorschulkindern zu entwickeln, stolperten aber immer wieder über die Vielfalt der existierenden Definitionen und die Widersprüchlichkeit der aufzufindenden Ursachentheorien zum Phänomen "Stottern". Langsam begannen wir zu verstehen, dass es uns nur dann gelingen könnte, ein gültiges Maß für Therapieerfolg in der Stottertherapie zu finden, wenn wir ein solches aus einer wohl begründeten Ursachenvorstellung und einer aus dieser abgeleiteten Definition des Stotterns aufbauen würden. Als einer der vier Mitarbeiter der Projektgruppe übernahm ich die Aufgabe, eine Übersicht über die heutzutage in der Fachliteratur diskutierten Ursachentheorien zum Stottern zu erarbeiten, um mit diesem Arbeitspapier unsere Gruppendiskussion weiter anzuregen. Doch was als Aufgabe für ein paar Wochen gedacht war, weitete sich aus: Die Widersprüche, auf die ich in der Aufarbeitung der Literatur stieß, schienen so gravierend aber auch so faszinierend - Welche Experten erklären welche Befunde als besonders bedeutungsvoll und "vergessen" dabei welche widersprüchlichen Befunde? Und aus welchen Gründen? -, dass mich die Aufgabe monatelang fesselte und aus dem geplanten Arbeitspapier schließlich ein mehrere hundert Seiten umfassender Text wurde. Dieser Hintergrund verdeutlicht, dass das vorliegende Buch ohne meine Kolleginnen und Kollegen der Projektgruppe "Stottern" nie entstanden wäre. Deshalb gebührt ihnen sehr viel Dank: der Diplomlogopädin Sylvia Sassenroth-Aebischer und dem Diplomlogopäden Alexander Zimmermann mit ihren jahrelangen Erfahrungen in Diagnostik und Therapie mit stotternden Kindern und deren Eltern; der jungen Diplomlogopädin Sandra Fritschi, die nach Sylvias Ausscheiden aus der Projektgruppe mit frischem Schwung dazugestoßen ist, und dem Leiter der Phoniatrischen Abteilung, PD Dr. med. Eberhard Seifert, dessen kritische Offenheit für neue, manchmal gewagte Denkweisen eine Atmosphäre schuf, aus der ein Buch wie das vorliegende - Alexander Zimmermann bezeichnet es als "Querbuch" - hervorgehen konnte. Die Diskussionen, welche die erste Fassung des Manuskripts innerhalb unserer Projektgruppe ausgelöst hatte, führten zu manch wertvoller Korrektur ursprünglicher Argumentationen. Eine zusätzliche Bereicherung fand der Text in einer späteren Manuskriptversion durch Anregungen weiterer Kolleginnen unserer Abteilung, denen auch herzlicher Dank gebührt: den Diplomlogopädinnen Silke Hanson, Marion Huber, Anne-Dorine Meneth, Monika Oswald, Isabelle Schaller Gilg und der Phoniatrie-Assistenzärztin Dr. med. Ulrike Bruns. Außerhalb der Phoniatrischen Abteilung verdanke ich die wertvollsten Anregungen zur Thematik "meinem" Psychotherapeuten, dem Psychoanalytiker Dr. med. Herbert Perler.

Nicht alle in diesem Buch geäußerten Haltungen entsprechen den Meinungen aller Projektpartner und Kolleginnen. Wenn der Schreibstil manchmal zu scharf (oder zu sanft?) klingt und natürlich auch, wenn sich trotz angestrebter Sorgfalt Fehler - vielleicht sogar Fehlinterpretationen von Meinungsäußerungen anderer Fachleute - eingeschlichen haben, dann ist dies allein mir anzulasten.

Das Buch ist ungewöhnlich aufgebaut. Es beginnt nicht bei der Sprache, dem Sprechen oder den Sprechunflüssigkeiten kleiner Kinder, sondern bei den Sprach-"Knoten"1 der Stotterexperten, beleuchtet Zusammenhänge zwischen den Theorien dieser Experten und ihren Lebensgeschichten und schreitet dann fort zu Gedanken über die Konstruktion von Stottertheorien, aus welchen therapeutisches Handeln abgeleitet werden kann. Nach der ausführlichen Darstellung eines solchen theoretischen Ansatzes werden dann allgemeine therapeutische Schlussfolgerungen gezogen und erst danach konkret dargestellt, wie diese Art des Denkens in die alltägliche Arbeit mit Stotternden umgesetzt werden könnte. Logopädinnen und Logopäden, die täglich mit stotternden Kindern und deren Eltern arbeiten, werden also vielleicht erst im zweiten Teil des Buches (hoffentlich) das finden, was sie am meisten interessiert. Aber zum Glück ist jeder Leser und jede Leserin frei, die Lektüre dort zu beginnen, wo sie am verlockendsten anmutet.

Eine weitere Besonderheit soll auch bereits eingangs erwähnt werden: Das Buch ist während seines Entstehens sozusagen über sich hinausgewachsen, hat überraschende Blüten, vielleicht aber auch Wucherungen produziert. Das bedeutet, dass der therapeutische Teil nicht als Rezeptbuch verstanden werden darf. Hinter ihm stehen zwar vielfältige eigene und fremde Therapieerfahrungen; als eigenständiges Konzept ist er jedoch noch nicht erprobt, sondern stellt nur eine gedankliche Umsetzung möglicher therapeutischer Konsequenzen dar. Diese dürfen nicht einfach übernommen werden, können aber den fachkundigen Leser zur Weiterentwicklung eigener therapeutischer Konzepte anregen.

Jürg Kollbrunner Bern, im November 2003